Heute schon das Selbst optimiert?

Ja, ja, ja, ich kann’s nicht mehr hören,

auf alles was sie tun, wollen sie schwören.
Sie hauen richtig rein und schaffen doch nix,
es zählt nur wichtig sein und das am besten fix.
Doch am Ende vom ackern und plagen,
muss man sich dann doch mal ernsthaft fragen:
Von wo kommst du her, wo willst du hin?
Und macht das Ganze denn wirklich einen Sinn?

Ich weiß ja nicht, ob das in diesem Zusammenhang was verloren hat, aber findet die McDonaldisierung eigentlich auch in Burger King Filialen statt? Oh je, jetzt hat er vollkommen den Verstand verloren, oder wie? Mitnichten darf ich antworten, im Gegenteil fühle ich mich so fest im Sattel meines Seins, wie schon lange nicht mehr. Und um den Gedanken gleich zu erklären, der Begriff der McDonaldisierung stammt von dem amerikanischen Sozialwissenschaftler George Ritzer. Vereinfacht gesagt geht es dabei um das Eindringen des Effizienzdiktats in verschiedenste Bereiche unseres Lebens, wobei die Firma McDonals als Sinnbild für eine Unterordnung aller anderen Aspekte eines Sachverhaltes unter das Primat der Effizienz steht; zum einen, weil dort zuerst alle Aspekte der Lebensmittelherstellung und Distribution im Hinblick auf maximalen Ertrag bei minimalem Aufwand durchorganisiert wurden und zum andern, weil man dort auch damit begonnen hat, alle Prozesse so zu organisieren, dass in jedem Franchise eine gleichartiges Erlebnis erwartbar wurde. Will heißen, ein Burger vom Mäkkes schmeckt überall gleich, weil er überall auf die gleiche Art aus den gleichen Inhaltsstoffen hergestellt wird. Die Restaurants sind überall zumindest ähnlich aufgebaut und die Bedienungen agieren überall fast gleich, wenn man gewisse kulturelle Unterschiede beispielsweise zu Asien mal kurz bei Seite lässt. Geht man zu McDonalds, weiß man, was man kriegt…

Nun geht es nicht allein um den Umstand, dass Fastfood – zumindest aus der Sicht der Markeninhaber – effizient und damit profitabel hergestellt werden muss, sondern auch um die gesellschaftlichen Folgen des sich darauf Einlassens durch die Konsumenten. Die Marke, die hier als Namensgeber herhalten musste, steht ja mit ihrem Agieren am Markt nicht allein da, wie meine eingangs, zugegeben nur halb im Scherz gestellte Frage schon illustriert hat. Es geht nicht mal in der Hauptsache um Fastfood, sondern vielmehr um die Frage, was eine derartig an Effizienz orientierte Strukturierung unseres Daseins für Folgen haben kann. Denn was mit dem griffigen Wort McDonaldisierung gemeint ist, bezieht sich ja nicht auf ein Unternehmen, oder auch eine Branche alleine, sondern auf alle Bereiche unseres Lebens. Durch die Illusion von Qualität, welche durch die Gleichförmigkeit des Erlebens der Waren einer bestimmten Marke erzeugt wird, entsteht gleichsam ein Verlangen nach der fiktiven Sicherheit, welche mit diesem Erlebnis einhergeht. Bezogen auf Fastfood bekomme ich immer und immer wieder konsistent und zuverlässig den gleichen Geschmack am Gaumen angeliefert, was mir mit der Zeit vorgaukelt, dass nur DAS der einzig wahre Geschmack eines solchen Produktes sein kann. Doch der Bezug zu anderen Wirtschaftszweigen ist einfach herzustellen; man denke einfach mal an IKEA.

Das zu Grunde liegende Prinzip ist ebenso einfach wie ubiquitär: ich kaufe die Illusion einer bestimmten Qualität, weil es meinen persönlichen Ressourceneinsatz zumindest scheinbar schont und weil viele Andere es genauso machen. Es mag an dieser Stelle verwundern, dass ich tatsächlich so platt mit dem menschlichen Herdentrieb argumentiere, doch ein kurzer Blick durch die eigene Wohnung und die Heimstätten einiger lieber Freunde offenbart, dass ich – im Übrigen nur Mr. Ritzer folgend – wohl doch nicht ganz falsch liege. Das Problem am Konsum vorgefertigter Erlebnisse und Produkte ist, dass ich mich damit zumindest teilweise des authentischen Erlebens meiner Umwelt entziehe, indem ich die auf Konsumanregung ausgelegten Trugbilder der mannigfaltigen Anbieter einer vorgeblich effizienten Lebensgestaltung für wahr annehme. Denn eigentlich kann ich erst dann wissen, ob der Hamburger vom goldenen M tatsächlich DIE Qualität hat, wenn ich mich selbst mal daran versucht habe, welche zu machen. Wenn ich das tue, entziehe ich mich bereits ein Stück weit der selbstauferlegten Sinnesdeprivation, die der Drang nach schneller, weiter, mehr, effizienter in mir hervorruft.

Man könnte nun argumentieren, dass der bloße Konsum von Fastfood, oder der straff durchorganisierte Pauschalurlaub, oder die Schwedenmöbel doch an sich auch schon authentische Erfahrungen sind; allerdings bleibt hierbei anzumerken dass ein auf erwartbar identisches Erleben getrimmtes Produkt alles abseits der Erwartbarkeit abscheidet; um den Konsumenten einerseits mit dem Versprechen der Sicherheit durch Berechenbarkeit und andererseits der Illusion des Ersparens von Kosten und Mühen auf das Wiederkehren einzuschwören. Es geht dabei niemals um den Kunden, sondern immer um den Umsatz. Das einzig wahrhaft authentische an derlei Erlebnissen ist der Schwund im Geldbeutel. Das wahrhaft perfide daran aber ist der subtile Druck des selbst Effizient werden Müssens auf das Individuum, welches durch unsere heutige Welt wandert und all die perfekt gestylten Oberflächen auf sich einstürmen sieht und mit dem Gefühl zurück bleibt, dass alle anderen „es besser drauf haben“ als man selbst. Alle machen alles so schnell und mühelos und, man hat es schon geahnt, effizient! Die Selbstoptimierung als Zwangsverhalten wird als einzig gangbare Lösung aus dem Dilemma der eigenen Unzulänglichkeit offeriert. Strampel dich ab, werde besser, dann wird auch DEIN Leben besser! Dieses sinnlose Mantra wird überall wiederholt, allein schon, weil es sowohl für die Anbieter der schönen Illusionen als auch für die Arbeitgeber einen kostenlosen Mehrwert mit sich bringt: während wir Idioten uns abstrampeln, um immer effizienter zu werden, schöpfen sie den Rahm ab.

Ich pfeife auf den Selbstoptimierungszwang. Wenn ich mir etwas aneigne, ganz gleich ob im Kontext meines Studiums, aus rein privatem Interesse, oder für meinen Job, geht es dabei natürlich auch um die Verbesserung meiner Performance; aber nicht um der Verbesserung Willen, sondern im Interesse derer, an denen ich meine Kenntnisse und Fähigkeiten später einsetze. Und einem dauernd in allem noch effizienter werden müssen setze ich ein klares NEIN entgegen, denn es geht nicht darum, bei allem im Leben mit möglichst wenig Ressourceneinsatz möglichst großen Benefit zu erzielen. Das wäre mir zu sehr Homo Oeconomicus. Es geht darum zu leben; und während man lebt authentische Erfahrung zu sammeln und weiterzugeben. 70% Einsatz reichen dafür, denn wer die ganze Zeit mehr zu geben versucht, brennt erst aus und dann ab. Es gibt Situationen, in denen High Performing notwendig ist, aber ansonsten gilt Galama – ganz langsam machen. Diese Balance zu beherrschen ist wahre Effizienz. Und Schluss!

BeliebICH

Stromgitarren. Ich meine Musik mit Stromgitarren, also am besten zwei davon, dazu ein Strombass, ein Schlagzeug und, falls unbedingt benötigt ein Keyboard; fertig ist ein Ensemble, dass mein Herz zu gewinnen vermag. Ich bin dabei nicht auf eine spezielle Richtung von Stromgitarrenmusik festgelegt – wie ich schon häufiger festgestellt habe, bin ich kein großer Freund von Dogmen – vielmehr gibt es Vertreter unterschiedlichster Stilrichtungen die mich faszinieren. Ich höre auch andere Musik aber zugegebenermaßen ist Stromgitarrenmusik so richtig mein Ding. Immer noch! Und diese Feststellung ist hier wichtig, mich durchzuckte nämlich kürzlich der Gedanke, dass der landläufigen Meinung zufolge der Musikgeschmack ebenso einem Reifungsprozess unterworfen sei, wie alles andere auch. Und dass folglich die Zeit für Stromgitarren vorbei sein müsste, wenn man so richtig erwachsen würde. Was mich ängstigte, weil ich doch meine Stromgitarren so mag und mir eigentlich geschworen hatte, niemals ein Fan von Marianne und Michael zu werden. Ich hab nix gegen die als Menschen, weil ich sie ja gar nicht persönlich kenne, aber dieses schunkelselige Humptata geht mir halt auf den Sack. Und so manches andere auch…

Da ich aber immer noch nicht zum Liebhaber von Volksmusik geworden bin, begann ich mir so zu überlegen, dass das mit dem Musikgeschmack großer Käse ist, denn habe ich ihn einmal entwickelt, ändert er sich wohl nicht mehr so leicht. Zudem kannten wahrscheinlich meine Vorgängergenerationen das mit den Stromgitarren noch nicht so gut und taten es als kindischen Quatsch ab, weil es ihren, unter anderen Einflüssen sozialisierten, Wahrnehmungsschemata zuwider lief. Aber jetzt gibt es Menschen meines Alters und auch so manchen deutlich darüber, der trotz sonstiger Reife (Kennzeichen hierfür sind eine feste Partnerschaft, Kinder, eine feste Bleibe, Schulden und eine gewisse Abgeklärtheit im Umgang mit dem Leben und seinen Stromschnellen an sich) immer noch Stromgitarren mag; was mir erhebliche Hoffnung bereitet, so im Bezug auf Marianne und Michael!

Aus einem anderen Blickwinkel könnte man aber auch sagen, dass die Zahl der Optionen dessen, was wir als unseren persönlichen Stil und unsere Vorlieben definieren zum einen zugenommen hat; die Verfügbarkeit unterschiedlichster Medienangebote und die damit zunehmende Informiertheit nicht nur im sozialen und politischen, sondern eben auch im kulturellen Sinne hat uns ein Vielfaches dessen an Wahlmöglichkeiten beschert, was zwei oder drei Generationen vor mir möglich war. Zum anderen hat sich der Umgang mit Individualität an sich verändert. Früher war es durchaus üblich dass kulturelle Vorlieben und Praktiken tradiert wurden, also von einer Generation auf die nächste übergingen. Die soziale Gruppe, der man zugehörig war, hatte in diesen Belangen Vorrang vor dem Individuum. Heute indes genießt das Individuum Vorrang und lebt diese hinzugewonnene Freiheit auch aus. Was sich eben unter anderem im Musikgeschmack äußert. Überdies spielt seit den späten 60ern die persönliche Distinktion durch differierende Kulturpräferenzen auch bei der Ablösung vom Elternhaus eine weitaus größere Rolle, als dies früher der Fall war. Und der – natürlich je nach Peergroup sehr unterschiedliche – Musikgeschmack wurde hierbei zu einem wichtigen Merkmal so gut wie aller Jugendkulturen.

Was die Zugehörigkeit zu Jugendkulturen angeht, so bin ich mir nicht sicher, wann und auf welche Art heutzutage tatsächlich noch ein für jeden abschließender Übergang ins Erwachsenenleben stattfindet. Der Eintritt ins Erwerbsleben könnte einen solchen Rite de Passage darstellen, doch tatsächlich ist das Ablegen des für Jugendkulturen je typischen Habitus anscheinend auch dabei nicht obligat. Ich selbst grüble immer wieder über die Frage, ob ich mich eigentlich erwachsen fühle, und was das hinsichtlich meines Verhaltens bedeuten müsste. Ich meine, ich übernehme Verantwortung; für meine Familie, meine Arbeit, etc. Falls das genügt, dann bin ich erwachsen; ich fühle mich allerdings nicht so… alt.

Man könnte nun unterstellen, dass das Zeitalter der Beliebigkeit es hat unnötig werden lassen, so richtig in allen Belangen erwachsen zu werden. Aber das greift mir zu kurz, denn einerseits sind unsere Leben nicht so beliebig, wie mancher Soziologe das gerne behauptet; unser familiäres Umfeld ist immer noch eine wichtige Sozialisationsinstanz. Allerdings hat sich der Umgang mit Peergroups verändert. Heute ist die Durchmischung gesellschaftlicher Schichten in der Jugend größer als früher, sind grundlegende kulturelle Präferenzen und Praktiken näher beisammen und Freundeskreise im späteren Leben rekrutieren sich aus einem breiteren gesellschaftlichen Querschnitt, anstatt hauptsächlich aus der eigenen Herkunftsschicht (aus wissenschaftlicher Sicht verkürze ich hier unzulässig, aber das hier ist MEIN Blog, gelle!). Überdies haben sich die Lebenserwartung und die Chancen, sich optisch seine Jugendlichkeit zu bewahren deutlich vergrößert. Womit es nicht wundert, wenn man sich mit 40 eigentlich noch nicht erwachsen fühlt, obschon man doch mit beiden Beinen fest im Leben steht.

Ich mag das Mehr an Optionen, denn so darf ich auch mit 40 noch Stromgitarren mögen. Ein Hinweis auf Beliebigkeit im soziologischen Sinne ist das aber aus meiner Sicht nicht, denn zum einen habe ich sehr wohl ein gefestigtes Set weltanschaulicher Ideen, Normen und Werte; und zum andern muss Beliebigkeit nicht unbedingt mit einer negativen Konnotation einhergehen. Viellicht bedeutet es auch eine größere Wahlfreiheit. Und eine Wahl zu haben ist eines der entscheidenden Kennzeichen von Demokratie, oder? Also bleibe ich BeliebICH… und gehe jetzt ganz dringend was mit Stromgitarren hören.

A snipet of genderism…

Ja, das biologische und das soziale Geschlecht müssen nicht gleich sein. Ja, es gibt Menschen, die sich damit schwer tun, sich in männlich oder weiblich einzusortieren und lieber entweder als geschlechtslos, oder wahlweise als mehrgeschlechtlich wahrgenommen werden wollen und das mitunter auch noch je nach Situation unterschiedlich. Damit komme ich klar. Ich gehöre auch nicht zu den Vätern, die ihre Kinder – in meinem Falle zwei Töchter – in irgendwelche überkommenen Rollenklischees zu dängen versuchen. Es liegt mir wirklich fern, psychologische und soziologische Forschung über die Konstruktion von Identität als Unfug abzutun, dafür bin ich selbst viel zu sehr mit solcher Materie beschäftigt.

Aber ich lasse mich als weißer, westlicher, protestantischer Mann NICHT zum Sündenbock für alles den Frauen bis heute angetane Unrecht abstempeln, nur weil ich zufällig so geboren und aufgewachsen bin. Ich tue mir verdammt schwer, jemanden als Profx oder Ähnliches anzureden oder anzuschreiben, weil ich die Tötung der deutschen Sprache um eines willkürlich erschaffenen Dogmas Willen nicht hinnehmen oder gar selbst mit betreiben will! Sprache ist gewiss symbolvermittelte Kommunikation und auch wenn ich anerkenne, dass sie als solches durchaus ein Mittel zur Konstruktion sozialer Unterschiede und damit zur Machtausübung sein kann, weigere ich mich kategorisch, die Idee einer Attributszuschreibung durch sprachlichen Ausdruck – genau das tue ich nämlich, wenn ich jemanden als Herr oder Frau anspreche, ich ordne der angesprochenen Person eine Eigenschaft, im konkreten Fall ein Geschlecht zu – zu negieren. Und zwar, weil ich andernfalls ein gegebenenfalls notwendiges Attribut erst umständlich und damit auch potentiell missverständlich konstruieren muss. Es wäre um einiges sinnvoller, sich darauf zu einigen, wie man differierende Selbstwahrnehmung zuordnend in der Außenkommunikation ausdrücken kann.

Nicht, weil ich meine, dass jeder ein Label braucht! Das ist nicht der Fall. Sondern, weil sprachliche Präzision die Kommunikation erleichtert, beziehungsweise oft überhaupt erst möglich macht. Das jemand sich nicht als Mann oder Frau fühlt, ist kein Hinderungsgrund, eine Attribuierung der eigenen Person zuzulassen, selbst wenn die Wahrnehmung durch andere zunächst nicht Deckungsgleich mit der eigenen ist. Das dürfte im Übrigen in den allermeisten Fällen sozialer Beziehungen zutreffen, wird aber im Bereich der Gender Studies unnötigerweise skandalisiert. Doch vielleicht wäre es sinnvoll, sich selbst diesbezüglich erst mal zu erklären, bevor man anderen seine eigene Wahrnehmung durch dogmatische Sprachmisshandlung aufzuoktroyieren versucht. Dogmen schaffen nämlich kein Verständnis, sondern Feindschaft.

Und nur mal so am Rande: Wenn Sprache ein solches Machtinstrument zur Unterdrückung hauptsächlich der Frauen aber eben auch der anderen sozialen Geschlechter ist, warum muss Frau/x dann als Gegenmaßnahme unbedingt Männer sprachlich diskriminieren? Ist „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ für Genderisten nicht doch ein bisschen zu Alttestamentarisch? Schöne Woche noch.

Jetzt essen sie Äpfel…

Ja solche Bundesparteitage sind tolle Demonstrationen, dass die Demokratie in unserem Staate noch intakt ist, dass ihre Institutionen noch funktionieren; aber auch dafür, dass ihre Funktionäre noch demokratisch sind? Mit nicht allzu plakativer Wollust wird da auf dem Podium in den sauren Apfel gebissen, der Partei eine neue Agenda, ein neues Ziel, eine Chance zur Auferstehung geben zu müssen und man nutzt als Aufhänger dafür – tada, ein kleiner Tusch muss jetzt schon sein – die gute, ökologisch einwandfreie, gesunde Ernährung als Killerthema für die kommenden Wahlk(r)ämpfe. Ja wirklich, was vollkommen Neues, Unverbrauchtes musste her. Ähm… war da nicht erst kürzlich was mit einem obligaten Veggie-day?

Ich meine, man muss Frau Merkel schon Respekt zollen: die Sozen hat sie mehr oder weniger kampflos aus deren angestammtem Kernkompetenzraum der Sozialpolitik vertrieben, die Grünen des Atomausstieges und des Umweltschutzes beraubt, die CDU zumindest nach außen hin so liberalisiert, dass die FDP sang- und klanglos untergehen musste und das Einzige, was den Grünen als Antwort, als Schärfung des Profils gegenüber der ubiquitär merkelisierten Union einfällt, ist der saure Apfel? Ein schönes Sinnbild, wie ich finde, für den gegenwärtigen Zustand unserer Demokratie. Wir werden von der Frau Pastorentochter allabendlich in den Schlaf gealternativlost und alle schauen Kernobst essend dabei zu, wie diese machtgeilheitsgesteuerte Antithese zu Charisma noch den letzten Rest Mündigkeit hinrichtet, im Namen der Gleichschaltung nach ihrem Bilde der Welt.

Ernsthaft, wo sind alternative Ideen zum nachhaltigen Wirtschaften? Glaubt jetzt wirklich jeder, dass die Art und Weise wie Herr Gabriel bei irgendwelchen Gipfeln Aktivisten abbügelt der Weisheit letzter Schluss in Sachen Energiewende ist? Wo ist der große Wurf zum Thema Bürgerrechte im digitalen Zeitalter? Welche Formen demokratischen Handelns auch für den einzelnen Bürger lassen sich im Netz realisieren, was bedeutet Netzneutralität konkret? Wie lässt sich individuelle Mobilität neu gestalten? Was könnte etwa für alternative Antriebsquellen an Fördermitteln bereitgestellt werden, damit Deutschland auch weiterhin ein Spitzenstandort in Industrie und Forschung bleiben kann?

Nur mit klaren Szenarien davon, wie unsere Zukunft unter Annahme verschiedener Entwicklungspfade aussehen könnte und was wir tun können, um auf diese Einfluss zu nehmen, werden wir fähig sein, Ideen zu entwickeln und Antworten auf drängende Fragen zu finden, die unser Leben in den nächsten Jahrzehnten nachdrücklich beeinflussen werden. Mit Sicherheit ist auch die Frage nach einer Ressourcenschonenderen, gesünderen Ernährung eine wichtige Komponente nachhaltiger Zukunftsentwicklung – aber eben nur eine von vielen. Und wenn die Grünen als Partei nicht genau so abserviert werden wollen, wie etwa die Piraten, dann sollten sie sich auf ihre Werte als Stimme für eine ökologische und gleichsam humane Entwicklung unserer Gesellschaft besinnen.

Drängende Fragen gibt es genug, man hat anscheinend nur noch nicht den Modus Operandi gefunden, diese verständlich aufzubereiten und gleichzeitig sinnvolle Lösungen anzubieten. Dafür ist man ja aber auch viel zu sehr mit internen Machtspielchen, der Aufarbeitung der eigenen Geschichte und dem Ringen um eine gemeinsame Linie beschäftigt. Und so lange man sich eben nicht mal darüber einig ist, wohin der Zug denn nun fahren soll, dürfen diese Menschen eigentlich auch in keinem Führerstand mehr sitzen! Äpfel dürfen sie ja meinetwegen weiterhin kauen…

Leitkultur

Ein einziges Wort und so viel Stress. Wann immer ich in irgendwelchen sozialen Medien den Furor wahrnehme, welcher sich regelmäßig im Hinblick auf das Bekanntwerden der Information entlädt, dass irgendwo irgendwas mit Rücksicht auf die Mitglieder hierorts vertretener fremder Kulturkreise unterlassen, zurückgenommen oder verändert wurde, keimt in mir folgende Frage auf: würde es mir etwas ausmachen? Natürlich ist meine Meinung für niemanden außer mir selbst verbindlich und ebenso natürlich werde ich einen Teufel tun, irgendjemandem sein Recht auf’s zutiefst beleidigt sein abzusprechen. Aber für die folgenden Betrachtungen ist nun mal zunächst meine eigene Denke maßgeblich.

Ganz klar, die geringste kulturelle Schnittmenge hierzulande ergibt sich mit den Muslimen, na logo… oder? Tja also ich weiß nicht, wie ich das jetzt sagen soll, aber wenn ich mir mit Blick auf meine Reisen quer durch die bunte Republik so meine hiesigen Mitbürger und ihre Mentalitäten ansehe, dann muss ich sagen, dass ich einen eher größeren Unterschied zwischen mir und einem Bayer, einem Westfalen, einem Berliner oder Friesländer ausmache, als zu meinem – zugegeben ziemlich säkular orientierten – türkischstämmigen Feinkosthändler um die Ecke. Abseits dieser Anmerkung ist aber schnell ausgemacht, dass sich hinter dem oben genannten Furor häufig eine diffuse Mischung aus Überfremdungsangst, verletztem Nationalstolz und schlichter Unkenntnis um die tatsächlichen Umstände einer solchen Rücksichtnahme verbirgt. Im Großen und Ganzen also die übliche, kleinbürgerlich-xenophobe Melange aus Stammtischparolen und existenzieller Angst „vor denen“.

Natürlich ist es ein willkommener Aufreger, wenn ein Linken-Politiker in Nordrhein-Westfalen das Sankt-Martins-Fest in Kindergärten mit Rücksicht auf die Muslimen umbenennen lassen will. „Das ist unsere christliche Kultur!“. Möchte gerne mal wissen, was Nationalismus und Christentum eigentlich miteinander zu tun haben, wenn man mal vom gelegentlich weltfremd-gestrigen Denken absieht. Jedenfalls zeigt sich hier eindrucksvoll, dass die Jahrzehnte der schwarzen „Das-Boot-ist-voll“-Propaganda ihre Erosionsspuren in den Gehirnen vieler hinterlassen haben. An dieser Stelle ein besonderer Dank an Roland Koch für seine unvergessen unnötigen Beiträge in dieser Angelegenheit. Dass natürlich ausgerechnet ein Linker in dieses Wespennest sticht, kann man jetzt als taktisch ausgesprochen ungeschickt betrachten, oder aber lauthals als Indikator für die Demokratie zersetzenden Kräfte der „EX-SED“ und ihrer linksintellektuellen Gesinnungsbrüder landauf landab nutzen. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich, wie so oft, irgendwo dazwischen, auch wenn ich mal zu behaupten wage, dass die wenigsten Die Linke-Funktionäre in Nordrhein-Westfalen eine solche Parteivergangenheit haben. Aber solche Feinheiten werden von politischen Gegnern üblicherweise ja gerne als Dippelschisserei abgetan.

Den parteitaktischen Erwägungen zum Trotz geht es hier aber um etwas ganz anderes: nämlich die Frage, was Integration eigentlich bedeutet? Oder vielmehr, was sie bedeuten müsste? Über Jahre hinweg hat man sich darauf beschränkt, die damals so genannten Gastarbeiter zu importieren und dann sich selbst zu überlassen. Die daraus natürlich erwachsende Folge war eine sozialräumliche Segregation, in normalem Deutsch auch als Ghettobildung bekannt. Nein, wir haben doch keine Ghettos in der BRD! Ja sicher, wir haben auch keine viel zu große Spreizung zwischen Arm und Reich, keine marode Infrastruktur, keine Krebskranken und keine Salafisten.

Diese Menschen kamen in eine Fremde, die für den typischen Deutschen – den es natürlich nicht gibt – vergleichbar wäre mit einem Rucksacktrip durch Nepal. Dass sich gleich und gleich gerne gesellte, dass man, um sich hier besser zu fühlen, mehr oder minder homogene Einheiten bildete, erschien und erscheint immer noch logisch. Man war ja nur auf Zeit da, um Kohle zu scheffeln und dann wieder nach Hause zu gehen; aber wenigstens ein kleines Stück von der Heimat wollte man auch hier in der Fremde nicht missen müssen. Die Jahre zogen so dahin, es ließ sich ja hier auch ganz gut leben, dann kamen Kinder… der Rest der Geschichte schrieb sich von selbst und 50 Jahre später stehen wir augenreibend da und können uns nicht erklären, wieso sich da mitten im Herzen unserer Welt ganze Parallelgesellschaften bilden konnten. Nun die Antwort darauf ist einfach: weil wir sie nur zum Schuften dahaben wollten aber nie darüber nachgedacht haben, sie auch an unserer Gesellschaft teilhaben lassen zu dürfen.

So ganz platt gesagt ist das aus heutiger Sicht wahrscheinlich nicht das Klügste gewesen, aber damals kam keiner auf die Idee und sagte: „Hey, die leben hier, die arbeiten hier, die zahlen hier Steuern, die sind Teil unseres Landes!“. Stattdessen betrachten nicht wenige unsere Mitbürger mit ausländischen Wurzeln als Fremdkörper. Ganz so wie ein Bayer einen Preußen als Fremdkörper betrachtet… Integration bedeutet letztlich nichts anderes als teilhaben zu dürfen, sich nicht verstellen zu müssen, respektiert zu werden. Nicht das mich jetzt jemand falsch versteht: das gilt für beide Seiten! Teilhabe, Wahrung der Identität und Respekt für das Gegenüber; das sind die Bausteine, aus denen ein neues Deutschland für uns alle erwachsen könnte!

Womit wir wieder bei der Leitkultur wären. Für mich ist eine Leitkultur eine Leitplanke für alle verschiedenen Kulturen unter dem Dach unseres Hauses Deutschland. Auch ich bin nicht glücklich damit, wenn jemand Sankt Martin in „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“ umbenennen möchte. Weil ich in der hierorts fest verwurzelten, christlich-abendländischen Kultur erzogen wurde. Aber nicht, weil ich Angst davor habe, von Muslimen überrannt zu werden, sondern weil ich die Hoffnung hege, dass miteinander solche Feste zu begehen Verständnis und damit hoffentlich auch Toleranz im Herzen der Menschen mit anderer Kultur zu sähen vermag. Wozu allerdings im Gegenschluss auch gehören würde, die Gebräuche des Anderen einfach mal auszuprobieren, um ihren Sinn zu verstehen. Denn erst wenn man begreift, warum Andere die Dinge manchmal anders tun, kann man sie auch in ihrem Anderssein akzeptieren. So gedacht hätte Leitkultur für mich einen Sinn.

Der Tod ist nicht leicht…

Wer ein selbstbestimmtes Leben führt, der soll auch einen selbstbestimmten Tod haben dürfen? Ist es wirklich so einfach? Wenn wir in unsere Historie schauen, entdecken wir im Zusammenhang mit der illegitimen Tötung von Menschen, welche von den Nazis als „lebensunwertes Leben“ bezeichnet wurden das Wort Euthanasie. Übersetzt aus dem Griechischen bedeutet es „leichter Tod“. Doch wie kann der Tod, der Weg über die einzige finale Grenze, die der Mensch vermutlich – hoffentlich! – nie wird überwinden können denn leicht sein? Oder allein die Entscheidung darüber, das Leben zu verkürzen, also diese Grenze früher zu überschreiten, als von der Natur vorgesehen? Selbst unter dramatischen Umständen eine schwierige und überdies sehr individuell zu beantwortende Frage.

Da vermischen sich in einer Debatte des Bundestages zum Thema philosophische, ethische und moralische Gedanken mit der Jurisprudenz und am Ende gehen doch alle mehr oder weniger mit ihrer Meinung wieder nach Hause. Ganz so, als wenn es einem anderen Menschen gegeben ist, darüber entscheiden zu dürfen, was mit mir irgendwann, wenn die Umstände möglicherweise radikaler werden als alles, was ich bislang erlebt habe, dann werden darf und was nicht! Da wird behauptet, dass man einen Markt des Todes erzeugen würde, was auf keinen Fall geschehen dürfe. Nur dass wir einen solchen Markt schon lange haben. Unsere moderne Medizin kann das Leben verlängern, hilfreich für Patienten und Angehörige Segens- und Lebensqualität spendend wertvolle Zeit schenken. Aber ebenso auf eine Art und Weise, die ohne Gnade Würde und Sinn des Menschseins vernichtet, Leiden verlängern. Tag für Tag entstehen nicht wegdiskutierbare Fakten, die alle Beteiligten an den Rand des Denkbaren und manchmal auch darüber hinaus führen.

Unsere Gesellschaft ist so beschaffen, dass wir den Tod als Unausweichlichkeit verdrängen, soweit es nur geht. Immerzu rennen wir einem vollkommen fiktiven Ideal von Vitalität und Virilität hinterher, dass uns von der Werbung, den Medien, unseren Mitmenschen, ja uns selbst suggeriert wird. Das mittels perfekter Illusionen verspricht, uns keine Gedanken über das Morgen machen zu müssen oder zu sollen, weil das hier und jetzt ja so stark, so geil, so voll Entertainment und Erlebnis ist… bis dann irgendwann die normative Kraft des Faktischen uns eines Besseren belehrt. Das Leben an sich ist ein Kreislauf, gewiss. Es entsteht immer wieder von neuem. Doch alles was einen Anfang hat, muss auch ein Ende haben. Ein Gedanke, der uns jedoch nur wenig Trost spendet, wenn wir doch noch so viel vorhaben (müssen)!

Mündigkeit in jedem Sinne ist eine schwierige Angelegenheit, denn es erfordert eine große Menge an Informationen, sowie das zugehörige Verständnis, diese auch in Zusammenhänge einordnen zu können, um zu unabhängigen Entscheidungen und somit zu einem wahrhaft selbstbestimmten Leben kommen zu können. Was für grundsätzliche Fragen des Lebens gilt, verliert im Angesicht des Todes kaum seinem Gehalt; sich bewusst dafür entscheiden zu müssen, aus dem Leben zu scheiden, bedarf der Kenntnis möglichst vieler Fakten – alles kann niemand wissen – und eines Überblicks über die verbleibenden Optionen. Das kann zugegebenermaßen den einen oder anderen überfordern, aber der übereifrige Paternalismus, welchen unser Staat in dieser Frage an den Tag zu legen im Begriffe ist, verärgert mich zutiefst. Menschen sind auch ohne medizinisches Fachwissen und einen überragenden Intellekt sehr wohl in der Lage, ihre Situation einzuschätzen, wenn man ihnen die Fakten korrekt und verständlich erklärt. Dazu ist es aber zum einen notwendig, dass so mancher Mediziner von seinem hohen Ross herunter kommt und anfängt deutsch zu reden, anstatt alles in schlau zu verklausulieren. Und zum andern, dass unser Staat endlich anfängt, die Mündigkeit und Souveränität seiner Bürger, soweit sie überhaupt noch existiert wieder anzuerkennen, bzw. sogar zu fördern. Dazu gehört eben auch, dass man selbst darüber entscheiden können sollte, wann man auf würdige Art das Hier und Jetzt verlassen will, wenn alles Sinnvolle versucht ist, einfach keine Hoffnung mehr bietet. Und dass man dafür gegebenenfalls auch Hilfe in Anspruch nehmen können sollte.

Würde. Auch so ein Begriff, der in dieser Diskussion von manchem überstrapaziert wird. Wie würdig ist es denn, die Umsetzung einer bewusst getroffenen Entscheidung zu blockieren, indem man Strafandrohungen an Jene ausspricht, die zur Hilfe bereit wären. Zweifelsfrei ist in der palliativen Versorgung noch mehr zu erreichen, weil diese ebenfalls eine große Hilfe darstellt, sich seine (viel berufene) Würde auf dem letzten Stück des Weges zu bewahren. Aber es darf nicht die einzige Hilfe bleiben, die wir Menschen in der schwierigsten Lage ihres Lebens zukommen lassen wollen. Ich glaube, dass man Menschen nicht zum Hierbleiben verdammen sollte, indem man es verbietet, beim Beschreiten – zugegeben unnatürlicher – Wege aus Leid und Elend zu helfen, Barrieren errichtet die also von potentieller Hilfe abschrecken. Weil ich denke, dass sich diese Entscheidung niemand leicht macht; immerhin hängt in aller Regel mehr als nur ein persönliches Schicksal an solch einer Frage. Was zu einem weiteren Aspekt führt: Wie ist es um das Loslassen können bestellt? Wer bespricht die zu beachtenden Aspekte mit den Angehörigen, sollte ihnen ein Mitspracherecht eingeräumt werden und wenn ja, unter welchen Umständen?

Mir ist bewusst, dass die Beachtung all dieser Fragen nach Einzelfallentscheidungen verlangt. Aber wenn es sich der einzelne Betroffene gewiss nicht leicht macht, diese Entscheidung zu treffen, sollten wir es uns – egal ob in der Position des Healthcare Professional oder als Angehöriger – auch nicht leicht machen und diese Entscheidung schlicht ablehnen, weil wir sie nicht verstehen wollen, sondern sie in aller Konsequenz akzeptieren und gegebenenfalls die Hilfestellung geben, zu der wir fähig sind, ohne Angst haben zu müssen, hernach juristisch verfolgt zu werden. Denn eine solche Angelegenheit ist auch so schon schwer genug…

Bildung in einem Fort…?

Hat definitiv nichts mit einer befestigten Militäreinrichtung zu tun, sondern damit, dass derjenige, der aufhört, lernen zu wollen damit automatisch eingesteht, dass er lieber dumm wird, bzw. bleibt. Ich kenne ein paar erlesene Leute, die leider der Meinung sind, die Weisheit schon von Kindesbeinen an mit Löffeln gefressen zu haben, überdies allerdings auch solche, die schon mit vergleichsweise jungen Jahren grau im Kopf gewesen sind. Beide Varianten nerven, weil sie einem speziell bei der Arbeit als chronische Lowperformer unnötig bremsen. Die einen, weil sie glauben sie können alles, jedoch nichts geregelt kriegen und die anderen, weil sie glauben, dass alles geregelt zu bekommen viel zu viel Aufwand wäre; selbst wenn der eine oder andere durchaus könnte, wenn er wollte.

Solche Menschen haben sich auf einer Schiene des Lebens eingefunden, die keine Weichen mehr bietet. Vielleicht sollte man fairer Weise sagen, dass es auch für diese Individuen sehr wohl Möglichkeiten gegeben hätte, etwas zu verändern; doch man hat sich so schön in seiner kleinen Nische eingerichtet, dass man diese unbeachtet links oder rechts liegen ließ, um seine eigenen – zumeist illusorischen – Ideen von richtig und falsch zu verfolgen. Die Superoberschlauen Besserwisser sind mir dabei die unsympathischeren, weil sie in der Regel mit der Attitüde daher kommen, ihren Beruf 147 v. Chr. eigenhändig erfunden zu haben; was sich allerdings in keinster Weise in ihrer Performance wiederspiegelt: die ist eigentlich fast immer grottig! Na ja und die Anderen… sind meistens entweder zu sexy for their shirt oder zu cool um sich mit Arbeit abzugeben. Es gibt mit Sicherheit zwischen diesen Negativpolen noch eine Menge Schattierungen, doch die Schatten überwiegen nach meiner Erfahrung deutlich dem Licht.

An den meisten Tagen kompensiere ich derlei einfach weg. Entweder indem ich einfach meinen Job mache, wie ich es für richtig halte und das Genöle ignoriere, während ich die Fehler anderer ausbügele. Oder einfach geduldig das Schichtende erwarte und alle Verantwortung weit von mir weise, wenn’s mal hart auf hart kommt. Man entwickelt im Laufe der Jahre nicht nur einen dicken Bauch, sondern auch ein dickes Fell. Mal abgesehen davon, dass ich mir bei den verschiedensten Situationen in meinem Job halt nicht aussuchen kann, mit wem ich es gerade zu tun habe. Das hat das Gesundheitswesen nun mal so an sich. Bei den casual occasions am Wasserloch merkt man mir zumeist nicht wirklich an, was ich über so manchen denke, weil ich eigentlich nur ungern Menschen wehtue. Außerdem muss ich mit ein paar von denen noch zusammen arbeiten, da genügt es schon, dass sie dämlich sind, ich muss sie nicht auch noch gegen mich aufbringen. Wenn das schon als Nettigkeit qualifiziert, bin ich ein ziemlich netter Typ. Vielleicht ein bisschen zynisch, aber nett…

Nun gibt es aber jene Gelegenheiten, bei denen man solchen Kollegoiden ausgeliefert ist, ohne Chance, dem Unvermeidlichen zu entgehen: ihnen dabei zusehen zu müssen, wie sie das tun, von dem sie denken, es sei genau richtig. Die vom Arbeitgeber veranstalteten Fortbildungen sind solche Gelegenheiten. Da ist, zumindest für mich, von Fremdschämen bis richtig handfest Aufregen alles dabei, wenn die Besten der Besten sich wieder anschicken, die Welt mit ihrem Scheiß zu beglücken. Nicht nur, dass ihr Auftreten nervt, diese selbstverliebte Selbstverständlichkeit und Jovalität, mit der sie versuchen, allen ihre Sicht der Dinge aufzuzwingen. Was mich aber noch viel mehr ankäst ist, dass sie mal mehr, mal weniger absichtlich Unterricht sabotieren, der mich interessiert, indem sie die wirklich allerblödesten Fragen oder Anmerkungen parat haben, oder durch ostentativ demonstriertes Desinteresse alle runterziehen. Da könnte ich jedes Mal schreiend davon laufen.

Darum dieses Mal gleich im Vorfeld: Menschen die mich nerven, oder meinen mich mit Meinungen oder Heldengeschichten zutexten zu dürfen, die mich einen Dreck interessieren, werden in Zukunft abgefertigt. Ich habe keine Lebenszeit mehr übrig für Spacken, die sich nur im Glanze ihres unberechtigten Narzissmus sonnen wollen, oder meinen alles schon besser zu wissen als irgendjemand sonst! Ich weiß, dass ein wenig Demut jedem gut steht und ich kann nur empfehlen, das mal selbst zu versuchen: low profile halten, zuhören wenn man was vom Profi erklärt bekommt, mitmachen, wenn es was zu Üben gibt und nicht sich selbst oder andere ablenken. Zeit zum dumm babbeln ist immer, aber eben nicht nur…

Introspektion reloaded…

Ich bin eine Rampensau! Man könnte dieses Fakt freundlich umschreiben und zum Beispiel sagen, dass ich mich manchmal ganz gerne ein wenig vordrängle; oder das es mir vielleicht dann und wann echt schwer fällt, nicht einfach mit Anlauf ins Rampenlicht zu springen. Aber ganz gleich, wie viel Euphemismus man auch einsetzen mag, ich bin jemand, der von sich gerne denkt, dass da wo er ist, vorne sein muss. Das kann durchaus charmante Züge annehmen. Es fällt mir selten schwer, die Leute mit einem markigen Spruch oder ein bisschen Stand-up-Comedy abzuholen, um sie zu unterhalten; vielleicht manchmal auch, um ihnen meine Denke nahe zu bringen. Das Problem ist, dass ich genau deswegen oft nicht Fünfe gerade sein und mal Andere machen lassen kann. Was einerseits die Gefahr der Redundanz in sich birgt, andererseits Jenen, die nicht so vehement vorwärts preschen, wie ich das zu tun pflege, den Raum zu agieren nimmt. Und das bedauere ich zutiefst!

Ich mache das ja nicht, weil ich böse bin und denke, dass diese Anderen es nicht drauf hätten. Im Gegenteil gehe ich bei (fast) jedem Menschen zunächst davon aus, dass er beziehungsweise sie genau wie ich einfach nur ein Mensch ist, der seine Sache – gleich welche Sache – ganz ordentlich macht und sich den üblichen Regeln des Zusammenlebens entsprechend zu benehmen weiß; ruhig aber nicht vollkommen passiv, höflich aber nicht devot, beflissen aber nicht servil, aufmerksam aber nicht speichelleckerisch, und so weiter… na sie wissen schon. Dieses Vorschussvertrauen wird üblicherweise bis zum Beweis des Gegenteils der ersten Annahme aufrechterhalten. Personen, die nicht in den Genuss dieser Behandlung kommen, haben das Pech, dass ich, genau wie jeder andere Mensch auch leider bezüglich bestimmter Sachverhalte und Personen Vorurteile habe. Man kann in mancherlei Hinsicht einfach nicht aus seiner Haut, auch wenn das vielleicht angebracht wäre…

Was jedoch mich betrifft, so brennt in mir ein Feuer. Das klingt jetzt sicher pathetisch und wenn man mich so anschaut, würde man vermutlich eher an ein Häufchen Grillkohle anstatt eines beachtlichen Osterfeuers denken. Doch tatsächlich bin ich ein eher unruhiger Geist und sehr häufig auf der Suche nach Stimuli. Da ich irgendwann beschlossen habe, dass bewusstseinserweiternde Substanzen abseits von alkoholhaltigen Getränken für mich nix sind, extreme Sportarten wie Downhillbiking, Fallschirmspringen und Ähnliches mich nicht reizen und ich dafür überdies NULL Begabung habe, blieb neben kognitiven Herausforderungen noch das soziale Feld… darauf kann ich gut spielen und tue es auch sehr gerne, was aber dazu führt, dass ich – deutlich öfter, als mir lieb ist – Menschen mit meiner Präsenz an die Wand fahre.

Nur, um dies als Teil meiner Entschuldigung in Positur zu bringen: ich plane sowas nur höchst selten, das passiert einfach. Menschen sagen irgendwas und vor meinem geistigen Auge klappt, wie bei Windowsprogrammen so ein Dropdown-Menü runter, mit zwischen drei und sieben wahlweise gaghaltigen, bösartigen, lustigen oder ironischen Kontern. Manchmal mischen sich auch mehrere der vorgenannten Optionen und mein launiges Konversationsstammhirn feuert munter drauf los, oft ohne vorher mögliche Folgen abzuwägen. Oh doch, ich kann durchaus diplomatisch sein, mich vorsichtig erklären, auf Menschen zugehen und sie auch gewähren lassen. Es gibt aber zwei Typen von Situationen, in denen dieses Feature meiner Persönlichkeit unwillkürlich zuschlägt: wenn ich mich wohl fühle und merke, dass jemand mitzieht, brenne ich gerne mal ein Feuerwerk an Albernheiten ab. Falls mein Gegenüber aber eher passiv ist, kann es passieren, dass ich die Person durch meine Worte und Handlungen dominiere, ihm oder ihr meine Deutung der aktuellen Situation aufnötige und entsprechend meiner jeweils gezogenen Schlüsse ohne ein weiteres Wort handle; auch wenn das bedeutet, dass ich mich später einer Diskussion stellen muss, wenn der derart überfahrene nämlich festgestellt hat, was ich gerade abzuziehen die Stirne besessen hatte.

Man muss keine Intelligenzbestie sein, um erahnen zu können, dass mich das gelegentlich in Schwierigkeiten bringt. Menschen, die sich von mir in irgendeiner Weise unangemessen behandelt oder benachteiligt fühlen, sind was Unschönes, egal ob sie ihren Frust verbalisieren oder nicht. Denn ich merke oft sehr wohl, dass ich über das Ziel hinaus geschossen bin. Aber zum sich entschuldigen können gehört eine Größe, an der es mir manchmal ebenso mangelt, wie an der Bedachtsamkeit, welche die Notwendigkeit einer Entschuldigung verhindern könnte. Daher sei es auf diesem Wege als digitaler Dispens erbeten: wenn ich in letzter Zeit jemanden zu sehr überfahren haben sollte, tut es mir ehrlich und aufrichtig leid! Ich versuche mich zu bessern. Nur das spontane Reißen bösartig-ironischer Witzchen, das werde ich wohl nie ablegen können. Ironymus ist halt mein zweiter Vorname…