Fresh from Absurdistan N°2 – Homeschooling 1.0

Schnappatmend quälten sie sich durch den Vormittag…NICHT! Es ist irritierend, aber wenn man mal von der Notwendigkeit kleinerer „motivierender Ansprachen“ absieht, scheinen meine Kids begriffen zu haben, dass der Rest des Tages ihnen gehört, wenn sie sich Vormittags ein wenig auf den Hosenboden setzen. Natürlich sind unsere Tage nun anders strukturiert; und natürlich ist es ein Segen, dass ich einen nicht unerheblichen Teil meiner Arbeit auch im Home-Office machen kann. Aber subsumierend kann ich sagen, dass es besser läuft als erwartet. Doch dazu später mehr.

Wenn man die Nachrichten aufmerksam verfolgt, wird langsam klar, dass der 19.04 vermutlich nicht das Ende der Fahnenstange ist. Doch in einer Situation wie dieser fahren wir alle auf Sicht. Und es ist neblig. Ziemlich neblig. Fake News und Hysterie tun ein Übriges. Und mit Hysterie meine ich explizit nicht solche Maßnahmen, wie die Schließung öffentlicher Einrichtungen, Versammlungsverbote, Einschränkung des Handels etc. sondern solche Dinge wie, dass die dümmsten 10% unserer Bevölkerung nun 50% des Toilettenpapiers besitzen… Also Menschen, die jegliche Solidarität vermissen lassen und gerade endlich empirisch beweisbar machen, was ich schon seit Jahren sage: nämlich, dass der legendäre „gesunde Menschenverstand“ bestenfalls in homöopathischen Dosen auf dem Erdenrund nachweisbar ist!

Ich bin natürlich nur ein Kerl mit einer Meinung; aber früge man mich, was jetzt zu tun sei, würde ich sofort eine Ausgangssperre verhängen, damit diese ganzen Honks, die jetzt – fröhlich ihre neu gewonnene Freizeit genießend – durch die Innenstädte mäandern endlich mal mit ihrem Arsch zu Hause bleiben. Denn ohne angedrohte Erschießung ist der bundesteutonische Narziss offensichtlich nicht befähigt, in Sinnzuammenhängen zu denken, die über „ME FIRST!“ hinausgehen. Aber wer bin ich schon. Nur ein Kerl mit einer Meinung…

Was nun Home-Office für mich und meine Kinder angeht: JA, es fällt den zweien (7 und 11) nicht durchgehend leicht, diszipliniert weiter zu arbeiten. Ihrem – laut Führerschein erwachsenen (45) – männlichen Erziehungsberechtigten allerdings auch nicht. Ich habe allerdings Bedürfnisverzicht schon recht umfänglich erlernt, daher geht’s. Was in drei Wochen ist, wage ich allerdings nicht vorherzusagen. Im Moment hat die Situation einen gewissen „Novelty Factor“, der es erleichtert. Ich selbst bin allerdings sowieso Home-Office-Fanatiker. Diesen unsäglichen Präsentismus im Büro habe ich eh noch nie verstanden. Insbesondere, weil einige meiner Aufgaben die Muse der Kreativität fordern, was eigentlich nur im stillen Kämmerlein richtig gut funktionieren kann.

Was nun meine derzeitigen Aufgaben angeht: eigentlich hatte ich im Moment einen Rettungssanitäter-Grundlehrgang laufen. Sowas macht man üblicherweise in Präsenz, weil es viele Handlungs-praktisch relevante Bestandteile enthält: will sagen, man muss viel mit den Händen lernen. Damit die Teilnehmer aber das Gelernte der ersten Woche nicht vollkommen verlieren und wenigstens der theoretische Background gefestigt werden kann, erarbeite ich im Moment – Step by Step, oder play by day, je nachdem, wie man das sehen möchte – Materialien für eine Online-Selbstlern-Plattform. Sowas gab es zwar schon bei anderen Anbietern, allerdings bin ich mit vielen Online-Kursen eher unglücklich. Medien-didaktisch geht da noch einiges mehr. Und auch das Tutoring darf man nicht vernachlässigen. Ich werde über meine Erfahrungen bei Gelegenheit berichten.

Ansonsten wünsche ich uns allen eine ruhige Zeit, den Erhalt der Gesundheit, einen gewissen Zuwachs an Vernunft und Solidarität – und vielleicht die Muse, den einen oder anderen Teil der eigenen Lebenspraxis mal zu überdenken. Der Psychologe würde sagen: wir sind derzeit auf uns selbst zurückgeworfen. Ich neige dazu, dies als Chance zur Selbstreflexion zu nutzen, anstatt der Chance zum gemeinsamen Saufen nachzutrauern. Die kommt auch wieder. Bis dahin – stay safe!

Auch zum Hören…

Fresh from Absurdistan N°1 – Wahnsinns-Virus…

Man könnte sich darüber echauffieren, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Sars-CoV2-Ausbreitung zu spät, zu inkonsequent und zu lasch sind. Oder man ist Elternteil und darf sich mit der Frage herumschlagen , wie zum Teufel man nur die nächsten fünf Wochen rumkriegen soll, von denen drei Wochen lang unsere zwei schulpflichtigen Kinder ungeplant zu Hause hocken und zumindest ein bisschen beaufsichtigt werden müssen. Beide Fragen habe ich sattsam in der Realität diskutiert und will die – doch etwas enervierenden – Ergebnisse nicht auch noch hier auswalzen.

Wir verfügen über den Luxus eines, zumindest teilweise, Home-Office berechtigten Vaters (ich) und einer gegenwärtig nur halbtags arbeitenden Mutter (die beste Ehefrau von allen), was dazu führt, dass wir keine Verwandten behelligen müssen und dennoch nicht am Hungertuch nagen werden. Soweit ganz chic. Aber stets bleiben Fragen zurück, deren Beantwortung dann doch etwas komplexer ausfällt: wie oft darf man einkaufen gehen? Wird es dann überhaupt noch was zu kaufen geben? (Immerhin scheint es auch bei uns ein paar Hamsterkäufer zu geben.) Töte ich Menschen, wenn ich mit meinen Kindern – so wie heute – mal raus gehe, um beim Spazieren frische Luft zu schnappen?

…im Waldpark, so 2,5 KM von zu Hause…

Die Liste ließe sich noch beliebig erweitern, denn vorgebliche Gründe, das Haus zu verlassen fielen mir Dutzendweise ein. Aber wir haben uns schon darauf eingerichtet, nicht allzu oft vor die Tür zu müssen. Lediglich etwas arbeiten gehen und eine kleine Vorrats-Ergänzung dann und wann lassen sich nicht vermeiden. Ich hatte durch Corona immerhin schon einen vortrefflichen Grund, meinen Smokey Joe auf dem Balkon anzuwerfen. Man kann schließlich nicht nur von Pasta und Pfannkuchen leben. (OK, an dieser Stelle würde meine kleinere Tochter vehement widersprechen, aber das lasse ich jetzt einfach nicht gelten…)

Steaks brauchen Feuer…

Ich glaube zu wissen, dass wir ziemlich viel richtig machen: die Sozialkontakte so weit wie möglich einschränken, die Großeltern nicht besuchen gehen, Sachen liefern lassen, hygienisch handeln, etc. Was mich allerdings umtreibt, ist die Frage, ob andere das genauso handhaben? Oder ob nicht doch viele meiner lieben Mitmenschoiden – so wie sonst auch – „ME FIRST!“ rufen und auf die Solidarität scheißen, weil sie halt ihr Ding machen wollen; um jeden gottverdammten Preis….? Ich denke da nicht nur an die markt-radikalen Anwandlungen eines Donald Trump. Wir werden es bald herausfinden. Allerdings hoffe ich, dass wir die Kurve tatsächlich etwas dämpfen können, den ein Prolongieren nach Ablauf der fünf Wochen würde einige Dinge sehr problematisch gestalten. Was das Virus zum Beispiel für meine Ausbildungsarbeit bedeutet, darüber werde ich die Tage auch mal berichten.

Aufrufe zur Vernunft gab es schon genug. Gedanken machen sich auch ausreichend Leute und mit Sicherheit sind – in diesem Kontext – viele davon berufenere Geister, als ich. Was bleibt, ist die Frage, ob wir – so als Menschheit im Ganzen, aber auch als Gesellschaft der BRD im Besonderen – irgendwas daraus lernen werden, dass länger hält, nachhaltiger wirkt, als vier Wochen erregtes Online-Geplapper nach dem Ende des Lockdown? Kein Ahnung, aber drauf wetten würde ich als alter Zyniker nicht. So oder so – wenn ich nicht so viel rauskomme, kann ich vielleicht wieder mehr bloggen. Das ist doch mal ’ne Drohung, oder. C U soon.

Auch zum Hören…

Einfach mal was schreiben…

Immer wieder tue ich mir diesen grandiosen Mist an und lese in solche Self-Publishing-Romane rein. Ja, diese Amazon-online-Grabbelkiste mit plüschig-generischen Fantasy- oder Science-Fiction-Covern, die zumeist mit dem Inhalt so viel zu tun haben, wie Rizinus-Öl mit Gaumenfreude. Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein und so. Es ist mitnichten so, dass ich nicht auch manchmal mit etwas Wortstuck um mich werfe, aber was die da so treiben… Wer jemals in eine bayrische Barockkapelle gegangen ist, kann mit dem Begriff „ZUVIEL“ etwas anfangen. Das wirkt immer, als sei jemand mit ’ner Badewanne voller Zuckerguss ausgerutscht und als er die folgende Malaise besah, dachte er sich einfach: „Bisschen Blattgold drauf, dann wird das schon…“

Genauso lesen sich viele dieser Self-Publishing-Dinger. Die Alternative ist eine extrem puristische Aneinanderreihung karger Subjekt-Prädikat-Objekt-Geschosse, die ein langsames, sprachliches Stakkato erzeugen. In beiden Fällen rahmt die Sprache die reichliche Verwendung jeweils Genre-typischer Versatzstücke. Wortkarge, düstere Helden und -innen, die gute Hure, der falsche Freund, der harte, aber wohlmeinende Lehrmeister, eine ganze Welt voller Neider, geheimnisvolle Kräfte (was bitte schön ist in einem Fantasy-Roman an Magie noch geheimnisvoll?), und so weiter und so fort.

Oder aber wir finden den bemüht hippen – wahlweise konstruierenden oder aber im Versuch der Dekonstruktion stecken bleibenden – Kultur-Kommentar eines, von der Realität erschöpften Möchtegern-Intellektuellen; den vielleicht/hoffentlich irgendein Bildungsbürger im Feuilleton dann hyped, weil’s ja ganz was Neues ist. Einziger Unterschied zum Autor, auf den sich der verlinkte Artikel bezieht – der ist schon erfolgreich. Viele Andere, die so gerne mal einen Meter Regal auf einer relevanten Buchmesse mieten würden, sind das nicht – und werden es auch nie sein. Ich wahrscheinlich übrigens auch nicht. Ich bin aber auch nicht davon abhängig, vom Feuilleton gehyped zu werden. Die sind dort doch eh alle so sehr mit ihrer eigenen Wichtigkeit befasst, dass sie die Welt „as is“ doch gar nicht mehr erkennen können.

Klingt bitter? Vielleicht ein bisschen. Aber was mancher Möchtergern, aber auch einige hochgerühmte Bestseller-Autor da abliefern, klingt Scheiße, reizt kein bisschen die Sinne und regt auch nicht zum Nachdenken an. Denn wenn das Feuilleton irgendwas kann, dann dieses, ab der 5. Klasse des Gynmasiums eingeübte Überinterpretieren irgendwelcher – angeblich irgendwie relevanter – Stoffe. Ich schwöre, bei allem, was mir auch nur irgendwie heilig ist: Ich habe mich damit auch befasst. Und sogar recht erfolgreich. Doch bis heute will mir nicht in den Kopf, wie viel Subtext und verborgene Bedeutung mancher in einem Stück, Kapitel, Gedicht sehen will, das vielleicht vom Autor nach einer durchzechten Nacht mal eben hingerotzt wurde, weil der Abgabe-Termin unaufhaltsam näher rückte.

Wahrscheinlich bin ich einfach nur frustriert, weil ich nicht berühmt bin; aber mal ehrlich: wer glaubt schon, dass all diese versteckten Zeichen, die mancher Mensch in manchen Büchern sehen möchte, tatsächlich vom Autor intendiert waren? Wenn wir mal von Umberto Eco absehen. Der war Professor für Semiotik. Aber wenn tatsächlich Zeichen da wären, wer sagt, dass damit auch gemeint war, was wir heute denken, dass gemeint sein könnte. Insbesondere, wenn der Text in einer anderen Kulturepoche entstanden ist. Und NEIN; auch wenn die Historiker viel über vergangene Zeiten sagen können – wie’s damals wirklich war, was zählte und was nicht, bleibt häufig sehr vage. Womit auch die Interpretation eher ein Glücksspiel bleiben muss.

Ich – so ganz für mich – glaube daran, einfach mal zu schreiben. Oh, es gibt durchaus ein Storyboard, dramaturgische Erwägungen, Hintergründe für meine Figuren, welche Motivationen und Handlungsweisen erklären. Es gibt einen Stil, den ich pflege und bestimmte Genres, die mir mehr liegen als andere. Und auch, wenn ich zu Beginn des Artikels die Zunft der Self-Publisher für ihren gelegentlichen Mangel an Innovation gescholten habe, bin ich doch vermutlich in mancherlei Hinsicht kein Jota besser. Und doch würde ich mir wünschen, dass wir endlich mit dem dauernden, zwanghaften Interpretieren aufhören könnten und einfach tun, was die meisten wahrscheinlich wollen: die Geschichten erzählen, die sie selbst gerne hören würden. Zumindest mir geht es so.

Wenn dabei ab und zu eine relevante Geschichte abfällt, die nicht nur unterhält sondern auch zum Nachdenken anregt, ist das quasi ein Bonus. Nur auf eines sollten wir achten: nicht den 28. JRR-Tolkien-Aufguss einer Heldenreise als etwas vollkommen Neues verkaufen zu wollen. Damit wäre auch mir gedient. Und sucht euch mal bessere Cover-Artists. Die müssen nicht die Welt kosten. Aber wenn Cover und Buch irgendwas miteinander zu tun haben, macht das einfach mehr her. C U…

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Im Schweinsgalopp durch’s Zeitgeschehen

Seit meinem letzten Post sind ein paar Tage ins Land gegangen und was soll ich sagen – das Leben geht weiter! Und zwar zwangsweise, da die Ansprüche der Lebenden an mich nun mal nicht aufhören, nur weil jemand final ausgecheckt hat, der mir sehr nahe stand… Keine Klagen, keine schlechten Gefühle. Wir alle sind so sehr eingebunden in dieses fragile Dings namens Leben, dass man kaum je Zeit hat, wirklich drüber nachzudenken, was das eigentlich bedeutet.

Schaut man so durch die Tages- und Wochengazetten, drängt sich einem der Verdacht auf, dass es neben Corona und den üblichen Senkwehen sich anbahnender politischer Totgeburten nix anderes von Belang mehr auf der Welt gibt. Nun herrscht ja an solchen Politzombies in spe kein Mangel: z.B. wahrscheinlich Joe Biden als Kandidat der DEMs gegen Trump bei der nächsten Wahl, oder – fast noch besser – Friedrich Merz als CDU-Spitzenkandidat, der die bürgerliche Mitte endgültig vergraulen wird, obwohl er doch immer in treuherziger Falschheit beteuert, dazu zu gehören. Aber bildet das tatsächlich unsere Welt ab?

Es gibt so viele andere Dinge, an deren Behandlung – oder besser Nichtbehandlung – man ablesen kann, wie es in den Köpfen vieler unserer „Führer“ tatsächlich um Humanität bestellt ist. Ich werde keine Beispiele bringen, die findet man mit wenig Aufwand selbst (Stichworte Idlib, Ostukraine, Lesbos). Aber richtig traurig macht mich, dass der ganze Alarm wahrscheinlich vergessen ist, wenn irgendwelche Ligen wieder nutzlos Millionen verbrennen, damit alle dabei zuschauen wollen, wie überbewertete – und leider nur zu häufig unterbelichtete – Bübchen Bälle herum schieben. Großartiger Scheiß. Na ja… jedem seinen Eskapismus. [Nachtrag vom 22.03: ich habe mich geirrt! Die Ligen sind abgesagt! Wenigstens einmal hat die Vernunft über den Mamon gesiegt!]

Wo war ich? Ach ja – Bedeutung. Zum Teufel, ich weiß auch nicht, was soll es bedeuten, dass ich mich so normal fühle. JA, da ist eine Leerstelle. JA, da war eine Zäsur. JA, ich habe (natürlich) noch nicht damit abgeschlossen. JA, es tut immer wieder ein bisschen weh. NEIN, es ändert nichts daran, dass ich mein Leben wie bisher weiter leben werde! Einerseits weil ich muss, denn es gibt Verpflichtungen – gegenüber meinen Lieben, meinen Freunden, meinen Kollegen, meinem Boss, meinen Schülern – die man nicht einfach mit einem „Ich kann grad‘ nicht“ wegwischen kann. Zumindest nicht für lange.

Und wahrscheinlich ist es auch genau das, was den Menschen letzten Endes immer wieder zu heilen vermag, wenn er es denn zulassen möchte: Weiterleben Müssen macht das Weiterleben Wollen nämlich irgendwie einfacher. „Muss ja“ ist nicht etwa eine dumme Phrase, wenn man sonst nix zu sagen weiß, sondern vielmehr eine höchst tiefgründige Weisheit, die das eben Gedachte charmant unprätentiös zusammenfasst.

Andererseits ist mein Weiterleben und Weitermachen Wollen ein starkes Mojo. Denn lange, bevor diese aktuelle Scheiße passiert ist, habe ich mit mir selbst einen Deal geschlossen. Es ist ein ganz einfacher Deal und er lautet in etwas so: Denen gegenüber, die mir treu sind, werde ich auch treu sein! Immer! Bis der Tod – oder irgendein ähnlich dramatisches Desaster – uns scheidet! Und dann gehe ich- sofern es noch einen gibt – meinen Weg einfach weiter! Ende Gelände…

Das Leben hat mich einiges über Verlust, Elend, Trauer und Schmerz gelehrt. Und darüber, wie egoistisch, falsch, durchtrieben, verlogen und bigott manche durch’s Leben gehen. Aber die allermeisten sind, genau wie ich, einfach nur Typen (oder Typinnen), die durch diesen Mist stolpern und hoffen, es halbwegs hinzukriegen, ohne allzu viel kaputtzumachen. Kein Ahnung, wie meine Bilanz dereinst ausfallen wird. Ich male mir ja immer aus, dass ich ein bisschen mehr auf der „Gutes-Karma-Haben-Seite“ angespart habe. Man kriegt halt keine Kontoauszüge. Das Schicksal will immer nur Abschlagszahlungen sehen – wie zum Beispiel jetzt.

Ich fragte mich in letzter Zeit häufig, warum ausgerechnet die ganzen Soziopathen in irgendwelchen politischen Ämtern rumlungern. Doch dann kam mir der Gedanke: die sind wie ich. Es schauen nur mehr Leute zu. Und jene, die Ansprüche an sie haben, verfügen teilweise über viel mehr Macht, als bei mir. Denn die wahren Soziopathen hocken ja doch immer in irgendwelchen verglasten Türmen und schauen auf die anderen mit dieser unfassbaren Mischung aus Verachtung und Angst herab, die nur jemand empfinden kann, der stets mit der Furcht leben muss, von seinem ungeheuren Reichtum auch nur ein Futzel hergeben zu müssen. Was für arme Kreaturen…

Ich werde Zimbo bleiben, älter werden und nach Westen ziehen… halt, das war Galadriels Spruch, sorry. Ehrlich gesagt: ich brauch meinen schrägen Humor, meine schrägen Hobbies und die – Gott sei Dank – leicht schrägen Menschen um mich herum, damit alles in den Fugen bleiben kann. Denn das ist, worum es beim Weiterleben geht: vorwärtsstolpern, nicht zu viel kaputtmachen, sich treu bleiben und immer brav auf die „Gutes-Karma-Haben-Seite“ einzahlen. Dann ist es irgendwann auch OK, wenn ich selber gehen muss, weil jene, die ich dann unvermeidlich zurücklassen muss, wissen, wie man’s macht, dass es nicht so weh tut und trotzdem weitergeht. Hab’s ihnen ja gezeigt. Schönen Abend noch.

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Verwirrtes Herz…

Es gibt Momente im Leben, die man nicht vergisst. Viele Menschen können sich zum Beispiel genau daran erinnern, wo sie am 11.09.2001 waren, als jene grausigen Bilder über die Mattscheiben flimmerten und offiziell davon kündeten, dass die Zeit des Wegschauens vorbei war. Das ist natürlich ein öffentliches Beispiel, weil ich kaum in die Köpfe so vieler Menschen hinein sehen kann, um zu wissen, was jeden einzelnen in seinem tiefsten Innern bewegt. Ich wollte eine solche Kraft auch gar nicht, denn mit ihr ginge große Verantwortung einher. Aber mir ist bewusst, dass jedes menschliche Wesen Erfahrungen macht, auf die es lieber verzichtet hätte.

So trägt ein jeder ungesehen und unbeachtet sein eigenes Bündel von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, von Jahr zu Jahr und ganz gleich, WO wir auch hingehen mögen, die Last der vorangegangenen Tage ist immer schon da. Wartet auf uns, wie eine alte Wolldecke auf der heimatlichen Couch, bereit uns einzuhüllen, um uns zuvorderst daran zu erinnern, woran wir gescheitert sind… und warum. Eigentlich ist die Erinnerung an die eigenen Fehler ja nur ein Schutzmechanismus unseres Gehirns, um uns davor zu bewahren, in genau diese Falle noch mal zu tappen. Doch manchmal sind wir einfach zu blöd, die Chiffren unseres eigenen Hirns zu entziffern.

Und manchmal kommen auch einfach neue Fehler hinzu; getreu Donald Ducks altem Motto „Aus Fehlern wird man klug, drum ist einer nicht genug!“. Als Mensch ist mir die Erfahrung, neue Fehler „zu erfinden“ nicht unbekannt. Doch natürlich besteht unsere Sammlung solch mächtiger Bilder nicht nur aus Schnappschüssen unserer Fehler, sondern eben auch aus Wahrnehmungen, die so gewaltig sind, dass sie sich gleichsam in unser aller Gedächtnis graben. Wie eben die zusammenstürzenden Twin Towers…

Gelegentlich teilen wir diesen mentalen Ballast, in der vagen Hoffnung, dass er dadurch leichter würde – geteiltes Leid sei halbes Leid, sagt man. Ob das stimmt? Ganz ehrlich – Ich weiß es nicht. Dennoch ist es mir in diesem dunklen Augenblick ein Bedürfnis, meine Trauer in Worte zu fassen, da ich rational natürlich absolut verstehe, was gerade passiert ist. Doch emotional… da stehe ich vor einem Trümmerfeld, dass ich erst sortieren muss, bevor ich es verstehen kann…

Mein Mutter ist gestern Abend (also genauer vor wenigen Stunden) gestorben. Ich kann nicht sagen, dass man es die letzten Tage nicht kommen sehen konnte. Mir ist auch bewusst, dass es für sie einen Frieden bedeutet, den sie hier auf Erden nicht mehr finden konnte. Und doch… bei all meiner beruflichen Erfahrung im Umgang mit dem Leiden und dem Tod, haut es mich um. In mehr als nur einer Hinsicht bin ich erschöpft und erschüttert. Ohne das hier weiter thematisieren zu wollen, oder zu können: es gibt ein paar Menschen, die ich auf den Mond schießen könnte. Und wiederum andere, die sich einmal mehr als so wertvoll erwiesen haben, dass ich mein Glück kaum fassen kann.

Ich weiß nicht, ob ich der Sohn war, den sie gewünscht oder verdient hatte. Aber ich bin mir sicher, dass alles irgendwann gut wird; denn wohin auch immer der Weg von nun an führen mag – ich bin bereit ihn zu gehen, loszulassen und das Leben, welches gelebt wurde genauso zu feiern, wie jenes, dass auch weiterhin gelebt werden wird. Mögen die guten Erinnerungen nicht verloren gehen. Denn über die Gegangenen schlecht zu reden, zeugt bestenfalls von der eigenen Schlechtigkeit. Ich wünsche uns allen Frieden und eine verheißungsvolle Zukunft.

Amen

Erwachsen bilden #14 – Schulstress?

Das Leben als Schüler oder Auszubildender ist nicht einfach. Man ist – mal mehr, mal weniger – ständig einem Erwartungsdruck ausgesetzt. Allein der Gedanke an die Abschluss-Prüfungen lässt manchem Probanden den Magen flau werden, sind doch zumeist unfassbar viele Faktoren damit verknüpft,die auf den weiteren Lebensweg wirken könnten. Ich sage bewusst „könnten“, weil insgesamt gar nicht so sicher erscheint, dass eine einmal getroffene Entscheidung soviel Wirkmacht auf Wohl und Wehe unserer Existenz hat.

Das mit dem Druck beginnt manchmal ja schon vor der allgemein bildenden Schule. Einmal mehr bin ich über einen Artikel auf Zeit Online gestolpert, der exzellent illustriert, welche Denke mittlerweile den Umgang mit Schule und Ausbildung dominiert schneller, höher, weiter, besser, mehr… Und mit gewisser Beunruhigung musste ich in einem Moment der Selbstreflexion feststellen, dass meine Frau und ich als Eltern nicht selten einem ähnlichen Druck anheim fallen und unsere Kinder „knechten“, wenn es doch besser wäre, den Dingen gelassener entgegen zu sehen. Keine andere Bevölkerungsgruppe hat in der BRD anscheinend so viel Angst vor dem gesellschaftlichen Abstieg, wie der so genannte Mittelstand, zu dem wir als Familie uns – im krassen Gegensatz zu Friedrich Merz – zählen dürfen.

Was ist denn die Konsequenz, wenn die Bildungskarriere nicht straight zu Einser-Abi führt? Endet man dann als Heizer auf einem panamaischen Seelenverkäufer, als eingesperrter T-Shirt-Näher in Bangladesch oder als LKW-Fahrer im Hindukusch? Und falls ja, warum erscheint uns dieses „Schicksal“ so dramatisch? Seien wir mal ehrlich – selbst wenn ich in der BRD ins soziale Netz fiele, ginge es mir objektiv immer noch wesentlich besser, als den vorgenannten Menschen. Und doch haben wir so entsetzliche Angst davor, als Versager zu gelten, wenn wir es uns nicht Kraft Abschluss aussuchen zu können, wer oder was wir sein wollen. Die Saat der meritokratischen Illusion ist vollends in uns erblüht. Wir sollten uns folgende, einfache Tatsache ins Gedächtnis rufen: Diesen Luxus haben die allerwenigsten Menschen auf diesem Planeten!

Der eine oder andere mag sich fragen „Und was hat das nun mit dem sonstigen Thema „Berufsbildung“ an dieser Stelle zu tun?“. Es ist eigentlich ganz einfach: wir sollten uns einmal über Erwartungshaltungen unterhalten. Über Lernziele und den Druck, den wir in den jungen Leuten aufbauen; leider oft genug, ohne diesem geeignete Ventile zum Abbau zu verschaffen. Denn schon in der Berufsschule beginnt der Kampf – Noten. Sie sind dazu gemacht, einander zu vergleichen und eine Taxonomie zu generieren, die letztlich nur dazu geeignet ist, Folgendes auszusagen: „DU bist schlechter als ICH!“; oder vice versa. Exzellente Voraussetzungen, um die lern- und improvisationsfähigen, lebensklugen, empathischen, stressfesten Sanis zu erzeugen, die wir uns doch so sehr wünschen, oder…? Oder…?

Wir haben uns so sehr in Regularien, Curricula, Evidenz, Leistung und deren Messbarkeit vergraben, dass wir manchmal nicht mehr sehen, was das wahre Kernstück unseres Berufes ist: wir sind Menschen, die mit Menschen an Menschen für Menschen arbeiten! Und eben nicht nur Vitalparameter-Maschinisten, Logistik-Manager, Rennfahrer und Algorithmen-Puzzler. Doch genau das erzeugen die Schulen landauf, landab im Moment: junge Menschen mit der Mission, den ganzen technokratischen Krempel auch endlich anwenden zu dürfen; leider oft genug jedoch ohne einen Plan, wie man abseits der „Handlungsempfehlungen“ handlungsfähig im Sinne des Patienten bleibt. Denn neben dem ganzen Wissen um Notfallmedizin wird auch die allseits dominante ökonomische Logik mit indoktriniert. Der Mensch ist in der Humanmedizin heutzutage oft genug nicht mehr als ein 62-prozentiger Wassersack mit einer Kontonummer drauf.

Indem wir die Lehre mit Druck betreiben, bereiten wir unsere zukünftigen Kolleginnen und Kollegen auf ein Leben unter Druck vor, denn letztlich ist klar, wohin unser Gesundheitswesen im Moment steuert: noch mehr Arbeitsverdichtung, noch weniger Humanität, noch mehr Controller, anstatt Menschen. Und der NotSan wird Aufgaben zugewiesen bekommen, die heute noch gar nicht absehbar sind, weil er zu einer, beliebig vor Ort einsetzbaren, sozial-medizinisch-psychatrischen Feuerwehr umgebaut werden wird. Ist billiger, als überall Ärzte hinzuschicken. Und obendrein ist das Personal schneller ausgebildet. Über den Verschleiß macht sich dabei kaum einer Gedanken.

Wie wäre es, wenn wir als Ausbilder uns dafür einsetzen, eine eigene Disziplin zu begründen, Rettungsdienst als eigenes Forschungs-, Wissens- und Ausbildungs-Fach zu betreiben und uns so von den Interessen Dritter zu emanzipieren? Jener, die uns eh nur als unangenehmes, aber leider notwendiges Anhängsel betrachten, dem man besser nicht zu viel Freiraum gibt, weil es sonst womöglich auf eigene Ideen kommt. Lasst uns genau das tun: eine Disziplin begründen, die eigene Wege gehen und vor allem ihre Auszubildenden besser zu behandeln vermag. Sapere aude im besten Sinne Kants! Das wäre doch mal ein Projekt… Ach ja – gibt’s ja schon! Schaut doch mal bei der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft im Rettungsdienst vorbei. Wir würden uns freuen!

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Der verwirrte Spielleiter #17 – Go down in style!

Ja verdammich – jetzt sind wir in den „New Roaring Twenties“, da müssen wir doch auch was für den Stil tun, oder? Immerhin waren die 20er des 20. Jahrhunderts sowas wie die Initialzündung eines neuen Individualismus. Abseits solcher real-weltlicher Betrachtungen sind der jeweilige visuelle Stil und das Setting im Pen&Paper natürlich untrennbar miteinander verbunden. Ansonsten würde es für die Verlage wenig Sinn machen, eigene Art&Design-Abteilungen zu unterhalten. Wobei deren Arbeit im Zusammenspiel mit dem Fluff der Regelwerke natürlich für Bilder in unseren Köpfen sorgen soll. Die Gamedesigner möchten ihre Vorstellungen schließlich zum Spieler transportiert wissen.

Eine Welt voller rosa Knuddeleinhörner, in der sich Vampirclans übelst bekämpfen, klingt wahrscheinlich nicht nur für mich ein bisschen kontraintuitiv… Damit sei gesagt, dass man stets nach einer Passung zwischen visuellem Stil und Setting sucht. Nicht selten werden dabei Stereotypen bemüht, die manchmal doch schon ein bisschen Rost angesetzt haben. Natürlich wirkt „The Matrix“ auch heute noch ziemlich frisch; doch seien wir mal ehrlich: das Lack und Leder-Thema für den Cyber-Punk ist mittlerweile schon ein bisschen abgedroschen, oder? Ach ich kann in meinem Hinterkopf das große „ABER…“ aufbranden hören. Und natürlich war der Film – zusammen mit diversen Animes und Coverart – auch für meine Vorstellungen diesbezüglich stilbildend. Und doch… doch bleibt die Frage, ob’s auch noch anders geht.

Ich gestehe, dass ich ganz gut im Geschichten-Entwickeln und Erzählen bin. Meine visuellen Skills sind jedoch eher begrenzt, so dass ich mir meine Anregungen im Netz suchen, oder meine Frau um Unterstützung mit dem Zeichenstift bitten muss. Und an dem, was da gesprochen wird, beweist sich einmal mehr, dass ein Bild aus meinem Kopf nicht so leicht in einen anderen hinüber gelangen kann. Aber vielleicht ist das ja einer der Hauptreize am Pen&Paper? Das die Geschichte in jedem beteiligten Kopf ein Eigenleben hat, dass sich u. U. von den Vorstellungen der anderen an manchen Punkten gravierend unterscheidet. Und ziehen wir mal den Bereich der Fan-Art mit in Betracht, ist es höchst wahrscheinlich, dass ich bei weitem nicht der Einzige bin, in dessen Kopf die Geschichten zwischen den einzelnen Sitzungen – manchmal auf recht auf schräge Weise – weiter gesponnen werden. Und das ist auch absolut legitim. Jeder hat schließlich ein Recht auf seine Fantasie.

Nun ist es so, dass sich in solchen Side-Stories das Bild, dass man von seinem Charakter hat, ausdifferenziert und weiter reift. Bei Chars, die mehr als nur ein paar Mal gespielt werden, entsteht dabei mit der Zeit eine gewisse Verbundenheit mit der Figur. Und so, wie wir auch im echten Leben einen gewissen Stil entwickelt haben – Kleidung, Musikgeschmack, Vorlieben, Abneigungen, das ganze Ding eben – wird auch der Charakter in solcher Weise… nun ja… Charakter bekommen. Blödes Wortspiel, aber trotzdem wahr! Ein diesbezügliches Problem entsteht, wenn der SL und die Spieler unterschiedliche Vorstellungen von diesem Reifungsprozess haben.

Ich als SL habe ja nicht nur eine Vorstellung von „meiner“ Welt, in der die Chars ihr Unwesen treiben – so, wie ich die Geschichte vorantreibe, indem ich die Spieler immer wieder an Nexuspunkte heranführe und schaue, was sie mit den Möglichkeiten anstelle, so mache ich mir auch über die Entwicklung ihrer Charaktere Gedanken. Das dabei auch visuelle Gesichtspunkte eine Rolle spielen, steht außer Frage. Wenn aber der Spieler seine Figur in eine völlig andere Richtung entwickeln möchte, als ich dies antizipiert habe, steht mir ein verdammt schwieriger Sprung über meinen Schatten bevor. Denn natürlich ist die Vorstellung des Spielers die relevante und ich muss mich womöglich von einer lieb gewonnenen, fixen Idee trennen. Der Satz ist ganz einfach zu verstehen – ICH MUSS! Nicht mein Spieler, sondern ich!

Was für die Story-Elemente gilt, gilt natürlich ebenso für die visuelle Vorstellung über den Charakter. Wenn der Spieler etwas ausprobieren will, einen bestimmten Style im Kopf hat, den er ausprobieren will, dann tut er oder sie das und es geht mich als SL nur insofern etwas an, als die Welt eventuell darauf reagiert. Das ist dann, wie in einem vorangegangenen Post dieser Serie bereits thematisiert, Teil der Spielmechanik. Was daraus wird, hängt vom Spiel ab. Es darf jedoch nicht von meiner fixen Idee abhängen, wie etwas, bzw. jemand sein muss. Denn das wäre Railroading.

Das bedeutet nicht, dass die Wirkung, welche zum Beispiel eine bestimmte Outfit-Wahl haben könnte, deshalb unbedingt freundlich ausfallen muss. Wenn jemand im Latex-Nonnen-Kostüm zu einer Bar Mirzwa erscheint, muss er sich nicht wundern, wenn das im Eklat endet. Aber nehmen wir mal das kurz das Thema Superhelden-Kostüme: Sie dienen in Comics einerseits der Wiedererkennbarkeit eines Charakters, andererseits dem Schutz der, in solchen Kreisen üblichen Geheimidentität. Transponieren wir das auf Pen&Paper, kommt es auf das Setting an. Aber nehmen wir mal an, die Chars hätten Kräfte außerhalb der menschlichen Norm; dann könnte die Annahme eines solchen Alias sinnvoll sein. Und wenn sich jemand nun derart betätigen, oder einen bekannten Style kopieren möchte, dann soll er das doch tun. Ich würde mir dieses Recht auch rausnehmen. Zwar glaubt ja keiner, dass man jemanden unter einer Halbmaske, wie Daredevil eine trägt, nicht erkennt. Aber der Effekt ist trotzdem ganz nett.

Ich glaube vor allem, man muss sich einfach von der Idee verabschieden, dass man Stile nicht mischen darf. Natürlich gibt es Dinge, die unique sind und bleiben sollen; so wie Lichtschwerter. Und Raumschiffe im Fantasie-Setting sind vielleicht auch nicht der Bringer (man denke an die Ufo-Szene aus „Life of Brian„). Aber ansonsten sollte erlaubt sein, was Spaß macht. Wohin das dann jeweils führt, kann ja ein Abenteuer für sich sein, bzw. werden. So, wie plötzlicher Ruhm durch omnipräsente Kameras. In diesem Sinne – alwas game on!

Auch zum Hören…

Erwachsen bilden #13 – Was treibt einen eigentlich zum Lernen?

Schönen Palindromsonntag wünsche ich (02.02.2020). Ich stecke momentan mitten in einem Studienbrief, der u. A. thematisiert, wie für Erwachsene Zugänge zu Bildung aussehen, und was einen dazu bringt, sich (weiter) zu bilden. Studium im besten Sinne bedeutet, dass es Fragen aufwirft, die den Studenten selbst betreffen. So wie dies beim Lernen insgesamt der Fall sein sollte. Mensch lernt, wenn das, was zu lernen angeboten wird, sich irgendwie an seine vorbestehenden Erfahrungen anschließen lässt, einen für den Lerner erfahrbaren Sinn hat und der Lerner eine Motivation erfährt, sich mit der Materie auseinanderzusetzen. Das ist natürlich eine verkürzende und überaus vereinfachende Darstellung von mehreren 100 Seiten Material; für die folgende (Selbst)Betrachtung sollte es jedoch als Einstieg genügen…

Es gab – und gibt immer noch – die Idee des Fahrstuhleffektes; nämlich das durch das Wohlstands-Wachstum seit dem II. WK alle Teile der bundesrepublikanischen Bevölkerung materielle Verbesserungen erfahren haben, obschon die sozialen Unterschiede kaum abgenommen hätten. Es war Teil der sozialdemokratischen Bildungspolitik in den 60ern, 70ern und frühen 80ern, sozialen Aufstieg durch breitere Teilhabe, vor allem an akademischer Bildung, ermöglichen zu wollen. Folglich ist der Akademiker-Anteil in der Bevölkerung seitdem erheblich gestiegen. Und tatsächlich hat sich der materielle Wohlstand seit damals gemehrt. Doch seit der neoliberalen Wende Anfang der 80er wurde dieses Versprechen in immer geringerem Maße eingelöst, obwohl nach wie vor alle bildungspolitischen Bemühungen auf eine Steigerung der Akademiker-Quote zielten.

Diese ist in anderen Ländern allerdings u. A. deshalb um einiges höher, weil es dort kein Duales Ausbildungssystem gibt. Wie dem auch sei, Studieren ist immer noch „in“ und auch die Wege zum berufsbegleitenden Hochschulstudium auf dem zweiten Bildungsweg sind vielfältiger und der Einstieg einfacher geworden. Zumindest das hat der Bologna-Prozess als Gutes gehabt. Ich persönlich profitiere davon, hätte ich doch mit 20 gar nicht gewusst, dass mich Erwachsenenpädagogik jemals so begeistern könnte. Und dennoch bleibt natürlich die Frage: ist meine Begeisterung echt, oder doch nur Notwendigkeitsgeschmack im Sinne Bourdieus; also dem Umstand geschuldet, dass ich gerne noch etwas erreichen, jemand sein möchte, was auf Grund meiner Herkunft nur durch Leistung möglich ist…?

Natürlich rede ich mir gerne ein, dass es nur meine eigene, ganz persönliche Entscheidung ist, mir dies abzuverlangen. Und tatsächlich empfinde ich es als wenig quälend. Ja – Zeitmanagement ist kritisch. Und ja – meine Familie leidet darunter (vermutlich mehr, als ich mir eingestehen möchte). Und ja – ich habe ein paar spezielle Ziele, die ich in meinem Leben noch verwirklichen möchte; einfach nur, um zu sehen, ob ich das kann. Aber ist es nicht dennoch einfach nur dieser Wunsch nach etwas mehr materieller Sicherheit für uns; meine Frau, unsere Kinder, mich…?

Ich war in den vergangenen Jahren immer mehr der Meinung, dass ich nicht so ein materialistischer Konsum-Krüppel wäre, wie so viele Andere. „Leistungsträger“. Dieser Begriff geistert immer wieder durch Foren, in denen ich mich rumtreibe und letzten Endes meint dieses Wort Folgendes: „ICH leiste mehr als du, also darf ICH mir auch mehr gönnen!“ Was für ein wundervoller Ausbund an narzisstischem Ego-Trip. Ich könnte im Strahl kotzen, wenn ich so was lese und distanziere mich innerlich mit Schaudern von solcherlei Äußerungen. Und doch… ist da dieses kleine Männchen in meinem Hinterkopf, das etwas ähnliches ruft: „Schaut her, was ich alles erreicht habe! Ich bin…“ Verdammte Axt…!

Es ist mir wichtig, Menschen dahin zu führen, dass sie ihr eigenes Handeln und Unterlassen bewusst reflektieren und informierte Entscheidungen treffen lernen. Jeden Tag ein bisschen mehr. Und während ich das versuche, lerne ich ebenfalls etwas dazu. Lehren ist immer ebenso ein Lernprozess. Und manchmal demaskiert dieser Lernprozess Seiten an einem selbst, die man gerne maskiert gelassen hätte. Weil es manchmal echt wehtut, der Wahrheit ins Auge zu sehen. In meinem Bemühen, etwas über das Lehren zu lernen, habe ich also einmal mehr etwas über mich selbst gelernt; und es macht keinen Spaß, das zuzugeben. Aber ich muss meine Beweggründe noch einmal reflektieren.

Natürlich wollte ich schon seit Jahren in eine echte Führungsposition, weil diese Gestaltungskompetenz mit sich bringt – und damit die Chance, jene Dinge besser zu machen, die man seit Jahr und Tag bei Anderen suboptimal ausgeführt gesehen hat. Oder bin ich doch selbst nur auf einem narzisstischen Ego-Trip und will einfach Macht, weil Macht zu haben geil ist? Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut. Ich habe mächtige Emotionen, die manchmal zum Spielen raus wollen, auch wenn ich meine Affekte heute ganz gut im Griff habe. Aber könnte es nicht sein, dass mein Wunsch nach Gestaltungskompetenz nicht einfach nur Ausdruck kleinbürgerlicher Großmacht-Träume ist…?

So lange ich offen darüber rede, ist vermutlich noch alles OK, aber meine internen Checks and Balances werden sicher noch das eine oder andere zu tun bekommen. In jedem Fall muss mir irgendjemand da draußen Bescheid geben, wenn ich anfange, zum „Leistungsträger“ zu mutieren. Wir hören uns.

Auch zum Hören…

Hey Du – mach mich an!

Es ist, wie es ist, die Welt ist im Wandel begriffen. Das „DU“ ist jetzt die Konvention. Sagt zumindest Rezo auf Zeit Online. Und mit Bezug auf Social Media weiß er Bescheid. Allerdings – und das entwertet seine Argumentation für mich ein bisschen – rekurriert er lediglich auf dem Umstand, das Social-Media-Nutzer das Personalpronomen „Sie“ für unhöflich halten, weil es dem Versuch gleichkäme, realweltliche Machtdifferentiale in die Online-Welt mitzunehmen; egal, ob diese nun wirklich wirksam sind, oder nur durch den Nutzer eingebildet.

[Exkurs:] Eine der Domänen der Genderforschung ist die Demaskierung von sprachlich verfassten Machtdifferentialen, die z.B. – aber nicht nur – Frauen in eine Defensiv-Position drängen und patriarchalische Machtansprüche festigen sollen. Inwieweit solche Strategien tatsächlich funktionieren, ist immer noch umstritten. Zweifelsfrei hat Sprache aber die Macht, Macht zu verteilen, oder aber Menschen auszuschließen. Insofern hat Genderforschung sehr wohl eine Daseinsberechtigung. [Exkurs Ende]

Schauen wir uns Rezos Argumentation mal näher an: Jemand, der altmodisch denkt, betritt einen Chatroom, ein Forum, eine Kommentarspalte und siezt seine Gegenüber. Die fühlen sich irritiert, ja sogar unhöflich behandelt, weil das „DU“ dort die Konvention ist. Rezo unterstellt Unhöflichkeit, weil man ja doch wissen können müsste, dass das in der digitalen Welt nun mal so ist. Ich unterstelle ihm – und seinen Kollegen, die vielleicht genauso denken – mangelndes Interesse an Soziologie. Denn um irgendeinen Machtanspruch, egal ob dieser nur subjektiv existiert, oder tatsächlich ein reales Analogon hat, dergestalt in die digitale Welt transponieren zu wollen, müsste ich a) mir bewusst sein, dass „SIE“ dort einen anderen Wert (nämlich keinen) hat und b) von den Leuten dort etwas wollen, dass es lohnt, verbal auf die Kacke zu hauen.

Realistisch betrachtet ist die unterstellte Verkettung von Wissen und Intention zu einer Kausalität möglich; jedoch hoch unwahrscheinlich, weil vielen Leuten a) nicht bewusst ist, dass das „DU“ dort die Norm ist und b) sie Machtfragen nicht interessieren… Sie sprechen so, wie sie es gewohnt sind, weil sie es irgendwann, irgendwo so gelernt haben. Man nennt das Sozialisation – und ehrlich gesagt kann man von jemandem wie Rezo, der doch ansonsten ein ganz cleverer Kerl zu sein scheint, erwarten, dass er solche Dinge in seine Überlegungen einbezieht. Solche „falschen“ Ansprachen passieren mir selbst übrigens auch regelmäßig, weil ich zugegebenermaßen beim Posten in Foren, etc nicht so bewusst darüber nachdenke, wie meine Sprache auf andere wirkt, wie ich das in meinem Blog tue.

Was mir aber viel wichtiger ist: das „SIE“ schafft Distanz im Diskurs, wenn ich diese brauche. Und seien wir mal ehrlich – wenn ich mich mal wieder online mit Faschos kabbele ist es ganz griffig, diese Spacken für ein „DU“ abzustrafen. Denn das verstehen diese Möchtegern-konservativen Rassisten ziemlich gut. Wir haben noch nie ein Bier zusammen getrunken und werden das unter dem Vorzeichen „der Fascho“ vs. „ich Soze“ wahrscheinlich auch nie tun. Aber man soll ja nicht ausschließen, dass der Fascho sich entwickeln kann.

Was mich betrifft: ich halte Rezos Argumentation dieses Mal für Bullshit. Ich verstehe, dass er von Boomern, bzw. älteren Menschen ganz im Allgemeinen enttäuscht ist, weil sie seiner Meinung nach (und die wird von vielen geteilt) unsere Welt in die Scheiße geritten haben. Und zum Teil ist das auch wahr. Dass die Macht, diese Welt durch den Einsatz von Social Media zu Veränderung zu zwingen allerdings auch von diesen alten Menschen geschaffen wurde und erst ganz allmählich reifen konnte, bzw. musste, entgeht ihm in seinem selbstgerechten Furor leider.

Tja Junge – dieses Mal hast du’s verkackt. Immer nur auf seine eigene Filterblase rekurrieren können anscheinend auch die jugendlichen Weltverbesserer. Mach’s das nächste Mal einfach besser, Verbesserer. Denk’s erst zu Ende, bevor du’s ins Internet scheißt. Dann ist es mir auch vollkommen egal, ob du mich duzt oder siezt. Und Tschüss.

Auch zum Hören…

Der verwirrte Spielleiter #16 – …und wenn’s nicht klappt?

Von drin, vom Wohnzimmer komm ich her und muss euch sagen, es menschelt sehr. In mehr als einer Hinsicht. Man kommt zum Spielen zusammen. Manchmal kocht man zusammen, öfter isst man zusammen. Natürlich wird nicht nur über spielrelevante Dinge gesprochen. Wir haben beim Pen&Paper also in der Regel ein soziales Event vor uns. Ich nehme wahr, dass es heute nicht unüblich ist, Spielrunden aufzubauen, indem man in sozialen Medien inseriert und dann schaut, ob man zusammen kann – also spielen, meine ich. Was mich betrifft – früher war’s das schulische Umfeld, heutzutage rekrutieren sich meine (Mit)Spieler aus einem über Jahre, sogar Jahrzehnte gewachsenen Umfeld. Manchmal kommt jemand neu dazu. Aber auch diese Leute kenne ich aus dem einen oder anderen Kontext vorher schon eine Weile. Man könnte mich da durchaus als schnäkig bezeichnen.

Das hängt damit zusammen, das Ereignisse am Spieltisch – also Dinge, welche die Charaktere erleben – nicht selten auch auf das Seelenleben ihres Spielers wirken; im Guten, wie im Schlechten. Mies drauf zu sein, weil der Char gerade einen Tiefpunkt hat, ist quasi Teil des Designs. Denn ohne ein gewisses Maß an emotionalem Investment in Charakter und Geschichte kann man auch Hallen-Halma spielen. Also ist es geschickter, sich mit bekannten Gesichtern zu umgeben, dann ist es einfacher, diesen Stress auszuhalten. Und oft bin ich als SL dabei eher ein vermittelnder Pol. Allerdings geht es auch andersherum. Ist mir neulich als Spieler passiert.

Ich muss dazu sagen, dass mir Körpertausch-Geschichten noch nie besonders gut gefallen haben. Was bei Steve Martins „Der Mann mit den zwei Gehirnen“ noch irgendwie lustig anzuschauen ist, stellt für mich als Spieler einen Einschnitt in meine Autonomie bei der Entfaltung meines Charakters dar. Das kann tatsächlich manchmal nötig sein, wenn für die Geschichte ein spezielles Flair – also Fluff – gebraucht wird.

[Exkurs:] Als Fluff bezeichnet man üblicherweise die Teile eines Pen&Paper-Buchs, oder auch eines Charakterblattes, die sich mit Beschreibungen befassen, welche für die Spielmechaniken erst mal nicht von Belang sind. Zum Beispiel ein Flavour Text, der erklärt, woher Tamillos der Barbar kommt, und warum sein Volk Kriegshämmer Äxten vorzieht. Ist ja eher unerheblich, womit er Höllentrollen den Schädel einschlägt, oder? Komplementär dazu wird der Begriff Crunch gebraucht, womit die harten Fakten gemeint sind; also Statistika, Regelmechaniken, etc. [Exkurs Ende]

Nun jedenfalls war es dem Spielleiter wichtig, ein paar Fähigkeiten unserer Charaktere für einen definierten Abschnitt auszublenden, weil die Detektiv-Geschichte, die er sich ausgedacht hatte sonst nicht – oder zumindest nicht so gut – funktioniert hätte. Soweit legitim und auch ganz lustig. Insbesondere auf Grund eines Story-Twists, der so nicht vorhergesehen werden konnte: ich spielte eine Frau, die dann im Körper eines Mannes landete. Bei meiner Gattin war es genau umgekehrt, was für gewisse Erheiterung sorgte. Wir lösten den Plott mit gewissen Umwegen und kamen dahin zurück, wo wir hingehörten. Soweit kein Problem.

Doch der nächste Plott-Abschnitt war ein „edge of tomorrow“-Szenario, in welchem uns unsere Fähigkeiten, die ja für einen Charakter konstituierend wirken, schon wieder genommen wurden. Ich bin wahrscheinlich selbst Schuld, weil ich echt etwas anderes erwartet hatte, aber meine Reaktion war nicht gut – was den SL, der ein guter Freund ist, verständlicherweise verstimmt hat; insbesondere, weil er sich große Mühe gegeben hatte, ein wirklich buntes Spektakel vor uns auszubreiten. Man sollte dazu sagen, dass er zwar schon sehr lange spielt, aber noch nicht so lange spielleitet.

Ich habe das früher auch des Öfteren gemacht: die Chars mancher Fähigkeiten beraubt und ihnen gewisse Wege aufoktroyiert. Das Problem hier ist die Dosis. Man ist da ganz schnell beim Railroading – und dagegen sträubt sich in mir heutzutage, sowohl als Spieler, wie auch als SL alles. Ich will als Spieler keine vorgegebenen Lösungswege abarbeiten, sondern meinen eigenen Weg finden dürfen. Und wenn der SL den nicht vorhergesehen hat, muss er trotzdem klappen können, wenn das denn halbwegs plausibel wäre. Als SL lasse ich sie meistens machen. Natürlich gibt’s gewisse Grenzen, aber innerhalb dieser Grenzen können sie mehr oder weniger tun und lassen, was sie wollen. Manchmal zahlt man für sein Handeln oder Unterlassen einen Preis, aber das ist Teil von Leben. Im Spiel genauso, wie in der Realität.

Nun ist es so, dass er mir böse war. Ich habe meine Beweggründe erklärt und denke, dass er sie verstanden hat. Was nix daran ändern konnte, dass er mir erst mal sauer war. Aber ist das schlimm? Ich finde nicht, denn man kann a) nicht erwarten, dass es immer so läuft, wie geplant. Weder als Spieler, noch als SL. Und b) haben natürlich beide Seiten das Recht, einander mitzuteilen, wenn sie nicht gut fanden, was gelaufen ist. Ich bin muffelig vom Spieltisch aufgestanden, in die Küche gegangen und habe die Geschirrspülmaschine eingeräumt. Nicht nett, aber für mich hilfreich, um kurz von meinem Ärger zu entkoppeln. Wichtig ist, später miteinander zu reden. Ich werde hier jetzt keinen Exkurs über Deeskalation einfügen. Nur so viel: manchmal ist es gut, ein paar Tage zu warten, bevor man irgendwas klärt.

Wenn ich mir einen Char mache, will ich den Char spielen. Mit allen Vor- und Nachteilen. Natürlich kann ich Min-Maxen, insbesondere in den Systemen, in denen ich als Spieler und SL groß geworden bin. Und natürlich optimiere ich meine Chars auf die eine oder andere Weise. Und trotzdem sind sie (zumindest heutzutage – als Rotzlöffel war ich da schlimmer) keine annähernd omnipotenten Killermaschinen. Als SL muss man mühsam lernen, die Anforderungslevel Situations-Adäquat und Charakter-Adäquat fließend anzupassen. Das erfordert viel Übung. Und wenn einem erfahrene Spieler ein Szenario mit scheinbar lässiger Leichtigkeit auseinander nehmen – dann ist das so. Wenn sie dabei trotzdem ihren Spaß haben, ist alles gut!

Ich weise nochmal darauf hin, dass der SL Fan seiner Spieler sein sollte und nicht ihr Gegner. Wir spielen stets mit-, nicht gegeneinander. Auch sollte der SL Fan seiner Spieler und nicht seiner Geschichte sein. Denn die Geschichte erzählen die Spieler; der SL liefert lediglich den Rahmen für das Bild, das nun gemalt werden wird. In diesem Sinne – always game on!

Auch zum Hören…