Ziele. Ziele! Ziele? #3 – Bildung

Bildung und besser werden hängen doch zusammen, oder? Sagen wir mal so: wenn man sich als Individuum, wie es gegenwärtig gerade chic ist auf seine ökonomische Funktion reduzieren lassen möchte, dann stimmt das. Das Anhäufen von mehr Bildungszertifikaten erlaubt, einer eher meritokratischen Denke folgend, höhere Erlöse auf dem Arbeitsmarkt erzielen und sich damit ein besseres Leben leisten zu können. Wobei besseres Leben hier in erster Linie die Fähigkeit zu mehr Konsum meint. Betrachtet man mal kurz den Zusammenhang zwischen Konsum und Ressourcenverbrauch, wird recht schnell klar, dass besseres Leben und Bildung vielleicht doch eher auf andere Art zusammenhängen (sollten)…

Das Versprechen sozialen Aufstiegs, das Eng mit den Bildungsreformen der jungen Bundesrepublik verknüpft war, zeigt sich heute als Chimäre. Rein wirtschaftliches Vorankommen als Gradmesser für Bildungserfolg verkennt die Notwendigkeit, zu nachhaltigem, ökologisch verantwortlichem Handeln kommen zu müssen, wenn für meine Kinder irgendwann noch eine Zukunft bleiben soll. Doch unser Bildungswesen ist mittlerweile zuvorderst darauf ausgerichtet, weitere „Funktionseinheiten“ zu produzieren, die sich möglichst reibungslos, wie Ersatzteile, in die Mechanismen der Wertschöpfungsketten integrieren lassen. Der Schutz und die Weiterentwicklung unseres Landes als Wirtschaftsstandortes sind nicht nur zur ersten, sondern mancherorts leider zur einzigen Prämisse geworden. Diskussionen über Sinn und Zweck von Bildung werden nur noch auf der wissenschaftlichen Fachebene geführt und in der Öffentlichkeit kaum rezipiert. Meist weil sie viel zu verkopft und zu abgehoben daher kommen, als dass der Otto-Normalverbraucher etwas damit anfangen könnte.

Dabei ist alles ganz einfach: Bildung soll den Menschen dazu befähigen, sich seiner Welt zu bemächtigen; und dies im positiven Sinne. Die Vermittlung des geistigen Handwerkszeuges, durch welches jeder selbst sinnvolle politische, soziale und wirtschaftliche Entscheidungen treffen kann – das sollte eigentlich die Aufgabe von Bildung sein. Das schließt explizit auch die Möglichkeit ein, sehr divergierender Meinung sein zu dürfen. Demokratie bedeutet, andere Meinungen, auch wenn man sie nicht versteht, anerkennen und aushalten zu können.  Demokratie bedeutet all diese Meinungen unter einen Hut zu bringen, um ein Zusammenleben gewährleisten zu können. und Bildung bedeutet, alle dazu zu befähigen, dieses Zusammenleben ausgestalten zu können, ohne sich gleich den Schädel einschlagen zu müssen.

Was nun für irgendjemanden ein gutes Leben ist, darüber kann man ebenso trefflich streiten, wie über die Frage, wie viel Zuwanderung unser Land braucht, bzw. verträgt, oder was Nachhaltigkeit für jeden einzelnen bedeutet. Bildung ist der Schlüssel, verstehen zu können, dass diese Fragen nicht isoliert betrachtet werden können, sondern zusammenhängen. Bildung ist ferner der Katalysator, der angemessene gesellschaftliche Reaktionen befördert – und die Diskussion darüber ermöglicht, was angemessen ist und was nicht. Und damit ist eigentlich schon klar, dass Bildung für alle eine Chance auf ein gutes (vielleicht sogar besseres Leben) ist; und für diejenigen, die sie verbreiten können eine Verpflichtung, dies auch nach bestem Wissen und Gewissen zu tun. Das will ich auch tun!

Die linke Mitte…

…unserer Gesellschaft existiert so, wie Herr Hofreiter diese denkt  nicht mehr.  Unabhängig davon, wo der Angehörige einer bestimmten Partei nach unserem alten Richtungs- und Farb-Kompass im politischen Spektrum hingehören würde, sind die Wähler schon lange nicht mehr so einfach einzuordnen. Das Fortschreiten der demokratischen Entwicklung hat hierzulande seit den 50ern des 20. Jahrhunderts zu einer Pluralisierung der Gesellschaft beigetragen. In frühen Sozialtheorien sehr homogene Gruppen wie Bürger, Bauern, Arbeiter gibt es nicht mehr – vielleicht hat es diese auch nie wirklich in der Form gegeben. Heute spricht man von sozialen Milieus, in denen jeweils auch noch Unterströmungen zu finden sind. Jedenfalls kann man aber mit Sicherheit sagen, dass eine Zuordnung wie: Arbeiter => Unterschicht => SPD-Wähler spätestens seit den frühern 90ern keine Gültigkeit mehr haben.

Es gibt die linke Mitte der Gesellschaft mit einem potentiellen Wähler-Anteil von , sagen wir mal 30-35% einfach nicht mehr, weil die gesellschaftliche Pluralität jedem Individuum heutzutage viel mehr Optionen lässt. Betrachtet man Pluralität als Folge von Demokratisierung, folgt daraus, das Karma ein Bumerang ist! Denn die ehemaligen Volksparteien, welche im Laufe ihrer eigenen Entwicklung die Demokratisierung befördert haben, erreichen damit automatisch ihr eigenes Verfallsdatum.

Das bedeutet mitnichten, dass die Demokratie fertig hat; vielmehr erscheint mir, nach längerem Überdenken aller Aspekte eine Minderheitsregierung als das passende Abbild einer solchen Gesellschaft. Eine regierende Partei wäre bei jeder größeren Entscheidung, die in der öffentlichen Debatte immer auch eine ideologische Aufladung erfährt gezwungen, neu nach Mehrheiten zu suchen. Auch Ideologien müssen im Namen der Sache verhandelbar ein. Das nährt in mir die Hoffnung, dass dadurch wieder eine sachorientiertere Politik möglich sein könnte, weil keiner an Koalitions-Zwänge oder ähnliches gebunden wäre.  Die jeweilige Sache wäre von Belang!

Natürlich ist es utopisch anzunehmen, dass Partei-Ideologie dann keine Rolle mehr spielen würde. Ganz im Gegenteil hätten alle Partein die Chance, ihre Konturen öffentlich besser zu schärfen, indem man ihren Anteil an Sachgrund-basierten Entscheidungen wieder besser wahrnehmen könnte. Es ist schon traurig, dass auf Grund der Posten und Pöstchen, die jeweils winken in der politischen Klasse überwiegend kein Interesse an der Sache, sondern nur an sich selbst herrscht [Dies ist eine Unterstellung, über Gegenbeweise würde ich mich sehr freuen!].

In jedem Fall wäre es ein Prüfstein: Totgesagte [SPD] könnten zu neuem Leben finden und angefeindete [AfD] könnten, insbesondere bezüglich Ihrer derzeit fragwürdigen ideologischen Ausrichtung an der Realität gesunden. Selbst für die FDP wäre hier ein Platz, denn auf einem freien Politikmarkt dürfte sie offen und ehrlich Klientelpolitik betreiben und würde vielleicht endlich einmal offenbaren, wofür sie eigentlich steht. Ich sehe im Moment nur Chancen, keine Risiken. Denn seien wir einmal ehrlich: noch vier Jahre GoKo halte ich wohl nicht wirklich aus! Schönen Tag noch…

Ziele. Ziele! Ziele? #2 – Gestaltungsspielräume

Was bedeutet den „Gestalten“ überhaupt? Ich meine, jemand, der sich richtig viel Mühe mit seiner Innenraum-Einrichtung gibt, der seinen Garten in ein kleines Paradies verwandelt, der seine kreative Ader mit allen möglichen Mitteln auslebt, der gestaltet doch, oder? Ja natürlich und nicht selten ist das nicht nur für denjenigen selbst, sondern auch für seine Umwelt ein nicht zu verachtender Benefit. Seien wir ehrlich: die Aufhübschung unseres privaten Raumes ist wichtig für unsere Lebensqualität! Wer will schon in einem Loch vor sich hin vegetieren. Allerdings kann man die Schraube auch überdrehen und landet dann, u. U. beim Cocooning.

Mir geht es bei Gestaltungsspielräumen nicht um die mannigfaltigen Möglichkeiten, sein Heim zu einem Ort der Geborgenheit zu machen. Mein Thema ist die Einflussnahme auf meine Umwelt. Man könnte das jetzt (vielleicht auch bewusst) missverstehen und mir manipulatives Verhalten unterstellen; oder vielleicht den Einstieg in den Lobbyismus. Auch so ein Begriff, der in den meisten Köpfen eine eher negative Konnotation hat, wenngleich es eigentlich häufig sinnvoll wäre, sich selbst zur Lobby zu werden. Genau da möchte ich hin: ich möchte auf meine Umwelt gestaltend einwirken, um sie ein bisschen besser zu machen. Ich denke dabei untere Anderem an menschenwürdiges Arbeiten, an gesellschaftliche Teilhabe, an verbesserte Lebenschancen durch Bildung (insbesondere durch lebenslanges Lernen) und auch an Verteilungsgerechtigkeit.

Die einzig sinnvolle Möglichkeit, positiv Einfluss zu nehmen ist die Einnahme einer Position (egal ob in der Gesellschaft als Ganzem, oder „nur“ in einer bestimmten Organisation), die es einem gestattet, auf die jeweiligen Rahmenbedingungen bestimmter, eben genannter Aspekte gestaltend einzuwirken. Ein Beispiel: die Arbeit in der Personalentwicklung könnte einer älter werden Gruppe Erwerbstätiger in einem bestimmten Betrieb Wege aufzeigen, sich so zu entwickeln, dass eine möglichst lange Erwerbstätigkeit unter Erhalt der Lebensqualität (durch Vermeidung Arbeits-induzierter Erkrankungen) möglich wird. [Das hier Arbeitgeber- und Arbeitnehmer- Interessen konfligieren können, ist mir bewusst!]

Menschen neigen dazu, ihre aktuellen Lebensumstände in einer Totalität wahrzunehmen, die es ihnen sehr scher macht, sich überhaupt vorstellen zu können, dass diese wandelbar sind. Doch das sind sie! Nicht über Nacht und nur in den seltensten Fällen in großen Schritten, aber wir können unsere Lebensumstände ändern. Die zwei Schlüssel dazu sind einerseits, eine Vorstellung davon zu haben, oder zu entwickeln, wo man hin will und andererseits den Willen aufzubringen, auch etwas dafür zu tun. Und das ist schwer! Aber nicht unmöglich! Und das Beste: zusammen geht es leichter! Denkt doch mal drüber nach. Bye-bye.

Ziele. Ziele! Ziele? #1 – Besser werden!

Selbstoptimierungszwang also? Getrieben von der dringenden Notwendigkeit, irgendwelchen fremdbestimmten Idealen hinterher rennen zu müssen, geißele ich mich nun unablässig mit dem Müssen? Mehr arbeiten müssen, abnehmen müssen, politisch korrekt sein müssen, der Gesellschaft dienlich sein müssen…? Also ganz ehrlich, da halte ich es lieber mit der Band „Großstadtgeflüster“ und deren Song „Ich muss gar nix!“ Die Darstellung des gedanklichen Konzeptes „Besser werden“ in den verschiedensten Medien, im Rahmen von Workshops und Trainings wird ideengeschichtlich mit dem Aufkommen der Allgemeinen Pädagogik z.B. durch die Arbeiten Johann Friedrich Herbarts verknüpft. Erst mit der Aufklärung trat die Idee in die Welt, dass es ein individuelles, nicht mit der christlichen Lehre verknüpftes Schicksal gibt, dass jeder – zumindest ein Stück weit – selbst bestimmen kann.

Denn erst mit einer individuellen Perspektive auf die Zukunft, die sich nicht durch die Beurteilung des Umfangs der, im Laufe der irdischen Existenz angehäuften Sündenlast beim jüngsten Gericht realisiert, wurde der Blick frei für die Entwicklung, die der Einzelne in Laufe seines Lebens nehmen kann. Die Veränderung weg von einer vormodernen Stände-Gesellschaft hin zur Demokratie beschleunigte diese Entwicklung. Doch mit der Freiheit von religiös motiviertem Fatalismus traten neue Zwänge auf den Plan. Mit der weiter bestehenden Notwendigkeit, einen Lebensunterhalt bestreiten zu müssen und dem Wegfallen der alten Strukturen war die Aushandlung neuer Strukturen eine logische Konsequenz.

Aus dem Adel wurden die Unternehmer, aus den Bauern die Arbeiter, etc. Mit der zunehmenden Demokratisierung wurden bestimmte Probleme dieser neuen Strukturen (soziales Elend durch wirtschaftliche Abhängigkeit, etc.) zwar gedämpft, doch ein Zwang blieb übrig, der in den letzten zehn bis fünfzehn Generationen zum Leitmotiv unseres Zeitalters wurde: der Zwang zur Leistung! Zwar wurde dieser immer wieder mit dem Versprechen auf die Linderung, ja sogar die Aufhebung sozialer Ungleichheit verknüpft, doch wurde dieses Versprechen bis heute nicht eingelöst. (Hierzu mehr bei Harald Welzer, S. 15ff.)

Besser werden bedeutet für die allermeisten Menschen heutzutage, in den Wettbewerb mit dem Mainstream um die Werte des Mainstreams zu treten: Aufstieg durch Leistung, dadurch die Möglichkeit mehr zu konsumieren, was den Wunsch auslöst, noch mehr, noch anderes konsumieren zu können, was zu dem Antrieb führt noch mehr zu leisten, um… Man nennt so etwas einen Circulus Vitiosus, insbesondere da der Schluss, dass mehr Leistung zu mehr Einkommen und damit zu mehr Bedürfnisbefriedigung führt ein doppelter Trugschluss ist; zum einen führt ein Mehr an Leistung nur in eher schmalen Grenzen zu mehr Einkommen, oft aber zu viel mehr Arbeit und damit Last und zum anderen ist unser Belohnungszentrum ein Arschloch! Das Wettrennen um den besseren Job nutzt nur dem Boss, da es für die Teilnehmer, zumindest bezogen auf die Hirnfunktion ähnlich abläuft, wie Zwangsstörungen, oder Süchte: mehr Befriedigung löst einen Kick aus, der nach noch mehr Befriedigung verlangt. Das logische Ziel, wenn man sich nicht zur rechten Zeit unter Kontrolle bringt: eine Erschöpfungsdepression oder ein Burnout! Um diesem Blödsinn zu entgehen, sind aus meiner bescheidenen Sicht mehrere Dinge notwendig:

a) Klare Ziele, wobei ich mir den Topf nicht zu hoch hängen sollte.

b) Regelmäßiges Self-Assessment. Wo stehe ich? Wie fühle ich mich?

c) NEIN sagen lernen! Ich bin mir selbst und den anderen nur nützlich, wenn ich lange genug leistungsfähig bleibe, auch mittel- und längerfristige Zielsetzungen umsetzen zu können.

d) Zeitmanagement lernen. Wofür brauche ich wie lange? Wie viel davon passt in einen Tag? Was muss heute, was kann auch morgen (oder später)?

e) Effizienter werden. Lange im Büro zu sitzen (oder sonstwo) bedeutet mitnichten, dass auch viel erledigt wurde.

f) Falls irgendwie möglich prokrastinieren, wenn die Konzentration sinkt!

All das ist logisch, man braucht dafür eigentlich keinen Coach, keine teuren Ratgeber-Bücher, keine Workshops und auch keine teuren Gimmicks. Aber da wir Menschen manchmal nicht ohne unsere Fetische können: bitte, gebt euer sauer verdientes Geld für Gimmicks aus, die euch dabei helfen, euch besser zu fokussieren, damit ihr leistungsfähiger werden und euren Ertrag auf dem Arbeitsmarkt steigern könnt, damit ihr euch noch bessere Gimmicks…! Schon kapiert oder?

Besser werden bedeutete NICHT mehr arbeiten! Besser werden bedeutet, alles, was man tut bewusster und gewissenhafter zu tun. Dann wird es ganz von selbst auch besser. Schönen Tag noch, ihr I-Phone-Lover…

Ziele. Ziele! Ziele? #0 – Was will er denn jetzt?

Man kommt ja nicht umhin, gelegentlich mit sich selbst und seinen Lebensumständen zu hadern. Das ist, objektiv betrachtet, stets zum Scheitern verurteilt, weil man einen guten Teil seiner Lebensumstände nicht wirklich beeinflussen kann (z.B. die eigene Herkunft) und ein nicht unerheblicher anderer Teil auf den eigenen Entscheidungen basiert. Ich könnte jetzt natürlich meine Sozialisation dafür verantwortlich machen, dass ich nur ein kleiner Sani bin; aber irgendwie habe ich dann die Worte meines Vaters im Ohr: „Lern was Gescheites, mein Sohn!“. Tja, war schon ’n weiser Mann, nicht wahr?

Hadern kommt von Hapern, denn wenn man mit seinem Leben hadert, hapert es an irgendwas, also zumindest subjektiv besteht ein Mangel. Ganz oft macht man so einen Mangel im materiellen Bereich aus: die Größe der eigenen Wünsche und die Kapazität, diese zu erfüllen, wollen einfach nicht kongruent werden. Wäre ich doch nur Hedgefonds-Manager geworden, oder so…

Blödsinn bei Seite: Wenn mir irgendwas von dem, zu dem ich in den letzten sagen wir mal 30 Jahren gewachsen bin wirklich etwas wert ist (und ich rede jetzt nicht von meiner Frau und meinen Kindern, die stellen eine eigene Liga dar), dann meine Fähigkeit, mich allem pekuniären Jammer zum Trotze als wertvoll empfinden zu können, weil ich meine zutiefst humanistische Grundeinstellung, meine sozialen Fähigkeiten, meine Bildung und meine  Kreativität als Werte an sich erlebe, die keine Maßzahl haben – und auch keine brauchen! Ich realisiere mich als Individuum im Miteinander mit Anderen, in dem Gefühl gebraucht, respektiert, von manchen auch geliebt zu werden (ob platonisch oder erotisch spielt dabei keine Rolle); nicht jedoch in den Zahlen auf diesem Papier, dass mein Arbeitgeber zu jedem 15. eines Monats in meinem Personalfach zu deponieren beliebt. Sind übrigens so roundabout 2600,00€/Monat.

Das führt aber natürlich unweigerlich zu der Frage, welche Ziele ich denn habe. Man könnte meine bisherigen Ausführungen ja auch so interpretieren, dass ich mir selbst genüge, keine Ambitionen mehr habe, auch genauso gut auf BGE rumlungern könnte, etc. Was aber Käse wäre, denn immer mal wieder für eine gewisse Zeit den Zustand des in-sich-selbst-Ruhens zu erreichen, bedeutet mitnichten, dass es keine Ambitionen mehr gibt, noch etwas zu erreichen. Ich habe noch einiges vor: besser werden, in dem was ich tue! Irgendwann eine Position, die mir noch mehr Gestaltungsspielräume gibt! Mittelfristig raus aus dem Schichtdienst (denn seien wir ehrlich: gesund ist das nicht)! Etwas von dem, dass ich bekommen habe zurückgeben – denn der Staat hat mir durch Bildung alle möglichen Chancen eröffnet und dieses Geschenk sollte man positiv beantworten! Und schließlich all das in Einklang mit meinem Wollen und Sollen als Familienvater bringen!

Klingt nach einer Menge Ziele, oder? Wenn ich eines genau weiß, dann dass ich die nicht alleine erreichen kann. Aber es beginnt damit, sich Ziele zu setzen und loszuarbeiten, denn wie die alten Chinesen so schön sagen: “ Auch bei einem Weg von 1000 Meilen kommt man um den ersten Schritt nicht herum.“ Eigentlich bin ich ja nicht so der Glückskeks-Typ. Aber der Spruch stimmt einfach. und darum will ich mich in den nächsten Tagen – ohne einen besonderen Zeitplan einhalten zu wollen, oder zu müssen – mit den Begriffen „Verbesserung“, „Gestaltungsspielraum“, „Bildung“ und, einmal mehr, diesem Unwort des frühen 21. Jahrhunderts „Work-Life-Balance“ beschäftigen. Tallyho! Wir lesen uns…

Vom Staat geschenkt – dann schaff ich nix mehr…

Genau dieses Vorurteil findet man doch recht häufig, wenn die Sprache auf das Bedingungslose Grundeinkommen, kurz BGE kommt. Das Thema geistert seit einiger Zeit immer häufiger durch die Medien und scheint mittlerweile immer mehr Anhänger zu gewinnen. Und das übrigens nicht nur unter jenen, die davon profitieren würden. Ebenso selbstverständlich gibt es aber auch jene, die es ablehnen. Die Argumentation ist deswegen schwierig, weil kein Staat so etwas bisher versucht hat und alle Modelle zu den möglichen Auswirkungen auf den Erkenntnissen beruhen, die auf Basis „normaler“ Marktwirtschaft gewonnen wurden. Aus wissenschaftlicher Sicht muss man das BGE also als Wildcard betrachten, oder wahlweise auch als Büchse der Pandora. Je nachdem, wes Geistes Kind man ist.

Ein Artikel – wieder mal auf Zeit online – beleuchtet die Erfahrungen des Vereins Bedingungsloses Grundeinkommen, der bislang ca. 130 Menschen eine solche Chance zugelost hat. Die darin berichteten Erlebnisse und Entwicklungen der Menschen, denen dieses Geschenk zu Teil wurde lassen die Vermutung aufkommen, dass das im Titel benannte Vorurteil so wohl nicht haltbar ist. Wie immer findet sich der interessantere Part in der Kommentar-Spalte, wo Befürworter und Gegner sich ordentlich verbal auf die Mupfel geben. Interessant dabei finde ich, dass die Kommentatoren offenkundig besser über bundesrepublikanische Sozialpolitik bescheid wissen, als so mancher Fachmann.

Zu den Zahlen: 2016 hatte die BRD ein Soziabudget von knapp 889 Milliarden Euro. Darin enthalten sind alle Leistungen wie Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung, ALG, etc. Die Verwaltungskosten betrugen ca. 38 Milliarden Euro, oder ca 4,3%. Immer wieder wird davon gesprochen, dass wenn jeder der 82 Millionen Bundesbürger (vom Säugling bis zum Greis) in den Genuss eines BGE kämen dies ca. 1 Billion Euro/Anno kosten würde und das dies schlicht nicht finanzierbar wäre und das es den Sozialstaat kaputt machen würde und das es die Produktivität der Menschen hemmen und somit die Folgekosten noch verschlimmern würde.

Hierzu ein paar Denkanstöße:

Könnte es nicht sein, dass insbesondere jene Unternehmen, die Ihre Mitarbeiter prekär beschäftigen Angst haben müssten, noch jemand zu finden, der zu diesen Bedingungen für sie arbeitet. Und dass Vertreter dieser Branchen mit Sicherheit Lobbyisten haben, die deshalb für sie gegen ein BGE trommeln. Denn wenn ich nicht wirklich jeden Job – und sei er noch so beschissen – annehmen muss, zum über die Runden zu kommen, käme es höchstwahrscheinlich zu einer Preissteigerung in den betroffenen Wirtschafts-Segmenten (alle Dienstleistungen, wie Call-Center, Zusteller, Sicherheitsfirmen, Friseure, etc.). Ob dies aber mittelfristig zu einem Zusammenbruch einer solchen Branche führen würde, oder doch eher zu verbesserten Erwerbsmöglichkeiten der dort Beschäftigten und damit steigender Kaufkraft und ebenso steigendem Steueraufkommen – wer will das jetzt schon sagen können?

Könnte es nicht sein, dass eine solche Veränderung des Arbeitsmarktes zu einer Aufwertung der Lohnarbeit insgesamt führt? Was zur Folge hätte, dass der Stolz auf die eigene Erwerbsarbeit eher eine Motivations- und damit auch eine Produktivitätssteigerung zur Folge haben könnte.

Könnte es nicht sein, dass eine Gesellschaft, deren größter Teilnehmerkreis nicht mehr von der Angst um das Fortbestehen der eigenen Erwerbsfähigkeit regiert und gegängelt wird eine Zunahme gesellschaftlicher Teilhabe in allen Bereichen erführe: politisches und soziales Engagement könnten einen wahren Boom erleben.

Bin ich zu optimistisch? Vielleicht; aber wenn ich mir die Menschen, die ich kennen lernen durfte so anschaue, habe ich den Eindruck, dass die Meisten mich nicht enttäuschen würden. Leistungsverweigerer kennt unsere Gesellschaft auch heute schon zur Genüge. Was aber in nicht unerheblichem Umfang der Tatsache geschuldet ist, dass das Versprechen von Aufstieg durch Leistung schon lange nicht mehr gilt. Schafft man hier einen Ausweg, der die Idee von Leistung als Gradmesser für gesellschaftliche Nützlichkeit einem humanistischeren Menschenbild nachordnet, bin ich davon überzeugt, dass der Wille zur Leistung ganz von selbst entsteht. Das Entfernen von Zwang schafft Freiheit; und nur ein freier Geist leistet wirklich etwas sinnvolles und nachhaltiges. In diesem Sinne wünsche ich ein erfolgreiches und glückliches Jahr 2018!

Erziehungsratgeber die 3.895.337.249te…

Ja. Kinder müssen erzogen werden. Zumindest über diese Annahme herrscht zumeist Einigkeit. Doch über das WIE… oh lieber Himmel, darüber wird mit einer Intensität gestritten, die den Verdacht immanenter Handgreiflichkeiten durchaus nahelegt. Würden sich die Protagonisten denn je begegnen. Aber online, da kann man sich ja mit Dreck bewerfen, bis der virtuelle Arzt kommt. Auf kaum einem Gebiet glauben mehr Menschen, über mehr Expertise als die anderen zu verfügen, als bei der Kindererziehung. Das einzige, was bei dieser oft grausig zu lesenden Dogmen-Reiterei evtl. in der gleichen Liga spielt, sind Impf-Gegner. Beides empfinde ich als ungefähr so charmant wie eine Zecke am Skrotum…

Wie Konsumenten meiner Beiträge wissen, lese ich gerne die Zeit. Dieser Tage war auch wieder ein Artikel zum oben genannten Thema dabei. Das Gesagte ist eigentlich nichts Neues, aber die Kommentarspalten haben es in sich. Da wird rhetorisch losgeschlagen, dass es echt eine Augenweide ist; zumindest, wenn so wie ich wohlig-masochistisches Vergnügen beim Fremdschämen verspürt. Der Inhalt selbst erinnerte mich an eigene Erfahrungen mit jungen Erwachsenen (ich arbeite auch im Bereich der beruflichen Bildung). Ich habe nicht selten den Eindruck, dass die Ich-Zentriertheit zu und die verfügbare Empathie im gleichen Maße abnimmt. Könnte eventuell daran liegen, dass das Vermitteln der Regeln des Zusammenlebens in mancher Eltern Erziehungs-Agenda keinen so hohen Stellenwert genießt, wie das Ermöglichen größtmöglicher freier Entfaltung des Kindes.

Nicht dass wir uns hier falsch verstehen: die Persönlichkeit eines Kindes entwickelt sich in freier Entfaltung; es braucht aber, komplementär dazu ebenso sehr nicht verhandelbare Grenzen, deren Überschreitung Sanktionen nach sich zieht. Zur Vermeidung von Missverständnissen: das inkludiert explizit nicht die regelmäßige körperliche Züchtigung des Kindes. Ich glaube, darüber muss man nicht streiten. Sehr wohl aber streiten muss man heute  anscheinend über die Frage, ob man Kinder (und auch junge Erwachsene) manchmal mit der normativen Kraft des faktischen konfrontieren muss: „Nein, das geht so nicht!“. „Nein, das war/ist so nicht gut!“. „Nein, das darfst du nicht!“. Und so weiter, und so fort. Ich meine, auch hier kein Problem zu sehen. Kinder und Jugendliche müssen scheitern können, an Grenzen stoßen können, zurechtgewiesen werden können, ohne dass irgendjemand mit einem erhobenen Zeigefinger hinter mir her rennt.

Wir tun m.M.n. unserem Nachwuchs keinen Gefallen, wenn wir denen dauernd alles durchgehen lassen. Der Mangel an negativem Feedback wirkt nämlich als positive Bestätigung, wo ein „Kannste schon so machen, aber dann wird’s halt Kacke!“ deutlich angebrachter wäre. Aber was weiß ich schon? Hab‘ ja nur Bildungswissenschaft studiert. Schönes neues Jahr und so…