Ist Forschung sozial?

Das ist so eine Sache mit der Sozialforschung. Ich musste mich im letzten Jahr damit befassen, da ein Studium der Bildungswissenschaft zwangsläufig nach einer gewissen Methodenkenntnis verlangt. Ich käme nie auf das schmale Brett, mich bezüglich Statistik mit einem Psychologen oder Soziologen vergleichen zu wollen, die machen ja bekanntlich fast alles damit; egal, ob es Sinn macht oder nicht. Aber wenn ich so auf meine Studien zurück blicke, komme ich nicht umhin, mich zu fragen, was genau ich da gelernt habe…

Dies soll kein despektierlich‘ Reden sein, aber mein Vertrauen in die Möglichkeiten der Sozialforschung wurde, zumindest hinsichtlich der quantitativen Methoden, eher erschüttert denn aufgebaut. Was eventuell daran liegen könnte, dass die zwangsläufig mit klassischen Erhebungsmitteln wie etwa Fragebögen einher gehenden Simplifikationen meines Erachtens die subjektive Perspektive derart beschneiden, dass es kaum möglich bleibt, sinnvolle Erkenntnisse über deren Bedeutungszuschreibungen zu gewinnen. Denn das Subjekt – oder in Normalsprech der Mensch – soll doch sein, worum es bei „Sozial“-Forschung gehen soll … oder? Nun ist es so, dass es in der wissenschaftlichen Welt einen sehr langen und umfangreichen Disput darüber gibt, auf welche Art man soziale Sachverhalte erforschen kann und soll. Ich habe offensichtlich aus meinen Erfahrungen und Studien heraus eher eine Verbindung zu den, so genannten qualitativ-interpretativen Ansätzen entwickelt, was daran liegen mag, dass ich die Zuverlässigkeit statistischer Instrumente für fragwürdig halte, sobald es um die Erfassung des sozialen Binnenraumes geht.

Warum ich davon spreche? Ich hatte neulich eine zugegeben zu kurze Online-Diskussion mit einem Sozialwissenschaftler, der den Bologna-Prozess – also die Entwicklung hin zu Europaweit einheitlichen Bachelor- und Masterabschlüssen an Universitäten – für totalen Käse hält, weil die Vergleichbarkeit der Ergebnisse einzelner Studenten nicht gegeben sei. Er meinte, es gäbe keine einheitlichen Qualitätskriterien, es würde nur innerhalb einzelner Kurse bzw. Jahrgänge gemessen, was diese neuen Bildungsabschlüsse entwerten würde. Das hat mich natürlich schon nachdenklich gemacht, weil er damit irgendwie meine neben einem Vollzeitjob her betriebenen, durchaus anstrengenden Fortbildungsbemühungen quasi en passant für wertlos erklärt. Das hat mich vor den Kopf gestoßen!

Die Diskussion drehte sich auch um Sinn und Unsinn unseres Bildungssystems in seiner jetzigen Form aber das führte hier zu weit. Worauf ich hinaus will, ist Folgendes: Forschungsergebnisse in den Sozialwissenschaften sind IMMER erheblich von der Deutungsperspektive des Forschers und der Wahrnehmung durch die Rezipienten abhängig. Somit ist es Verschwendung von Papier oder Online-Bandbreite, einfach irgendwelche – womöglich auch noch aus dem Zusammenhang gerissene – Kennzahlen für den Wert von Bildung zu zitieren. Die Biographie, sowie Lebens- und Arbeitsumstände des Forschers nehmen genauso Einfluss auf den Zuschnitt von Forschungsvorhaben, wie dies die Wahrnehmung durch die Scientific Community in Bahnen lenken kann; vom Erkenntnisinteresse des Auftraggebers irgendeiner Studie ist hier noch nicht einmal die Rede. Dass man mittels Daten das Eine oder das Andere „beweisen“ kann, wenn man sich nur Mühe gibt, sieht man an der Qualität so mancher Studie, die dann gerne im Marketing genutzt wird. Ein Blick auf Volker Pispers Beitrag zum Thema McKinsey kann hier helfen, die Augen zu öffnen.

Es liegt mir fern, jemandem, der schon deutlich mehr akademische Meriten gesammelt hat als ich, ans Bein pissen zu wollen. Aber hinsichtlich des Wertes von Diesem oder Jenem stelle ich lieber mal eigene Beobachtungen an. Und mit einem durch zwei Jahrzehnte Arbeit mit Menschen durchaus gut geschulten Blick auf allzu Menschliches verlasse ich mich manchmal auch – vollkommen unwissenschaftlich – auf meine Intuition. Es erscheint mir daher auch allzu billig, auf das „verschulte“ Studium durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse zu schimpfen, wenn eigentlich die Verantwortung für die individuelle Qualität des Abschlusses, übrigens auch schon zu Zeiten von Diplom und Magister vor allem beim Studiosus selbst zu suchen wäre. Vielleicht wäre es hilfreich, das System auf den Prüfstand zu stellen; aber eben nicht nur das System, sondern auch die Menschen, welche es konstituieren. In diesem Sinne eine schöne Woche!

A snipet of sexism?

Ja, ja, die Frau Anne Wizorek und ihr Hashtag #aufschrei; jetzt hat sie ein Buch geschrieben und behauptet rundweg, alle Männer seien des Sexismus schuldig, weil sie quasi per Geburt zu Nutznießern einer patriarchalischen Gesellschaft werden. Zuallererst weist sie darauf hin, dass sie in ihrem Buch den Gender-Gap benutzt. OK, wenn sie meint, dass derartige Wortverschandelung zu einer gewaltfreieren Kommunikation führt – bitte, nur zu. Es killt zwar die Lesbarkeit, aber die darf im Namen der Sache schon mal hinten runter fallen.

Dann instrumentalisiert sie, ganz sexistisch, die Auswahl ihrer Referenzen, um durch Auslassung verschiedener, durchaus einflussreicher, feministischer Strömungen ihr Bild vom Mann zu untermauern; und nach diesem schrägen Bild bin ich ein dreckiger, die Frauen ausbeutender, durch meine Sprachwahl den sexistischen Status Quo der Gesellschaft zementierender, unnötig gönnerhafter Sugardaddy…!

Entschuldigung Frau Wizorek, derartige Propaganda ist Sexismus mit umgekehrten Vorzeichen, die die Welt nicht braucht. Überdies, und es mag sein, dass ihnen das vielleicht sogar bewusst ist, sie es aber einfach verdrängt haben, gibt es ein paar Unterschiede zwischen Mann und Frau, die weit über die Frage der Geschlechtsmerkmale hinausgehen. Und sofern sie ein wenig Ahnung von Kognitions- bzw. Entwicklungspsychologie hätten, könnten sie wissen, dass diese nicht nur durch Erziehung sondern auch durch Anlagen erklärbar sind.

Nur um einem Missverständnis vorzubeugen: ich finde ihr Anliegen, eine faktische Gleichberechtigung der Frau endlich durchzusetzen voll und ganz wichtig. Aber sie fahren, wie so viele vor ihnen und so viele, die wohl noch kommen werden mit einem Zug nach nirgendwo, wenn sie statt Gleichberechtigung Gleichmacherei versuchen. Frauen und Männer sind NICHT gleich und werden es auch nie sein. Sie sollen die gleichen Rechte haben, aber die beiden Geschlechter haben ihre jeweils unterschiedlichen Vorzüge und Nachteile, denen es Rechnung zu tragen gilt. Nicht nur im Namen der Frauen, sondern auch im Namen der Männer. Ich bin nämlich ein Mann; und mitnichten trage ich daran Schuld, dass sie sich unterdrückt fühlen. Das einzige, was sie mit ihren Äußerungen erreicht haben ist, dass ich, der sich immer für einen sehr der Gleichberechtigung zugewandten Mann gehalten hat nun verärgert bin, weil sie mich unberechtigterweise mit testosterongetränkten Jungspunden in einen Topf werfen, denen einige Jahre an Entwicklung und Erziehung fehlen.

Sich hinzustellen und kokett zu sagen, dass es doch nicht ihre Aufgabe sei, eine Anleitung für’s Mannsein zu geben, auf der anderen Seite aber alle Männer als sexistische, gewaltbereite Machos zu beschimpfen ist schlicht ein Hinweis auf eine sehr begrenzte Weltsicht und führt ihr Gleichheitsgeschwurbel ad absurdum. Sie wünschen sich doch wohl eher eine maternalistische Gesellschaft. Ob die so viel besser wäre, kann ich allerdings nicht sagen, es mangelt mir an einer Kristallkugel. So bleibt mir also nur festzustellen, dass es sehr schade ist, dass die Allermeisten, die heutzutage durch soziale Medien bekannt werden, engstirnige Idioten mit Missionierungszwang sind. Danke für diese Lehre! Leben sie wohl, aber bitte in Stille!

Aus des Märchenonkels Nähkästchen #3 – Zusammen erzählt sich’s leichter?

Ein einzelner Erzähler macht sein Ding. Das ist mitnichten so einfach, wie es klingen mag, denn es gibt, wie ich schon des Öfteren durchklingen ließ eine Menge Dinge zu beachten, wenn das Ergebnis halbwegs gut sein soll. Ein Team von Autoren, und sei es noch so klein, tut sich da in gewisser Weise schwerer. Man hat zwar einen größeren Pool an Ideen und literarischem Know-How, doch natürlich möchte jedes Teammitglied auch seine Ideen verwirklicht sehen, was mittelfristig immer zu Problemen führt. Nicht umsonst ist Projektmanagement ein eigenes Studienfach… Aber auch dafür lassen sich bei einem Buchprojekt o.Ä. Lösungen finden, denn man hat ja zumindest ein gewisses Zeitkontingent um die Sache zum Abschluss zu bringen. Der wichtigste Termin ist die Deadline, zu der abgeliefert sein muss. Macht man auch seine Zeitpläne selber, weil einem kein Lektor oder sonst wer im Nacken sitzt, ist das einzige Limit der eigene Perfektionismus. Das ist total schön, kann einen aber auch zum Trödeln verführen.

Zusammen ein Buch zu schreiben, oder sonst ein fiktionales Werk zu schaffen, ist ein kreativer Prozess, bei dem alle auf ein irgendwie definiertes Ziel hinarbeiten. Beim Rollenspiel kann man die Idee von gemeinsamen Zielen oft genug nehmen und in die Tonne treten, weil jeder Spieler sein eigenes Süppchen kocht. Doch davon gleich mehr. Zuerst kommt nämlich die Frage, was mit einer Geschichte, die ich als Spielleiter auf meine Spieler bzw. deren Charaktere losgelassen habe passiert. Ich habe schon erwähnt, dass man so gut wie nicht vorher sagen kann, was die Spieler mit den Interaktionspunkten und Puzzlestücken, die man ihnen anbietet anstellen werden. Deswegen bleibt es auch für mich als Erzähler immer spannend. Das bedeutet aber auch, dass man als Spielleiter im Gegensatz zu einem Buchautor kein Copyright für sich beanspruchen kann. Die Grundidee der Geschichte, die NSCs und ihre Pläne und Ziele, die möglichen Konsequenzen eines Nichteingreifens und bestimmte Orte, die im Ablauf der Story eine Rolle spielen sollen, kann ich mir ausdenken, aber ich mache all das, indem ich es mit den Spielern durch das Erzählen teile sozusagen zur Public Domain. Ich überlasse zumindest einen Teil der Rechte an der Geschichte Anderen, um sie damit und darin interagieren können zu lassen, wie sie es für richtig halten. Was aber noch viel entscheidender ist: all das passiert on the fly! Die Geschichte verändert sich, während alle an ihr miterzählen sofort und unabänderlich. Einflussnahmen, die vielleicht nicht das gewünschte Ergebnis erzielen, bleiben einmal erzählt/gespielt trotzdem Teil der Story und ziehen ihre Konsequenzen nach sich. Sich dessen gewärtig zu sein. Ist nicht immer leicht.

Ich muss also als Spielleiter darauf eingestellt sein, loszulassen. Eine Geschichte, die man sich ausgedacht hat, enthält mindestens Inspirationen, maximal Herzblut, welches man in den kreativen Prozess investiert hat. Und man muss lernen, es als Return of Investment betrachten zu können, wenn die Spieler mittels ihrer Spielfiguren etwas vollkommen anderes damit anstellen, als man sich selbst ausgemalt hatte. Es wird oft darüber gestritten, wie viele Freiheiten ein Spielleiter seinen Spielern beim selbst gestalten ihrer Geschichten lassen sollte. Manche versuchen die Charaktere immer wieder zurück auf den roten Faden zu nötigen (wenn das zu exzessiv geschieht, spricht man von Railroading – sie in den Schienen halten). Andere geben einfach nur eine Spielwelt vor und lassen die Spieler mal machen, oft ohne nennenswerte Hinweise auf einen Metaplot oder irgendwie ableitbare, übergeordnete Ziele; das kann eine Weile ganz interessant sein, allerdings auch zur Verwirrung und Planlosigkeit führen. Es gibt auch Meister, die ihre Spieler darüber entscheiden lassen, welche Art von Abenteuer es denn diesmal sein darf und sich nicht viel um Konsequenzen für die Spielwelt, den Metaplot oder sonst was scheren. Ich persönlich bevorzuge es allerdings, mir vorher einen übergeordneten Spannungsbogen, wichtige NSCs, die ihre eigenen Pläne verfolgen und spezielle Orte auszuarbeiten. Die Charaktere bekommen ihre Chancen, darauf zu reagieren, wenn sie das unterlassen, hat das irgendwann Konsequenzen, die auch auf sie zurück fallen können, jedoch nicht unbedingt müssen.

Nehmen die Spieler meine Fäden auf, überlasse ich ihnen, was sie daraus machen. Konzentrieren sie sich auf etwas Anderes, überlege ich mir, ob ihre Pläne und die der NSCs sich miteinander überschneiden, konvergieren, divergieren, etc. und lasse daraus neue Spannungspunkte entstehen, wenn es angezeigt ist. In jedem Fall aber werden die zu Grunde liegenden Teile damit zu unserer Geschichte und ich würde mir nicht anmaßen, sie noch als mein Eigentum zu betrachten. Und gerade weil ich ab einem bestimmten Punkt nur noch einen geringen Einfluss auf den Fortgang der Ereignisse habe ist es für mich genauso spannend wie ein gutes Buch, ein Film, etc., eben ein Abenteuer. Vom Standpunkt eines Autors sind mitnichten alle Ergebnisse von gleicher Qualität, was allerdings beim Rollenspiel dann unwichtig wird, wenn trotzdem alle ihren Spaß dabei hatten. Denn auf Spaß gibt’s kein Copyright…

Sharia-Polizist oder Schützenkönig?

Medialer Furor bezüglich religiöser oder politischer Phänomene abseits des Mainstreams ist in unserer Gesellschaft Alltagsgeschäft. Menschen, welche sich durch nicht gesellschaftlich konzessioniertes Verhalten abheben, werden in aller Regel sofort dämonisiert, mindestens aber als abschreckendes Beispiel gehandelt. Da haben wir nun Sven Lau und seine Sharia-Polizei, die einstweilen von Wuppertal nach Düsseldorf weitergezogen ist und mit weniger auffälliger Tracht aber mindestens eben so viel staatsmächtiger Aufmerksamkeit ihrem in aller Welt Augen seltsamen Geschäft nachgeht. Und es ist eigentlich ein Riesenblödsinn, diesen Typen so viel Aufmerksamkeit zu widmen, denn genau das wollen sie.

Man muss nicht allzu viel vom Islam verstehen, um begreifen zu können, dass die salafistisch indoktrinierte Auslegung des Koran ideologischer Hardcore-Fundamentalismus ist, der die Rechte der Frauen auf Gleichberechtigung ebenso negiert, wie die Toleranz gegenüber anderen Religionen oder Lebensstilen. Nun ist unser Lebensstil – vulgo dass, was den Salafisten westliche Dekadenz heißt – durch und durch säkular. Der durchschnittliche Bundesbürger gehört formell einer Religionsgemeinschaft an, lebt vielleicht auch deren Gebote, zumindest soweit es nicht mit seinen persönlichen Befindlichkeiten kollidiert und besucht Gotteshäuser zu den üblichen Gelegenheiten, was sich bei den Meisten, genau wie bei mir in Hochzeiten und Todesfällen erschöpfen dürfte. Dass ich Sakralbauten auch gerne als Fotomotiv nutze, dürfte bekannt sein. Der Punkt, den ich aber gerade zu verdeutlichen suche, ist folgender: einem guten Stück der Bundesbürger ist die organisierte Religion als Selbstzweck Wumpe. Was vermutlich auch an der hierorts tiefgehenden Entkopplung von Staat und Kirche liegen dürfte, die in unseren Breiten aber auch noch nicht so lange anhält.

Was nun diese jungen Männer mit der auffallend mächtigen Gesichtsbehaarung und dem Missionierungstrieb angeht, so haben sie, zumindest Angaben staatlicher Behörden zu Folge den Anschluss an die Gesellschaft verpasst. Oft stark segmentierte Bildungs- und Berufskarrieren, verschiedene kleinere Delikte und mangelnde soziale Fähigkeiten kulminieren häufig in der Selbstfindung durch eine Gruppe, die – vollkommen im Gegensatz zu unserer Gesellschaft – starke Regeln, mögliche Identifikationsfiguren als Führer und die Verheißung einer besseren Zukunft in sich trägt. Dass die Quelle dieser Ideologie, nämlich der Koran, genauso wie jedes andere heilige Buch im Kontext seiner Entstehungszeit gesehen werden muss und im Wesentlichen auch die Nächstenliebe als hohes Gut propagiert, wird bei der wörtlichen Zitierung des Missionierungsgebotes gerne unterschlagen. Menschen, die sich von einer materialistischen Gesellschaft zurück gelassen fühlen mit religiösen Heilsversprechen zum Kampf aufzurufen ist ein Muster, das ein wenig an die Rekrutierungspraxis der christlichen Kreuzzüge im Hochmittelalter erinnert. Insofern ist der erhobene Zeigefinger durch allzu christliche Menschen vielleicht auch nicht so angebracht.

Das Problem sind nicht ein paar Kerle, die angesichts ihrer prekären sozialen und wirtschaftlichen Situation Erfüllung darin suchen, im Schoß einer Gemeinschaft Stärke zu fühlen, die sie im Leben anders bislang nicht zu erlangen fähig waren. Das Problem ist auch nicht der Zuspruch, den sie durch Andere erfahren. Junge Männer, die offensichtlich von ihrem Testosterongetränkten Machismo getrieben in die Kameras des Privatfernsehens stammeln „das die Recht haben, die Mädchen gehörten ja Abends schon irgendwie nach Hause“. Natürlich zur besten Sendezeit und genauso geschnitten, dass unsere Migrationsmitbürger mal wieder als ewig gestrige Frauenhasser rüberkommen. Derlei Berichterstattung ist ja vollkommen unparteiisch… Ebenso wenig ist die Sprengkraft der Angelegenheit auf die Nazis beschränkt, die derlei Tun unaufhaltsam auf den Plan ruft. Die kommen eh bei jedem Wetter aus ihren Löchern, wenn sie Ausländer klatschen dürfen; egal ob mit oder ohne Grund. Doch das sind alles nur Symptome.

Und zwar dafür, dass unsere Gesellschaft es immer mehr verlernt, sinnvolle Antworten auf die Fragen der Zeit zu finden. Dafür, dass es den Menschen an Vorbildern mangelt, die in der Lage sind Werte zu vermitteln. Ich rede dabei nicht von Tugend, Pflichterfüllung und Gehorsam sondern von Solidarität, Ehrlichkeit und Kreativität, sowie dem Bestreben und Durchhaltevermögen, seine Träume wenigstens zum Teil Realität werden zu lassen. Überhaupt mangelt es uns an Träumen. Einmal mehr muss ich Herrn Steinbrück meine Geringschätzung dafür zollen, dass er Visionen für unnütz hält. Schließlich aber sind die Scharia-Polizisten ein Hinweis darauf, dass unsere Gesellschaft Wandel dringend nötig hat, denn Schützenkönige brauchen wir ebenso wenig, wie diese bärtigen Wirrköpfe.
[PS: Wer den letzten Satz nicht verstanden hat, rufe sich ins Gedächtnis, dass die Brauchtumspflege oft genug auch ein Hort für reaktionäres, wenig der Zukunft zugewandtes Gedankengut ist. Ich habe nichts gegen Traditionen, aber viel zu oft erstarrt mit den Ritualen und den Trachten auch der Geist…]

Aus des Märchenonkels Nähkästchen #2 – Der Anfang ist immer das Schwerste!

Gilt für sehr viele Dinge im Leben, aber einen Artikel mal mit einer allgemeinen Erkenntnis zu beginnen, muss nicht immer schlecht sein, weil der Platitude verdächtig. Es wird auch oft gesagt, schon auf der Journalistenschule lerne man, nicht so viele Adjektive zu benutzen, die einen jeden Satz prächtig auszuschmücken vermögen. Überhaupt seien viele Worte irgendwie barock, unnötig und überdies ganz schlechter Stil. Minimal ist „IN“, man soll viel mit wenig zu beschreiben wissen und den Leser bitte nicht mit pittoreskem Beiwerk, sozusagen „Wortstuck“ den Weg zum Gehalt der Worte verbauen, so wie in katholischen Kirchen die überbordende Pracht der Innenausstattung oft den sakralen Charakter des Gebäudes mit Zuckerguss verkleistert. Womit wir wieder beim Barock wären…

Doch wie beginnt man eine Geschichte? Wirft man den Leser mitten hinein, lässt ihn erst mal im Unklaren über Zeit, Ort, Motive der Protagonisten, usw.? Beschreibt man groß und breit eine Szenerie, oder bleibt man beim hippen Minimalismus und lässt die Orte durch vage hingeworfene Bilder im Geiste des Konsumenten entstehen? Man trifft all das und noch viel mehr in den Veröffentlichungen unserer Zeit; und auch in denen vergangener Zeiten. Denn so sehr wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt auf den verschiedensten Ebenen auch unsere Leben verändert haben mag, so gern wir uns – leider – von den Wundern unserer Zeit blenden lassen, so aktuell bleiben alte Fragen, allerdings in neuem Gewand.

Das eben hingeworfene soll mitnichten bedeuten, dass man auf die alten Fragen auch immer die alten Antworten geben soll; diesem Irrglauben habe ich bereits oft Absage erteilt. Weil das Transponieren alter Fragen in die neue Zeit auch neue Fragen aufwirft. Unsere Sexualmoral zum Beispiel ist heute eine Andere, als sie das noch vor 50 oder 100 Jahren war, allen Einwürfen der katholischen Kirche zum Trotz. Diese Aussage beinhaltet übrigens keine Wertung. Ich bin nur der Ansicht, dass niemand das Recht hat, über einen sehr intimen Aspekt meines Daseins zu urteilen oder zu bestimmen; zudem finde ich, dass etwas so persönliches wie die eigene Sexualität nicht in der Öffentlichkeit breit getreten werden sollte. Wenn jemand die Entscheidung trifft, dies dennoch zu tun, so ist dies sein Bier; ich rate allerdings entschieden davon ab.

Solche Feststellungen könnten den Schluss zulassen, dass Schreiben, oder allgemeiner gesprochen das Geschichtenerzählen stets einem Zweck dient, einen tieferen Sinn in sich trägt. Wer allerdings nun überall interpretieren und nach diesem Sinn suchen möchte, könnte vielleicht nicht allzu selten enttäuscht werden. Weil sich einerseits viele Autoren überhaupt nicht die Mühe machen, ihren Geschichten einen solchen sinnhaften Subtext mitzugeben – manchmal aber auch einen höchst fragwürdigen – andererseits ein möglicherweise enthaltene Bedeutung auch oft fehlinterpretiert wird. In beiden Fällen resultiert das in der Zuschreibung eines sinnlosen Bedeutungsüberschusses, der so nicht intendiert war. Zu diesem Phänomen kann man namhafte Autoren befragen.

Eben das Ringen mit der Bedeutung des Gesagten oder Geschriebenen macht das Problem mit dem Anfang noch komplizierter. Wenn ich mir wünsche, dass die Leute etwas Bestimmtes zwischen den Zeilen lesen sollen, muss ich mir wesentlich mehr Mühe mit der Konzeption geben. Beim längeren Text, wie etwa einem Essay, einer Kurzgeschichte oder einem Buch ist das zwar zusätzliche Arbeit, doch als Autor hat man ja – mehr oder weniger, der Lektor hat da auch noch ein Wörtchen mitzureden – die volle Kontrolle über alle Aspekte einer Geschichte. Aber genau das ist auch ein Fluch, denn mit voller Kontrolle kommt auch volle Verantwortung. Und dass ein paar achtlos dahin geworfene Worte große Probleme machen können, dürften zumindest Leute, die im Lichte der Öffentlichkeit stehen, schon des Öfteren erlebt haben. Ratzfatz wird wieder eine mediale Sau durchs digitale Dorf getrieben.

Ich gebe hier bestimmt keine Ratschläge, wie man einen Text zu beginnen hätte; weder bin ich dazu als Autor gut genug, noch gibt es überhaupt ein Patentrezept. Man muss nur wissen, dass eine gute Geschichte, wie auch ein guter Essay ihren Anfang selbst erzählen, so dass ich ihn nur noch wahrzunehmen und niederzuschreiben brauche…

Etwas ganz anderes aber passiert, wenn ich nicht der alleinige Urheber einer Geschichte bin, wie etwa am Spieltisch bei Rollenspielers daheim. Da zum Erzählen neben dem eigentlichen kreativen Akt aber auch noch ein ganz wichtiger Aspekt in Gestalt des Urheberrechtes an einer Geschichte hinzutritt, gibt’s dazu die Tage noch ein paar Gedanken, bevor ich mich endlich dem kollaborativen Erzählen widme. Man hört/liest sich…

A snipet of relief

Ich war in letzter Zeit oft bitter, manchmal zynisch, auf jeden Fall aber immer ein bisschen bösartig. Könnte daran gelegen haben, dass meine Depression erst in den letzten Wochen in einen stabilen Zustand des Rückzuges übergegangen ist. Und es ist wahrlich eine Erleichterung, sich an den Dingen des Lebens tatsächlich wieder erfreuen zu können. Allerdings bringt dies auch mit sich, dem Arbeitsleben wieder ins Antlitz blicken zu müssen.

Ich war noch nie ein fauler Mensch. Müßiggang zur Arbeitsvermeidung fand ich immer irgendwie asozial, obwohl ich das gepflegte Nichtstun als Abwechslung zu den anstrengenden alltäglichen Verrichtungen durchaus zu genießen weiß. Und irgendwie ist der Gedanke, ab nächster Woche wieder in durchgeregelten Bahnen leben zu müssen schon ein wenig erschreckend; wenngleich ich mich auch ein bisschen darauf freue, wieder mit, mir in der Mehrzahl durchaus lieben Kollegen auf die Menschen losgelassen zu werden. Natürlich Schritt für Schritt.

Weil ich aber mit meinen Gedanken letzthin immer irgendwo im „Dazwischen“ hing, hin- und hergerissen zwischen Angst und Aufbruchsstimmung, zwischen dem Davor und dem Danach, zwischen dem alten Zimbo und dem, der ich werden will und muss, kam ich gar nicht dazu, mein Blog zu pflegen. Ich hatte weder den Nerv, noch die Lust. An Ideen zum Schreiben mangelt es mir nur sehr selten, auch wenn es nicht mein Ding ist, andere Menschen mit Details aus meinem Alltag zu langweilen. Ich betrachte My Madness Machine als genau das; meinen Ort, an dem ich meinen gelegentlich durchaus abseitigen Gedanken nachhängen kann, an dem ich in bester Tradition demokratische Meinungsfreiheit pflege und den ich eher als eine Art Kolumne betreibe. Und so will ich versuchen, auch hier weit weniger depressiv zu sein, mir also quasi meine literarische Dosis Erleichterung zu verschaffen. Mal schauen, ob’s klappt.