The italian tales n°2 – mach’s einfach!

Um beim Reisen zu bleiben – manchmal ist der Weg nicht gerade und manchmal kann man ihn noch nicht mal erkennen. Als wir letztes Jahr schon mal die gleiche Location besucht haben, gab uns der Besitzer per Telefon recht präzise Informationen, wie sein Anwesen in den Hügeln oberhalb von Certaldo zu finden sei. Und trotzdem sind wir volle vier mal falsch abgebogen. Retrospektiv betrachtet eine meiner weniger ruhmvollen Anfahrten… Immerhin liebe ich die toskanischen Dustroads.

Wir wurden mit der berühmten Gastfreundschaft, einem Appartement mit Charme und angemessener Ausstattung, wundervoller Landschaft (inclusive dieses typischen Geruchs von südeuropäischen Koniferen, Macchia und Lavendel, der mich stets durchatmen lässt) und einem Pool empfangen, in dem ich täglich meine Runden ziehen konnte. Alles easy. Nicht so das Wetter, das uns mit idiotischen 42°C begrüßte. Na ja, da war ja der Pool.

Dieses Mal war klar, was uns vor Ort erwartet, denn wenn man einen Urlaubsort gefunden hat, an dem auch die Kinder zufrieden sind, denkt man zwei Mal über die Alternativen nach. Das Wetter hätte unterschiedlicher jedoch nicht sein können. Schon während der ganzen Anfahrt hatte es immer mal wieder geschauert, aber die letzten 35 KM ersoffen in Wasser. Hab schon ewig keinen solchen Regensturm mehr gesehen. Nun sind die letzten paar Kilometer, wie oben erwähnt eine Dustroad. Und von der fehlten Teile, was fast zu einem Schaden am Familien-Gefährt geführt hätte.

In der BRD würden sie jetzt noch diskutieren, wer den Schaden zu zahlen hat, um dann anzufangen, Angebote für die Ausbesserungsarbeiten einzuholen. Vielleicht könnten die Arbeiten dann so in vier bis sechs Wochen beginnen. Und man würde mir ein Unterlassungs-Erklärung hinlegen, damit ich ja keine Kohle zurückfordern kann. Hier regelt man sowas unter Gentlemen. Und überdies kamen heute morgen fünf Mann, ein kleiner Bagger, ein Traktor mit Kippmuldenanhänger und legten los. Jeder Bauer im Tal gab sozusagen was dazu. Abzüglich der typischen Siesta zwischen 12:00 und 16:00 war die Beere gegen 19:00 geschält! Ratzfatz. Vielleicht hätte eine Baufirma das noch besser gemacht; aber für meinen Bedarf ist es absolut ausreichend. Und der Mülllaster hat’s auch schon ausprobiert.

Das ist der Grund, warum ich mich der italienischen (speziell der toskanischen Mentalität) oft viel näher fühle, als der deutschen. Dieses ewige Arbeitskreise bilden, Varianten erörtern und alle nach ihrer Meinung fragen kann in manchen Situationen hilfreich und sinnvoll sein. Aber ganz gewiss nicht da, wo eine zügige Aktion gefragt ist. Deshalb lebe ich nicht gerne im Land der Reichs-Bedenken-Träger. Jeder muss seinen Senf dazu geben, egal, ob er irgendwas zum Thema beitragen kann, oder nicht. Hauptsache, man hat mal einen rausgehauen. Sieht man in den Kommentarspalten der Online-Postillen und bei Fratzenbuch ja auch jeden Tag auf’s Neue. Ziemlich viel Meinung für verdammt wenig (Sach)Kenntnis.

Die Kunst ist, unterscheiden zu können, wo ich mir die Zeit nehmen kann (und u. U. auch nehmen muss), die Dinge zu bedenken und wo ich es einfach machen kann (bzw. muss). Letzten Endes ist das eine Funktion von Lebenserfahrung; was allerdings Kenntnis über das betroffene Sach- / Fachgebiet nicht weniger notwendig macht. Die Jungs hier auf dem Hügel wissen schon, wie sie ihre Dustroads in Schuss zu halten haben. Bei anderen Problemen jedoch fragen auch sie einen Fachmann. Aber nur einen. Und sie wissen welchen man fragt. Wohingegen bei uns vieles (unnötigerweise) im Stillstand zu Tode diskutiert und alternativlos ausgesessen wird: z.B. kommunale Bauprojekte. Oder kommunale Kunst- und Kulturförderung. Oder die Renovierung des Clubhauses.

Diese angenehme Mischung aus ars vivendi, Gelassenheit und etwas Fatalismus, die bei Bedarf jedoch durchaus vom südländischen Temperament beschleunigt werden kann, ist es, die mich immer wieder hierher zieht. Zumindest zu einem nicht unerheblichen Teil. In jedem Fall hilft sie mir, meine anderen Leidenschaften wieder richtig zu fühlen. Und jetzt ist auch das Wetter wieder gut. Was will man mehr? Bis die Tage.

The italian tales n°1 – Welcome back to tuscany…

Das muss noch fertig werden, dass kann ich nicht liegen lassen und dieses Projekt muss auch noch abgeschlossen sein; oder zumindest soweit vorbereitet, dass ein anderer es zu Ende bringen kann. Und dann – husch, husch – umschalten in den Ferien-Modus und Deutschland für ein paar Wochen tschüss sagen. It’s as simple that…?

Sagen wir mal so: es hat auch dieses Mal nicht lange gedauert, bis ich mich ausschließlich auf das Ziel der Reise konzentriert und meine Arbeit habe Arbeit sein lassen. Doch was ist eigentlich das Ziel der Reise, wenn man mal Urlaub macht? Der Ort, in dem man ein Appartement/Zimmer gebucht hat? Die Ausflüge, die man unternimmt, incl. voll Touri-mäßigem Rumgeknipse bis zur Erschöpfung? Der Genuß landestypischen Essens, incl. dessen Zubereitung? Irgendwas anderes? Alles zusammen? Oder gar nix davon?

Ich hörte die Tage, als ich in meiner Hood die Straße runter ging, zufällig einige Fetzen einer Konversation zwischen zwei Frauen mittleren Alters und eine von Ihnen sagte sinngemäß, ihre Bekannte mache ja auch nur den Job, den sie eigentlich gar nicht möge. Das setzte bei mir eine Denkspirale in Bewegung. Natürlich hadere ich manchmal mit meinen Aufgaben und ebenso natürlich habe ich regelmäßige Motivations-Tiefs. Das ist bei Menschen nicht die Ausnahme, sondern die Regel, denn Arbeit ist nun mal eine Notwendigkeit um sich morgens auf dem Weg zur Arbeit ankleiden und sich Brötchen leisten zu können…?

OK, das war böse. Arbeit ist nicht nur schlimm und eine Zumutung und stört beim Chillen. Sie ist ebenso ein Ort, wie eine Zeit an/zu der wir mit anderen zusammen kommen, (zumindest manchmal) sinnvolles tun und auch Spaß haben können. Es strukturiert unseren Tag und fördert unsere sozialen Beziehungen. Mag sein, dass manche Arbeit einem sinnvoller erscheint, als die eigene, was am uralten „Die-Kirschen-in Nachbars-Garten“-Paradox liegt. Ich darf an dieser Stelle gestehen, dass ich meine Arbeit mag – insbesondere, weil sie sich immer mal wieder verändert und entwickelt. Ain’t I a lucky guy…?

Aber dieses Verhältnis zu meiner Arbeit hat etwas mit Leidenschaft zu tun. Ich brenne für meinen Job. Nicht nur den des Notfallsanitäters, sondern vor allem für den des Berufspädagogen. Ich kann dabei meine Lust am Geschichten-Erzählen mit meiner Freude, mit Menschen an Menschen für Menschen zu arbeiten auf’s Trefflichste verbinden. Ich vermute jetzt also, dass die Dame meinte, in ihrer Bekannten keine Leidenschaft für deren Arbeit erkennen zu können. Und das ist natürlich bedauerlich, aber meine Lebenserfahrung sagt mir, dass bei weitem nicht jeder Leidenschaft für seine Arbeit empfindet. Mehr so etwas wie Bedarfsgeschmack (siehe Pierre Bourdieu). Kann man in einer Möchtegern-Meritokratie wie der unseren, die schon in Kindern Leistungsfähigkeit messen will recht häufig sehen.

Was hat das nun mit dem Italien-Urlaub zu tun? Ganz einfach: eine Leidenschaft kann man auch dann nicht abschalten, oder verleugnen, wenn sie Leiden schafft. Was für meine Urlaubsfahrten regelmäßig bedeutet, dass ich mich zwar auf den Ort fokussiere, den es bei einer 1000 KM-Fahrt zu erreichen gilt (insbesondere, wenn vor dem Gotthard-Tunnel fast 10 KM Stau sind); doch eigentlich geht es darum , meine anderen Leidenschaften zu wecken, sie mir wieder ins Gedächtnis zu rufen- schließlich, sie zu reaktivieren. Denn wer nur für seine Arbeit brennt, kann auch verbrennen.

Für mich ist die Autofahrt tatsächlich der Beginn der Reise, die gleichzeitig ihr eigenes Ziel ist: Rückbesinnung! Zu sehen wie langsam über den Schweizer Alpen die Dämmerung hochkommt erinnert mich daran, wie klein der Mensch, wie insignifikant sein Streben nach Selbst-Verwirklichung und -Optimierung ist. Die ganzen drei Wochen sind eine Reise zurück zu mir selbst. Denn nur, wer sich erdet, kann auch wirklich „Energie tanken“.

Wie paradox! Die meisten von uns reisen, um ihre Batterien zu füllen, damit sie die Arbeit bestehen können, bis sie wieder Reisen dürfen, um die Batt…. Work. Holiday. Repeat. Ich reise, um mich daran zu erinnern, dass die Arbeit nur eine von vielen Facetten meines Daseins ist. Und ich versuche meine verschiedenen Leidenschaften miteinander zu versöhnen. Das gelingt mal mehr, mal weniger gut. Aber es gemahnt mich, meine Tage mit immer mehr Leben zu füllen und nicht mit immer mehr Arbeit. Wollt ihr das auch mal versuchen…? Wir lesen uns die Tage auf jeden Fall noch öfter. Bis dahin: Buonasera!

Heatwave N°2

Heidewitzka, ist das gerade wieder verdammt heiß! Und so natürlich, wie wir alle Schwitzen, uns nach Freizeit am Baggersee, einem leckeren Eis und einem kleinen Sommergewitter am Abend sehnen, so natürlich schwadroniert die Presse über diesen Umstand. Dabei werden – je nach politischer Orientierung der Postille – wahlweise Untergangs-Szenarien oder Artikel voller Whataboutism rausgehauen, was in den Kommentarspalten zu eher belustigenden Scharmützeln führt. Denn zum Thema Wetter und Klima hat jeder eine Meinung. Oft genug ziemlich viel Meinung für verdammt wenig Wissen…

Ja, der Unterschied zwischen Klima und Wetter ist mir durchaus geläufig, danke der Nachfrage. Und auch, wenn dies hier gewiss nicht der Ort ist, über das Wetter zu plauschen, so ist Klima doch ein ziemlich gutes Thema. Dazu muss man allerdings wissen, dass es natürlich wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, welche sowohl die landläufige These stützen, dass ein nicht unerheblicher Teil der gegenwärtigen Erderwärmung anthropogen ist, als auch solche, die diesen Allgemeinplatz in Zweifel ziehen. Der Umstand, dass das Klima sich im Verlaufe der Zeit auch ohne menschliches Zutun recht häufig in die eine (+), wie in die andere Richtung (-) geändert hat, ist dabei Wasser auf den Mühlen der Klimawandel-Leugner.

Nun ist es so, dass „die Wissenschaft“ als System so nicht existiert; so wenig, wie „der Deutsche“ oder „der Islam“ als hoch dogmatisierte Begriffe mit eng umrissenem Bedeutungs-Gehalt irgendeine letztgültige Wahrheit beinhalten können. All diese Begriffe sind von Menschen gemacht, die – genau wie du und ich – Irrungen, Wirrungen, und Meinungen unterworfen sind. Wissenschaft ist oft weniger deskriptiv (die Dinge beschreibend wie sie sind), als vielmehr normativ (die Dinge beschreibend, wie man sie gerne hätte). Das gilt in der Gesundheits- Sozialpolitik genauso, wie bei Klimafragen. Wir neigen recht gerne dazu, die Meinung irgendeines Prof. Dr. Dr. als unumstößlich hinzunehmen, wenn sie unseren eigenen Interessen genehm ist. Letztlich ist aber auch diese Meinung genau das; nur eine Meinung unter vielen, die mehr oder weniger Substanz haben kann.

Ich rede mitnichten der Unwissenschaftlichkeit, oder gar der neuen Postfaktizität das Wort. Dafür haben wir Trump, die AfD und die ganzen Idioten, welche Ihnen hinterher rennen. Die setzten auf dumpfe Gefühle (insbesondere negative) und erreichen damit viel mehr Menschen, als alle vernünftiger Artikel, die ausgewogen die Fakten darstellen zusammengenommen. Denn offenkundig wollen die Leute hassen, nicht wissen! Ich möchte genau deshalb darum bitten, dass man sich genau anschaut, wessen konkrete Interessen durch irgendwelche wissenschaftlichen Publikationen vertreten werden, bevor man irgendetwas für „alternativlos“ hält. Dies ist im Übrigen das Gottverdammte Unwort des frühen 21. Jahrhunderts. Für diesen Nonsens-Begriff könnte ich Fr. Dr. Merkel immer noch… aber ich schweife ab.

Zweifellos wäre es schön, wenn wir das Wort alternativlos einfach wieder aus unserem Wortschatz streichen könnten. Denn es soll ja einfach nur suggerieren, dass mein Gegenüber keinen Bock hat, über meine Argumente wenigstens nachzudenken, oder in seinem Denken schon so verbohrt ist, dass er nicht mal mehr die Möglichkeit einer anderen Meinung in Betracht zieht. Et voilá – Dogmatismus. Bringt keinen weiter und erzeugt einfach nur heiße Luft, welche die Heatwave N°2, die gerade über’s Land zieht bestenfalls nur ein bisschen schlimmer macht. Das einzige, was diese Art von „Berichterstattung“ schafft ist, die Gräben durch unsere Gesellschaft noch mehr zu vertiefen und von den eigentlichen Problemen abzulenken. Keinen Dank dafür.

Wir brauchen gesellschaftlichen Dissens! Aber bitte auf dem Boden von Fakten und nicht von Gefühlen, die allenthalben gerade das Szepter im öffentlichen Raum übernehmen. Hätte irgendjemand Lust auf eine echte Diskussion? Wenn sich welche finden, stehe ich gerne zur Verfügung. Aber bleibt mir mit eurer postfaktischen Phrasendrescherei, eurem Auf-Andere-Zeigen, eurem Whataboutism und eurere Bigotterie vom Hals. Die Apologeten der vorgenannten Unnötigkeiten dürfen gerne in der Hitzewelle verdunsten. Allen anderen eine gute Zeit…

Der verwirrte Spielleiter #11 – Kritischer Fehlschlag…!

Wenn man verschiedene Beschreibungen und Charakterisierungen von Pen&Paper gelesen und vielleicht auch mal an Runden teilgenommen hat, entsteht schnell der Eindruck, dass Würfeln nicht nur integraler Bestandteil des Spiels ist, sondern das zudem die Entwicklung der Geschichte stets vom Glück mit den regelmäßigen Polyedern abhängt. Dieser Eindruck trügt jedoch. Natürlich wird in vielen Regelwerken das Würfeln für die Auflösung kritischer Handlungen benutzt. Denn bestünde nicht die Gefahr eines Fehlschlages, weil einfach alles klappt, wäre das einfach grausam langweilig. Denkt doch mal an einen Film, in welchem dem Protagonisten einfach alles gelingt; der wäre nach ca. 25 Minuten zu Ende. Aber es wird nicht um des Würfeln Willens gewürfelt. Mal davon abgesehen, dass sowieso nicht in allen Regelwerken gewürfelt wird. Es gibt auch andere Methoden. Ich gestehe aber, dass ich Würfel mag…

Dem Würfelwurf geht jedoch üblicherweise ein komplexer Prozess voraus: Eine Situation wurde vom SL beschrieben, und nun gibt es für einen, oder auch mehrere Charaktere eine Zahl n an Handlungsoptionen. Manchmal entscheidet ein Spieler allein über seine Handlungen, oft sprechen sich die Spieler auch ab. Aber gleich, wie kurz oder lang dieser Findungs-Prozess auch dauern mag, am Ende steht die Entscheidung für eine Herangehensweise. Die Spieler beschreiben nun die Umsetzung der gewählten Option. Je nachdem, welcher Spielstil am Tisch vorherrscht, kann diese Beschreibung sehr einfach sein (ich greife den ersten Ork von links mit dem Schwert an), oder die Formulierung eines komplexen Planes beinhalten (Team A geht vorne rein, Team B hinten, während Team C das Sicherheitssystem hackt und Team D auf dem Dach landet).

Aufgabe des SL ist es nun, auf Grund der Beschreibungen seiner Spieler festzulegen, welche Würfelwürfe mit welcher Schwierigkeit von Nöten sind, damit die Aktion oder der Plan funktionieren kann. Und das ist gar nicht so einfach. Denn es ist notwendig, zu identifizieren, welche Skills für die Umsetzung einer Idee gebraucht werden und wie komplex die einzelnen Aufgaben sind; also, ob es Modifikatoren auf die einzelnen Fertigkeitsproben gibt, oder ob ein einfacher Wurf genügt. Und dieser Prozess ist nicht ohne. Denn es hängt nicht nur vom zur Zeit verwendeten Regelwerk ab, zu welchen Entscheidungen ich als SL komme, sondern auch von der Erfordernissen des Settings und des gerade gespielten Szenarios. Mal ganz davon ab, dass sich nicht jedes Regelwerk für jede Art von Spiel eignet.

Nehmen wir mal an, ich spiele eher cineastisch und meine Spieler-Charaktere sind Helden, die in einer kontinuierlichen Geschichte die Welt retten sollen. Dann werde ich bestimmte Einzelereignisse, die nur dem Aufbau der Spannung hin zu einer Klimax mit einem epischen Kampf zwischen Gut und Böse dienen sollen, sicher nicht mit einer Hammer-Schwierigkeit belegen, sondern es laufen lassen und manchmal auch gar keinen Wurf verlangen, wenn das Vorgehen gut beschrieben wird; denn Prämisse und Fokus des Spiels liegen ja nicht beim Bekämpfen unbedeutender Henchmen, sondern bei der finalen Schlacht, bis zu der die Helden aufgebaut sein sollen/müssen.

Richte ich mein Spiel allerdings an den Interessen und Motivationen einzelner Pro- und Antagonisten aus, können einzelne, zunächst eher unbedeutend erscheinende Taten oder Ereignisse durchaus von Belang für das Endergebnis sein, weil diese einzelne Personen in ihrer Agenda tangieren. Folglich werde ich hier im Einzelfall die Schraube anziehen, wenn ein prüfender Blick auf die Fertigkeiten der Charaktere und ihrer Gegenspieler dies hergibt. Ein wichtiger Aspekt ist also die Bedeutsamkeit einer einzelnen Aktion oder eines Planes für die Geschichte als Ganzes.

Der andere Blickwinkel ergibt sich nun aus der Frage, wie kompliziert das antizipierte Vorgehen im Gesamtgefüge des Spiels und mit Blick auf die Fähigkeiten des jeweiligen Charakters ist. Ein geübter Profi-Rennfahrer wird bei einer Verfolgungsjagd nicht so ins Schwitzen kommen, wie ein Versicherungsvertreter, der immer mit der Bahn zur Arbeit fährt. Und ein Barbar aus Vulgarien wird sich mit der Reparatur eines Plasma-Projektors sehr viel schwerer tun (…ist böse Magie, oder?), als der Chefingenieur einer schweren Pellaquinischen Raumfregatte. Das Zahlenschubsen als solches ergibt sich natürlich aus den Maßgaben des verwendeten Regelwerkes, aber die Vorüberlegungen muss der SL schon selber erledigen…

Sind alle Aspekte durch den SL bedacht und die notwendigen Würfe incl. Schwierigkeit benannt, gehen die Spieler frisch ans Werk. Die Würfel symbolisieren dabei ein Stück weit das Schicksal. Natürlich hat jedes Regelwerk seine Eigenheiten, welche jeweils die Wirksamkeit des Schicksals begrenzen oder ausweiten, aber das ist Teil des zuvor festgelegten Settings. Ob alles gelingt, oder nicht…; in jedem Fall entsteht eine neue Situation und der Anfangs beschriebene Zyklus der Entscheidung beginnt ebenfalls erneut. Aus meiner Sicht sind es nicht die Würfel, welche über Wohl oder Wehe der Charaktere und ihrer Agenda bestimmen, sondern die getroffenen Entscheidungen. Denn schon das beschriebene Herangehen entscheidet darüber, ob ein Wurf eine große oder eine kleine Chance auf Erfolg in sich trägt. Aber die Chance auf einen kritischen Fehlschlag besteht natürlich immer. Und irgendwie ist das ja auch ein Teil des Salzes in der Suppe… In diesem Sinne: always game on!

Auch zum Hören…

Erwachsen bilden #05 – Keep your distance, buddy…

Man muss es einfach mal sagen: mit 45 bin ich kein junger Hüpfer mehr. Also, ich fühle mich nicht alt (nur manchmal, nach einer Woche des frühen Aufstehens vielleicht) und habe immer noch jede Menge Spaß an Musik, an Kino, am Zocken, etc . Aber manche Expressionen der zeitgenössischen Jugendkultur verstehe ich nicht mehr so, wie noch vor 10 Jahren. Könnte daran liegen, dass mich dieses ganze trendige Gesummse und Gebrumse einfach nicht interessiert. Aber manche Sachen kapiere ich einfach nicht. Z.B. nackige Knöchel bei -2°C.

Nun ist es so, dass ich – berufsbedingt – viel mit jungen Menschen zu tun habe. Und ich gewinne den Eindruck, dass die meisten von denen mich, den grauen Haaren und der Plautze zum Trotz, dennoch nicht als alten Sack sehen, sondern eher auf Augenhöhe. Irgendwie ist das schmeichelhaft. Aber leider auch gefährlich. Denn obschon ich durchaus Sympathien für meine jungen Kolleginnen und Kollegen (egal, ob noch in Ausbildung, oder schon fertig mit der Welt) empfinde, bin ich als Ausbilder dazu aufgerufen, professionelle Distanz zu wahren.

Man kann miteinander arbeiten, miteinander Quatsch machen, miteinander über alles mögliche reden und auch mal miteinander ein Bier trinken; was heute Abend der Fall sein wird. Und doch bleibt da eine unüberbrückbare Distanz zwischen uns. Denn ich diene in meiner Funktion, egal, ob ich und die anderen das wollen oder nicht, als Role-Model, also als Vorbild und irgendwie auch als Respektsperson. Auch wenn ich mir mit meiner flapsigen Fletsche manchmal alle Mühe geben, das zu untergraben.

Doch, wie man es auch dreht und wendet: diese Distanz muss ich wahren. Tue ich das nicht, so wie mancher Ausbilder-Kollege vor mir es getan hat und gewiss auch noch mancher nach mir es tun wird, endet das unweigerlich in einem Desaster. Die schlimmste denkbare Entgleisung ist dabei eine Beziehung zu einem der eigenen Azubis einzugehen. Denn das unterminiert den Respekt für die eigene Funktion auch bei den Anderen und konstituiert, zumindest aus meiner Sicht, die Ausnutzung eines Schutzbefohlenen. Das mag altmodisch klingen und ich gebärde mich auch gewiss nicht als jemandes Papa; aber mit so einer Aktion verspielt man seinen ganzen Kredit.

Und wer ein solches Szenario zu Ende denkt, kommt am Schluss ganz schnell bei einem sehr unschönen Vorwurf heraus: sexuelle Belästigung/Nötigung. Denn, wenn in einem solchen Verhältnis die Luft raus ist und es eventuell zu Streitigkeiten kommt, oder aber jemand seine Meinung ändert, ist ratzfatz eine solche Anschuldigung ausgesprochen. Diese stigmatisiert (u. U. Beide), ist nur sehr schwer aus der Welt zu schaffen und kann eine Existenz zerstören. Das wäre es mir niemals wert!

Das ist der Grund, warum ich so gut wie nie jemanden weiblichen Geschlechts in meinem beruflichen Umfeld berühre (dazu sei gesagt, dass ich mich selbst als streng heterosexuell einordne). Das klingt jetzt vielleicht paranoid, aber auch ich bin nicht aus Eis. Und daher versage ich es mir, etwas zu tun, das vielleicht falsch ausgelegt werden könnte. Mal davon ab, dass ich glücklich verheiratet bin… Nun ja, manchmal muss man seine Gedanken einfach mal ordnen und aussprechen. Das ist hiermit getan und ich wünsche allen ein schönes Wochenende!

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Erwachsen bilden #04 – Gimme Feedback…!

Ich habe in den letzten Tagen eine Fortbildungsveranstaltung durchgeführt. Und, wie stets, am Ende natürlich eine Feedbackrunde abgehalten. Denn es gehört in der Erwachsenen-Bildung quasi zum guten Ton, ja fast zum Kanon des Dozenten dazu, sich verbal zu vergewissern, ob er mit seinen Bildungsbemühungen halbwegs im Ziel gelegen hat. Es gibt in einschlägigen Ratgebern ganze Kapitel zur Schlussrunde, die verschiedene Techniken zur Moderation anregen. Vielen Methoden ist jedoch eines gemeinsam: es wird im Plenum gesprochen.

Manche Menschen sprechen nun gerne (und oft auch gewandt) vor anderen Menschen; die meisten sind diesbezüglich jedoch eher zurückhaltend, insbesondere, wenn es um das Äußern von Kritik geht. Einerseits, weil wir in einer Kultur leben, in der Internet-Trollen zwar zum Volkssport geworden ist, im direkten Kontakt jedoch oft Konfliktscheue herrscht. Andererseits, weil man sich die Mühe sparen möchte, tatsächlich noch einmal über das Erlebte und Erarbeitete nachzudenken und zu sprechen. Natürlich hängt das auch von der Art und der angestrebten inhaltlichen Tiefe der Veranstaltung ab, aber ich sehe oft Menschen, die einfach nur Schluss machen wollen, weil irgendetwas vermeintlich Angenehmeres ruft.

Das versetzt mich in ein Dilemma. Man kann natürlich die Feedbackrunde nicht zu Beginn der Veranstaltung machen. Man braucht aber eine, um etwas über die eigene Qualität, Situationsadäquanz und Kundenorientierung herauszufinden. Trotzdem möchte man die Teilnehmer auch nicht mit zuviel vermeintlichem „Gelaber“ belasten. Denn auch das fließt ja in Beurteilungen ein. Also stehe ich oft vor dem Plenum und weiß nicht so recht, ob mich dieses Schlussrunde tatsächlich weitergebracht hat. Denn auch, wenn die Teilnehmer mir in der Mehrzahl positive Kritiken geben, bin ich mir nie sicher, ob die nicht gerade nur sozial erwünscht handeln, damit sie schneller rauskommen. Vielleicht sollte man anfügen, dass ich durchaus zur Selbstkritik neige…

Ich habe einen Freund und Kollegen, der immer sagt, dass man in unserem Job ein EGO braucht, dass kaum durch die Tür passt. Das Problem dabei ist, dass man ja – auch als Dozent – ruhig mal klugscheißen darf, wenn man denn klug ist; die Abgrenzung zur Rechthaberei, zum Dogmatismus und zur Arroganz sind dabei jedoch oft fließend. Und das ist ein Problem. Wenn ich Recht habe, ist das schön. Nur bedeutet es nicht unbedingt, das alle anderen deswegen unrecht haben. Ich persönlich versuche, auch in der Unterrichtssituation ein Teamplayer zu sein, wohl wissend, dass ich niemandem etwas „beibringen“ kann, sondern als Lernbegleiter zur Selbsterfahrung des Wissens und der Fähigkeiten hinführen und anleiten muss. Die Mäeutik ist dabei ein steter Begleiter.

Während ich hier so sitze und während dem Schreiben des Textes dem Regen zuschaue, beschleicht mich das Gefühl, dass ich andere Methoden des Feedbacks ausprobieren muss. Aber auch der gute alte Beurteilungsbogen bringt oft wenig Hilfreiches. Vielleicht muss ich das Teilnehmer-Feedback noch tiefer in den Unterricht selbst integrieren. Ich werde euch an den Ergebnissen meiner Versuche irgendwann teilhaben lassen. Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

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Geopolitisches Kampf-Schach

Die Administration Trump hat mittlerweile in ihren Konflikt-Eskalations-Spiralen eine Geschwindigkeit erreicht, die es gelegentlich fragwürdig erscheinen lässt, ob bestimmte Teile der Erde Weihnachten 2020 noch erleben. Immerhin müssten sie dort dann keine zweite Inauguration des dummen Donald als Präsident von Säbelrasslistan, aka USA erdulden. Man verstehe mich bitte nicht falsch; ich weiß das große Teile der Bevölkerung des „land of the free“ gerne free from Donald wären und dass auch dort Demonstrationen nur sehr bedingt dazu geeignet sind, politische Teilhabe zu erzwingen. Wir leben in Zeiten, in denen wir alle vier Jahre glauben wollen, das jeweils kleinere Übel zu wählen. Stets in der Hoffnung, dass die Lobbyisten in der Zwischenzeit unseren Planeten und unser Leben nicht vollkommen versauen – oder eben vernichten.

Eigentlich müsste man die Weltordnung von den Füßen auf den Kopf stellen, doch jetzt ist das realistischerweise nur noch mit Gewalt zu erzwingen. Soweit sind wir noch nicht. Und doch – allein die Tatsache, das Kinder auf die Straße gehen, dass Macht überhaupt in Frage gestellt wird und dass wir langsam anfangen zu begreifen, dass Geld uns regiert und nicht irgendwelche „vom Volk gewählten“ Politiker gibt mir Hoffnung, dass wir es noch schaffen, unsere Welt den Klauen derer zu entreißen, die gegen unser aller Interessen handeln, nur um noch fetter werden zu können. Denn das letzte Übel, welches Pandora – entgegen dem Mythos – noch aus ihrer Büchse auf die Welt losließ, war bekanntermaßen die Hoffnung.

Als Vater weiß ich, dass man manchmal glaubt, das Beste für jemand anders zu wollen, weil man davon überzeugt ist, dass diese Person (zumeist das eigene Kind) noch nicht bereit sei, zu wissen, was das Beste für sie ist. Nenne man es Paternalismus oder was auch immer; das ist einerlei, denn das Ergebnis ist das gleiche: Bevormundung! Das ist, was manche Menschen mit viel Geld so tun. Die Welt um sich herum bevormunden, weil sie auf Grund ihres Erfolges so narzisstisch sind, zu glauben, sie wüssten, was das beste für die Welt ist. Frei geklaut: an meinem Wesen soll die Welt genesen…

Nun glauben Teile der amerikanischen Administration schon immer, dass die einzig legitime Antwort auf alle Probleme in der Welt amerikanische Waffengewalt ist. Diese Doktrin ist mittlerweile fast zwei Jahrhundert alt, wird aber immer noch gelebt; oder besser, sie wird wieder intensiver gelebt. Was allerdings teuer ist. Und wenn man seinen Wählern Geschenke machen möchte, um noch mal Präsident werden zu können, muss man eben anderen Nationen Teile der Last aufbürden. Also fordert man Deutschland auf, Truppen nach Syrien zu entsenden. Kostet ja deren Geld. Geld, dass wir für unsere eigenen sozial- und bildungspolitischen Probleme wesentlich besser einsetzen könnten. Oder vielleicht für die Stärkung Europas? Gott behüte, die EU könnte tatsächlich zu einem ernst zu nehmenden globalen Polit-Player werden…?

Verdammte Axt! NEIN! Keinen Scheiß-Cent für irgendwelche deutschen Militär-Aktivitäten in Syrien, oder sonstwo noch in der Region. Mir klingen heute noch die Ohren, wenn ich an den apoplektischen SPD-Kriegsminister Struck denke: „Deutschlands Freiheit wird am Hindukusch verteidigt.“. Was für ein entsetzlicher Käse! Ich bin weit davon entfernt, zu glauben, dass wir schon in einer Welt leben, die kein Militär braucht. Aber dieses Militär, so es denn zur Landesverteidigung aufgestellt ist, hat in den, durch die Politik der USA aufgeworfenen Krisenherden dieser Welt nichts verloren! Wenn amerikanische Politiker und Militärs meinen, geopolitisches Kampf-Schach um Ressourcen und Macht führen zu müssen (z.B. hier, hier und hier) , dann sollen sie die Suppe gerne selber auslöffeln.

Was war sonst noch…? Ach ja, die Rackete…! Zweifellos ist es hoch unethisch, aus innenpolitischem Kalkül Flüchtlinge im Mare Nostrum ersaufen zu lassen. Ebenso zweifellos hat Frau Rackete gegen bestehendes Recht verstoßen. Und jetzt? Die junge Frau zur Märtyrerin zu stilisieren, halte ich für vollkommen überzogen. Insbesondere, weil sie potentielle physische Schäden anderer in Kauf genommen hat, um ihre Agenda durchzudrücken (im wahrsten Wortsinn). Doch die ganze Diskussion um diesen einen Vorfall ist Bullshit, weil sie vom eigentlichen Problemkomplex (Fluchtursachen -> Flüchtlinge -> humanitäre Fragen -> Innen- und Außenpolitik in Europa) ablenkt und durch Polarisierung komplexer Sachverhalte mal wieder nur den radikalen Rechten in die Händen spielt. Bravo Herr Steinmeier, Bravo Herr Maaß, ihr habt’s mal wieder verkackt. Ach und der Seehofer, der wie ein Dackel hintendrein trabt, sowieso.

Auch an diesem Konflikt offenbart sich nur eines: Partikularinteressen sind die einzig wahre Währung unserer Zeit. Wer diese bei den Richtigen (denen mit Macht, Reichtum oder Massen mit genug undifferenzierter Wut im Bauch) zu bedienen weiß, bleibt an der politischen Macht, oder erlangt diese. Wann genau wurde der Konflikt dem Kompromiss überlegen? Ich werde darüber nachdenken. Bis dahin Tschüss…

Auch zum Hören…