Benvenuti nelle Marche N°5 – Impressionen aus Assisi…

Hab ich eigentlich irgendwann mal erwähnt, dass ich kein sonderlich gläubiger Mensch bin, wohl aber ein durchaus spiritueller? Mich interessieren die Dogmen einer von Menschen gemachten Organisation nicht die Bohne. Kirche war (und ist teilweise heute noch) zumeist auch nichts anderes als Staat, nur mit anderer Dienstkleidung. Damit könnt ihr mir getrost vom Halse bleiben, denn meine Spiritualität braucht sicher niemand anderes Regeln und auch keinen besonderen Ort oder eine spezielle Zeit, um zu funktionieren. Dennoch gibt es da in mir schon eine besondere Verbindung zu alten Sakralbauten; nicht nur weil ich diese aus dem ästhetischen Kalkül heraus spannend finde, sondern weil ich zu wissen glaube, was Menschen jener Zeit bei dem Anblick empfunden haben müssen. Handwerkskunst als Stein gewordenes Gotteslob ist immer wieder beeindruckend. Manchmal ist sie auch echt spannend, Insbesondere dann, wenn Glaube und Pragmatismus eine Verbindung eingegangen sind. Ich konnte das in einer Kathderale in Südfrankreich sehen, wo man irgendwann einfach mit dem Kirchenschiff aufgehört hat, weil entweder keine Kohle mehr da war, oder kein Platz zum Bauen. Das erinnere ich nicht mehr so genau, ist aber auch Wurst, denn die dadurch entstandene, eher ungewöhnliche Form hat der Bau bis heute behalten. Die allermeisten neuen Kirchen sind aus meiner Sicht wenig spannend, weil die Formensprache sich mir nicht erschließen will. Aber das ist dann mein Problem.

Wenn man nun an einen Ort wie Assisi reist, der für gläubige Christenmenschen auf Grund der Verbindung mit dem Gründervater des Franziskanerordens eine gewisse Bedeutung haben mag, könnte man sich also von der dargebotenen Pracht des Gotteslobes einfangen lassen und gläubig werden; oder man nimmt einfach mit angemessener Bewunderung zur Kenntnis, was Menschen hier geleistet haben, interessiert sich für die Geschichte(n) des Ortes (einfach weil die Geschichte uns IMMER irgendetwas lehren kann) und ehrt diesen schließlich, indem man die Schönheit als Anlass zum inspiriert-sein begreift. Die Tage war ich wieder mal über so einen Artikel auf Zeit Online gestolpert, wo irgendsoein jemand dem „klassischen Bildungsreisenden“ (den es übrigens genausowenig gibt, wie den „klassischen Journalisten“) Schuld an verschiedenen negativen Auswirkungen von Tourismus zuweist. Ich weise diese Anschuldigung insofern weit von mir und meinen Lieben, als wir abseits der Nutzung unseres privaten PKWs, die vermutlich CO2-mäßig allerdings dennoch eine gute Alternative zum viel zu beliebten Fliegen darstellt, stets respektvoll im Umgang mit Land und Leuten sind, nicht an jene Plätze drängen, wo eh schon alle anderen Selfie-Stick-jonglierenden Insta-Huren herum turnen, wo man eigentlich nicht rumturnen soll; und wir versuchen, die örtliche Kultur so gut zu leben, wie wir können. Wenn wir dennoch Teil des Problems sein sollten, muss mir das jemand mitteilen, damit ich was daran ändern kann. Komischerweise habe ich jedoch in den letzten 20 Jahren bei so gut wie allen Urlaubs-Gelegenheiten kein solches negatives Feedback bekommen. Wahrscheinlich sind es doch die Arschlöcher, welche die meiste Publizität bekommen…

Zurück zum inspiriert-sein: was auch immer meine Kreativität triggert versuche ich ganz und gar aufzusaugen. Es mag manchmal so wirken, dass ich diese Orte nur durch den Sucher meiner Kamera betrachte; doch das täuscht! Einerseits, weil der Blick durch den Sucher einem die Suche nach einer anderen, frischeren, besseren Perspektive aufzwängt, wenn man schon eine Weile geübt hat. Und zum Anderen, weil die Ergebnisse meiner Knipserei für mich ein Quell des Nachdenkens sind, aus dem ich noch schöpfen kann, lange nachem ich den fraglichen Ort schon wieder verlassen habe. Dass dabei unter 100 Shots oft nur einer heraussticht, liegt in der Natur des Augenblicks, dieser von mir schon öfter beschworenen, unüberwindbaren Mauer der nächsten Sekunde, deren Vergänglichkeit der Druck auf den Auslöser nur bruchstückhaft zu vermindern mag, weil alle anderen Eindrücke, die mich in dem Moment dazu bewogen haben mögen, genau diese Perspektive zu wählen schon wieder hinfort sind… für immer… Insofern sind meine Bilder nicht nur mangelhafte Abbilder meines inspiriert-seins, Gedankenstützen so nützlich wie ein Knoten im Taschentuch des Schicksals sondern stumme Zeugen meines verzweifelten Bemühens, Fetzen von etwas etwas einzufangen, was man eigentlich nicht einfangen kann – (ER)LEBEN! Also war ich auch nur ein typischer Besucher in Assisi, aber immerhin stets bemüht, kein Arschloch-Touri zu sein. In diesem Sinne einen schönen Abend.

Bienvenue en Alsace N°2 – Augen-blicklich?

Das die Zeit einfach vergeht, ist ein Allgemeinplatz, den jeder Mensch fühlen kann, und dem lediglich die Physiker wahrscheinlich vehement widersprechen wollen würden; nämlich indem sie sagen, dass Zeit nicht EINFACH vergeht, sondern RELATIV zum Betrachter. Auch diese Beobachtung kann man nachvollziehen, wenn man sich kurz daran erinnern möchte, wie unterschiedlich sich der Fluss der Zeit ANFÜHLEN kann, je nach dem, ob man gerade DIE Stunde seines Lebens hat (DIE ist verdammt schnell vorbei) oder auf das Ergebnis seines Was-auch-immer-Tests wartet (DIE fließt wie eiskalte Melasse). Insofern ist ein Augenblick hinsichtlich seiner Dauer eine sehr variable Angelegenheit; und das nicht nur bei der Kommunikation mit Teenagern, die irgendeine Aufgabe erledigen sollen… Was allerdings auch bedeutet, dass die Qualitäten, welche ein einzelner Augenblick haben kann, sehr unterschiedlich sind, gerade weil wir die eigentlich (zumindest hier auf unserer Erde) halbwegs gleichförmig verlaufende Zeit sehr oft emotional und auch kognitiv aufladen. Mit guten, wie auch schlechten Gefühlen und Gedanken, welche sich mit dem gerade geschehenden Augenblick dann auf wundersame Weise zu einem Erleben verflechten, dass uns entweder erinnerlich bleibt – oder aber auch nicht. Dass unsere Wahrnehmung dabei auch noch unterschiedlichsten Verzerrungen unterliegt, die durch unsere Erwartungen, Beziehungen und die generelle Überschätzung unseres eigenen Intellekts geprägt sind, macht die Sache nicht eben weniger komplex…

Was siehst DU hier?

Was nun das eben beschriebene Erleben anbelangt – allzuoft verzwecken wir dieses, zwar häufig unbewusst, aber dennoch wirksam. Wir erwarten von einem bestimmten Moment ein bestimmtes Ergebnis und können dabei allzu oft nur enttäuscht werden, weil es einen perfekten Augenblick auf Bestellung nicht gibt – so wenig, wie eine KI genau DAS Bild zeichnet, welches man gerade im Kopf hat, wie meine beste Ehefrau von allen, ausgefeilten Prompts zum Trotze feststellen musste. Und doch können wir einen Moment nicht einfach sein lassen, weil wir darauf getrimmt sind, all unser Tun, all unser Streben, all unser Sein auf Effizienz auszurichten: auf die Erfüllung eines Zweckes, der allzu oft wirtschaftlicher Natur ist. Aber selbst in der Freizeit streben wir noch nach Effizienz, nach höher, weiter, besser, mehr; anstatt die Dinge einfach mal geschehen zu lassen. Wir fühlen uns dann schlecht, weil wir keinen hohen Nutzen erzielt haben. Aber, WAS ZUM TEUFEL ist der Nutzen von Freizeit, die mich dazu zwingt, etwas „sinnvolles“ tun zu müssen, einfach weil man das halt so macht? Was ist der Nutzen etwa von „Quality Time“ mit der Familie, wenn der geplante Ausflug dann aus Genöle und unentspannter Gereiztheit besteht? Kriege ich dann einen Pokal „Dad of the Year“, weil ich es geschafft habe, keinen auszusetzen oder umzubringen? Ihr spinnt doch alle… [Exkurs: ich weiß, dass die beste Ehefrau von allen beim Thema Care Work möglicherweise gereizt reagiert, weil Menschen naturgemäß unterschiedliche Wahrnehmungen ein und der gleichen Situation haben können; ich versichere jedoch an Eides Statt, dass ich wirklich versuche, genug für den Haushalt und die Familie zu tun! Exkurs Ende]

Worauf ich nun hinaus will: darauf, sich mit dem japanischen Begriff „Komorebi“ vetraut zu machen, der sinngemäß das Sonnenlicht beschreibt, welches durch die Blätter der Bäume gefiltert auf den Boden fällt und dabei immer wieder neue Muster zeichnet. Bewegliche, vergängliche Muster, deren Anblick einen jedes Mal auf’s Neue an zwei Dinge gemahnen kann: erstens die Vergänglichkeit allen Seins (und damit auch die eigene) vor allem zweitens aber die Einzigartigkeit jedes Momentes. Nicht jeder Moment ist nun erhebend, großartig, erfüllend, schön; aber jeder Moment verdient es dennoch, gewürdigt zu werden, einfach weil wir ihn erleben dürfen. Ein Umstand, den wir im HUZZ und BUZZ der schönen neuen Welt, in welcher wir leben allzu oft vollkommen vergessen. (Die Inspiration habe ich von Gert Scobel, ich habe zwei Youtube-Videos unten verlinkt) Ich war heute Nachmittag noch mal im Wald unterwegs, um einen Wasserfall zu suchen, von dem man mir sagte, er sei sehenswert. Man könnte jetzt also unterstellen, dass ich einfach nur die paar Kilometer gegangen bin, um ein Foto zu knipsen (tatsächlich wurde es mehr als eines), also auch aus einer Verzweckung meiner Freizeitgestaltung heraus. Und tatsächlich dachte ich derlei, als ich losging. Doch als ich angekommen war, war Zeit egal! Ich war im Jetzt, lauschte dem Rauschen, schaute mir das Naturschauspiel an, hatte eine lustige, zweisprachig geführte Begegnung mit einem anderen Wandersmann mit Hund und stellte fest, dass mein Kamera-Akku zu früh leer war. Drauf geschissen, denn ich fand zur Abwechslung mal wieder mich selbst ohne jede Verpflichtung wieder. Ich WAR einfach – Komorebi!

Für ein paar Fotos hat’s dann doch noch gereicht.

Ich weiß, dass ich nächste Woche wieder werde anderer Leute Zwecke erfüllen müssen. Und diese Erkenntnis wird mich, wenn sie dieser Tage an Gewicht gewinnt, gewiss traurig machen. Doch genau jetzt ist sie vollkommen belanglos, denn ich bin hier und frei. Sich solche Oasen des freien Geistes auch im Alltag schaffen zu können, ist mein erklärtes Ziel, denn nur das wird mich langfristig davon abhalten, Menschen auszusetzen oder umzubringen, weil deren Zweck ist, Andere um den Verstand zu bringen. Ich wünsche euch den freien Geist auch solche Momente erleben zu können. Wir hören uns.

Auch als Podcast…

The Critic N°4 – love it or leave it!

Viszerale Gewaltdarstellung, dark’n’gritty! Eine Geschichte, bei der Tragik definitiv nicht mit dem feinen Pinsel aufgetragen wurde, sondern mit dem 10-Liter-Eimer ausgeschüttet! Antagonisten, die zu hassen man nach kurzer Zeit LIEBT! Screenwriting, dass erwachsene Zuschauer ernst nimmt; und durch den Protagonisten mit auf eine heftige Achterbahnfahrt der Erfahrungen und Gefühle nimmt. Comic Relief, der nie überzeichnet wird. Charakterbögen, die diese Bezeichnung auch verdienen, weil man darin eine Entwicklung erkennen kann. Eine ambivalente Bindung zum Protagonisten, dessen Entwicklung zu wahrer Größe Zeit braucht. Und Animation, die über jeden Zweifel erhaben ist. Normalerweise ist es nicht mein Ding, in einen großen Chor der Lobpreisung einzustimmen, aber wenn man von der für Animes typischen Überzeichnung von EINFACH ALLEM mal absieht, ist BLUE EYE SAMURAI so ziemlich das Beste, was ich in letzter Zeit gesehen habe. Die Geschichte um eine Person, die den gesellschaftlichen Anforderungen einfach nicht genügen KANN und in der Folge verzweifelt versucht, an ihr begangenes Unrecht mit dem Schwert zu sühnen, ist nun weder neu noch sonderlich originell. WAS allerdings mehr als nur originell daher kommt, ist die Art, die Geschichte zu erzählen. Wenn etwa in einer Episode DREI visuell mächtige Zeit- und Erzählstränge verknüpft werden, um die Motive des Protagonisten zugänglicher zu machen, dann ist das Blutvergießen nur ein äußeres Zeichen für den inneren Kampf – und was für einen Kampf.

Jedes Bild kann interpretiert werden…

Wenn man einen Streamingdienst bemüht, wünscht man sich Unterhaltung. Manchmal braucht es einfach nur flimmernde Bilder, um von den Fährnissen, Sorgen und Problemen des Alltags abzulenken, mit denen das Leben nun mal in Hülle und Fülle gesegnet ist. Und vieles, was man dabei konsumiert ist… nun ja, hoch generisch trifft es relativ gut. Viele Produktionen gleichen sich, es war in den letzten Jahren viel Young Adult Fiction dabei, bei der die Umsetzung sich nicht eben an ein reflektiertes Publikum wandte. Wenn wenigstens die Schauwerte okay waren, konnte ich darüber hinweg sehen. Aber letzthin waren ein paar Gurken unterwegs, die mich dazu gebracht haben, fernzubleiben: dumme Kinder, die den selben Fehler in jeder Staffel auf beinahe die selbe Art begehen. Dauernd Mary Sues als Weltenretterinnen – oder Prinzchen/Prinzesschen, die durch dumb luck den gleichen Effekt erzeugen konnten. Das zu Tode Melken des Fantasy Genres mit den immer gleichen Topoi. Actionszenen im Dunkel (ZU DUNKEL), die kaschieren sollen, dass man a) keine Action kann, b) kein CGI kann oder C) die Darsteller/Stuntmen nix können. Dann kann ich solche Szenen auch lassen! Und schließlich – zu Tode gefranchised durch Dauerberieselung – der (von mir mittlerweile sehnsüchtig erwartete) klagende Abgesang auf die Superhelden. WAS. FÜR. EIN. HAUFEN. BULLENSCHEISSE!

Wenn man einen Streamingdienst bemüht, wünscht man sich Unterhaltung. Doch wenn diese mir tatsächlich zu etwas Eskapismus verhelfen soll, dann erwarte ICH mittlerweile, dass sie sich an den erwachsenen Fantasy/Science-Fiction-Geek, Gamer und Popculture-Nerd wendet, der ich bin – und mir die Chance gibt, zu staunen, mitzufiebern und eventuell zum Denken angeregt zu werden. Ist das zuviel verlangt? Ich denke nicht. BLUE EYE SAMURAI tut das auf ziemlich vielen Ebenen. Ein guter Hinweis, dass mich etwas hooked ist, wenn ich das Handy vor dem Fernseher aus der Hand lege und mich voll auf die Geschichte einlasse – und das passiert mir heutzutage nur recht selten. Übrigens war auch „The Brothers Sun“ so eine Serie. Heidewitzka, endlich darf, abseits der Action und der durchaus spannenden Geschichte Michelle Yeoh mal zeigen, das sie tatsächlich eine gute Schauspielerin ist! Aber zurück zum Thema. Nun muss man sagen, dass ich seit 35 Jahren Anime-Fan bin; lange bevor das im Westen Mainstream wurde. Und man kann an BLUE EYE SAMURAI erkennen, dass es ein Anime ist, dessen Macher die typischen gestalterischen Merkmale respektieren und zugleich auf eine Art interpretieren, die diesen Anime für westliche Sehgewohnheiten besser verdaulich macht. Bildgewaltig auf eine andere Art ist er immer noch. Aber ein gut gemachter Anime erfordert, dauernd hinzusehen, da die Bilder ihre Geschichte auf eine Art erzählen, die der zu Grunde liegenden Graphic Novel, bzw. dem Manga sehr ähnlich ist. Wer verstehen will, was damit gemeint ist, sollte Scott McClouds „Understanding Comics“ lesen. Es ist nach wie vor DAS Standarwerk zum Thema – und übrigens eine Graphic Novel… ich mag es, wenn Meta-Ebene und Erzählung Hand in Hand gehen!

Animes sind – aus den vorbeschriebenen Gründen – nicht unbedingt für Jede*n etwas, auch wenn diese Art des graphischen Erzählens heutzutage getrost als Mainstream angesehen werden darf. Was das weltweite Interesse an BLUE EYE SAMURAI gerade eindrucksvoll dokumentiert. Man muss sich darauf einlassen WOLLEN – und wird dann aber auch mit einer nachdenklich machenden, fesselnden, tragischen und manchmal auch komischen Geschichte um Stigmatisierung, Rache, Liebe, Erlösung und innere wie äußere Dämonen belohnt, die – obwohl eingebettet in den kultur-geschichtlichen Hintergrund des Edo-Zeitalters im Japan des 17. Jahrhunderts – aus meiner Sicht universell funktioniert. Danke für die erwachsene Unterhaltung. Und wenn jemand anderer Meinung ist, darf er oder sie dies natürlich kundtun – aber nur, wenn die Analyse fundiert ist. Schönen Tag noch.

Auch als Podcast…

Bienvenue en Provence N°2

Ist es nicht komisch, dass man woanders hinfahren zu müssen glaubt, um sich selbst finden zu können? Ich meine – man sucht seine verlegte Brille, die Haustürschlüssel, die neue Versicherungskarte oder das Einladungsschreiben zum Elternabend ja auch nicht in Südfrankreich, Irland oder sonstwo, sondern in der heimatlichen Hütte. Eine Sicherheit, sein selbst im Weinkeller eines Häuschens in der Provence zu finden gibt es nicht. Die Wahrscheinlichkeit hängt vermutlich proportional vom Konsum ab – je mehr, desto liegend. Geld kosten die Dinge woanders auch. Und Kinder (egal ob Puber-Tier oder die Vorversion davon) geben einem nicht selten das Gefühl, dass man auch genausogut nur hätte bis zum Nachbarort fahren müssen. Es gibt also eine Menge Gründe, die dagegen sprechen, überhaupt in Urlaub zu fahren; fliegen kommt eh nicht in Frage und auf Kreuzfahrt dürfen meinetwegen Piraten gehen. Wenn DIE dabei so eine Aida Schwabladilusa, oder wie diese dämlichen Glitter-Pötte mit eingebauter Kleinstadt voller uniformer Pauschaltouri-Honks nun heißen in die Finger kriegen, trifft’s vermutlich keinen Falschen. Missverstehen Sie mich ruhig richtig – ich finde Kreuzfahrtschiffe und das ganze Drumherum noch hässlicher und entsetzlicher, als irgendwohin zu fliegen. Aber wir waren beim in Urlaub fahren, so wie: mit dem Auto. Ja, das schränkt den Radius ein, schont aber auch das Klima. Doch selbst, wenn man mit dem Auto zu einem sorgsam ausgewählten Selbstversorger-Ferienhäuschen fährt, sind da auf der Straße und an manchen Orten, die man vielleicht besuchen möchte, andere Menschen.

Forteresse St. André – Villeneuve-lès-Avignons

Ich bin nicht nur immer wütend – ich hasse auch Menschen! Die wenigen Ausnahmen, die ich in meiner Existenz dauernd dulde, sind dort entweder, weil ich sie lieben gelernt habe, weil sie irgendwie mit denen verwandt sind, die ich lieben gelernt habe, oder weil die Notwendigkeit des Geldverdienens uns zu Gefährten in diesem Wahnsinn namens Existenz gemacht hat – manchmal auch mehr als eines davon. Andere vorgebliche Mitglieder der Spezies Homo Sapiens sapiens – vulgo Kollegen im weiteren Sinne, Klienten, Schülers, etc. – mit denen ich mehr als nur ein bisschen umgehen muss, bekommen von mir jede Chance, sich dieses Privileg der dauerhaften Duldung zu erarbeiten; doch nicht wenige scheitern, weil sei denken, die Benutzeroberfläche und das Innenleben seien identisch. Menschen, bei denen ich etwa einkaufe, oder andere Dienstleistungen beziehe, kann ich glaubhaft das Gefühl von Nettigkeit und Zugewandtheit vermitteln. Aber andere Touris? Die rangieren bei mir auf einer Stufe mit Putin, Trump, Erdogan – dieses nervtötende, gemeingefährliche Gelichter kann weg. Am besten vor allem weit weg vom Inhalt meines Kamera-Suchers. Denn ich suche mich selbst, und die von mir gewählten Objekte sind Spiegel dessen, womit sich mein Unterbewusstsein gerade auseinandersetzt. Da kann ich Fremde beim besten Willen nicht gebrauchen. Ich hol mir ja auch keine Leute von der Straße, um mit denen Weihnachten zu feiern.

Rückseite des Palais Papale in Avignon

„Ach, er nun wieder mit seinem misanthropen Gelaber!“, höre ich den Chor der Genervten aufbranden. JA, ABER WIE ZUM HENKER SOLL MAN DENN AUF DIESE KACKBRATZEN SONST REAGIEREN? Sie stehen überall im Weg, lassen ihren Schmutz fallen, wo es ihnen beliebt, können kein Schild respektieren, auf dem steht „… hier verboten!“, bzw. interpretieren nämliches Ver-/Gebot als Einladung zu dessen Übertretung, mockieren sich über andere, die sich an nämliche Ver-/Gebote halten – und sie sehen nicht selten zum Kotzen aus. WANN KÖNNEN WIR ENDLICH MIT SOCKEN IN ADILETTEN AUFHÖREN IHR GESTÖRTEN PAPPNASEN? Butter bei die Fisch: ich bin mit meinen T-Shirts, Hosen, Pullis, Jacken, Sneakern in weitestgehend gedeckten Farben sicher keine Fashion-Ikone – aber ich mag Querstreifen, knallige Farben auf allem und jedem, Motto-Hüte/Kappen und vor allem Adiletten nicht tragen, weil’s Scheiße aussieht. Und zwar auch an Fitness-Influencern*innen. Stil ist nicht das Dings unten an der Blume, wisst ihr…? Es läuft auf Folgendes hinaus: es gibt ein paar wenige Menschen, die ich wirklich gern habe – alle anderen könne mich mal gernhaben!

Der Palais Papale von der Festung aus…

Ich bin vermutlich einer von diesen Typen, die sich selbst für eine relativ lange Zeit genug sein können, ohne irgendwas nennenswert zu vermissen. Ich ziehe deswegen sicher nicht in eine Einsiedelei im Wald – dazu habe ich das moderne Stadtleben mit seinen Vorzügen hinsichtlich Ver- und Entsorgung einfach viel zu gern. Und jene, die mir etwas bedeuten möchte ich auch um mich haben – also zumindest zu gewissen Zeiten. Aber dieser ganze andere Gen-Schrott, der sich, nur noch um sich selbst drehend, auf dem Highway ins Verderben immer noch nach besserem Asphalt und der Aufhebung des Speedlimits brüllt… der darf mir gerne so lange wie möglich vom Halse bleiben. Denn gegenwärtig sitze ich in einem solchen, weiter oben erwähnten provenzalischen Häuschen und kann das Interaktionsniveau recht gut regulieren. Es gibt allerdings keinen eigenen Weinkeller, was einen dazu nötigt, beim Händler im Ort einzukaufen. Doch irgendwie macht es mir Spaß, von Tag zu Tag einzukaufen, zu kochen, zu denken, zu plann, zu leben. Ob ich mich selbst dabei (wieder)finde? Einige Befunde – ein erhöhtes zweckfreies Kreativitätsniveau, sowie ein Gefühl von heiterer Gelassenheit, wenn ich meine Ruhe habe – deuten darauf hin. Ob’s so bleibt? Wir werden sehen. Für’s Erste versuche ich die Befürchtung beiseite zu schieben, schon am kommenden Montag wieder hart landen zu müssen. Und bleibe gelassen, auch wenn für morgen Regen angesagt ist; man muss ja, wie bereits festgestellt, nicht dauernd umhergondeln, um Urlaub zu haben. Wir hören uns.

Der Storyschreiner N°2 – Grenzbereiche

„Hat Sie diese Geschichte gefesselt?“. „Was denken Sie, war diese Erzählungen wirklich wahr?“. „Wollen Sie mehr wissen?“. Eine Erzählung, die uns so richtig abholt, spielt sich immer in dem zumeist recht schmalen Grenzbereich ab, der sich zwischen unserer erlebten Realität und dem was wir uns vorstellen können befindet. Geschichten sind dann für uns INTERESSANT, wenn diese für uns RELEVANT sind. Dieser Effekt tritt allerdings am ehesten dann ein, wenn wir die Geschichte auf uns selbst beziehen können, weil wir uns in bestimmten Rollen wiedererkennen. Der Effekt verstärkt sich, wenn wir uns durch dieses Wieder-Erkennen in bestimmten Bereichen als selbstwirksam erleben. Intrinsische Motivation, also das Bestreben aus uns selbst heraus etwas tun zu wollen, hat mehrere Energiequellen: 1) Kompetenz: wir wollen das Gefühl haben, UNSEREN SHIT SELBST gerockt zu bekommen! 2) Soziale Eingebundenheit: wir wollen DAZUGEHÖREN, uns als Teil von sozialen Gruppen erleben dürfen! 3) Autonomie: wir wollen SELBST ENTSCHEIDEN können, zu welchen Gruppen wir gehören und WIE wir unseren Shit rocken! Und diese Punkte berühren natürlich auch unsere Wahrnehmung von Geschichten, die man uns serviert. Habe ich eine Identifikationsfigur in einer Geschichte gefunden und dieses Figur handelt auf nicht nachvollziehbare Weise gegen ihre ureigensten Interessen, gegen ihre Überzeugungen, wider besseres Wissen, etc., dann irritiert uns das; und führt in der Folge dazu, dass wir uns von dieser Geschichte abwenden.

Finde die Schnittpunkte…

Das bedeutet jedoch mitnichten, dass eine Geschichte, deren Pro- und Antagonisten zunächst auf kontraintuitive Weise vorgehen, oder deren Setting uns unwahrscheinlich oder weit hergeholt vorkommt, von uns immer automatisch abgelehnt wird. Es gibt Grauzonen, in welchen unsere Wahrnehmung von Realität, die Realität der Geschichte (sei diese nun vollkommen fiktional, oder in wahren Begebenheiten verwurzelt) und objektive Lebensumgebung einander recht nahe kommen, ohne sich zu berühren. Dieses Driften in solche „Zonen partieller Konvergenz“ nennen wir „Aus der Komfortzone geholt werden!“. Und dies ist der Ort (wenn auch nur ein metaphorischer, kein physisch greifbarer Raum), an dem die Auseinandersetzung mit dem stattfindet, was wir noch nicht kennen. Für den letzten Teilsatz gibt es übrigens ein griffigeres Wort: LERNEN. Und bevor sich jetzt irgendjemand erschreckt, weil der Pädagoge LERNEN gesagt hat: wir Menschen lernen notwendigerweise unser ganzes Leben lang. Und wenn’s nur die Bedienung des neuen Staubsaugeroboters oder die PIN für die neue Kreditkarte ist. Wir tun dies meistens en passant, oder wie der Spezialist sagt INFORMELL; also nicht im Rahmen organisierter Unterrichtsveranstaltungen, sondern nebenher. Weil uns irgendetwas interessiert, wir mit Neuerungen konfrontiert werden, sich irgendetwas, dass wir schon länger kennen verändert, wir an andere Orte kommen, etcpp. Leben ist Veränderung – und die meisten von uns nehmen das einfach zur Kenntnis, passen sich an und machen weiter. Und genau das ist Lernen! Wir Pädagogen machen uns diesen ganz normalen Verhaltensmodus einfach nur zunutze, indem wir Lernsituationen so zu gestalten versuchen, dass diese Beiläufigkeit auch geplant entstehen kann. Und Geschichten, gleich in welchem Kontext, zu welchem Zweck oder in welchem Medium sie erzählt werden, tun dies auch…

Ein erstes, einfaches Modell…

Meine Arbeit dreht sich um die Frage, wie man Geschichten in diesem Kontext- also einem Lernen, welches den natürlichen Modus operandi menschlicher Aneignung von Neuem möglichst gut abbildet – besser einsetzen kann, ohne dabei allzu künstlich zu wirken und Menschen so die Freude an Geschichten (und am Lernen) zu nehmen; sondern vielmehr die Lust auf’s Neue eher fördert, indem man Menschen mit auf imaginäre Reisen nimmt. Denn in meiner Wahrnehmung als Storyteller im Pen’n’Paper-Bereich sind gut erzählte Geschichten genau das – ein kollaborativer Akt des Reisens im Geiste. Und das würde ich gerne aus dem Hobbybereich ins Reich der Didaktik holen. Übrigens – und das gebe ich gerne zu – auch aus Eigennutz: denn Storytelling macht mir Spaß. Und wenn ich etwas, dass mir wirklich viel Spaß macht, auch noch in meinem Job nutzbringend für Andere einsetzen könnte – umso besser! Aber vor diesen erwünschten Erfolg haben die Götter noch einigen Schweiß gesetzt. in diesem Sinne wünsche ich uns noch ein bisschen Sommer und Freude an Geschichten. Und wenn ihr auch noch was dabei lernt… Win-Win 😉

Auch als Podcast…

Neues von Bibo Blogsberg #0

Ich ging neulich abends durch die Stadt, auf einer meiner Snapshot-Sprees. Ein bis zwei Mal im Jahr wandere ich los, ziellos hinein in die Blaue Stunde, um Blickwinkel auf meine Stadt neu zu entdecken. Ist nichts weltbewegendes, gibt mir aber immer das gute Gefühl, nicht vollkommen durchzudrehen. Ist also auch so eine ergotherapeutische Maßnahme, wie dieses Blog hier. Ich suche dabei vorrangig neue Aspekte an alten Steinen! Ich will ehrlich sein: Menschen zu fotografieren inspiriert mich nicht. Was einerseits daran liegen könnte, dass ich beruflich so schon genug mit welchen zu tun habe. Andererseits erfordert, ein Bild mit Menschen zu komponieren, wesentlich mehr Vorarbeit und Kuratierung des Sets / Hintergrundes. Alte Steine hingegen knipst man so, wie sie dastehen oder liegen. Und man scored dabei, oder nicht. Die Konsequenzen sind nur für einen selbst spürbar, indem man zufrieden ist mit seinem Werk – oder eben nicht… . Wobei man heutzutage dank voll-digitalem Arbeitsprozess zumindest keine Materialien (wie etwa belichtete Filmrollen) verschwendet hat, wenn’s mal nicht so geklappt hat. Die alten Steine sind nicht enttäuscht, wenn ein paar Posen nix geworden sind. Menschen unter Umständen jedoch schon. Also bleibe ich bei Steinen. Steine sind toll!

Nähe und Distanz…?

Wie ich so um eines der (nicht nur von mir) häufiger geknipsten Bauwerke unserer Stadt herumlief, hörte ich von der Balustrade eben jenes Gemäuers die Worte „Hey Onkel, mach ein Photo!“ Und die waren an mich gerichtet. Es waren – nach meiner optischen Distanzschätzung – drei junge Männer (also Anfang bis Ende 20) und einer von ihnen schien Gefallen daran zu haben, mich verbal herauszufordern, weil er wohl bemerkt hatte, dass ich schon ein paar Minuten knipsend durch die Anlage rings um das Gemäuer lief. Er wiederholte die Ansprache, so dass ich antwortete „Hey Neffe, ich hab keine Zeit!“ Ich schlug weiter meine Kreisbahn um das Ding, während auf der anderen Seite die drei herunterkamen und ein letztes Mal wurde die Ansprache wiederholt. Ich schüttelte schmunzelnd und schulterzuckend den Kopf und dann zogen wir alle unserer Wege. Und gelegentlich in den letzten Tagen dachte ich darüber nach, was das Ganze sollte. Ich meine, ich sehe in kurzer Cargohose, T-Shirt, Sneakern, mit ergrautem Haar und Wohlstandsbauch wahrscheinlich aus, wie eine mehr oder weniger typische, alternde Alman-Kartoffel. Ich nehme dem jungen Mann die Ansprache übrigens auch nicht übel. Ich war einfach nur überrascht. Und ich begann nachzudenken. Über Nähe und Distanz, über Kultur und Appropriation. Ja, die jungen Männer schienen, wenn man den sprachlichen Duktus und das Erscheinungsbild in Betracht zieht, jenem speziellen Stereotyp zu entsprechen, welches, dank medialer Überzeichnung von simpler Schwimmbadrandale, einmal mehr als virtueller Prügelknabe für die Möchtegern-Konservativen und auch die offiziellen Faschos der Nation herhalten muss – der Unterschied zwischen den zwei eben genannten Fraktionen ist neuerdings dank Friedrich Merz‘ Machtgeilheit ja kaum noch auszumachen. Was die öffentliche Debatte zu einem Ekelpfuhl des Fremdschämens für echte Demokraten macht.

Ein lächelnder Dritter!

Wir können einfach nicht mehr gelassen! Gelassen mit dem Anderssein Anderer umgehen. Gelassen Fünfe gerade sein lassen, wenn durch Dippelschisserei niemand gewinnen kann. Gelassen akzeptieren, dass ein freilaufender Löwe in Berlin möglicherweise einfach nur die Antwort der Natur auf menschliche Blödheit ist. Gelassen durch unsere Stadt gehen und unsere Stereotypen ins Leere laufen lassen. Gelassen bleiben im Umgang mit anderen Menschen. Denn am Ende des Tages ist es scheißegal, ob du einen Ferrari fährst, oder einen Ford, ob du Armani trägst, oder Adler, ob du alt, jung, dick, dünn, hübsch, hässlich, klug oder nicht so klug bist – wir sind alle nur Menschen, nachts im Liegen sehen wir alle gleich aus – und für keinen von uns hat das letzte Hemd Taschen… Ehrlich gesagt ärgere ich mich ein bisschen über mich selbst, dass ich die Chance nicht genutzt habe, mit den Dreien ins Gespräch zu kommen. Wer weiß, was wir hätten voneinander lernen können? Ob ich Angst habe, von so jemandem abends in meiner Stadt abgezogen zu werden? Nö, hab ich nicht; obschon es bestimmt Leute in meiner Stadt gibt, die Abends andere abziehen. Die tun das allerdings zumeist nicht direkt im Herzen der Stadt vor Hunderten von Zeugen. Und warum in drei Teufels Namen sollte ich jedem Menschen misstrauen, der nicht vorher einer Leibesvisitation und einem Lügendetektortest unterzogen worden ist. Da würde ich ja meines Lebens nicht mehr froh!

Ein lieber Freund hat mir die Tage von einer überraschenden Konversation erzählt, in die er mit einer Zufallsbekanntschaft geraten ist; und welche das Gegenüber als Verschwörungs-Clown offenbart hat. DAS kann natürlich auch passieren, aber seien wir doch mal ehrlich – nach relativ kurzer Zeit offenbart sich neben der Clownerie auch die Substanzlosigkeit der „Argumente“ deines Gegenübers, und dann entscheidet sich, ob’s hässlich wird, oder ob der Verlierer einfach den Platz räumt. Der Verlierer ist natürlich immer der Verschwörungs-Clown! Und du weißt genau, dass es eine Verschwörungsclownin oder ein Verschwörungsclown ist, wenn Cicero, Tichy, Compact, Junge Freiheit u. Ä. zitiert, bzw. als Quellen genannt werden. Da würde ich mich drei bis fünf Mal lieber mit dem „Hey Onkel!“-Rufer unterhalten, da kommt wahrscheinlich inhaltlich deutlich mehr bei rum. Ich wünschte gegenwärtig echt, ich hätte häufiger Zeit, mich einfach mal durch die Stadt treiben zu lassen. Aber im Moment habe ich ja nicht mal genug Zeit, mein Blog angemessen zu pflegen, weil so viele andere Dinge meine Aufmerksamkeit fordern. Man wird sehen. In jede Fall wünsche ich allen einen guten Start in die neue Woche und einen vielleicht nicht ganz so trüben August. Auch wenn unsere Natur den Regen gebrauchen kann, wäre es nicer, wenn dieser nur Nachts fiele. Immerhin sind jetzt auch in Baden-Württemberg Ferien… C U!

Auch als Podcast…

In Motion! – noch mehr gemischter Hass…

Bleib nicht stehen, sieh dich nicht um! Menschen mit Erfahrung im Flüchten drehen sich niemals um, denn wenn man sich umdrehte, würde man a) wertvolle Zehntelsekunden verschwenden, b) den Weg aus den Augen verlieren und müsste sich c) vielleicht einer realistischen Einschätzung der Chancen ergeben. Solange ich jedoch nur nach vorne schaue, gibt es Hoffnung, egal wie nah und heiß der Atem meiner Verfolger meinen Nacken trifft. Das alles ist natürlich nur metaphorisch zu sehen, denn ich schreibe diese Zeilen NICHT, während ich den „Running Man“ gebe. Auch wenn die Realumsetzung einer solchen Gameshow immer wahrscheinlicher wird, wenn ich mir die Masse egomaner Narzissten auf der Suche nach enfachen Lösungen für schwierige Fragen da draußen so anschaue. Wen ich meine? Ja die allermeisten AfD- und FDP-Wähler natürlich. Immer auf der Suche nach dem eigenen Vorteil, Solidarität und gesellschaftliche Verantwortung als Schimpfworte schmähend und dem manifesten Klimawandel einen Stinkefinger aus Abgasen zeigend. Aber wenn man halt nicht weiter als bis zum Rand des eigenen Portemonaies schauen / denken kann, kommt halt nur Scheiße aus Hirn und Mund. Bundesverkehrsminister? Bundesenergieverschwendungsverteidiger vielleicht. Bundesfinanzminister? Höchstens lächerlicher Bundesamfalschenendesparwichtel mit ambitionieren Großmachtträumen. Zu mehr taugen die nicht. Die anderen haben’s wenigstens nur auf den Titel des Stern geschafft und nicht in die Regierung. Und die Frage, ob sie auch was anderes könnte als Hass, konnte Frau Weidel nicht beantworten; sie könne keine Rechtsradikalen in ihrer Partei erkennen. Ist ja auch logisch – wenn man Kackfaschos in seinem Laden in verantwortlicher Position sitzen hat, kann man die ganzen NPD-Altlasten und das andere braune Geschmeiss im Vergleich ja kaum als radikal erkennen…

Ist gar nicht so einfach, an einem belebten Sommerabend zu so einem Schuß zu kommen…

Aus meiner ganz persönlichen Sicht leben wir momentan in entsetzlichen Zeiten, denen ich abseits dieser Äußerungen hier allenfalls noch mit Lethargie und Resignation begegnen kann, weil mir ob der ganzen anderen Probleme die ich beruflich und privat zu lösen habe, schlicht die Energie fehlt, mich auch noch mit diesem Dreck auseinanderzusetzen… Eigentlich… Rechtsruck: ja, viele Menschen sind halt einfach kackdumme Strolche und rennen den Rattenfängern hinterher. Man sollte meinen, dass eine erheblich bessere Informationsverfügbarkeit uns davor schützen sollte, aber Antisocial-Media-Blasen und russische Trollfabriken treiben nach wie vor ihr Unwesen. Wir sind schon seit 2015 mitten drin im neuen Kalten Krieg, nur für den Fall, dass ihr das noch nicht bemerkt haben solltet. Klima: wird jetzt halt immer schlechter und noch immer wollt ihr ganzen Idioten da draußen mit euren überdimensionierten Verbrennern bis an die Gammelfleischtheke fahren und verheizt dabei die Zukunft eurer Kinder um eurer Convenience willen. Wenn eure Blödheit nicht so traurig wäre, könnte ich mich jetzt totlachen. Aber schön brav beim „Klimakleber-sind-Terroristen-Narrativ“ jener Politamateure mitheulen, die euch schon seit 20 Jahren verarscht haben und euch immer noch weiß machen, dass Ausländer an allem schuld sind und es ein gottgegebenes Recht auf uneingeschränkten Ressourcenverbrauch für alle Bayern ähm Bundesbürger gibt… lächerliche Spackos allesamt. Die Grünen: ja, ja, an allem Elend des deutschen Michel ist eine einzige politische Kraft in Deutschland schuld. Wird dieses vollkommen unreflektierte, inhaltslose, verlustangstgetriggerte, lächerlich dämliche und vor allem ungerechte Gebashe nicht langsam langweilig. Sucht euch doch mal was neues. Arbeitet euch mal so richtig an den Nazi-Strolchen aus der AfD ab. DIE haben’s wenigstens verdient!

Ohne Stativ muss man nachts beim ISO-Wert evtl. Abstriche machen…

Ja, ich wollte mich eigentlich nicht mehr umsehen, aber ich halte es nicht aus. Im Grunde hätte ich mehr als genug mit anderen Dingen zu tun, aber sich nicht zu äußern und den ganzen Frust über die unverantwortliche Kurzsichtigkeit, die arrogante Egomanie, die immer den Anderen die Schuld zuweisende Untätigkeit und den Mangel an Solidarität meiner verfickten Mitmenschen einfach runterzuschlucken, bis ich daran elendiglich zu Grunde gehe, IST KEINE ALTERNATIVE! Und weil sanfte Worte offenkundig nichts bringen SCHREIE ICH EUCH HALT AN! NEHMT ENDLICH DEN FINGER AUS DEM ARSCH UND TUT ETWAS ANDERES, ALS AUS FRUST DIE AFD ZU WÄHLEN IHR DEPPEN! Es gibt nämlich nur wenige Wege, sich selbst noch härter ins Aus zu kicken, als DEN… Verlangt mehr Transparenz in der Politik. geht überhaupt wählen. Informiert euch aber vorher richtig: nicht bei Cicero, Tichy, Junger Freiheit, BILD und Konsorten. Oder wenigstens nicht nur! Diskutiert! Wichtiger Hinweis hierzu – Diskutieren bedeutet NICHT, das Gegenüber zu canceln, zu bedrohen, zu verjagen oder zu verkloppen, wenn es eine andere Meinung hat, als man selbst! Das ist Faschisten-Bullshit! Ich hab soviel anderen Scheiß am Hals, und nehme mir trotzdem am Samstagabend die Zeit, mich und meinen Kanal der Diskussion zu öffnen. Ich wünschte mir SO SEHR, DAS HIER MAL JEMAND VORBEIKÄME UND MIT MIR ERNSTHAFT DISKUTIERTE. Aber die ganzen Spacken lesen ja nie bis zu Ende. Ich hab Menschen satt. Steine sind toll. Meine beste Ehefrau von allen sagte heute übrigens, dass ich mal wieder am Burnout-Baum kratzen würde. Auf meine Entgegnung, dass aber noch keine losen Äste auf meinen Kopf geknallt wären, meinte sie nur, dass man aber schon die Früchte fallen hören könnte… Also, während ich langsam durchdrehe – viel Spaß beim Verjuxen unserer Zukunft, Nachbarn…

Auch als Podcast…

Bienvenue au pays cathare N°6 – À Bientôt Tautavel…

Verflixt und zugenäht! Es ist schon wieder rum! Die ganze freie Zeit dahin! Morgen früh brummt der Diesel und es heißt: Auf nach Hause! Und ganz, als wenn uns das Pays Catalan rausscheißen wollen würde, wurde unser reizender Ausflug heute Nachmittag zu den Gorges de Goleyrus von einem sachte einsetzenden Unwetter beendet, welches dann später zumindest zeitweilig die Dorfstraße geflutet hat. Nicht, dass die Region es nicht brauchen könnte, aber das kam dann doch überraschend! Zuvor hatten wir aber noch mal die Gelegenheit zum Genießen. Es ist so einfach, die Zeit zu vergessen, wenn die Dinge Freude bereiten. Oftmals tun sie dies ja unerwartet, aber dafür umso willkommener. Gerade die Überraschung, das Staunen sind es, die Genuß erzeugen. Ich las heute einen Artikel zum Thema „Spielen“, der sich tatsächlich nicht in der altbekannten Übung über Spielsucht, dem den Mainstreammedien typischen HATEN von Ballerspielen, irgendeiner Spielekritk oder einer Glosse über Zocker erschöpfte, sondern sich tatsächlich dem Mindset des Spielens widmete. (Leider wie immer hinter der Paywall).

Tolle Landschaft – und baden kann man da auch…

Man könnte den letzten Satz als Hinweis auf Menschen interpretieren, die entweder berufsmäßig zocken, oder aber süchtig sind (wobei letzteres als Artikelgegenstand für die Aufmerksamen ja schon ausgeschlossen wurde, nicht wahr…). Vielmehr geht es hier aber um den Einfluß, den freies, zweckungebundenes, nicht instrumentalisiertes Spielen auf die menschliche Psyche und Kognitionsfähigkeit haben kann. Kurz gesagt: Spielen tut beidem gut! Und der Text beinhaltet Hinweise darauf, dass Spielen auch für Erwachsene eine solche Flowerfahrung beinhalten kann, welche dem Geist Raum und Entspannung verschafft und gleichsam Platz gibt für neue Kreativität. Mihály Csíkszentmihályi, jener Psychologe, der sich dem Thema in den letzten Jahrzehnten am intensivsten gewidmet hatte, beschreibt Flow als völliges Eintauchen in eine Tätigkeit; und wenn ich so an meine Kinder, aber auch meine eigenen Erfahrungen beim Zocken denke, dann sehe ich hier deutliche Parallelen zu der Beschreibung des Spiel-Mindsets, auf welches die Autorin hinweist. Loslösung von der Welt, vom Müssen, von Notwendigkeiten, vom Erwachsensein. Ich hatte vorhin vielleicht keine Flow-Erfahrung, aber doch irgendwie dieses lockere Gefühl des Scheiß-Drauf, dieses „Nur noch ein Level“-Ding, wenn man früher Diablo gezockt hat; kurz – den flüchtigen Gedanken, einfach morgen früh NICHT loszufahren und den Rest irgendwie zurechtzubasteln.

Nun bin ich nicht der Typ für sowas – mal eben einen Kumpel zu Hause beauftragen, ’ne Krankmeldung zu besorgen und noch ein paar Tage auf gelben Urlaubsschein ranhängen? Passiert Anderen. Zumal ich dann auf’s Bloggen etc. verzichten müsste. Außerdem gibt es zu Hause in der Tat Dinge, auf die ich mich freue. Also bleibt nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die Heimreise nicht zu stressig wird. Ich habe allerdings eine Menge Denkstoff bekommen und ein paar Dinge sind nun reif, so dass ich die Arbeit daran aufnehmen und alles zu Papier bringen kann. Manchmal braucht das Zeit und ein paar neue Blickwinkel – und die habe ich hier bekommen. Und vielleicht bin ich jetzt wieder in der Lage, die Dinge aus der Perspektive des Spielenden zu sehen: NICHT ALLES muss einem Zweck folgen! NICHT JEDER Moment muss in einem Plan wiederzufinden sein! NICHT JEDES Projekt wird automatisch ein voller Erfolg – aber KEINE ERFAHRUNG wird umsonst gemacht! Manchmal frage ich mich ehrlich, ob es eigentlich einen Unterschied macht, was ich hier schreibe, oder nicht? Heute ist so ein Abend. Denn ich hätte mich auch genausogut simpel auf die Couch im Ferienhaus setzen und dem Regen zuschauen können. Aber nun habe ich doch noch einen rausgehauen. HA, JETZT WEISS ICH WARUM – DAS IST MEINE ART, MIT EUCH ZU SPIELEN! In diesem Sinne – wir hören uns. Aber erst, wenn wir wieder in Deutschland sind. Und Tautavel – wir sehen uns auf jeden Fall wieder!

Bienvenue au pays cathare N°2 – Funny Bones

Oft, wenn man denkt, alles passt, dann – ja dann hat man ein bisschen Pech. Vielleicht sind solche Zufälle ja dazu angetan, uns daran zu erinnern, dass wir für die schönen Momente unserer Existenz auch dankbar sein sollten (kommt DIESES Thema vom letzten Post evtl. bekannt vor?). Ich weiß natürlich nicht, ob dem so ist. Theoretisch würde das allerdings voraussetzen, dass es irgendwo so etwas wie eine Karma-Polizei gibt, die stets darauf Acht gibt, dass wir auch ja nicht zu übermütig werden. Und dieser Gedanke ist widerum ein wenig widersinnig, denn wenn es sowas wie höhere Wesen gäbe, warum sollten diese sich dann ausgerechnet mit der unsinnigen Frage herumschlagen, ob wir Menschen auch ja nicht zu glücklich werden? Immerhin beweisen die Mitglieder unserer Spezies nicht selten ein unfassbares Talent dafür, sich selbst drastisch im Weg zu stehen, die Schuld dafür dann bei Anderen zu suchen, um dann auch noch ungehörig viel Energie darauf zu verschwenden, sich für dieses „Unrecht“ dass ihnen diese Anderen „zugefügt haben“ zu rächen. Oder sie gehen in die Kirche ihrer Wahl. Wir brauchen keine kosmische Polizei, die uns vom Glück abhält; DAS kriegen wir auch ganz gut alleine hin. Denn bei Licht betrachtet ist das alles doch nur ein kosmischer Witz aus Zufall, Leichtsinn, Wahrscheinlichkeit und Dummheit. Unsere Leben werden geschmiedet im kalten Feuer der Korrelationskoeffizienten – gehüllt in den Mantel der Ambivalenz. Kein Wunder, dass so viele mit dem Leben nicht klarkommen…

Forteresse de Salses

Ich sitze im Garten unseres Ferienhauses und sinniere darüber, dass es nicht genug war, dass mir der Rücken wehtat, wogenen ein echt kundiger Ostheoptat / Physiotherapeut aus einem Ort in der Nähe gestern etwas tun konnte; nö, heute beim Ausflug bin ich auch noch auf’s Knie gefallen, weil ich mir das Sprunggelenk verdreht habe. Man könnte sagen: meine Augen waren zu sehr auf das Objekt der fotografischen Begierde fixiert und zu wenig auf den Weg vor mir – klassischer Fall von dumm gelaufen (im wahrsten Wortsinn). Besichtigt haben wir dann trotzdem. Bezogen auf das im ersten Absatz Gesagte könnte ich jetzt auf irgendwen oder irgendwas fluchen; irgendeiner Instanz die Schuld für meine Ungeschicklichkeit geben. Das wäre, als wenn man sich einfach mal bei der GEZ beschwert – hat auch noch niemandem ernsthaft geholfen. Also irgendwie hat sich bei mir mittlerweile eine gelassene Indifferenz eingestellt, denn auch, wenn manche Teile meiner unteren Extremitäten noch etwas schmerzen, sitze ich unter der milden okzitanischen Abendsonne und muss mich mit nichts anderem befassen, als mich zu erholen. Neue Rezepte probieren (Cassoulet, war am ersten Tag schon ganz gut, aber mit einer kleinen Modifikation am zweiten Tag ist es Bombe geworden), alles mögliche erkunden und knipsen, im Mittelmeer baden (angenehm frisch, aber nicht zu kalt um diese Jahreszeit), Winzer im Ort besuchen (ja, da isser mal wieder, der typische, Rotwein saufende Bildungsbürger) und einfach sein. Machen wir mal eine kurze Genussgüterabwägung, würde ich sagen, die Habenseite liegt eindeutig vorn.

Ich habe ein bisschen hin und her überlegt, ob mir was Tiefsinniges einfällt, worüber ich schreiben möchte. Doch außer, dass ich anstatt zwei auch gerne vier Wochen hier zubringen könnte und der Gegegnd dann sicher immer noch nicht überdrüssig wäre, fällt mir in diesem Augenblick gerade nichts ein. Außer vielleicht dies: es wäre mal ernsthaft Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was man wirklich will. Und damit meine ich nicht diesen ganzen Quatsch wie „MEIN Haus, MEIN AUTO, MEIN Boot, MEIN IPhone, etc.“, sondern was es WIRKLICH braucht, um die zufriedenste / glücklichste Version seiner/ihrer selbst werden zu können. Wer hier jetzt an lauter materiellen Quatsch denkt, dem kann ich leider auch nicht mehr helfen: Sorry, IHR müsst auswandern, denn mit Typen und Tussen wie euch ist dieser Planet nicht mehr zu retten. Kolonisiert euch bitte irgendwo eine zweite Erde und beutet die dann mit eurem unnötigen Konsum aus, ja…? Danke! Das, was ICH mir wirklich wünsche, ist übrigens mehr Zeit für mich, meine Lieben und die Dinge, die ich aus eigenem Antrieb tun möchte, ohne meinem Gehalt in abhängiger Lohnarbeit hinterher rennen zu müssen. Wird mir jedes Mal, wenn ich davon entkoppelt bin ein bisschen klarer. In diesem Sinne – schönen Abend aus Südfrankreich.

Bienvenue au pays cathare N°1 – Ich könnte sie alle…

Man soll ja saftig einsteigen, also vollende ich den Satz aus der Überschrift zunächst, wie folgt: „…umbringen und ihre verk*****n Karren rechts und links der Autobahn abfackeln!!!“ Zumindest hat am Anreisetag nicht viel bis zur vollkommenen Eskalation meinerseits gefehlt, denn Autofahren können die alle nicht; andernfalls hätte es nicht all 5-7 KM einen neuen Geisterstau gegeben. Aber es hätte mir vorher klar sein können, also muss ich das nächste mal halt besser planen. Es gab aber seit der Ankunft auch schon einiges Positives zu vermelden. Unsere Unterkunft ist toll, die Menschen hier sind nett und entstpannt, Einkaufen am Sonntagvormittag ist auch in Südfrankreich überhaupt kein Problem, und die ersten Locations, die wir besucht haben, vermochten meine positiven Erinnerungen noch mal zu übertreffen. Und überhaupt – diese Landschaft entspannt mich seit der ersten Minute. Die Weite und Ursprünglichkeit lassen einen die Stadt ganz schnell vergessen. Wenn jetzt die Rückenschmerzen noch ganz weg gehen, wird auch das hier ein echter Spitzenurlaub!

Von Tautavel nach Paziols…

Die Sonne, der Geruch von Erde und Vegetation, die von den Naturgewalten geformten, karstigen, teils kargen, aber teils auch wunderbar grünen Landschaften der nördlichen Pyrenäen-Ausläufer – all das scheint noch intakt, auch wenn sich schon jetzt, Ende Mai, ein gewisser Wassermangel in den Flüssen und Bächen bemerkbar macht. Ich bin dankbar, hier sein zu dürfen! Dankbar, mit allen Sinnen genießen zu dürfen! Dankbar, die Sorgen und Probleme der Welt für einen kurzen Wimpernschlag ausblenden zu dürfen... Denn die letzten Wochen waren durchaus emotional und kognitiv anstrengend; mit körperlicher Betätigung hab ich’s ja (leider) nicht so. Ich könnte deshalb jetzt natürlich anfangen, rumzujammern, wie schlimm doch alles ist: der Job nervt, die Kinder stressen, mein Rücken spackt rum (und das ausgerechnet zu Beginn des Urlaubs), die Politiker spinnen alle, etcpp.! Aber das wäre ganz schön ungerecht. Ungerecht gegenüber meiner besten Ehefrau von allen, die sich ebenfalls ganz schön ein Bein rausreißt, um den Laden am Laufen zu halten! Ungerecht gegenüber meinen Kollegen, die sich echt was aus unserer Teamwork machen! Ungerecht gegenüber meinen Kindern, die oft einfach nur ihr gutes Recht einfordern, Kind sein zu dürfen und sich nicht in Schablonen pressen lassen zu wollen, was unser allgemeinbildendes Schulsystem nur allzu oft versucht… Ich habe safe jemanden vergessen, und ich will weder ungerecht noch undankbar sein, sondern der Typ, der die Leute inspirieren kann, besser werden zu wollen, der seinen Shit gerockt bekommt und mit dem das Abhängen Spaß macht. Und jetzt habe ich Hoffnung, hier wieder ein bisschen mehr zu diesem Typ zu werden, der die Blaupause für mein Selbstbild ist – auch wenn Selbst- und Fremdbild nur selten übereinstimmen.

Chateau d’Aguilar

Ich denke manchmal einfach zu viel. Ich denke vor allem zuviel in die täglich erlebten Situationen und Menschen hinein, ich denke zuviel Ansprüche in meine eigene Existenz (und auch in die von Anderen) hinein und ich denke manchmal zu oft und zu weit um Ecken. Wenn man aber ein Gesamtbild braucht, muss man oft im Leben drei Schritte zurücktreten (und auch zurückdenken) und erst mal wahrnehmen, OHNE überhaupt zu interpretieren. Was mir – leider, leider – verdammt schwerfällt. Ich könnte mich jetzt damit trösten, dass ich mit DEM Problem ganz gewiss nicht allein bin, steht analytisches Denken heutzutage doch total hoch im Kurs. Aber damit würde ich es mir zu einfach machen. Also will ich versuchen, denn oben in der Überschrift begonnenen Satz anders zu beenden! Wie wäre es mit: „Ich könnte sie alle… einfach beobachten!“. Oder etwa „Ich könnte sie alle… ein bisschen gern haben“ (klingt für mich radikal übertrieben, aber gibt es nicht diese Menschen die Free Hugs verteilen?). Am besten gefällt mir aber: „Ich könnte sie alle… dazu einladen, etwas besser zu beobachten und manchmal etwas länger nachzudenken!“ Ja, ich glaube der passt. Damit ist für heute genug nachgedacht. Ich lasse den Tag jetzt im Garten hinter dem Ferienhaus ausklingen. Bis die Tage.