Der Storyschreiner N°2 – Grenzbereiche

„Hat Sie diese Geschichte gefesselt?“. „Was denken Sie, war diese Erzählungen wirklich wahr?“. „Wollen Sie mehr wissen?“. Eine Erzählung, die uns so richtig abholt, spielt sich immer in dem zumeist recht schmalen Grenzbereich ab, der sich zwischen unserer erlebten Realität und dem was wir uns vorstellen können befindet. Geschichten sind dann für uns INTERESSANT, wenn diese für uns RELEVANT sind. Dieser Effekt tritt allerdings am ehesten dann ein, wenn wir die Geschichte auf uns selbst beziehen können, weil wir uns in bestimmten Rollen wiedererkennen. Der Effekt verstärkt sich, wenn wir uns durch dieses Wieder-Erkennen in bestimmten Bereichen als selbstwirksam erleben. Intrinsische Motivation, also das Bestreben aus uns selbst heraus etwas tun zu wollen, hat mehrere Energiequellen: 1) Kompetenz: wir wollen das Gefühl haben, UNSEREN SHIT SELBST gerockt zu bekommen! 2) Soziale Eingebundenheit: wir wollen DAZUGEHÖREN, uns als Teil von sozialen Gruppen erleben dürfen! 3) Autonomie: wir wollen SELBST ENTSCHEIDEN können, zu welchen Gruppen wir gehören und WIE wir unseren Shit rocken! Und diese Punkte berühren natürlich auch unsere Wahrnehmung von Geschichten, die man uns serviert. Habe ich eine Identifikationsfigur in einer Geschichte gefunden und dieses Figur handelt auf nicht nachvollziehbare Weise gegen ihre ureigensten Interessen, gegen ihre Überzeugungen, wider besseres Wissen, etc., dann irritiert uns das; und führt in der Folge dazu, dass wir uns von dieser Geschichte abwenden.

Finde die Schnittpunkte…

Das bedeutet jedoch mitnichten, dass eine Geschichte, deren Pro- und Antagonisten zunächst auf kontraintuitive Weise vorgehen, oder deren Setting uns unwahrscheinlich oder weit hergeholt vorkommt, von uns immer automatisch abgelehnt wird. Es gibt Grauzonen, in welchen unsere Wahrnehmung von Realität, die Realität der Geschichte (sei diese nun vollkommen fiktional, oder in wahren Begebenheiten verwurzelt) und objektive Lebensumgebung einander recht nahe kommen, ohne sich zu berühren. Dieses Driften in solche „Zonen partieller Konvergenz“ nennen wir „Aus der Komfortzone geholt werden!“. Und dies ist der Ort (wenn auch nur ein metaphorischer, kein physisch greifbarer Raum), an dem die Auseinandersetzung mit dem stattfindet, was wir noch nicht kennen. Für den letzten Teilsatz gibt es übrigens ein griffigeres Wort: LERNEN. Und bevor sich jetzt irgendjemand erschreckt, weil der Pädagoge LERNEN gesagt hat: wir Menschen lernen notwendigerweise unser ganzes Leben lang. Und wenn’s nur die Bedienung des neuen Staubsaugeroboters oder die PIN für die neue Kreditkarte ist. Wir tun dies meistens en passant, oder wie der Spezialist sagt INFORMELL; also nicht im Rahmen organisierter Unterrichtsveranstaltungen, sondern nebenher. Weil uns irgendetwas interessiert, wir mit Neuerungen konfrontiert werden, sich irgendetwas, dass wir schon länger kennen verändert, wir an andere Orte kommen, etcpp. Leben ist Veränderung – und die meisten von uns nehmen das einfach zur Kenntnis, passen sich an und machen weiter. Und genau das ist Lernen! Wir Pädagogen machen uns diesen ganz normalen Verhaltensmodus einfach nur zunutze, indem wir Lernsituationen so zu gestalten versuchen, dass diese Beiläufigkeit auch geplant entstehen kann. Und Geschichten, gleich in welchem Kontext, zu welchem Zweck oder in welchem Medium sie erzählt werden, tun dies auch…

Ein erstes, einfaches Modell…

Meine Arbeit dreht sich um die Frage, wie man Geschichten in diesem Kontext- also einem Lernen, welches den natürlichen Modus operandi menschlicher Aneignung von Neuem möglichst gut abbildet – besser einsetzen kann, ohne dabei allzu künstlich zu wirken und Menschen so die Freude an Geschichten (und am Lernen) zu nehmen; sondern vielmehr die Lust auf’s Neue eher fördert, indem man Menschen mit auf imaginäre Reisen nimmt. Denn in meiner Wahrnehmung als Storyteller im Pen’n’Paper-Bereich sind gut erzählte Geschichten genau das – ein kollaborativer Akt des Reisens im Geiste. Und das würde ich gerne aus dem Hobbybereich ins Reich der Didaktik holen. Übrigens – und das gebe ich gerne zu – auch aus Eigennutz: denn Storytelling macht mir Spaß. Und wenn ich etwas, dass mir wirklich viel Spaß macht, auch noch in meinem Job nutzbringend für Andere einsetzen könnte – umso besser! Aber vor diesen erwünschten Erfolg haben die Götter noch einigen Schweiß gesetzt. in diesem Sinne wünsche ich uns noch ein bisschen Sommer und Freude an Geschichten. Und wenn ihr auch noch was dabei lernt… Win-Win 😉

Auch als Podcast…

New work N°11 – Networking…?

Netzwerken ist in der Personal- und Organisationsentwicklung ein alter Begriff. Allerdings meinen viele Menschen höchst unterschiedliche Dinge, wenn sie diesen benutzen. Für Manche ist das lediglich die Beschreibung einer technizistischen Angelegenheit; es geht ihnen um das elektronische Verbinden von funktionalen Einheiten, seien dies Menschen, Liegenschaften oder unterschiedliche Informations- und Kommunikations-Technologien. Also Hard- und Software. Am anderen Ende der Skala finden wir den psychologisch-sozialwissenschaftlichen Ansatz, der Individuen miteinander verbunden sehen möchte, um die jeweiligen Stärken füreinander nutzbar machen zu können, also die Wetware. Zur Erinnerung, wir bewegen uns in der Welt der Arbeit – hier geht es nicht um die Dimensionen Sympathie <=> Liebe, Antipathie <=> Hass, oder Unmut <=> Spaß. Wenn wir bei der Arbeit zu viel Spaß hätten, müssten wir womöglich noch eine Gebühr an den Chef bezahlen… Nein, nein, hier geht es zuerst um die Nutzbarmachung von Potentialen zum Gewinn des Unternehmens. Auch wenn Netzwerke ein normaler, ja sogar notwendiger Bestandteil von Leben sind!

Sind in der Natur hinterlassene menschliche Artefakte auch Networking?

Allerdings haben private und geschäftliche Netzwerke eines gemeinsam: immer noch betrachten wir technologische Artefakte und Sozialbeziehungen als strikt voneinander zu trennen. Das reflektiert sich in komplexen Institutionen z. B. durch das Vorhandensein personell und räumlich voneinander getrennter IT- und HR-Abteilungen (Human Ressources, für Menschen, die mit Business-Sprech nicht so vertraut sind). Diese Trennung suggeriert, dass Mensch und Technologie voneinander unabhängig seien. Ich behaupte, das ist falsch. Schauen wir uns Twitter als Beispiel an. Dieser Tage entspann sich ein ein kleiner Schlagabtausch zwischen Horror-Tycoon Stephen King und Möchtegern-Alleskönner-Tycoon Elon Musk, der sich im Kern um die Frage drehte, ob es legitim sei, jetzt für Twitter-Accounts Geld zu verlangen, obwohl doch das einzige Kapital, welches Twitter hätte, seine Nutzer seien, die ja den ganzen Content generierten; und das ganze Drama, die ganze Spannung, die ganzen Stürmchen im digitalen Wasserglas, usw. Elon Musk, der alte Empörungs-Nutznießer will für Twitter, dass digitale Brennglas der globalen Entrüstungs-Industrie jetzt Gebühren erheben; wenn das nicht ironisch ist…?

Aus diesem Blickwinkel lassen sich Medium und Creator nicht trennen. Und das gilt für andere Formen antisozialer Medien genauso. Auch bei TikTok, Instagram und Snapchat werden Sender, Botschaft und Medium eins – im Guten, wie im Bösen. Mal wieder mit Marshall McLuhan gedacht realisiert sich die Einheit neuer Technologien mit uns Menschen hier als Verlängerung unserer Physis in die Virtualität. Wenn man so will, haben wir uns schon einen Cyberspace geschaffen, denn selbst politische Mehrheitsbildung kann heutzutage im Netz der Netze beeinflusst werden. Kommen wir zurück zur New Work, so bedeutet hier das aristotelische Diktum vom „mehr als die Summe seiner Teile sein“, dass das Netzwerk Synergien erzeugt, die mehr sind, als nur die Summe seiner Technologie und seiner Nutzer – sofern wir uns darauf einlassen, technologische Artefakte und ihre Bedeutung für unser Miteinander als gleichwertige Variablen in Netzwerktopologien miteinzubeziehen. Hierzu sei auf die Akteur-Netzwerk-Theorie verwiesen, die vom erst kürzlich verstorbenen Technik-Soziologen Bruno Latour maßgeblich mitentwickelt wurde.

In der, für die Abbildung gewählten Nomenklatur steht M für Mitarbeitende, C für Cluster, L für Leitungsperson und T für Technologie. Die unterschiedlich gezogenen Doppel-Pfeile zeigen, dass eine Vielzahl möglicher Verbindungen von unterschiedlicher Intensität und Verbindlichkeit unter allen Prozessbeteiligten möglich ist. Dazu ist zu bemerken, dass diese Verbindungen bedarfsbedingt emergieren können (etwa im Rahmen von Projektarbeiten), und nicht zwingen zeitstabil bleiben müssen. Überdies sind alle Arten von Verbindungen zunächst als gleichwertig zu betrachten. In der Akteur-Netzwerk-Theorie spricht man von Punktualisierungen, die notwendigerweise, weil alles Soziale ein Prozess ist, ein gewisses Maß an Instabilität aufweisen (hierzu Law 2006, S. 436 ff). Zur zeitlichen Instabilität einiger Akteure und Aktanten (hierzu Akrich, 2006, S. 408) tritt die Frage von individueller Nähe und Distanz, sowie von zeitlicher Dauerhaftigkeit anderer, spezieller Akteure; hierin besteht die Antwort auf die Frage, was Führung in einem Akteurnetzwerk voller, eigentlich auf Augenhöhe agierender Individuen und Technologien ausmacht: nämlich die Dauerhaftigkeit einiger Akteure, welche durch ihr früheres und längeres Vorhandensein zu Netzwerkknoten werden und daher die Spielregeln des Netzwerkes zumindest zeitweilig prägen können. Modelliert man das Bild einer Organisation unter diesen Gesichtspunkten, stellen z. B auch die vielzitierten Ansprüche der Generation Z keine echte Herausforderung des Tradierten mehr dar, weil eben dieses Tradierte, Zuvor-Gewesene sich schon des steten Wandels bewusst ist.

Ich sitze schon wieder krank daheim, und während die Beschwerden langsam besser werden, funktioniert das Hirn halt weiter. Daher schreibe ich hier, denn es wäre mir daran gelegen, wenn die Menschen sich des Umstandes erinnerten, dass man Kultur immer in ihrem prozessualen Aspekt denken muss. Dass meint auch Organisations-Kultur und das dazugehörende Networking. Ich wünsche eine schöne Woche.

McLuhan, M. (2011): Die Gutenberg-Galaxis. Die Entstehung des typographischen Menschen. Deutschsprachige Ausgabe. Hamburg: Gingko Press Verlag.
Akrich, M. (2006): Die De-Skription technischer Objekte. In Belliger, A.; Krieger, D. J. (Hrsg.): ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie. Bielefeld, transcript Verlag, S. 407 – 428.

Law, J. (2006): Notizen zur Akteur-Netzwerk-Theorie: Ordnung, Strategie und Heterogenität. In Belliger, A.; Krieger, D. J. (Hrsg.): ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie. Bielefeld, transcript Verlag, S. 429 – 446.

Systemischer Blick vs. Blick für’s Detail!

Es fällt mir schwer zu verleugnen, dass ich ein Kind meiner Zeit bin. Ich bin zwar mittlerweile darin geübt, mich mit neuer Technologie zu arrangieren und dass, was ich davon brauche auch für meine Arbeit zu adaptieren. Und dennoch stehe ich manchmal mit den staunenden Augend eines Kindes vor irgendwelchen Gadgets und denke mir „unfassbar – DAS geht…?“ Nun besteht Wandel, gleich welcher Art ja eigentlich nicht aus den Gadgets… oder doch? Wenn man Marshall McLuhan folgen möchte, dann sind alle Geräte und Techniken, die der Mensch je ersonnen, hat nichts anderes als Erweiterungen unserer Physis. Maschinen für’s Heben und Tragen erweitern unsere Körperkraft, eine Brille verbessert meine Sehkraft, die Schrift verbessert unsere Kommunikation… STOP! Tut sie das wirklich? Auch McLuhan kämpfte mit der Frage und denkt dann Folgendes: Jedes Mal, wenn wir eine Technik adaptieren, welche einen speziellen Sinn „verbessert“ gerät der eigentliche Sinn (Sehen, Hören, Fühlen, etc) aus dem Blick und die Technik, die wir gerade nutzen, wird unbewusst, wird zu einer qua-natürlichen Verlängerung unserer Selbst. Das Originelle an dieser Denkart ist, dass sich recht einfach dadurch erklären lässt, warum der ubiquitäre Gebrauch von Smartphones und mobilem Internet (insbesondere antisocial media) unsere Aufmerksamkeitsspanne killt – wir sind uns der Tatsache des Gebrauches nicht mehr bewusst, wir reflektieren nicht mehr, was wir da wie benutzen und strukturieren in der Folge auch unseren ganzen restlichen kommunikativen Duktus nach dem Muster der Smartphone-Nutzung: schnell, kleinschrittig, unmittelbares Feedback, geringe reflexive Tiefe, visuell orientiert und immer verfügbar!

Was ist interessanter – Fluss oder Rebe?

Das erzeugt Ungeduld (und in der Folge häuslichen Unfrieden), denn viele Details werden so in immer schnellerer Folge wahrgenommen, ohne tatsächlich reflektiert werden zu müssen. Es besteht kein Bedarf der Selbstadaption an neue Erfahrungen, neue Menschen – nur an das Gerät, denn die Welt ist in dem Gerät, womit das Gerät zur Welt wird. Mediatisierung des frühen 21. Jahrhunderts generiert vor allem eines: mehr Appetit auf Medien und in der Folge mehr Konsum. Warum brauchen nicht wenige von uns Menschen wohl jedes Jahr das geile, neue Phone von xxxxx oder yyyyyyy…? Der Clou an der Sache ist, dass McLuhan diese Gedanken 1962 niedergeschrieben hat – 33 Jahre, bevor man das erste Mal kommerziell ins Internet konnte, oder es ein Smartphone gab. Das erste Smartphone war übrigens der „Simon Personal Communicator von IBM“ (ein 510g schwerer Trümmer von 1994). Das erste Smartphone, wie wir es heute kennen, war natürlich das First Gen IPhone von 2007, volle 45 Jahre nach McLuhan. Warum also denke ich, dass die Erklärung relevant ist? Weil sich bei genauerer Betrachtung wenig Unterschiede zwischen dem Sprung von der wörtlichen Erzählung zu bewegten Lettern, und dem von den bewegten Lettern zu den bewegten Bildern und Informationen ergeben. Der cultural Impact war in beiden Fällen phänomenal!

In der Folge verlieren Menschen heute häufiger den systemischen Blick, die Fähigkeit, große Zusammenhänge zusammenzupuzzeln und sich auch mal über den Tellerrand zu erheben, weil sie sich immerzu mit Details, mit Snipets of Info and Entertainment to go abspeisen lassen; weil sie vorgedacht bekommen, ganz so wie Vogelküken vorgekaut bekommen… und in der Folge den Dingen nicht mehr folgen können. Ganz sicher wollen manche (vielleicht auch viele?) das auch nicht, weil die Komplexität und Bedrohlichkeit unserer Welt in Folge der langen Dominoreihe von Krisen seit den frühen 2000ern endlich auch im gesellschaftlichen Bewusstsein angekommen ist. Und das hat vielleicht gedauert. So wie McLuhan 1962 einen Blick in die Zukunft der Kulturtechnik getan hat, so hat der Club of Rome 1972 seinen mittlerweile berühmten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlicht. NEUNZEHNHUNDERTZWEIUNDSIEBZIG IHR NARREN! Und was ist seitdem passiert? Wir haben Klimaerwärmung, politische Unruhe, soziale Ungleichheit, mangelnde Bildung – aber immerhin Smartphones! Großartig, oder?

Ist doch noch ganz schön hier, woll…?

Ich fange immer mehr an, mich zu fragen, wie viel ICH noch tun kann, denn die ANDEREN, tja, die glotzen auf ihre Smartphones. Eigentlich habe ich heute gute Laune, denn meiner Gesundheit geht’s gut und meine Gedanken fließen; auch wenn es viel zu heiß ist. Aber das hier musste ich mal loswerden. Und jetzt tue ich etwas, irgendwas, was mich aufheitert. Lesen vielleicht. Muss man mal wieder probieren. Am besten mit einem echten Buch. Wie wär’s mit dem hier unten? Einstweilen, schönen Tag!

  • McLuhan, Marshall (2011, im Original 1962): Die Gutenberg-Galaxis. Die Entstehung des typographischen Menschen. Mit einem Vorwort von Richard Cavell. Hamburg: Gingko Press Verlag. ISBN13: 978-3-943330-00-7
Papier auf Holz, Zimmermann, A., 2022… 😉
Auch als Podcast…

Erwachsen bilden #08 – Geht’s auch gerechter…?

Neue Projekte geben einem die Chance auf einen Burnout. OK, das war jetzt böse und auch ein bisschen unredlich, denn eigentlich bin ich im Moment voller Energie und Tatendrang. Was daran liegen könnte, dass ich a) mit einem höchst spannenden Projekt betraut wurde und b) überdies wieder im Lernmodus bin. Zu (b) kann ich sagen, dass die Aufnahme eines Masterstudiums von mir schon lange eingeplant war, weil der Weg, den ich nun gehen will und soll noch mehr Wissen und Kompetenzen verlangt, als ich mir schon angeeignet habe. Ich sage ja schon seit Jahren, dass die Ausbildung von Notfallsanitätern auch für die Ausbilder ein Lernprozess ist. Nun darf ich das, einmal mehr, am eigenen Leibe erfahren.

Wenn man eine Institution, quasi von Grund auf, mit aufbauen darf, bedeutet das natürlich einerseits viel Verantwortung; aber auch große Gestaltungsspielräume. Natürlich sind gewisse Regeln, die von der übergeordneten Organisation gesetzt werden ebenso verbindlich, wie die gesetzlichen Regularien und Anforderungen. Trotzdem bleibt ein weites Feld, auf dem viel möglich ist. Mir geht es dabei nicht nur um die Inhalte, sondern vor allem auch um die Kultur einer Organisation. Die Inhalte meines Feldes sind weitestgehend klar. Da wird Rettungsfachpersonal ausgebildet, welches später in Deutschland tätig werden soll. Doch der Weg dahin, junge Menschen zu Rettungs- und Notfallsanitätern wachsen zu lassen, ihnen zu vermitteln, wie man seine Arbeit nicht nur mit dem Kopf und den Händen, sondern eben auch mit dem Herzen macht, das ist ein steiniger; in mehr als einer Hinsicht eine Herausforderung.

Ich habe vor einigen Wochen bereits etwas über die Notwendigkeit für einen Kulturwandel in meiner Profession geschrieben. Also, eigentlich betrifft dies ja das ganze Gesundheitswesen, aber wir wollen es ja mal nicht gleich übertreiben. Doch etwas zu verändern, beginnt denn bekanntlich zunächst bei einem selbst. Und eingedenk dessen, was ich damals von mir gab, mache ich mir natürlich Gedanken darüber, wie ich eine solche Kultur von Grund auf in in dieser Institution etablieren kann, die ich aufzubauen mit aufgerufen bin. Denn was wäre ich für ein Heuchler, wenn ich diese Chance nicht ergreifen würde? Die Chance, nicht nur meine Kollegen, sondern eben auch die Auszubildenden vom ersten Tag an daran zu gewöhnen, sich ihren Fehlern konstruktiv zu stellen und daraus zu lernen. Und diese Einstellung, diese positive, gerechte Fehlerkultur auch in die Organisationen zu tragen, in denen sie später tätig werden.

Im Moment ist das nur ein Traum, aber ich werde mein Möglichstes tun, um ihn wahr werden zu lassen, so gut es mir eben möglich ist. Denn als Ausbilder ist mein wichtigstes Ziel, die mir anvertrauten Menschen dazu zu befähigen, ihr bestmögliches Selbst zu werden. Nicht nur beruflich, sondern in ihrer Gesamtheit als Person. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber ich bin ein Idealist. Kann man als Schimpfwort benutzen, wenn man möchte. Oder man akzeptiert einfach, dass man selbst der Wandel sein muss, den man in der Welt sehen möchte. Man weiß heute, dass auch Ghandi seine bigotten Seiten hatte; doch das macht diese Worte trotzdem um nichts weniger wahr.

Am Ende des Tages möchte ich mir sicher sein können, dass meine Bemühungen hilfreich waren, meine Profession – für die ich immer noch brenne – und das auch das Gesundheitswesen als Ganzes ein bisschen besser zu machen. Nicht nur fachlich, sondern eben auch menschlich. Andernfalls könnte man nämlich hübsche kleine Unterrichtungsroboter vorne in die Klassenzimmer stellen. Doch es ist die Hitze der Reibung, welche durch Ambivalenz und Ambiguität entsteht, die das Feuer des Lernens immer wieder entfachen kann. Und diese Reibung entsteht nur in der Zwiesprache mit einem geeigneten Subjekt – einem Lehrer. Und auch wenn das Wort „Lehrer“ für so manchen einen negative Konnotation hat, weil die Erinnerungen an die eigene Zeit im allgemeinbildenden Schulsystem vielleicht nicht die allerbesten sind, bleibe ich dabei, dass ein Pädagoge im beste Wortsinn zum Lernen anstiften kann.

Dabei ganzheitlich vorzugehen – d.h. nicht nur Skills in die Auszubildenden hinein zu trommeln, sonder sie tatsächlich auch als Menschen wachsen zu lassen – ist mein erklärtes Ziel. Und ich würde mich freuen, wenn ich dabei selbst auch dazu lernen kann. Denn auch der Pädagoge selbst kann nur besser werden, wenn er sich an etwas reiben muss. Also, wenn er auf seine Fehler aufmerksam gemacht wird. Ich freue mich auf die neuen Aufgaben und das Lernen. Und wie sieht es mit euch da draußen aus?

Auch zum Hören…

Interconnectedness is no new phenomenon.

In fact it seems to be a predominant principle of all social interaction. We form and cultivate networks, whenever we get into communicating with somebody. The form, the strength and the rules of engagement may vary, but actors in a network are, in one way or the other, dependent on the corresponding actors and the design of environment, were the interaction takes place. This is nothing new, as so called new media have entered this field on an irregular basis throughout human history. Think about which impact the first books, printed with Guttenbergs movable letters had on the availability of information in the long run. The first nationwide radio broadcasts or televison shows? Every medium had it’s era of novelty and wonder and yet we think, being online is all that revolutionary. Why is this, I wonder?

The new media of the 21. century have brought forth a form of near omnipresence – the internet, with all it’s favors and quirks. Near omnipresence is the term of intrest here, because allthough we think of our world as getting all the more digital by any passing minute, we tend to ignore the fact, that a good percentage of humankind has as of now been decoupled from this evolution of information and communication. I don’t know if those, not yet connected would see this as a drawback or not, if they would knew what lies in that mystical world beyond the screen. Maybe they would ask, what the bravado is all about. After all it’s just a – admittedly quite highly – sophisticated form of smoke signals, isn’t it?

If we talk about social inequality regarding the availability of an internet-connection, or better the lack of it, we tend to miss the fact, that we have adapted ourselves to measuring anybody and anything with a scale, that’s been formed by our experiences which in return are at least to some point a product of our socialisation and the environment in which it took place. I can’t imagine, what it feels like to be a beduine, a mining worker in south america, or a fisherman in southeast asia and yet sometimes I think, if being someone like that I would miss what I have here, being a german paramedic and pedagogy student. Can you see the paradoxon lying in those thoughts? Humans should be equal when it comes to human rights – and we are still damn far from that goal – but they aren’t the same. We need to take the individual needs and desires, which in return are somewhat dependent on the environment into that equasion, if we want to talk about equality.

There’s no doubt, at least in my opinion, that the internet and it’s associated new media could help a great deal, when it comes to the development either socially, politically or economically of countries, which are today part of what we call the third world. But we can’t just take the experiences that were made here in the industrialized first world and simply try to solve their problems the very same way. That won’t do any good!

And yet it should be a foremost goal of anybody associated with education, to think in which ways the skills of interdisciplinary thinking and problemsolving, the ability to evaluate one’s individual situation and adapt strategys accordingly could be deployed globally, for everyone. The capability of learning existes in everyone; but to bring it to live, so that it could be useful in helping to the betterment of our human existence, thought as a whole, is taxing, problem-ridden and does come with setbacks sure enough. But it’s worth the effort, because education for everybody – done with equality, independence, individuality and humanity in mind – will unlock powers that can help make our world a better place.

The actual contemporary goal of education wordwide is to serve the needs of the ever-hungry industrial complex for skilled personal to do it’s bidding; to invent, to produce, to distribute, etc. so the cash keeps flowing. And what’s done to pupils in most schools on earth serves this purpose quite well. But the future goal must be to serve the needs of the pupils, their lust for knowledge, their creativity and their capability to participate in every aspect as equal members of the society, they live in. Their ideas of how a society operates, of what it is composed and who may take influence for what reason must evolve from the status quo, because one thing is for sure: if we don’t change humankinds modus operandi, and soon, there won’t be much of a future for the generations to come.

Thus interconnectedness, although it is as old as humanity, is still crucial to that idea, because it has been improved by the new media. Information exchange and communicating ideas, ideals and idols can be accomplished faster than ever before. This could be kind of revolutionary for education too, if it would be accompanied by learning environments, that incorporate concepts, highly adaptable to rapidly changing settings and needs. Obviously this seems to be the task set before those, about to enroll as professionals in the educational world. Yet one question remains: are we willing to work or even fight for a change?

Education can’t be discussed ignoring power issues. But contemporary new media have one attribute, that makes them appealing to be part of a solution to that problem: Their usage is somewhat democratic in as much, as there are no limitations, who can broadcast his ideas, ideals and idols, as long as the technical perequisites are met. I know these words show a somewhat idealistic view on the subject, as censorship and simple lack of the ressources limit the range of my ideas as of now, but for the purpose of motivating myself and others to work for the better educational systems it shall suffice to perceive the idea. This means, spreading the word is a beginning, but to get positive influence on decision-makers is the goal in the long run. I’ll try to do my very best to help bring about such a development.

Kollaboratives Erschaffen – lädt die Wolke wirklich zum Mitarbeiten ein? (Work in Progress)

[Hier kann der Text mitsamt Tabelle als PDF geladen werden]

An die Möglichkeiten und den Rhythmus des digitalen Zeitalters angepasstes Informationsmanagement als Mittel zur Wertschöpfung durch Onlineplattformen, welche die Funktionalitäten von sozialen Medien nachahmen bzw. auf speziellere Kontexte transponieren und weiter entwickeln – ist das ein Modell nur für Wirtschaftsunternehmen?

Zunächst fällt im Impulsreferat das Wort Wertschöpfung auf, welches impliziert, dass eines der Hauptmotive die Erwirtschaftung bzw. Steigerung eines Profites sein dürfte, immerhin ist dies eines der Hauptmotive unternehmerischen Handelns. Erreichen lässt sich dies mit Blick auf Online-Plattformen durch eine höhere Reagibilität gegenüber spezifischen Kundeninteressen, aber auch durch maßgeschneiderte Werbung, sowie durch stärkere Markenbindung mittels mehr oder weniger ausgeprägter Partizipation an der Ausgestaltung, oder sogar Neuentwicklung nachgefragter Produkte und Dienstleistungen.

An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, ob Online-Plattformen, welche auf eine solche Bindung durch Partizipation abzielen, die also einen dedizierten Raum für Co-Kreativität und offene Innovationen bereitstellen sollen, nur für wirtschaftliche Anwendungen oder auch für Non-Profit-Organisationen geeignet sind? Legt man das Augenmerk auf Unternehmen, die von Gewinnerwirtschaftung abhängig sind, so leuchtet ein, dass Co-Kreativität und offene Innovation aus unternehmerischer Sicht Möglichkeiten sind, Kosten etwa für Marktforschung, Werbung und Entwicklungsaufgaben einzusparen. Die Frage ist, ob bzw. in welchem Grade sich der Nutzer dafür einspannen lässt, denn letzten Endes wird der Nutzer auch nach seinem Reward in diesem Kontext suchen, wissen wollen, welchen Benefit er mitnimmt, denn eine Win-Lose-Situation wird sich kaum längerfristig in ein stabiles Gleichgewicht überführen lassen, wenn hier auf einer Seite das Gefühl des Ausnutzung entsteht. Auf der anderen Seite könnten allerdings auch die Erwartungen an den erreichbaren Grad der Partizipation zu hoch angesetzt, die Kapazitäten zur Kreativität und Innovation der Nutzer unrealistisch eingeschätzt worden sein. Auch in diesem Fall wird das Gleichgewicht nicht stabil werden können.

Was nun Non-Profit-Organisationen angeht, so wird oft unterstellt, dass das Anbieter-Klientenverhältnis im Besonderen derart von Vertrauen abhängig ist – etwa bei Dienstleistern im Sozialbereich oder Gesundheitswesen – dass kaum von einer Klientenbeteiligung auszugehen sei, weil man Vorbehalte bezüglich der Wahrung der Privatsphäre bzw. eines Mangels daran annimmt. Der Zielansatz solcher Online-Plattformen ist jedoch nicht eine Einflussnahme auf dieses individuell differierende Verhältnis, sondern die Suche nach zu befriedigenden Bedürfnissen und Optimierung vorhandener Dienstleistungen und Produkte, welche durch die Mitarbeit von Kunden und Klienten schneller und effizienter zu gestalten sein kann – dies allerdings nicht unbedingt sein muss; das Verhältnis spielt insofern eine Rolle, als eine gewisse Vertrauensbasis zwischen Nutzer/Kunde und Anbieter bestehen muss, andernfalls wird es gar nicht erst zu einem Informationsfluss kommen. Es steht jedoch nicht zur Disposition durch das Medium, da es nicht explizit thematisiert wird. Eher sollte man sich in diesem Zusammenhang des Umstandes erinnern, dass es stattdessen um Innovationen gehen soll, welche der Entwicklung des jeweiligen Angebotsportfolios und damit allen Nutzern zu Gute kommen können. Welchen Grad von Transparenz die individuelle Teilnahme haben kann oder darf muss man als dem jeweiligen sozialen Umfeld angepasste, skalierbare Größe sehen.

Der Begriff Wertschöpfung lässt sich insofern auch auf Non-Profit-Organisationen anwenden, als eine effizientere Gestaltung aller Handlungsprozesse auch hier einen Wert entstehen lässt, etwa in der Verfügbarkeit freiwerdender Kapitalmittel für die Ausweitung der eigentlichen Kernaufgaben.

Vorhin war bereits die Rede vom Reward für den Nutzer. Hier soll nicht der Eindruck entstehen, dass dieser rein pekuniär gedacht wird. Reward entsteht z.B. auch durch die Akkumulation von Ansehen innerhalb – eventuell aber auch außerhalb – der Peer-Group/Community, durch den Erwerb von zusätzlichen Kenntnissen und Fertigkeiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit innerhalb der Community, durch das Knüpfen neuer Kontakte, die Verfügbarkeit verbesserter Produkte und Dienstleistungen und vielleicht tatsächlich auch direkten finanziellen Gewinn. Als potentielle Nutzer solcher Plattformen stehen also prinzipiell zuerst alle Bestandskunden des jeweiligen Anbieters zur Verfügung, aber auch solche, die durch die mediale Präsenz einer Partizipationsmöglichkeit erst auf diesen Anbieter bzw. seine Produkte und/oder Dienstleistungen aufmerksam geworden sind. In Verknüpfung mit den bereits existierenden social media Plattformen ist allerdings noch eine sehr viel weitreichendere Publizität zumindest möglich, wenn z.B. zufriedene Nutzer ihre Erfahrungen mit einem sehr hohen Streuungsgrad ins Web geben. Selbstverständlich verbreiten sich schlechte Nachrichten allerdings mindestens genauso schnell.

Was nun die Frage nach den Informationen, die fließen können müssen angeht, so lässt sich diese nicht pauschal beantworten. Es war ja schon die Rede vom Grad der Transparenz als skalierbarer Größe im Bezug auf die Nutzerinformationen. Ein Peer-Review-System, welches die Beurteilung von Nutzervorschlägen durch andere Nutzer zulässt, könnte sowohl durch ein Zuwenig als auch ein Zuviel hinsichtlich seiner Moderierbarkeit rasch eine kritische Masse an Spam und Cyber-Mobbing erreichen; man muss hier allerdings anfügen, das Cyber-Bullying innerhalb von Peer-Group weniger verbreitet zu sein scheint, als durch völlig Fremde. Es darf also die Hoffnung geäußert werden, dass ein moderierter Raum, in dem an bestimmten Thematiken gearbeitet wird, nicht so anfällig dafür sein dürfte, wie etwa offene Foren und Boards.

In einem Co-kreativen Umfeld müssen sowohl Nutzer durch andere Nutzer und den Anbieter, als auch der Anbieter durch alle Nutzer hinsichtlich ihrer Identität, Zuverlässigkeit und Expertise einschätzbar sein; wenn auch u.U. in unterschiedlichem Grade. Die Zielvorgaben und Spielregeln müssen durch den Anbieter klar definiert und kommuniziert werden. Über die Verwertungsrechte und Verwendung etwaiger Produkte bzw. Ergebnisse der Kollaboration muss vor Beginn einer Mitarbeit eine klare Absprache getroffen werden. Es muss ein individuell administrierbares Userinterface für alle Datenverbindungen geben, für die Sicherheit aller Datenverbindungen hat der Anbieter Sorge zu tragen. Hinsichtlich persönlicher Informationen über die Nutzer müssen verbindliche Regeln über den obligaten Umfang der öffentlich für alle Nutzer sichtbaren Daten existieren. Wenn kollaborativ an Projekten, gleich welcher Natur gearbeitet werden können soll, müssen alle Fortschritte/Veränderungen für alle Beteiligten zu jeder Zeit erkennbar und zuordenbar sein, andernfalls geschehen Arbeiten doppelt oder gar nicht und die Arbeit führt sich selbst ad absurdum.

Insgesamt ist diese Form der Kollaboration für die Zukunft sehr spannend, sie wirft allerdings mehrere problematische Fragen auf: Wie wird sich eine Ausweitung der Menge solcher Online-Plattformen mit kreativ-innovativer Partizipationsmöglichkeit auf die Entgrenzung von Lebensraum und Arbeitswelt auswirken? Wer hat die Nutzungs- bzw. Verwertungsrechte an dergestalt kollaborativ erarbeiteten Produkten? Welche Produkte und Dienstleistungen sind tatsächlich für Co-Kreation und offene Innovation geeignet? Wo ist die Grenze zum Microtasking? Hier ist trotz der Hoffnung auf neue Wertschöpfungsmodelle mit Win-Win-Situation Skepsis angebracht, solange noch keine belastbaren Erkenntnisse über die potentiellen Auswirkungen zur Verfügung stehen.

MOOC – was ist denn das?

Nur mal so am Rande: ich nutze mein Blog bewusst NICHT, um irgendwelchen Unfug über meinen Alltag abzusondern, sondern für das Nachdenken über Dinge, die mich bewegen und motivieren. Vielleicht bin ich ja nicht der einzige dadurch bewegte – oder motivierte…

Jedem, der letzter Tage hier rein gesehen hat, dürfte aufgefallen sein, das hierorts gerade Studierstimmung herrscht und das um ein Vielfaches offensichtlicher als sonst; dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Fern-Uni, deren Student zu sein ich die Ehre und das Vergnügen habe zum allerersten Mal einen massiven, offenen Online-Kurs anbietet. MOOC ist also eine Abkürzung und weil sie aus dem Englischen kommt, werden die zwei O wie ein U ausgesprochen und hinten steht ein C, weil Course sich im Englischen halt so schreibt. Dabei handelt es sich um die Bündelung verschiedenster Medien und zugehöriger Kanäle des Web zu einer Ressource, die zu einem Sandkasten wird.

Sandboxing als Prinzip kennt man aus der IT und dort meint es die Schaffung eines virtuellen Raumes (z.B. eines virtuellen Betriebssystems), in welchem man gefahrfrei experimentieren oder zum Beispiel Schadprogramme deassemblieren – also auseinanderpflücken und untersuchen – kann. Wie auch im echten Leben ist ein Sandkasten also ein durch eine klar sichtbare Begrenzung abgetrennter Bereich, in dem man zunächst erstmal tun und lassen kann, worauf man Lust hat, weil’s kaum Schaden anrichten wird. Transponiert man dieses Prinzip eines vordefinierten Raumes für Experimente auf einen online abgehaltenen Kurs im Rahmen eines Studiums, bekommt man eine Plattformunabhängige Spielwiese, auf der alle Beteiligten, also Dozenten und Studenten gleichermaßen und ein Stück weit auch gleichberechtigt, ihren Input austauschen, ansehen, miteinander diskutieren und so die individuelle Wissens- und Erfahrungsbasis erweitern können.

Natürlich gibt es rules of conduct, wie sie eigentlich überall online gelten. Hier noch erweitert durch das Regularium des wissenschaftlichen Arbeitens, soweit man es als Student schon verinnerlicht hat. Darüber hinaus gibt es zeitliche Vorgaben, Denkanstösse im Sinne zur Verfügung gestellter Ressourcen und eine Fragestellung. Aber wie man an diese Fragestellung herangeht, das ist zunächst jedem selbst überlassen. Man kann zum Austausch und als Ressource gleichermaßen die gebotenen Kanäle nutzen, wie Foren und Blogs in der Fern-Uni-Plattform, Twitter, freie Blogs, Youtube, Scoop.it und natürlich alle anderen Informations- und Kommunikations-möglichkeiten im Web, die eigene Bibliothek, das angesammelte Studienmaterial – kurz einen zunächst sehr unübersichtlich wirkenden Haufen von Info.

Das mag dem unbedarften Beobachter jetzt sehr unstrukturiert und irgendwie zu beliebig für eine Lehrveranstaltung vorkommen; und das soll doch eine Lehrveranstaltung sein, oder?

Meine Replik darauf: aber sicher ist das eine LEHRveranstaltung! Man darf die Fülle der Möglichkeiten nicht auf jeden Teilnehmer in der gleichen Art oder Intensität ihre Wirkung entfaltend annehmen. Jeder nimmt sich die Kanäle, mit denen er kann und beginnt sich seinen Weg durch das Dickicht zu bahnen, und zwar durch die Schaffung eigener Strukturen, welche den individuellen Stärken und Vorlieben am ehesten dienlich sein können. Der Output wiederum landet im Sandkasten und wird von den Kommilitonen und Dozenten begutachtet, bewertet, diskutiert. Von Schwarmintelligenz zu sprechen trifft es zwar nicht präzise, aber in jedem Fall etabliert sich ein Peer-Review-System, dass ziemlich zuverlässig den -zwangsläufig im Web immer anzutreffenden – Unfug vom Content abscheidet und so als interne Qualitätsinstanz wirkt. Der Sandkasten als virtuelles, soziales Mesosystem von halbwegs erwachsenen Menschen strukturiert sich sowohl in sozialer als auch in fachlicher Hinsicht nach meinem Erleben erstaunlich schnell.

Nun ist das Feld noch frisch – es gibt verschiedene Modelle, wie man einen MOOC gestalten kann, z.B. auch als Mix aus Online-Kurs und Präsenzveranstaltung, unter Einbeziehung von mehr oder weniger Kanälen, etc.; allerdings gibt’s noch keine auswertbaren Daten darüber, wie ein solches Konstrukt sich ordnet, wie gut es in der Breite für die Teilnehmer funktioniert, welche Probleme damit verbunden sein können und ob diese Form des Lernens den immer häufiger Handlungsleitenden Effizienzkriterien gerecht werden kann.

In Vielerlei Hinsicht ist es also, vor allem Anderen, ein Experiment, dem allerdings ein paar Prämissen zu Grunde gelegt werden sollten, die sich recht einfach aus erlebbarem sozialem Alltag in der analogen Welt ableiten lassen: die Zahl derer, die einem solchen Kurs nur als passive Rezipienten beiwohnen, wird hoch sein, denn vielen mangelt es an der Zeit oder der Motivation, das notwendige MEHR an Arbeit zu investieren, das einem MOOC innewohnt. Es gibt in dem Kontext viel zu tun, viele Dinge im Auge zu behalten, das bedeutet Anstrengung und auch Stress. Und JEDE Online-Community – und das ist ein MOOC ebenso, wenn auch nur auf Zeit – zeigt Anfälligkeiten für Trolle, Cybermobbing, Missverständnisse, und andere menschliche Nickligkeiten. Der Human Factor darf hier, auch wenn wir vom positiven Bild des vernünftigen, bildbaren Individuums ausgehen wollen, als mögliche Problemquelle nicht ausgeklammert werden. Wären wir alle vernünftig, sähe unsere Welt nämlich vermutlich anders aus – vielleicht besser, aber da bin ich mir nicht sicher.

In jedem Fall sehe ich in MOOCs eine Chance; nämlich Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie wir Bildung in Zukunft mehr am Menschen als an wirtschaftlichen Interessen orientiert gestalten und gleichzeitig dennoch effizienter abwickeln können, denn das muss kein Widerspruch sein. Neue Medien dürfen dabei allerdings nicht zum Selbstzweck degenerieren, sondern müssen als das gesehen werden, was sie im Grunde sind: ein neues Werkzeug, dessen Handhabung wir noch immer nicht begriffen haben.

Ein kleines Video zu #iddg13

Mir sind ein paar Ideen durch den Kopf gegangen, welche es nicht explizit in das PDF aus dem vorangegangenen Beitrag geschafft haben, darum habe ich mich mal ganz klassisch ohne große Vorbereitung an ein Whiteboard gestellt und was aufgemalt. Als Widerspruch zum digitalen Zeitalter?

Ich nutze übrigens zum Konzeptualisieren sowohl einen Tabletcomputer als auch ein ganz klassisches Notizbuch, in das alle Ideen erstmal unsortiert und gefiltert reingekritzelt werden. Auch in digitalen Zeiten hilfreich – denk man lateinisch ist es ja auch digital (lat. digitus = Finger).

Gehöre ich zur Generation Post-X? (MOOC #iddg13 – No 2)

Ich habe versucht, mich zu analysieren. Nicht bezüglich meines mentales Status – dazu wäre ich eh nicht qualifiziert – sondern hinsichtlich meiner Vergleichbarkeit als individueller Typus mit dem Homo Zappiens, von dem im Bezug auf den MOOC ja dauernd die Rede ist. Wenn ich’s recht verstanden habe, ist dieser mutmaßlich neue, oder auch kürzlich erst als solcher identifizierte Typus von sozialer Entität durch seine Verwurzelung in der Multimedialität gekennzeichnet; Multitasker, Collaborative Worker, verspielter Teamplayer, digital höchst vernetzt und in den social media quasi omnipräsent. Also jemand, der sich im Web und all seinen Ausdrucksformen zu Hause und vermutlich auch abgebildet fühlt.

Neulich sprach ich hier davon, dass ich die Begriffe „netizen“ und „digital native“ wenig griffig fände, weil trotz des potentiell erreichbaren Grades an Verdatung und an medialer Präsenz, trotz des Entstehens eines digitalen Ich, das komplementär zum materiellen Ich auftritt und dennoch bisweilen völlig entkoppelt davon agieren zu können scheint eine Abbildung realer gesellschaftlicher Prozesse noch lange nicht in dem Umfang stattfindet, der es als glaubwürdig erscheinen lässt, sich selbst als im Netz geborenen Bürger betrachten zu dürfen.

Wenn ich mich aber selbst weder als netizen noch als digital native betrachten würde, obwohl ich doch durchaus einen veritablen Teil meiner Zeit in der Virtualität verbringe, stellt sich die Frage, in wie weit virtuelle Persönlichkeit und materielle Persönlichkeit einander durchdringen – oder besser, ob die von mir gedachte Komplementarität zweier Personas nicht vielleicht doch schon in einer Synthese zu münden beginnt.

Jedenfalls konnte ich – subjektiv – einige Aspekte des Homo Zappiens auch an mir ausmachen, obwohl ich rechnerisch wohl schon zur Vorgängergeneration gezählt werden müsste. Das parallele Erledigen verschiedener Tasks – wenn wir ehrlich sind ist es ja eher eine Art Erfordernis- und Lustgesteuerter Zeitmultiplex – das spielerische und dennoch auch Bedarfsmotivierte Hineinarbeiten in eine Materie, der ständige Blick über Tellerränder, der Umgang mit verschiedensten Personen über verschiedenste Kanäle, all das sehe ich auch bei mir. Wahrscheinlich ist allerdings der Grad der Ausprägung vergleichsweise eher reprimiert.

Größter Unterschied dürfte aber sein, dass für mich die Präsenz in den social media, überhaupt die Nutzung des Web in unterschiedlichster Form nur eine Kultur- und Kommunikationstechnik unter Vielen ist. Diese lässt aber erst zusammen mit den anderen, tradierten, in diesem Zusammenhang schon beinahe altbacken wirkenden Aspekten meines Daseins als soziale, politische und professionelle Entität ein vollständiges Bild meiner Selbst entstehen.

Mein Selbstbild als soziales Wesen an sich, als Healthcareprofessional, als Student der Bildungswissenschaft und noch manches mehr wird durch die Nutzung der sich immer weiter vervielfältigenden Möglichkeiten und Formen von social media, von crowd und cloud als neuen Orten der Begegnung und des Miteinanders auf persönlicher und professioneller Ebene verändert. Einschneidender verändert, als ich mir das je hätte träumen lassen. Und doch bleiben manche Dinge immer gleich…

Sicher ist für jemanden, der nicht dem Präinternetzeitalter entstammt, nicht mit drei Fernsehkanälen auskommen musste und Telefonzellen fast nur noch aus Movieclips kennt zumindest in weiten Teilen das Hineinwachsen in den Gebrauch von Medien anders verlaufen als zum Beispiel bei mir; dürfte also ein wesentlich intuitiverer Umgang mit den Gadgets des 21. Jahrhunderts zu erwarten sein. Und doch spielt das soziale Miteinander auch für die „Generation Post-X“ die Hauptrolle. Die Wege der Kommunikation und Interaktion mögen sich heute von Face-to-Face oder klassisch fernmündlich zu den endlos scheinenden asynchronen Varianten verschoben haben, das Hauptthema bleibt dennoch der Mensch.

Gerade, wenn sich die Dinge im Umbruch befinden, wenn Veränderungen zuerst vor allem Anderen die Unsicherheit des Zukünftigen zeitigen – noch viel mehr als zu dem Zeitpunkt, da Ulrich Beck seine „Riskogesellschaft“ postuliert hat – wenn die Rasanz, mit welcher die technische Entwicklung die soziale gerade überholt hat anscheinend den Homo Zappiens geradezu beflügelt, bleibt er doch immer als Erstes ein Mensch mit menschlichen Bedürfnissen – nach Nähe, nach Liebe, nach Anerkennung und Respekt. Erst wenn diese und noch andere emotionale Grundbedürfnisse gestillt sind, beginnt der Hunger nach Neuem, nach Erfahrungen und Abenteuer seine kulturellen Handlungen zu dominieren, denn unsere Homebase of Exploration bleibt zumeist ein Leben lang der Ort, wo wir unser emotionales Fundament verorten. Wo auch immer den der Einzelne gefunden haben mag.

Zumindest entspricht dieser Gedankengang meinen persönlichen Beobachtungen, die natürlich erstmal kaum wissenschaftlichen Wert haben, insofern sie nicht nach streng empirischen Maßgaben erhoben und gedeutet wurden. Allerdings ist dies eine ex post Betrachtung dessen, was sich bisher abgespielt hat. Und Vorhersagen auf der Basis gesammelter Erfahrungen sind im sozialen Bereich zumindest schwierig.

Ich bin also höchst gespannt, was ich durch den MOOC an Erfahrungen und Erkenntnissen mitnehmen kann, die mich auch meiner persönlichen Situation neue Perspektiven abgewinnen lassen.