Decision Fallout

Mit Blick auf die zunehmende Vermüllung des menschlichen Lebens durch ubiquitäre Verfügbarkeit medialer Inhalte komme ich letzthin nicht daran vorbei, a) meinen eigenen Konsum zu hinterfragen und b) die damit verknüpften Ziele anzuzweifeln. Was macht meinen Mediengebrauch, meine Suche nach Nachrichten und Informationen aus? Bin ich fokussiert, oder lasse ich mich, emergierenden Assoziationsketten folgend, einfach mal treiben? Wie lange kann ich konzentriert tun, was ich so zu tun habe? Und überhaupt – wohin bringt mich das alles? Vorwärts, seitwärts, rückwärts, in den Abgrund oder nach Oben (was auch immer dieses ominöse „Oben“ sein mag)? Zweifel nagen, Zweifel fragen: „Gut oder schlecht?“, „Nützlich oder Schrott?“, „Schön oder hässlich?“, „Heute oder morgen?“, „Will ich oder will ich NICHT?“ und schließlich „Warum stellt sich die Frage überhaupt…?“ Das Bittere daran ist, dass es keine perfekten und immerdar gültigen Antworten gibt. Auch salomonische Entscheidungen haben stets ihre Härten, von denen man manche nicht zu tragen bereit ist; wie z.B. mit einem Schwert zerschnittene Kinder.

Imperfect Beauty!

Ich war mit besten Ehefrau von allen spazieren und unterdessen kam die Frage auf, ob es nun gut oder schlecht sei, sich an Träume erinnern zu können? Meine Gattin war da ganz pragmatisch und sagte „Kannste nicht wissen, aber wenn’s ein schöner Traum war, ist es natürlich gut!“ Ich entgegnete sinngemäß, dass ein Traum, auch wenn er als Albtraum daherkäme trotzdem eine Botschaft, eine Inspiration oder eine Gelegenheit zum Lernen beinhalten könne, aber das war ihr zu abstrakt. Philosophie sei mehr so meine Domäne. Wir gingen weiter, und es war ein schöner Spaziergang. Doch die Frage nach dem Ying und Yang hängt mir nach, ist sie doch mit einer der basalsten Notwendigkeiten menschlichen Lebens verknüpft: dem dauernd von uns geforderten Treffen von Entscheidungen! Wir können uns dem nicht entziehen, auch wenn wir mit der Prokrastination eine ganze Kunstform rings um das Aufschieben, Ignorieren und Vermeiden entwickelt haben; die allerdings nicht nur beim Entscheiden ihren unheilvollen Sirenengesang entfaltet… Wie man es auch dreht und wendet, ohne (Wert)Urteile kommt man nicht aus – und (Wert)Urteile haben immer Konsequenzen. Im mildesten Fall habe ich mir halt irgendeinen nutzlosen Scheiß gekauft. Im schlimmsten Fall jedoch sterben Menschen!

Man kommt auf der Suche nach einer guten Entscheidung oft von Kuchenbacken auf Arschbacken, ohne dem Ziel näher zu sein. Wie war das noch mal mit den emergierenden Assoziationsketten? Denn eine Entscheidung bezieht sich zumeist auf etwas, dass sich im Nebel der Zukunft verbirgt. Und wir Menschen meinen ernsthaft, diesen Nebel durch das zwanghafte Sammeln von immer mehr Informationen (rational), oder wahlweise durch heuristische Extrapolation auf Basis unserer Erfahrung (intuitiv) teilen und auf das bestmögliche Ergebnis zuschreiten zu können, wie einst Moses das Rote Meer teilte, um das Volk Israel zu retten? Dass man die Bibel nicht allzu wörtlich nehmen sollte, dürfte vielen Menschen klar sein; warum zum Teufel glauben sie dann, wirklich in die Zukunft sehen zu können? Es sei zu Protokoll gegeben: ich bin Mensch und habe diesen Fehler selbst öfter gemacht, als ich zählen kann. Mittlerweile versuche ich wenigstens, bei rationalen Entscheidungen meine eigene Fehlbarkeit in die Gleichung miteinzubeziehen. Was das Ganze allerdings NOCH komplizierter macht!

Jede Entscheidung erzeugt, mal mehr mal weniger epische Konsequenzen – Decision Fallout! Manche versuchen sich dem zu entziehen, indem sie Entscheidungen jemand anders aufzwingen, oder aber Verantwortung für die Konsequenzen verschieben. Aber letztlich bleibt immer irgendwas haften. Womit wir wieder bei der Frage „Gut oder schlecht?“ wären. Vor Entscheidungen mit Veränderungspotential Angst zu haben, weil der Status Quo, allen Unzulänglichkeiten zum Trotz, halt doch wenigstens bekannt und damit subjektiv berechenbar ist, ändert nichts daran, dass die Welt sich weiter bewegt. Irgendwann wird man selbst damit unausweichlich auch weiterbewegt! Und bevor ich mich selbst zur Passivität verurteile, möchte ich lieber selbst gestalten und mein Schicksal (wenn man denn so groß denken möchte) soweit selbst in die Hand nehmen, wie dies nur eben möglich ist. Was auch die Möglichkeit beinhaltet, sich zu irren, auf das falsche Pferd zu setzen, zu verlieren, es zu verkacken – aber ebenso das genaue Gegenteil: „We are the champions, my friends…“. Viele Leute vergessen allerdings gerne, wie diese Liedzeile weitergeht „…an we’ll keep on fighting ‚til the end!“

Mit Decision Fallout umgehen zu können bedeutet, sich bewusst auf Entscheidungen und Konsequenzen einzulassen, selbst gestalten zu wollen, Veränderung als unausweichlichen Bestandteil dieses Dings namens Leben zu begreifen und sich nicht immerzu davon ins Bockshorn jagen zu lassen, dass man daneben liegen kann! Mit der besten Ehefrau von allen habe ich dieser Tage auch mal darüber sinniert, wie’s wäre, keine Leitungsposition mehr innezuhaben. Ich kaue auf diesem Gedanken jetzt erstmal eine Weile rum, weil’s im Moment tatsächlich keinen Spaß mehr macht, alles selbst kompensieren zu müssen. Wir werden sehen. Einstweilen wünsche ich einen schönen Start in die neue Woche.

Auch als Podcast…

…punked…?

Das Jugendwort des Jahres 2022 sei „smash“, behauptete man dieser Tage. Als wenn das nicht genug wäre, befragte man dann 20 junge „Prominente“ (was auch immer das individuell bedeuten mag), nach deren Meinung dazu. Dass einige dieser Menschen schon fast 30 waren, entwertet die Befragung aus meiner Sicht, weil sich speziell vom Teen zum Twen so verdammt viel verändert. Aber hey, wer bin ich denn schon? Als ICH mich auf den steinigen ersten Metern vom Knaben zum Mann befand, kam es zu drei Begegnungen, die mein Leben bis heute beeinflussen: erstens wurde ich an Pen’n’Paper herangeführt, zweites begann ich – auch durch das Erstere vermittelt – mit den Punks abzuhängen. Und drittens begegnete ich meiner besten Ehefrau von allen. Im Bezug auf den letzten Punkt habe ich nichts weiter zu sagen; außer vielleicht, das Langzeit-Beziehungen von den Beteiligten Mühe und Pflege verlangen. Der erste Punkt hat sich im hier gegebenen Kontext schon so oft in Einlassungen realisiert, dass ich diesen heute auch mal beiseite lassen will. Der zweite Punkt jedoch bedarf eventuell einer kurzen Betrachtung. Zuvor sei allerdings noch erwähnt, ich bin immer noch auf diesem steinigen Weg, und mittlerweile zieht er sich ein bisschen. Wenigstens bin ich kein Junge mehr. What separates the boys from the men…?

Boys gehen tanzen, men zur Klausur ins Kloster 😉

Manche Erinnerungen an diese Zeit sind mittlerweile ein wenig verschwommen (ist ja auch schon 30 Jahre her), gewisse Personen und Dinge werde ich aber gewiss mein Lebtag erinnern. Insbesondere den Umstand, dass meine politische Sozialisierung damals sozusagen auf Links gedreht wurde – und dass dieser Life-Spin auch mit viel mehr Lebenserfahrung und Bildung einer kritischen Betrachtung nach wie vor standhält. Hätte auch anders kommen können, denn die späten 80er und frühen 90er waren auch in Mannheim von Konflikten zwischen den politischen Polen und Bevölkerungsgruppen geprägt. Ich war damals mehr so ein Mitläufer, durfte allerdings viele Einblicke nehmen. Den Begriff „Punk“ habe ich damals noch nicht bewusst reflektiert. Das kam erst später. Aber ich wusste damals instinktiv, dass diese Leute dem Mainstream, dem Angepasst- und Eingepasstsein kritisch bis ablehnend gegenüber standen. Wir waren Kids und die Emotionen ins uns mächtig; also waren auch die Zeichen des Andersseins nach Außen mächtig. Mein diesbezüglicher Mut war insofern immer begrenzt, als ich noch nie zum Radikalismus geneigt habe – und dies bis heute nicht tue; doch die bewusste Abgrenzung war immer ein Motiv meines Lebens. Wenn manchmal auch ein gut Verstecktes.

Wenn ich heutzutage etwas über Jugendsprache und ihre Codes lese, überkommt mich oft ein Schmunzeln. Nicht etwa, weil ich die beschriebenen Begriffe lächerlich fände. Das sind sie nicht! Können sie gar nicht sein, denn für die jeweilige Jugend sind diese Begriffe Teil IHRER Realität! Was weiß ich denn, abseits meiner wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema schon davon, was es heißt, heutzutage so jung zu sein, wie ich vor 30 Jahren? Manche von denen sind Mainstream, manche sind Außenseiter, so wie ich es war – nur anders! Same, same, but different? Keine Ahnung. Ich habe zwar, durch meine Arbeit in der beruflichen Bildung viel mit Menschen dieser Alterstufe zu tun, aber wirklich verstehen…? Ich rühme mich einer gewissen Menschenkenntnis, möchte mir jedoch nicht anmaßen, zu behaupten, in Menschen hineinsehen zu können, deren Realität doch recht weit von meiner entfernt ist. Was ich aber weiß ist Folgendes: jedes Individuum sucht nach Distinktion, nach der Gewinnung einer eigenen Identität; und Alterskohorten, so divers ihre Mitglieder auch sein mögen, so wenig der Begriff „Generation“ zur differenzierten Beschreibung komplexer sozialer Phänomene taugen mag, erzeugen ihren je eigenen Peerpressure – und damit Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Andernfalls hätten sich nicht schon Platon und Sokrates vor 2500 Jahren über die Unsitten der Jugend beschwert – und die Zwei taten das keinesfalls als Erste….

Viele empfinden den Begriff „Punk“ als ausgenudelt und überstrapaziert. Das könnte damit zusammenhängen, dass er für Vieles herhalten musste; z.B. als Marketing-Buzz für Video-Spiele und Filme, reduziert auf einen optischen Stil, den jemand aus SEINER ganz speziellen Sicht auf Atom-/Cyber-/Diesel-/Steam-Punk entworfen hat. Der Whatever-Punk, den ich im Kopf habe, sieht sicherlich anders aus, als der von William Gibson, den Leuten bei CD-Project RED, oder den Wachowski-Brüdern, die mittlerweile Wachowski-Schwestern sind. Das Suffix -PUNK steht dabei jeweils für mögliche gedachte Entwicklungspfade, die jedoch eines gemeinsam haben: sie werden von ihren Machern stets als problembehaftet betrachtet. Weil die Festschreibung eines Status Quo in den Erzählungen unweigerlich katastrophale Folgen haben wird.

[Kurzer Exkurs]: Folgt man Adorno, der die Kunst dem Primat des wirtschaftlichen Verwertungsinteresses unterworfen sieht, und kann man z.B. auch Science-Fiction-Literatur als Kunst verstehen, wird der Zwiespalt klar, in welchem sich die Künstler befinden müssen: einerseits fiktive Pfade beschreiben zu wollen, die eine mögliche Entwicklung unserer Welt zu bestimmten Zeitpunkten extrapolieren, um auf ihre Wahrnehmung der Probleme aufmerksam zu machen, und dies andererseits so zu tun, dass ein Verlagslektor es nicht sofort in den Mülleiner wirft. Heute ist es einfacher, weil man ja alles im Selfpublishing herausgeben kann – Reichweite zu erzeugen, bleibt aber im Zeitalter von Antisocial Media paradoxerweise immer noch schwierig. Weil sich Art und Geschwindigkeit der Wahrnehmung geändert haben. Wenigstens gibt es heute häufiger ein Problem-Bewusstsein für die Krisen unserer Zeit! [Exkurs Ende]

Die Verwurstung des Begriffes in den Medien hat mit der Zeit zu einer gewissen Beliebigkeit der Ettikettierung geführt – alles, was nicht Mainstream ist, nennt man Punk. Der Tag wird einfacher wenn man ein gutes Stereotyp und ein schickes Label dafür hat. Dass wir alle uns zuerst über Dichotomien – also in Gegensätzen zu dem, was wir als ANDERS wahrnehmen – definieren, bleibt dabei cerebral unterrepräsentiert. Was mich einstmals gepunked hat, ist einfach nur etwas anderes, als das, was die Kids heute punked; der Mechanismus bleibt der Gleiche! Und es ist dabei vollkommen egal, ob es die Mainstream-Kids oder die Außenseiter sind (Goth, Jock, Yuppie, Metaler, etc. benutzt man heute ja nicht mehr so…) – sie alle haben etwas , dass sie punked. Ich habe meine Identität gefunden, und die werden das auch tun. Und möglicherweise lächeln sie, wenn sie mal so alt geworden sind wie ich, auch über das Gelaber und die Klamotten von damals… C U…

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Workplace Angst – New Work N°10 vs. Erwachsen bilden N°42

Ich las dieser Tage, rekonvaleszierend auf der Couch herumlungernd, einen Artikel über das „pünktlich Feierabend machen“. Eigentlich war es ein Artikel über die Workload-Balancing-Probleme der Autorin, aber das soll hier im Weiteren keine Geige spielen; weil sie Prozesse beschreibt, die zumindest Wissensarbeiter zumeist aus eigener Anschauung gut kennen dürften. Das Ganze mäandert irgendwo zwischen dezenter NEIN-Schwäche und gelegentlich unterstrukturiertem Zeitmanagement des Arbeitnehmers auf der einen Seite, und der Tendenz vieler Arbeitgeber, den dargebotenen kleinen Finger fest zu packen, um den Oberarm am Schultergelenk rausreißen zu können, auf der anderen. Tatsächlich gehören aber zur Entstehung ausufernder Arbeitsüberlastung in aller Regel Zwei. Niemand ist sich dieser Tatsache besser bewusst als jemand wie ich, der in seiner Führungsposition qua Stellenbeschreibung in der Hoffnung institutionalisierten Mangel verwaltet, trotzdem halbwegs gute NotSans auf die Straße bringen zu können. Im Moment fühlt es sich mal wieder an, als wenn man ohne geeignete Schutzausrüstung mit glühenden Eisen jongliert. Macht echt keinen Spaß.

Always being chased up a tree…?

Wie man es auch dreht und wendet, das Thema bleibt immer das Gleiche: wir können doch nicht anders weil wir immerzu müssen, aber leider nicht können, wie wir wohl wollten, obwohl wir eigentlich dürften, wenn wir nur könnten! Das Topos bleibt also auch immer das Gleiche: Ressourcenmangel landet auf dem Rücken des Einzelnen, weil die Institutionen schon immer so funktioniert haben. Nun könnte man MIR sagen: „DU bist doch in der Position, etwas dagegen zu tun!“ Und das versuche ich auch. Weil aber mindestens eine GENERATION vor mir es so richtig verkackt hat, denn heraufziehenden Fachkräftemangel frühzeitig und sachrichtig anzugehen, verwalte ich jetzt, wie viele andere auch, einfach erst mal den Mangel, den ich so schnell nicht beheben kann. Und neben der Tatsache, dass ich im Strahl kotzen könnte, weil ich von meinen Mitarbeitern so viel verlangen muss, beute ich mich natürlich schön selbst aus, denn wirklich geführt wird ja bekanntlich nur von vorne. Den Unterschied zwischen Leader und Boss werde ich jetzt nicht noch mal extra aufwärmen…

Hier entsteht gerade eine Kluft zwischen denen, die derzeit zu wenige sind und denen, die leider (noch) nicht genug Qualifikationen haben, um auf den richtigen Zug aufspringen zu können. Ich erlebe z. B. die Institutionen, welche sich mit dem Thema Qualifizierung von Migranten für den Arbeitsmarkt befassen als dermaßen unflexibel, an teilweise absurden Formalismen verhaftet und dermaßen unterfinanziert, dass es mich mittlerweile nicht mehr im Mindesten wundert, warum zum Teufel wir es einfach nicht hinbekommen, diese neuen Menschen im Lande zu integrieren und ihnen die Chance zu geben, tatsächlich Bürger*innen zu werden. Da ich gezwungen bin, Bildung AUCH als Wirtschaftsbetrieb zu betrachten, stehe ich gerade am Scheideweg, ein im Grunde gutes und hilfreiches Projekt sehr kritisch auf den Prüfstand stellen zu müssen, weil es sich nicht rechnet; egal, wie man den Abakus auch verdreht. Das Resultat ist, dass Menschen, die sehr wohl eine Menge Grips und auch Engagement mitbringen, aber halt nur geringe Sprachkenntnisse, in irgendwelchen Maßnahmen versauern. Das mit der Kultur, die ein Prozess ist und sich daher stetig verändert, werde ich jetzt nicht auch noch mal erklären. Ich bin es nämlich leid, mich dauernd zu wiederholen.

Wenn ich heute an Workplace Angst denke (und den Begriff in dieser Form habe gerade ICH aus der Taufe gehoben, als Amalgamat aus „Workplace“ und „German Angst“), dann sehe ich Arbeitsverdichtung bis zum Tode auf der einen Seite und die Unfähigkeit, neue Leute dazu zu ermächtigen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten auf der anderen; und das macht mir Angst! Denn wir brauchen jeden Mann und jede Frau für die Herausforderungen, vor denen wir stehen! Also bleibt nur die Frage: Wie passen die eben beschriebenen Diskrepanzen zusammen? Nun, ungefähr genauso schlecht wie die Anforderungen und das Gehaltsgefüge in den allermeisten Gesundheitsfachberufen – wenn man diese mal mit den Bullshit-Jobs im Bereich der Wissens- und Vermögensarbeit vergleicht. Ich weiß auch nicht, wie man das Problem in Gänze lösen könnte. Aber es wäre mal ein guter Anfang, den Weiterbildungsmarkt in Deutschland zu entschlacken, zu professionalisieren, auskömmlich zu finanzieren und zu entbürokratisieren. Und als Gesamtgesellschaft mal genau darüber nachzudenken, welcher Job essentiell ist: Finanzmakler*in oder Gesundheits- und Kranken-Pfleger*in. Mir persönlich fällt die Entscheidung bezüglich Verzichtbarkeit übrigens nicht sonderlich schwer.

New Work ist derzeit nichts weiter als ein Slogan für verschiedene Ideen, wie Arbeit und ihre Rahmenbedingungen sich verändern könnten; der allerdings ungefähr so viel Substanz hat, wie ein Soufflé. Man kann das ganz gut beobachten, wenn der Ofen zu früh aufgeht. Diesen Begriff mit Leben zu füllen, könnte sinnstiftend werden. Aber nur, wenn wir uns von der Idee lösen, dass Mamon ein Gott ist, Bürokratie sein Avatar, Hierarchien ohne Leadership Ability der Weisheit letzter Schluss und Präsentismus eine unumstößliche Tradition. Ich hab die Scheiße so satt. Und ich habe fertig. Schönen Tag noch.

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Plotholes

Man kennt diese Momente, in denen Fremdschämen angesagt ist, weil ein Medium, welches gerade konsumiert wird, sich dermaßen voller Logiklöcher, voller Dummheiten und voller unpassender Wendungen präsentiert, dass es scheint, als wenn die Autoren nochmal extra was krummgebogen haben, um ein weiteres unnötiges Storybögelchen rausleiern zu können. In Büchern kommt so was gelegentlich vor, aber wenn man regelmäßig auf Flix, Prime und Plus unterwegs ist, kommt man einfach nicht an diesen Serien vorbei, deren Macher mit ihrem Mist selbst die Intelligenz 12-Jähriger beleidigen. Now, don’t get me wrong – das Menschen viel Dummes tun, weiß ich durch Jahrzehnte der Erfahrung im Rettungsdienst. Aber den selben Fehler in jeder Season gleich zweimal zu wiederholen…? You’re stretching it! Der Vorteil ist, dass man den Stream dann einfach abschalten kann, was ich in letzter Zeit auch schon mal praktiziert habe.

Tatsächlich ist leider auch das reale Leben manchmal voller Plotholes; nur dass man die Realität leider NICHT abschalten kann. Man schaue sich nur an, wie in der sterbenden Putinestokratie plötzlich das ganze Narrativ der „Sonderoperation“ in der Ukraine umgebaut wird, Bürokraten plötzlich ganz offen von Krieg sprechen und Kommandeure eingestehen, dass es wohl nicht so gut läuft; alles nur, um die verbliebenen Treuen auf weitere Härten und noch mehr Blutvergießen einzuschwören? Oder setzt vielleicht doch ganz langsam die Erkenntnis ein, dass man diesen Krieg nicht gewinnen wird? Hoffentlich gefolgt von der Wladimirs-Dämmerung? Wer weiß denn schon, was zum Henker in deren, von nationalistischer Propaganda und Gier zerfressenen Köpfen vorgehen mag? Jedenfalls ist auch diese neue Erzählung eines gerechten Krieges, für den Opfer gebracht werden müssen, nicht mehr als ein logiklöchriger Jutesack voll alternativer Fakten, Lügen, Propaganda und Hass. Mithin ein einziges, riesiges Plothole.

Diese Blume ist real! Doch wo liegt diese Realität?

Beim Marsch durch so manches Nebelfeld der Desillusionierung kam ich nicht umhin, festzustellen, dass Logik KEIN sinnvolles Tool ist, um den Gang der Welt zu analysieren. Umgeben von Menschen und ihren Ideosynkrasien, welche sich bestenfalls durch den Konstruktivismus erklären lassen, bleibt man immer wieder mal beim Dogma hängen. Zum Thema Dogma hat der Philosoph und Journalist Gert Scobel in seinem Buch „Der fliegende Teppich“ einige sehr interessante Dinge gesagt; unter anderem, dass es vermutlich nicht die Realität sei, die uns verwirrt, sondern die Meinungen, welche wir uns über diese fassen. Man könnte auch von Vorurteilen sprechen, aber das verkürzt den Gedankengang evtl. in unzulässiger Weise. Vielleicht geht es vor allem um die Bewusstmachung der Grenzen des eigenen Wissens, Denkens und Könnens. Überschreiten wir diese unsichtbare Grenze in dem Glauben an unsere eigene Unfehlbarkeit – gegen Kritik durch das Dogma immunisiert – sind wir auf dem Weg in ein Loch: unser selbst geschaffenes Plothole der alternativen Realität, in welchem wir, durch die normativen Kraft des Faktischen geläutert, hoffentlich wieder zu Sinnen kommen. Oder ersaufen, was in Wladimir Wladimirowitschs Fall meine Präferenz wäre.

Gegenwärtig fühle ich mich einmal mehr unfähig, diese – immer schon schmerzhaft offensichtlichen – Plotholes der OBJEKTIVEN Realität zu ignorieren, wie wir Zivilisations-geschädigten Konsumkapitalisten dies normalerweise tun können, um unsere SUBJEKTIVE Realität in den Fugen zu halten. Vielleicht liegt es daran, dass ich krank zu Hause hocke, auf mich selbst zurückgeworfen. Denn Arbeit war bei mir schon immer ein Mittel, mich vom Zustand der Dinge abzulenken; inclusive meines eigenen. Das geht jetzt gerade nicht und das Ergebnis ist, wie so oft, ein neuerliches Aufwallen des Nebels. Also schreibe ich mir von der Seele, was mich umtreibt, auch wenn ich mich durch’s Kranksein unendlich müde fühle. Das ist meine Art von metaler Medikation. Wie auch immer es sich bei mir in den nächsten Tagen entwickelt (jetzt gerade sieht es etwas besser aus), ich wünsche allen eine gute und gesunde Woche.

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  • Scobel, Gert (2017): Der fliegende Teppich. Eine Diagnose der Moderne. Frankfurt am Main: Fischer Verlag

Wünsche

Dieser Tage kam morgens am Frühstückstisch mal wieder die Sprache auf Wünsche der Kinder zu heran nahenden Festen, wie Geburtstagen und Weihnachten auf. Nun ist verständlich, dass Kinder im Alter von (noch) 9 und 13 jahren den Zusammenhang zwischen vielen materiellen Wünschen und der Frage nach der Auswirkung von ungehemmten Komsum auf die Welt, in welcher sie mal leben müssen noch nicht umfänglich reflektieren (können). Wobei ich Hoffnung habe, dass dies vielleicht in Bälde der Fall sein wird. Dennoch kommt es manchmal zu einem regelrechten Clash, wenn der langsam dem klassischen Konsummaterialismus abschwören wollende mittelalte weiße Cis-gender-Mann, der ich nun mal bin feststellt, dass „ICH WILL“ zur kindlich/jugendlichen Realität gehört. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber ich würde mal vermuten wollen, dass ich in dem Alter keinen Deut besser war, und meine Eltern mir auch nicht jeden Scheiß gekauft haben, auf den ich damals scharf gewesen bin. Ist möglicherweise ein Naturgesetz oder so.

Was will man(n) schon mehr…?

Es wirft aber natürlich die Frage auf, was man selbst sich wünscht. Und es gibt tatsächlich wenige DINGE, die ich mir heute wünsche. Meistens haben diese Dinge irgendwas mit meinen Hobbies und /oder meiner Arbeit zu tun, und ersetzen oder ergänzen ein in die Jahre gekommenes oder kaputt gegangenes Gadget. Die des Alters wegen ersetzten Gadgets tun dabei übrigens in den allermeisten Fällen ihren Dienst jetzt für jemand anderes aus der Familie. Und einen Grill kann man schon mal alle 15 jahre ersetzen. Will heißen, ich beantworte die Frage nach eigenen Geschenk-Wünschen meistens mit einem Schulterzucken; oder sage, „steckt doch was in die Kasse für ……….!“. Kommt dann meistens auch den Spendern auf die eine oder andere Weise zu Gute 😉 Wenn ich mir tatsächlich etwas wünschen könnte – also, wie in der Legende mit dem Flaschengeist und den drei Wünschen, dann… würde ich es wahrscheinlich verkacken, weil ich entweder aus dem Bauch heraus irgendeinen Scheiß antworten, oder aber mir das Gehirn zermartern würde bis ich stürbe und der Dschinn unverrichteter Dinge wieder in seiner Lampe verschwände.

Ernsthaft bedacht ist das einzige, wovon ich mir momentan mehr wünsche einfach nur Zeit. Zeit um mal zu bummeln, Zeit um zu wandern, Zeit um zu spielen, Zeit um zu denken, Zeit um zu genießen, Zeit um selbst zu lernen, und schließlich Zeit, um sie mit jenen Anderen teilen zu können, die es mir wert sind. Das Problem dabei ist, dass wir in einem Zeitalter leben, in welchem Zeit mit Geld aufgewogen und wie eine Ware behandelt wird! Die Tage zitierte jemand aus meinem Arbeitsumfeld bei einer Veranstaltung aus dem Buch Kohelet 3,1 – 3,8, wo steht, das alles seine Zeit habe. Er sprach sinngemäß vom Innehalten im Alltag, von Momenten, in denen man an nichts denken sollte, um den beunruhigten Geist zu klären… Ich habe jetzt eine Weile darüber nachgedacht und ich denke, dass Augenblicke des Innehaltens der Komplexität und Geschwindigkeit unseres Zeitalters nicht mehr gerecht werden. Warum gibt es solche Bewegungen wie „Quiet Quitting„, warum sagt man der „Generation Z“ insgesamt Faulheit nach? Ich glaube, dass dies an der, für das Individuum unüberschaubaren Krisenhaftigkeit unserer Zeit liegt. Und daran, dass für die jüngeren Menschen dieses Gesamtphänomen die eigene zeitliche Begrenztheit und Sterblichkeit wesentlich drängender ins Bewusstsein rückt, als dies bei einem Endvierziger wie mir der Fall sein mag.

So viel Zeit wie der alte Kasten hätte ich gerne…

Wünsche und Glück stehen vermutlich in einem engen Zusammenhang, so wie der Nebel, über welchen ich gestern sprach zu diesem Themenkreis gehört; weil der Nebel der Desillusionierung einem den Blick auf die eigenen Wünsche, aber auch die Kraftquellen und Kompetenzen verdeckt. In der Gesamtschau sprechen wir also über bessere Selbstreflexion und in der Folge hoffentlich weniger Selbstreferentialität – oder soll ich es besser pathologischen Egoismus nennen? Wir werden sehen, wohin meine Gedankenspiele mich in nächster Zeit noch treiben. Habe ich übrigens erwähnt, dass ich offiziell scheinfrei bin? Masterthesis, ich komme! In diesem Sinne, noch einen schönen Tag.

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Nebel

Der Drang nach Perfektion ist ein grausamer Zuchtmeister. Ich gab gestern, im Rahmen eines Workshops zum Thema „Führung“, den ich moderieren durfte jenen Ratschlag zum Besten, den mir ein Psychotherapeut vor mittlerweile acht Jahren gegeben hatte: dauernd 100% kann man NICHT geben. Mittelfristig genügten 70% vollkommen, um das Leben und die Arbeit im Griff zu behalten. Wie ich herausfinden durfte, hatte der Mann durchaus Recht. Und oft halte ich mich auch daran. Momentan gerade nicht, aber das Spätjahr ist in vielen Gewerken, so auch im Aus- und Fortbildungsbereich die absolute Hochzeit des Jahresgeschäftes. Da kannste als Chef halt nicht mal eben ein, zwei Sabbatmonate nehmen… Hätte ich vielleicht doch tun sollen, denn mein Zuchtmeister hat mich wieder im Griff: alles muss on time und in hoher Qualität zur Verfügung stehen. Egal was, egal für wen. Die Erkenntnis hieraus: Ich habe mich übernommen. Und mein Team – zumindest partiell -gleich mit. Was ich sehr bedauere!

Wenn man sich auf Deadlines konzentriert, wird man scheuklappig, gerät in einen Tunnel ohne Seitenausfahrten und dreht die Geschwindigkeit mit zunehmender Nähe zum erklärten Zielpunkt dann auch noch hoch; weil man ja fertig werden will. Das steigert die Fehlerwahrscheinlichkeit, womit ich mich allerdings selbst inkohärent verhalte, weil ich’s ja eigentlich perfekt sein soll. Wenn man dann das Ergebnis vor Publikum präsentiert, und manche Fehler augenscheinlich werden, oder man selbst – vom Publikum eventuell unbemerkt – die eigenen Erwartungen an die Wirksamkeit des Produktes nicht erfüllt sieht, verschleiert einem zudem auch noch der, nun aufwallende Nebel der Desillusionierung das eh schon von den Scheuklappen eingeschränkte Sichtfeld. Die Folge: welcome to depression you fool! Zumindest, wenn man sich davon einfangen lässt. Ich saß dann gestern auf dem Weg nach Hause gute zwei Stunden im Auto, von denen ich mindestens 40 Minuten mit einem hochgeschätzen Kollegen telefonierte. Ich hatte keine Chance, mich in Selbstvorwürfen zu baden; und genau das hat den Zyklus unterbrochen. Reframing funktioniert nämlich wirklich!

Alles eine Frage der Perspektive…

Manchmal ist es vollkommen egal, ob man von anderen sogar gelobt wird, oder zerrissen. Die eigene Realitätsvorstellung – einmal mehr willkommen im Konstruktivismus – muss erst neu kallibiert werden, um externes Lob oder Kritik wirklich annehmen zu können. Die Selbstreferentialität dabei bewusst zu durchbrechen, ist in unserem Zeitalter des kuratierten öffentlichen Selbst aber ganz schön schwierig. Ich wettere ja immer gegen die ganzen Follower-heischenden Insta-Huren, Influenzeranzien und anderes Antisocial-Media-Geschmeiß – zumindest in meinen wacheren Momenten sehr wohl um das Quäntchen Bigotterie wissend, welches ich dabei selbst zeige. Denn was schreibe ich hier gerade? Ach ja, ein persönliches Blog. Und wo promote ich meine Beiträge? Oh… auf Insta…? Natürlich heische auch ich dort nach Zustimmung. Schließlich muss jeder von uns irgendwie ein positives Selbstbild aufrecht erhalten. Andernfalls winken als größte Belohnung feine kleine psychiatrische Diagnosen. Aber allem Sehnen nach Zustimmung zum Trotze bleibt man, speziell in den sozialen Medien zunächst mal auf sich selbst zurückgeworfen. Denn das „Feedback“, welche man dort erfährt, ist eine Währung ohne Wert.

Die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne ist verdammt kurz, und damit findet eine ehrliche und bewusste Auseinandersetzung mit den Themen, um die es zum Beispiel hier geht, doch gar nicht statt. Ich schreibe diese Zeilen wohlwissend, dass die allerwenigsten, welche sich evtl. auf diese Seite verirren auch bis hierher kommen, und auch nur im Ansatz versuchen, die Gedankenwelt hinter den Buchstaben zu erfassen. Das würde ja bedeuten, dass man sich mit jemand anders als sich selbst befassen müsste. Wie schräg ist das denn heutzutage? In der Folge entsteht kein Diskurs, keine Öffentlichkeit, kein Marktplatz des besseren Argumentes, sondern nur lautes Schweigen zwischen monolithischen Türmen aus ungelesenen, unausgesprochenen, unwidersprochenen, und in der Folge unterentwickelten Ideen und Gedanken. Also bleibt mein größter Endgegner am Ende doch mein interner Zensor, die Abteilung QM meines präfontalen Cortex, die offenkundig die ganze Zeit nur darauf wartet, dass ich mal wieder verkacke, damit sie mich hänseln kann. Klingt das nach geringen Selbstwertgefühl? Manchmal vielleicht schon…

Kreuzgang = Kreuzweg?

Eigentlich bin ich aber einfach nur enttäuscht, so wenig Wiederhall zu produzieren. Nicht weil ich selbst irgendwie wichtig sein möchte. Für die richtigen Menschen bin ich schon lange wichtig genug! Sondern weil ich glaube, dass die Themen wichtig sind. Ich denke, im Kern immer wieder über das gleiche Thema nach: Humanismus, und wie man wieder mehr davon in unser politisches, soziales, wirtschaftliches Denken und Handeln bekommt. Das würde nämlich einen großen Teil unserer Probleme lösen, wenn man die Welt lebenswerter dächte. Und nein, lebenswerter bedeutet nicht Porsche fahren, Kaviar essen und zum Shoppen nach London fliegen, sondern sich als Mensch im Einklang mit der Umwelt und den anderen Wesen darin wiederzufinden. Ist ein großer Traum. Aber wenn ich meinen inneren Nebel lichten muss, sind die größten Träume manchmal gerade groß genug. Ich wünsche noch einen schönen Sonntag und einen guten Start in die neue Woche.

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Einheit? Am Arsch…!

Feiertag. Ausgerechnet Montags. Wenn’s damals nach Gerhard Schröder gegangen wäre, hätte der „Tag der Deutschen Einheit“ (echt nur mit großem [D]) gestern stattgefunden. Weil man Anfang der 2000er fand, dass so ein Bundesfeiertag unter der Woche viel zu viel Steuereinnahmen kosten würde, wegen weniger geleisteter Arbeit und verzehrtem Konsum. Man hatte jeweils den ersten Sonntag im Oktober im Auge. Gottseidank kam das vom Tisch, ist der 03.10 doch eh der einzige Feiertag per Bundesgesetz. Für Einigkeit steht er jedoch schon lange nicht mehr. Schaut man sich die Lage der Nation an, wirkt ein Feiertag mit solchem Titel aus der Zeit gefallen, je geradezu wie ein Flachwitz. Das einzige worauf man sich vermutlich einigen kann, ist der Wert der zusätzlichen Freizeit. Sah neulich einen Tweet (Twitterperlen ist manchmal echt spaßig), wo es um dumme Fragen ging; und da hatte doch angeblich ein Chef seinen Angestellten ernsthaft gefragt, ob dem tatsächlich seine Freizeit wichtiger wäre, als die Arbeit? Was soll man darauf antworten? Lutsch dir ’ne Tüfte rund und jonglier mit den Zwiebeln? NATÜRLICH IST DIE FREIZEIT GOTTVERDAMMT NOCHMAL WICHTIGER ALS DIE ARBEIT! Oder darf ich neuerdings meine Lieben mitbringen, damit wir auch mal Zeit zusammen haben…

Ich mag meinen Job meistens! Wirklich! Aber ich mag die Zeit, in der ICH wirklich selbst bestimmen kann, was ich als nächstes tun oder lassen möchte, noch wesentlich mehr! Das hat was mit dem Gefühl von Freiheit zu tun, auch wenn diese wahrscheinlich unter dem Strich gar nicht so groß ausfällt, wie man sich das manchmal schönredet; oder schönsäuft. Im Job jedoch bin ich dazu gezwungen von xx:xx – yy:yy am Ort Z zu sein und dort Dinge zu tun, welcher der Produktivität des jeweiligen Arbeitgebers dienen – jedoch NICHT unbedingt meiner! Und da nicht jede*r von uns selbstständig sein kann – oder will – läuft’s darauf hinaus, an diesem typischen Tausch [Lebenszeit gegen Entgelt] teilnehmen zu müssen! Und ich werde nicht lügen: von xx:xx bis yy:yy am Ort Z sein zu müssen, ist dabei ein nicht unerhebliches Problem, weil ich auf dem Weg von und nach Z kostbare Lebenszeit verschwende! Ich versteige mich jetzt mal zu folgender kühner Aussage: wenn ich in diesem Leben noch einmal den Arbeitgeber wechsele, liegt es wahrscheinlich nicht an meinem Aufgabenbereich, oder dem Workload, sondern dem beschissenen Präsentismus, den man von mir verlangt! Wir leben im 21. Jahrhundert, also kommt endlich klar mit mobilem Arbeiten für diejenigen Aufgaben, bei denen das funktioniert, verdammte Axt!

Von 1954 bis 1990 feierte man den Tag der deutschen Einheit (nur echt mit kleinem [d]) am 17.06 eines jeden Jahres. Und zwar im Gedenken an die Arbeiteraufstände in der DDR vom 17.06.1953, die a) unter anderem ausbrachen, weil die Arbeitsnormen (Arbeitsleistung pro Lohn) unter dem Druck einer wirtschaftlichen Krise erheblich angehoben worden waren und b) mit blutiger Gewalt durch die sowjetischen Besatzungstruppen niedergeschlagen wurden. In der Folge begann der weitreichende Auf- und Ausbau der StaSi. Sieht man sich das Ansteigen der sozialen Ungleichheit im Lande, die Herausforderungen für viele von uns durch den nahenden Gasspar-Inflationswinter und die öffentlichen „Diskussionen“ in den „Leitmedien“ unserer Zeit an (Antisocial Media), wäre es wohl an der Zeit, den Feiertag im Sommer wiederzubeleben; immerhin hat Heinrich Lübke ihn zum „Nationalen Gedenktag des deutschen Volkes“ proklamiert! Daran hat auch der Einigungsvertrag nix geändert. Wäre doch mal einen Gedanken zum Gedenken wert, oder…?

Es gibt keine „nationale Einheit“ (was auch immer das sein könnte), folglich gibt es auch wenig, was man heute feiern könnte; außer vielleicht die Demokratie! Immerhin fand die Wiedervereinigung Ihren Startpunkt auch in einem Volksaufstand, der allerdings nicht von russischen Panzern niedergewalzt wurde, sondern vielmehr in einem friedlichen Prozess der Wiedervereinigung von BRD und DDR mündete. Und auch wenn „Blühende Landschaften“ Helmut „War doch nur Bimbes“ Kohl und die seinen so ziemlich alles falsch gemacht haben, was dem Manchesterkapitalismus der frühen Wendezeit hätte Einhalt gebieten können, bleibt die Wiedervereinigung dennoch ein demokratischer Prozess, der bis heute weltweit seinesgleichen sucht – und die Blaupause für weitere Prozesse zur Reintegration unseres Staates sein könnte. Darauf trinke ich heute noch ein paar Duppegläser weißen Bitzler und wünsche euch schon mal einen guten Start in die neue Restwoche. DI ist der neue MO. Könnt ich mich dran gewöhnen. Bis die Tage.

Auch als Podcast…

Ich wünscht‘, ich stünd‘ im Wald…

Der Blick aus dem Fenster offenbart jene ambivalente Malaise dieser Tage, die mich geradewegs in den Schlund der Verzweiflung blicken lässt. Die Tage seit der Heimkehr aus dem wirklich tollen Urlaub in Irland waren angefüllt mit Arbeit; aber nicht einfach nur [clock-in => work => clock-out] sondern purem Termin-Stress, unnötigen kleinteilig-fruchtlosen Diskussionen, Anfeindungen von Menschen, die offenkundig denken, dass man ihnen an der Stirn ablesen kann, was sie von mir erwarten, persönlichen Enttäuschungen und der erheblich ernüchternden Entzauberung von Hoffnungen. Alles in allem habe ich gerade ungefähr überhaupt keinen Bock mehr und würde am liebsten davon rennen. Soweit also alles wieder im Normalzustand der letzten zwei Jahre. Ich würde nicht behaupten wollen, dass Desillusionierung nicht sowieso schon lange eine alte Bekannte ist, die mich stets wohlwollend begleitet – aber im Moment sind wir über diese typische, ein wenig nervende Dosis schon ein Stück hinaus. Noch ist sie nicht tödlich; aber wer weiß schon, was noch alles um die Ecke kommt…?

Über die Pandemie, die jetzt eine Endemie ist und nur noch als fragiles Feigenblättchen für die schlechte Gesundheitspolitik der letzten 6 Legislaturen herhalten muss, mag ich nichts mehr sagen, sonst muss ich in den bewaffneten Untergrund (Kaputtsparen können wir, das muss man schon sagen!). Über die politische Weltlage und die Frage, ob wir nicht doch lieber einem dämlichen, dreisten Diktator nachgeben sollen, damit die Wirtschaft weiter brummen kann (wovon der Otto-Normalverbraucher, Korporatismus und Lobbyismus sei Dank ja dann trotzdem nichts hat, weil nur die Fetten immer fetter werden) werde ich an dieser Stelle auch keine weiteren Worte verlieren – sie wären verschwendet. Die, denen ich was zu sagen hätte, ignorieren das langsame Aufkochen der Stimmung lieber um munter weiterkassieren zu können, als wenn es keine Morgen gäbe. Man nennt dieses Gefühl, welches sich gerade in meinen Worten Weg bricht, glaube ich, Weltschmerz. Und ich wäre jetzt dankbar für ein Mittel dagegen.

Ich habe mit der besten Ehefrau von allen schon häufiger mal darüber sinniert, dass es manchmal ganz schön wäre, dumm zu sein. Denn dann würde man sich nicht über so vieles Gedanken machen, weil man’s schlicht nicht auf dem Schirm hätte. Wenn mein Horizont nur bis zum Rand des Sonnenschirms geht, kommt halt kaum Erleuchtung ins Oberstübchen. Auf der anderen Seite ist die Wahrscheinlichkeit, dann zum Nazi-Arschloch zu werden auch nicht gerade geringer. Man muss sich schon fragen, was da in Italien gerade passiert. Faschos wählen, um soziale und wirtschaftliche Probleme zu lösen ist, als wenn man einen Fünfjährigen mit Magnesiumfackeln jonglierend ins Benzinlager schickt. Gibt’n Knall und wenn der Rauch sich verzogen hat, fragen sich alle, warum sie schon wieder, auf die eine oder andere Weise, etwas eingebüsst haben. Wenn doch nur wenigstens die Dummen dabei mitstürben. Womit sich der Kreis schließt. Auch wenn dumm sein dieser Tage ein wenig Entspannung brächt, bleibe ich lieber der Geschehnisse gewahr und hoffe, an Lösungen mitwirken zu können.

Als „white middle-aged cis-gender male“ bin ich ja, dem gängigen Narrativ der woken Medien zufolge Teil des Problems. Was soll ich jetzt sagen? Dass die Woken zu dumm sind, mich zu verstehen? Für manche, die Wokeritis zum Dogma erhoben haben, mag das wohl stimmen. Man betrachte nur die Diskussion um kulturelle Aneignung – ALLE KULTUR IST ANEIGNUNG. Unser ganzes verdammtes Leben ist ein ziemlich beschissener Remix von Beethovens Neunter – vom Götterfunken keine Spur mehr! Will heißen, dieses ganze Generationen-Gebashe, dieses ständige Auf-Andere-Zeigen, Strohmänner bauen, Whataboutism pflegen, jede Diskussion sofort ins Persönliche tragen, anstatt an der Sache zu bleiben ist es, was mich langsam wahnsinnig macht. DAS MUSS AUFHÖREN! Denn nur, wenn die Öffentlichkeit tatsächlich wieder zu einem Marktplatz des „zwanglosen Zwangs des besseren Argumentes“ wird (Danke Habermas!), werden wir den Karren, der sich WELT nennt aus dem Dreck der gegenwärtigen KRISEN ziehen können – GEMEINSAM! Und da ist er wieder der Zweifel, aus dem Verzweiflung wird! ich wünsche euch ein zwanglos schönes Wochenende. Wir alle brauchen ab und an mal ’ne Pause. Allein im Wald zu stehen hätte jetzt was!

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