Rückkehrerblues…?

Ach ja, Urlaub… Man fährt mal weg, man erlebt Dinge, man kommt wieder und erzählt allen davon. Oder aber – Zeichen unserer ach so modernen Zeit – man teilt seine Impressionen, was das Zeug hält, in den sozialen Medien. Paris? Ja, hab ich bei Manu gesehen. London? Ja, dieses hammergeile 360-Grad-Panorama von Kalle war schon schön. Und hast du dieses Selfie von Richard aus’m Central Park gesehen? Und noch unendlich viel weiterer (denkbarer) Chitter-Chatter ohne jegliche Substanz.

Soziale Medien sind asozial! Wer tatsächlich glaubt, dass das Skimmen durch die Fotostrecken Anderer das Reisen ersetzen kann – oder gar die dabei selbst gemachten Erfahrungen – dem ist nicht mehr zu helfen. Und bevor jetzt die „Aber das soll doch einfach nur Lust auf’s selber Reisen machen“-Fraktion aus ihren Löchern gekrochen kommt: NÖ. Das ist einfach nur ein narzisstisches Zur-Schau-Stellen der eigenen Reise-Virilität. Schaut her, wo ICH überall hinkomme. Ekelerregende Eigenego-Streichlerei, sonst nix.

Aber Zimbo, du hast doch auch schon Fotos von Urlaubsorten auf deinem Blog gepostet! Was ist denn jetzt mit dir? Ja habe ich. Und je mehr ich darüber nachdenke, ärgere ich mich darüber. Denn zum einen geht es eigentlich keine Sau was an, wohin ich reise, außer jene Personen, denen ich es offensiv mitteile. Und außerdem waren es jeweils Auswahlen, die online kamen, nachdem ich wieder zu Hause war und die so geschnitten waren, dass so gut wie keine Personen drin vorkamen – vor allem nicht ich, denn ich bin nicht sonderlich fotogen! Narzissmus? Fehlanzeige, fürchte ich…

Dafür kann ich mich noch genau erinnern, wie ich mit 18 über den Père-Lachaise gestolpert bin, auf der Suche nach dem Grab von Jim Morrison; oder welche Erfurcht ( ja altmodisches Wort, aber absolut angebracht, um meine Emotionen in dem Moment zu beschreiben) mich ergriffen hat, als ich vor ein paar Jahren bei vielleicht 1500 Höhenmetern über einen Pass gefahren bin und dann den ersten Blick auf das Piano Grande tun konnte… Scheiß auf Kameras! Tipp: Hochtal in Umbrien, ein Stück hinter Nursia. Oder als ich zum ersten Mal auf die Piazza il Campo in Siena getreten bin. Und, und, und…

Ich bin, obschon hoch Technik-affin, dabei, ein immer stärkerer Gegner der Selbstverdatung zu werden. Ich sehe keinen Nutzen darin, dauernd mein Essen zu präsentieren (am Besten noch mit Vorher-Nachher-Strecken…), oder alle meine Facebook-„Freunde“ an jedem noch so kleinen Rülpser meines Egos teilhaben zu lassen. Das ist auch so schon groß genug. Ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich auf eben jenem Portal Dinge poste, die unnötig sind, weil sie niemandem einen Mehrwert bringen. Noch häufiger erlebe ich allerdings, dass ich vorbereitete Posts wieder lösche, weil ich mir denke „Was machst du Depp gerade?“. Ich hoffe inständig, dass meine internen Korrektive noch länger halbwegs funktionieren.

Wer hatr denn etwas von dauernder Öffentlichkeit meines Selbst? Mein Ego? Meine Freunde (wie real auch immer die sein mögen)? Mein Konto? Oder doch eher die Konten des Dienst-Anbieters. Ein nüchterne Kosten-Nutzen-Analyse bringt einen zumindest manchmal im Leben einen Schritt weiter.

Ich stehe mal wieder an diesem Punkt, dass ich aus Facebook raus will; ist ca. ein mal im Jahr so. Aber wer liest dann schon noch mein Blog…? Ich bin also auch, allerdings nicht emotional, von asozialen Medien abhängig. Scheiß neue Welt. Schönen Tag auch…

Datensch(m)utz…

DSGVO! Ich kann es nicht mehr hören! Datenschutzgrundverordnung! Und alle laufen Amok. Die einen, weil sie glauben, dass ihr Business jetzt geschlossen wird, weil es auf der Verarbeitung personenbezogener Daten beruht, deren Erfassung und Verarbeitung jetzt in wesentlich engere Grenzen gehegt wurde. Ja zum Teufel, dann handelt halt ehrbar, dann braucht ihr auch keine Angst haben, wegen un-ehrbaren Verhaltens belangt zu werden, ihr Schmocks! Die anderen, weil sie fürchten, wegen jedem Furz und Feuerstein abgemahnt zu werden. Schließlich sind einige Artikel der DSGVO ziemlich weit auslegbar. Und weil es halt immer noch zu viele Winkeladvokaten gibt, die zu dumm, zu faul oder zu geldgeil sind, um ihre Brötchen mit echter juristischer Arbeit zu verdienen, muss man halt aufpassen. Diesen Parias der Judikative sei Folgendes gesagt: ich kann auf potenten Beistand zählen.

Ansonsten mache ich mir recht wenig Sorgen. Die Bilder, welche sich auf meinen Seiten finden, sind alle von mir. Die Texte sind bis heute alle von mir; und auch, wenn man vielleicht über deren Schöpfungshöhe streiten können mag, so bin ich doch zumindest kein Plagiator, wie so manch anderer.

Selbstverständlich begrüße ich die Stärkung der Persönlichkeitsrechte auch im virtuellen Raum. Was ich jedoch stark bezweifeln möchte ist, dass die durchschnittlichen Nutzer von Social-Media-Plattformen auf einmal intelligent im Umgang mit ihren Daten geworden sind, nur weil heute ein Gesetz bin Kraft getreten ist. Denn so, wie mancher Plattform-Betreiber ein Blender, Abzocker, oder Ausnutzer ist, so sind leider viele Plattform-Nutzer leichtsinnig bis zur Dämlichkeit, wenn es um die Preisgabe persönlicher Informationen geht. Aber was ist daran schon neu…?

Es mag zwar als ehrenwert erscheinen, auch jene schützen zu wollen, denen die Erhebung ihrer Daten vollkommen Wumpe ist und die mit ihren Bildern, Vorlieben, Abneigungen, politischen Einstellungen, etc. hausieren gehen, als wenn sie dafür Geld bekämen – was nur in den allerseltensten Fällen passiert. Mir stellt sich jedoch eher die Frage, ob solcher Paternalismus angebracht ist? Immer mehr versuchen Politiker die freie Handlungsfähigkeit der Bürger, den freien Austausch auf welchem Marktplatz auch immer (und nichts anderes ist z. B. Facebook) einzuschränken und in Bahnen zu lenken, welche für die Behörden besser kontrollierbar sind. Sicherheit wird immer als Schlagwort genannt. Doch weder hier, noch sonstwo konnte auch nur irgendeine Abhör-, Bespitzelungs- und Bürgerrechteaushebelungs-Verordnung einen Anschlag oder ähnliches verhindern.

Hier werden keine Bürgerrechte gestärkt! Die staatliche Ausforschung seiner Bürger wird gestärkt. Schönen Dank auch für gar nichts, ihr dämlichen Narren! Und auch wenn ich’s nur ungern sage – schon wieder ist ein Grüner mit Schuld. Die kriegen meine Stimme nicht mehr…

Ach käm ich doch zur Ruh’…

Ja Urlaub ist was Tolles. Insbesondere, wenn man braindead durch die Wallachei stolpert (ich hoffe, ich tue dieser Gegend in Ungarn kein Unrecht, indem ich mal wieder in die Sprichwortkiste greife). Geistloses dahin schlurfen in Tatunion mit Auslöserdauerfeuer an der Handycam, dezent begleitet von gelegentlichem „Ah“ und „Oh“, wahlweise aber auch „Man, ist das teuer?“, „Da hätte ich aber mehr erwartet…“, oder ebenfalls gerne „Ist hier aber viel los!“. Tja, auf die Idee mit dem Reisen kommen in der Reisesaison halt auch andere, daran könnte man sich schon mal gewöhnt haben.

Aber ja, die anderen Urlauber nerven nicht nur die Einheimischen, die ich gelegentlich mit sehr verkniffenem Gesicht an mir vorbei mäandern sehe; sondern auch mich. Es könnte an der vorgenannten Melange aus teils abwertenden Bemerkungen, grauenhaften Outfits und einer fast aggressiven Erwartungshaltung liegen – mein Urlaub, meine Stadt, Burg, Freizeitpark, was auch immer. Ganz so, als wenn das anmieten eines Ferienappartements an der Mecklenburgischen Seenplatte dazu berechtigt, die Müritz mit heim zu nehmen. Oder zumindest ein Exklusivnutzungsrecht daran erworben zu haben. Und dann sind da plötzlich noch andere Menschen…

Ja, manchmal fällt es mir, meiner ganzen humanistischen Gesinnung zum Trotze sehr, sehr schwer, Menschen zu mögen. Vielleicht liegt es daran, dass ich in meinem Arbeitsalltag so viel mit ihnen zu tun habe, dass einsame Einkehr in der Abgeschiedenheit eines Bergklosters für mich – zumindest ab und an mal für ein zwei Tage – nicht die schlechteste Alternative wäre. Inclusive Internet-Karenz! Ich habe allerdings herausgefunden, dass ich mir auch im Familienurlaub meine kleinen Freiräume schaffen kann, in denen ich mit niemandem interagieren muss. Zum Beispiel, indem man in den scheiß kalten Fleesensee hinaus schwimmt; na ja, eigentlich eher watet, ist das Ding doch 70 Meter vom Ufer für mich immer noch maximal hüfttief.

Sei’s drum, in solchen Augenblicken hat man Klarheit. Und wenn es doch nur für sehr kurze Zeit dauert. Und dann musste ich wieder feststellen, dass man die Tretmühle einfach nicht aus dem Kopf kriegt. wenigstens im Moment nicht. was mich vielleicht sogar weniger belastet, als meine Lieben. Wenn ich aus dem Urlaub komme, muss ich eine Entscheidung treffen, bzw. erzwingen. Man kann nicht Diener vieler Herren sein und allen gleich gut dienen. Das geht unweigerlich schief. Mal sehen, was draus wird…

Frisch von der Leber weg…

Kinder sind ein Segen! Für die Bekleidungsindustrie, weil das ständige durch die Größen Wachsen neuer Generationen für stetes Einkommen sorgt. Für Kinderbetreuer aller Art, weil es deren Jobs sichert. Für die Spielzeugindustrie sowieso, weil es die (und natürlich auch uns) ohne Kinder nicht gäbe. Und, ganz wichtig, natürlich auch für Psychologen, Pädagogen und Soziologen, weil man immer noch dauernd neue Theorien darüber entwickeln kann, wie Kind-Sein und Erwachsen-Werden funktionieren. Kurz und gut gesagt: Kinder generieren für einen erheblichen Prozentsatz der Bevölkerung deren Lebensunterhalt. Könnte daran liegen, dass ohne Kinderkriegen die Menschheit schon lange ausgestorben wäre.

Betrachtet man das ganze aus Sozial- und Ordnungspolitischer Sicht, wird die Sache mit dem Segen plötzlich sehr nüchtern. Erzeugt ein Staat durch seine Geburtenrate nicht einen steten (und vor allem ausreichenden) Nachschub an Netto-Zahlern für die Sozialsysteme, kommt er irgendwann in erhebliche Schwierigkeiten; das geht im Moment im Übrigen allen entwickelten Staaten in Europa so. Amore ist in Italien anscheinend auch nicht mehr die, welche sie mal war. Man kann das Problem umgehen, indem es einfach keine staatlichen Sozialsysteme gibt (fast alle Staaten der 2. und 3. Welt), oder indem man sie demontiert (Vereinigte Staaten). Will bei uns aber keiner, also bleibt es ein Problem, für das bislang keiner eine probate Lösung zu haben scheint (also eigentlich gibt es die schon, aber wer gibt schon gerne was von seinem, so sauer den, tatsächlich Werte schöpfenden, Menschen aus der Tasche gezogenen Geld her…).

Darum schafft der Staat auf Kosten derer, denen er eigentlich helfen sollte (vermeintlich) immer neue Anreize, sich doch stärker zu vermehren (Herdprämie, etc.), die jedoch alle am eigentlichen Problem vorbei laufen: in der BRD Kinder zu bekommen bedeutet, gegenüber denen ohne Kinder zurückstecken zu müssen, und zwar in vielerlei Hinsicht. Flexible Kinderbetreuung? Zumeist Fehlanzeige! Überhaupt einen Betreuungsplatz bekommen, insbesondere in der Stadt? Auweiauwei… Betreuungskosten, Verpflegung, Kleidung, Urlaube, der ständige Hype um die richtige Förderung der Brut, die elterliche Angst vor dem „Versagen“ des Kindes (allüberall durch die Medien verstärkt, die einem den Eindruck vermitteln, dass wir alle morgen verhungern werden, wenn die süßen Kleinen nicht schon im Kindergarten Chinesisch, Klavierspielen und Programmieren lernen).

On Top kommen noch die ganzen Sponks und Pfosten, die sich entweder über die nervtötende Lautstärke aufregen, oder ungefragt Erziehungsratschläge geben, obwohl sie selbst über keinerlei Expertise verfügen – diese Menschen dürfen sich, sofern sie überhaupt über die kognitiven Fähigkeiten verfügen, sich in meinen Worten zu erkennen, von mir ein 100% biologisch abbaubares, vollkommen authentisches und – dieses Mal tatsächlich – böse gemeintes „FICKT EUCH!“ abholen.

Ja, mich nerven meine Kinder manchmal auch so sehr, dass ich sie gerne in ein feuchtes, dunkles Loch sperren und den Schlüssel vergessen würde. Oder wenigstens mit Klettband an die Wand kleben und ein bisschen schreien lassen. Tue ich aber nicht, weil ich sie trotzdem liebe. Auch wenn sie mir meinen Urlaub weniger erholsam gestalten, als ich es mir wünschen würde. Wenn ich nach den Gründen suche, warum meine Gattin und ich uns vermehrt haben, dann bleibt am Schluss nur eines übrig: das Gefühl, dass wir ohne eigene Kinder furchtbar viel verpasst haben würden. Und das meint nicht nur Ärger, Erschöpfung, Geldknappheit und andere Sorgen. Kinder sind schon ein Segen – nur nicht immer. Und auch nicht für alle Aspekte des Lebens. Wenn man sich damit arrangiert hat, geht’s ganz gut. Schönen Tag noch.

True punks don’t need cyberware…

Every now and then I get to read, that cyberpunk is dead. It’s a janus-creature of prediction and conclusion that arises in more than one text committed to the topic. In some eery way that’s an oxymoron, because if you relate an entire text to a literary genre, just to declare it dead, you’re reviving it in the same time. At least kind of… To be honest, I was always oblivious to this declaration.

I made my first contact with cyberpunk in my mid-teens, something around summer 1990. Media reception was different back then, because the „old“ channels of communication and distribution never neared the ubiquity of contemporary social media. So, in a sense, we are in the cyberpunk age, although I must commit, it doesn’t look anything like what was described, for example, in the novels of William Gibson. Maybe it’s better that way.

What little of the true meaning, most people conceived of the wealth of social criticism in cyberpunk was by far overweighed by the impact, the visual descriptions could deliver, back in the time. Interpretations took their ways, and out of the ashes of a dystopia, full of downtrodden loosers amidst a new wonder age of technological advancement rose an image, that – also by far – missed the inherent sense of angst regarding the possibly impending wake of artificial intelligence. What most people saw, simply was a latex clad, neon bright clash of technologically enhanced protagonists/antagonists, who simply fought the same fights, as they did before, in the archetypical action movies of the 80s. The essence of cyberpunk was butchered for flashing imagery, the masses could relate to.

As always, when financial interest meets artistic affluence, the product is styled to meet the financiers desires, thus exchanging meaning for mass compatibility. To be truthfully honest, when I was a teen, I was captivated by the imagery, too. It was cool, it was different, it had style. And the style lived on, being copied, adapted and incorporated to be part of the main stream. Hell yeah, it got duplicated so often, that it became boring. If somebody, his or her mind just fixed on the aforementioned style at this moment says, cyberpunk is dead, I must confess, that’s right. Because hyperbole use of the style killed it’s attitude, as of lately.

But that’s not cyberpunk. It’s just part of the described imagery, that some greedy media ravengers exploited for so long, that it’s not really of use any more. Again being honest, I still use the flashy, flamboyant style, because, I’m somewhat old school. I use it telling my stories, still being a pen and paper gamemaster since summer 1989… damn, you might call me a professional. But speaking of the essence of cyberpunk, we must recognice it is to be found underneath that polished surface. And our world has become – in quite more than one way – that dystopia full of the downtrodden.

Maybe, technological advancement didn’t follow predicted paths, as that never was the case in any way. But globe-spanning mega-cons, massive social inequality and dwindling social coherence, strange subcultures and no-go-areas – it’s all there. I simply need to take a look at the daily news and can walk away with a billion ideas, as to what story to tell. But I need to add a little glitz, because it would get to dark an gritty, if I simply used the world as is.

And here kicks in the main idea of cyberpunk: the lo-teks and the depraved, the loosers and the maladjusted, they are all able to find ways to defeat the just seemingly allmighty system. Whatever power thrown at them, they cope, they adapt, they survive – and sometimes they even succeed to the very best. Hope is the cure for society’s illnesses; not chrome, not drugs, not tech, but simply hope. If you ever become able, to come to that conclusion, you have become a cyberpunk yourself. And thus, in a somewhat complicated, sometimes lonely and always awesome way, I became one myself…

Streiken…? Wofür…?

Oh ja, habe ich auch schon. Ist lange her. Zu lange, um genau zu sein. Ich bin ein großer Freund davon, kleine Brötchen zu backen, wenn es um’s Fordern geht. Denn bevor man irgendetwas als einem rechtmäßig zustehend reklamiert, sollte man sich sehr sicher sein, dass man auch einen adäquaten Gegenwert erzeugt hat. „So lange mein Arbeitgeber so tut, als wenn er mich bezahlt, tue ich so, als wenn ich arbeite…“ Den Spruch haben bestimmt viele Kollegen schon mal gehört, oder auch von sich gegeben; und leider hat er im öffentlichen Dienst, speziell aber im Rettungsdienst durchaus seine Berechtigung – so lange die individuelle Leistung stimmt!

Das fängt damit an, dass jemand, der sich den Prüfungen zum NotSan gestellt hat (egal ob Alt-Assistent, Jung-Assistent oder Vollzeit-Ausgebildeter) auch das Gehalt für einen NotSan verdient, egal, ob in dem Bundesland die ÄLRD (sofern vorhanden, ach armes Ba-Wü, lange hat es gedauert, aber endlich, endlich…) irgendwelche Maßnahmen nach §4, Abs 2, Satz c freigegeben haben, oder nicht. Allein die Berufsbezeichnung auf dem Namensschild bedeutet, dass der Bürger einen Qualitätsanspruch erheben darf; und auch wird…

Schwamm drüber, HiOrgs orientieren sich am öffentlichen Dienst und in diesem Konstrukt ist so manches im Arsch… ähm Entschuldigung, im Argen, meinte ich natürlich. Nun haben am 15.05 in Mannheim Mitarbeiter des RD, die in Ver.di organisiert sind, die Arbeit niedergelegt. Keine Ahnung, ob es wieder so eine Wischi-Waschi-Notdienst-Vereinbarung wie 2008 gab, die dafür sorgte, dass der Streik für den Arsch war, aber wenigstens war es öffentlich und gut sichtbar. Es ist OK, wenn meine Kolleginnen und Kollegen für ihre Belange im öffentlichen Raum eintreten. Zu lange waren wir die unsichtbaren Parias des Gesundheitswesens. Das ändert sich dank der starken medialen Aufmerksamkeit für den RD im Südwesten nun deutlich – auch wenn diese Aufmerksamkeit zu oft auf den  Vergehen unserer Arbeitgeber ruht. Aber sein wir doch mal ehrlich: in vielen HiOrgs (insbesondere beim DRK) sitzen immer noch Personen auf Entscheiderpositionen, die da nicht hingehören.

Leider sitzen aber auch immer noch zu viele Leute auf RettAss-Positionen, die da nicht hingehören. Meine Hoffnung ist, dass diese Unfähigen und Unwilligen  langsam wegsterben, wenn das NotSanG ab 2021 seine volle Wirkung entfaltet. Die neuen Generationen an Kollegen sind fordernder, unbequemer, manchmal auch weniger leistungsbereit, weil sie sich von Anfang an mehr Gedanken über ihren eigenen Wert machen. Bekommen wir dieses Feuer mit dem  tradierten Berufsethos und einem positiven Anspruch an unsere Arbeit unter einen Hut, dürfen wir erhobenen Hauptes und voller Stolz ein ordentliches Plus fordern. Im Moment wäre ich da ehrlich gesagt ein wenig vorsichtig, denn noch schleppen wir viel zu viele „Altlasten“ mit durch, welche die Bezeichnung „Sani“ einfach nicht verdient haben!

Nur, wenn wir im eigenen Stall ordentlich ausgemistet haben, dürfen wir auf die Scheiße anderer hinweisen!

Gemein(d)e Notfallsanitäter…?

Es ist also soweit: im Landkreis Oldenburg startet nun ein wissenschaftlich begleitetes Projekt zur Etablierung eines Gemeinde-Notfallsanitäter-Systems. Und schon kommen Kommentare wie „billiger geht’s wohl nicht“. Tja, dümmer geht’s wohl nicht… Was soll ein GNFS denn tun? Hat sich mal jemand echte Gedanken über diese Frage gemacht? Wer aufmerksam liest, stellt einige Punkte fest, die interessant sind:

  • Alarmierung durch die Ortszuständige integrierte Leitstelle
  • Alarmierung bei Situationen unterhalb der Notfallschwelle
  • mehrmonatige Zusatzausbildung

Ein Gemeinde-Notfallsanitäter wird hier gedacht als Gatekeeper, der einer weiteren Überschwemmung der Notaufnahmen und des Rettungsdienstes mit unnötigen Bagatelleinsätzen Einhalt gebieten soll. Wenn ich das wenige, was bisher bekannt wurde richtig interpretiere, ist dies ein erster Schritt zur Veränderung der Akut-Versorgung, wie wir sie kennen. Und aus mehreren Blickwinkeln vermutlich der richtige: Aus ökonomischer, weil unnötige Hospitalisierungen und deren Folgekosten vermieden werden. Aus organisatorischer, weil eine Disposition aus einer Hand die Ressource RTW und NA für echte Notfälle freihält. Aus Sicht der Arbeitsgestaltung, weil es eine neue Chance zur Weiter-Qualifizierung schafft. Aus medizinischer, weil der GNFS eine Schnittstelle zwischen verschiedenen Komponenten des Gesundheitswesens sein könnte. Und aus sozialer, weil es einen Teil der Sorge für die Gemeinschaft wieder näher an die Gemeinschaft trägt.

Sieht man sich nämlich amerikanische Community Paramedic Programme an (hier z.B.- aus Minnesota), so wird klar, dass diese auch für präventive Aspekte Sorge tragen sollen; also z.B. das Monitoring von chronisch Kranken, die Nachsorge nach Klinik-Aufenthalten organisieren oder auch Unterricht in medizinischer Selbstkompetenz planen und durchführen. Für diese Aufgaben ist der deutsche NFS ebenso wenig ausgebildet, wie der amerikanische Paramedic (wobei es den als Archetyp ja gar nicht gibt), was aber bedeutet, dass derjenige, der ein Curriculum für GNFS entwickeln möchte/soll tatsächlich „dicke Bretter bohren“ muss, um es mal mit den unnachahmlichen Worten unseres Landesinnenministers zu sagen…

Hier mal ein Vorschlag für eine Grobstrukturierung eines solchen Curriculums:

  • 40 h Einführung in die Aufgabenbereiche des GNFS
  • 160 h Erweiterte Grundlagen der Pflege (davon 40 h Praxis-Einsatz auf Station)
  • 40 h Schnittstelle Pflege/Nachsorge – Akutversorgung
  • 360 h Krankheitslehre / Pharmakologie (davon 40 h Praxis-Einsatz in Arztpraxis und 40 h Praxis-Einsatz in einer ZNA)
  • 40 h Erstellung eines Behandlungsplans
  • 80 h Methodisch-Didaktische Aufbauschulung  zum Ausbilder für medizinische Selbstkompetenz (davon 20 h Hospitation in einer Ausbildungseinrichtung im Gesundheitswesen)
  • 40 h Rechtsfragen: u.a. Haftung und strafrechtliche Fragen, Delegation
  • 40 h Abschlusswoche mit Prüfung

Wären netto 800 h Ausbildung, die von einer E-Learning-Plattform zum Selbststudium und  weiteren Praxisbegleitungen in der Anfangsphase flankiert werden müssten. Die Voraussetzungen wären:

  • mind. 2 Jahre als NFS tätig gewesen
  • Aufnahmetest zur Ausbildung
  • Monitoring durch ein Board aus Ärzten (sowohl NA als auch aus dem hausärztlichen Bereich) und erfahrenen Pflege-, sowie NFS-Ausbildern.
  • obligate 48 h anstatt 30 h Fortbildung pro Jahr

Ich würde mich gerne an der Etablierung eines solchen Ausbildungsganges beteiligen. Sonst noch wer?

Fehlerkultur…? Fehlanzeige…?

Es gibt Tage, an denen man bereits beim ersten Einsatz denkt, es wäre wohl besser gewesen, liegen zu bleiben, weil einem die offenkundig zur Schau gestellte Lebensuntauglichkeit der eigenen Klientel das letzte Fitzelchen Contenance abverlangt – und das womöglich mit zu wenig Koffein im Blut! Jeder, der den Job länger als ein paar Tage macht, wird unweigerlich mit dieser zeitgenössischen Melange aus „Ich wusste nicht, was ich bei Fieber machen soll, da habe ich halt 112 gewählt…“, „Also, die Verantwortung will ich nicht übernehmen!“, „Aber dem geht’s doch furchtbar schlecht!“ und „Ich will in die Klinik, habe aber kein Geld für ein Taxi…“ konfrontiert. Tagtäglich. Und ja, das geht auch mir gewaltig auf den Zeiger, nachts um 02:30 zu jemandem fahren zu müssen, der mir dann erzählt, die Flüssigkeit aus seiner Blase würde überall unter der Haut hochsteigen und er hätte schon Kopfschmerzen davon… selbst so erlebt.

All dieser Frust, den man sich bei der Arbeit holen kann, weil entweder unsere Mitbürger ein vollkommen überzogenes Anspruchsdenken an den Tag legen, Einsatzsachbearbeiter ihren Job nicht richtig machen (ich sitze auch an einer solchen Stelle und bestätige hiermit: auch das kommt manchmal vor!), oder der Mensch (meist Laie) vor Ort schlicht überfordert ist ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir dennoch berufen sind, sozial und sachlich adäquat mit jedem Einsatz umzugehen. Und aus unseren Fehlern zu lernen.

Mir ist wohl bewusst, dass die allermeisten Kolleginnen und Kollegen nach einem kurzen Blick auf bestimmte Meldebilder zumeist bereits ein Szenario im Kopf haben, dass von Stereotypen nur so strotzt. Natürlich kommt man auch zu dem klassischen „Dauerkunden“, zum Geronto-Sturz, zu „Leiden“, deren „plötzliches Auftreten“ eigentlich beim besten Willen nicht den Einsatz eines Rettungswagens rechtfertigt; aber bitte, es handelt sich dennoch um ein Hilfeersuchen, das halt abgearbeitet werden muss. So viel Berufsethos muss dann schon sein, meine Damen und Herren!

Und dann kommt das Nachrichtenmagazin „Report Mainz“ und sucht nach Menschen, deren Hilfe-/Transport-Ersuchen vom Rettungsdienst abgelehnt wurde – OH MEIN GOTT, WIE SCHLIMM! Wie können die nur beim heiligen Rettungsdienst Fehler suchen. Wenn ich mir die Kommentarspalten unter dem Aufruf auf Facebook so ansehe, möchte ich vor Scham ob der Äußerungen einiger Vertreter meines Berufsstandes im Boden versinken! NULL KOMMA NULL Selbstreflexion, keine Fehler-Sensibilität, mangelnde Sozialkompetenz, aber eine televerbale Goscherei, dass es einem schlecht wird!

Von Transparenz, Fehlerkultur, CRM/TRM und CIRS haben die offenkundig noch nie was gehört – oder alles falsch verstanden, so nach dem Motto: „Ja wir suchen natürlich nach Fehlern – bei den Anderen!“ Solches Verhalten, insbesondere unter Betrachtung der Diskussion um das Verhalten des Kollegen in Bamberg ist unprofessionell, dem Berufsbild nicht dienlich und schlicht eines Healthcare Professional unwürdig!

Ja, es gibt Patienten, zu  denen wir mit unserem RTW hinfahren und die unsere Hilfe eigentlich gar nicht benötigen. Aber auch bei deren Begutachtung ist die gleiche Sorgfalt geboten, als bei einem, bereits auf den ersten Blick kritischen Patienten. Denn wir sollen, gestützt durch fundierte Aus- und Fortbildung, durch unsere Arbeit einen immer und überall vergleichbaren Mindeststandard der Akut-medizinischen Versorgung garantieren. Nur wenn wir diesem Anspruch gerecht werden und dennoch ungerechtfertigter Weise eines Fehlers beschuldigt werden, haben wir das Recht, uns zu wehren. Aber dies im Zweifel beweisen zu können, wird sehr schwer, wenn ich mich schon einer transparenten Begutachtung verweigere.

Genau das (plus die üblichen paar Prozent Effekthascherei für die Quote) tut Report Mainz. Anstatt also deren Anliegen von Anfang an mit Dreck zu bewerfen, sollten wir es begrüßen, dass jemand sich der Thematik überhaupt annimmt; denn ein tatsächlich Ergebnisoffen recherchierender Journalist wird dann schon beide Seiten sehen. Oder haben die werten Kolleginnen und Kollegen tatsächlich schon ein AfD-eskes Verhältnis zu den Medien? Denkt mal drüber nach. Guten Tag!