Eigentlich hatte ich vor, beruflich ein paar andere Dinge voran zu treiben, wie etwa Kursformate weiterzuentwickeln, Lernsituationen zu schreiben, etc.; aber wie das Leben im Moment so spielt, werden alle Reserven und damit auch alte Hasen wie ich reaktiviert, um auf den Sanitätsdroschken und Druidenschleudern ihren Dienst zu versehen. Also versehe ich – was kein Versehen ist – ab heute Abend mal wieder ein paar Nächte auf einem kleinen Bock. Quasi zum Eingewöhnen. Wie lange dieses Spektakel dauern wird, vermag ja jetzt noch keiner genau zu sagen. Aber zumindest für die nächsten Wochen werde ich einen Teil meiner Zeit wieder auf der Piste verbringen.
Ich habe mich deshalb gefragt, ob mir das irgendwelche besonderen Gefühle bereitet? Zum Beispiel Angst vor einer Corona-Infektion, oder besser davor, eine solche nach Hause zu schleppen? Oder Angst davor, im Moment nicht meinen eigenen Qualitäts-Ansprüchen genügen zu können, weil ich im letzten Vierteljahr keine Schicht gefahren bin (und davor auch schon eine Weile nicht mehr so viel)? Vielleicht Angst, die vielen neuen Verfahrensanweisungen nicht auf die Kette zu kriegen? Und von denen gab es, Pandemie sei Dank, in den letzten Tagen so einige.
Doch wenn ich ehrlich bin – was mir viel mehr Sorge bereitet, ist der Umstand, dass die aktuell im Eilgang durchgeprügelte Änderung des IfSG §§ 5 nicht Wenige Kollegoiden dazu verleiten wird, mal was ausprobieren zu wollen. Denn diese Gesetzesänderung, die nur einem möglichen Ärztemangel in den Kliniken vorbeugen soll, wollen einige quasi als Regelkompetenz-Persilschein durch die Hintertür nutzen. Und das geht doch ein bisschen an der Realität vorbei. Wir haben derzeit in Baden-Württemberg keine Situation, die es organisatorisch oder juristisch als gute Idee erscheinen lässt, alle NotSan mit Pharmaka auf die Menschheit los zu lassen. Ich bin mal gespannt, wann und wie der Bumerang zurückkommt?
Ich bin normalerweise, wenn es um Regelkompetenzen für Rettungsfachpersonal geht, durchaus ein progressiver Geist; doch jetzt bei jeder sich bietenden Gelegenheit „Yippiyaye!“ schreiend die Ampullarien aus den Rucksäcken reißen zu wollen, erscheint mir doch ein wenig verfrüht. Mal ganz davon abgesehen, dass eine geöffnete Büche der Pandora nur schwer wieder zuzubekommen ist. Und wir sind – da muss man ganz ehrlich sein – qualitativ noch lange nicht so weit, flächendeckend Regelkompetenzen zum Einsatz zu bringen. Und – das sei hier nur am Rande gefragt – wer hat eigentlich in Deutschland offiziell eine Pandemie-Lage ausgerufen? Das Kabinett? Der Bundestag? Ich könnte mich jetzt nicht erinnern, dass irgendjemand das tatsächlich getan hätte.
Diese Woche komme ich eh nicht in die Verlegenheit, da ich Druidenschleuder fahre; aber wenn sich mir die Frage stellt, werde ich genauso handeln, wie sonst auch: mit Augenmaß, Blick für meine persönlichen, sowie die juristischen Grenzen und stets im Sinne des Patienten. Nicht jedoch im Sinne meines Retter-Egos. Würde ich mir von meinen Kollegen landauf, landab auch wünschen. In diesem Sinne – man sieht sich.