The networked mode – what about groups?

Dieser Tage saß ich abends mit der besten Ehefrau von allen bei geistigen Getränken auf dem Balkon und wir parlierten so über dies und das. Irgendwann kam das Gespräch darauf, dass es mich ein wenig amüsieren würde, dass bei einer Fortbildungsveranstaltung in der Vorstellungsrunde alle TN auf ihre beruflichen Funktionen rekurriert haben, um sich den Anderen zu präsentieren. Und das es mich grundlegend irritieren würde, dass Menschen so sehr auf dieses Distinktionsmerkmal „Beruf“ fixiert seien. Die Replik meiner Gattin war eine Frage: wodurch sollten sie sich denn sonst definieren? Und so ganz unrecht hat sie damit ja auch nicht. Denken wir das ganze mal in Gruppenprozessen, geht es neben der Distinktion der eigenen Person von Anderen ja auch um die Zugehörigkeit zu einer Peergroup. Und da wir nicht mehr in marodierenden Nomadenstämmen durch die Gegend ziehen, um dann in Clans gegeneinander Krieg um Land und Vieh zu führen, ist die eigene Berufsgruppe als Platz der Zugehörigkeit ein dankbarer Ersatz. Man muss dafür halt auch niemandem den Schädel einschlagen…

Das Problem mit Gruppenprozessen aller Art ist, dass sie in der Folge nicht selten dazu verführen, um der Zugehörigkeit in der eigenen Peergroup Willen Dinge zu tun, die nicht ganz so schön sind. Eine auch heute noch beeindruckende Beschreibung solcher Prozesse lieferte Norbert Elisas in seinem (mittlerweile wohl als Klassiker der Sozialwissenschaften betrachteten) Buch „Etablierte und Außenseiter“ von 1965. Merkmale der eigenen Gruppe werden dabei als positiv stilisiert, Merkmale anderer Gruppen hingegen abgewertet, um einerseits den subjektiven Wert der eigenen Gruppe zu erhöhen und andererseits durch den daraus entstehenden Konformitätsdruck („Willst du drin sein, oder draußen?“) den Zusammenhalt zu steigern. Eine Gruppe wird so zu einem selbsterhaltenden sozialen System (Autopoiese), dass allerdings – sofern der oben beschriebene Mechanismus wirksam wird – die Betonung des Andersseins gegenüber anderen Gruppen für die eigene Kohäsion benötigt. In der Folge kann es z. B. zur Stigmatisierung der Mitglieder anderer Gruppen kommen. Insbesondere, wenn die Gruppe, von welcher diese Art von Aggression ausgeht, die Mehrzahl der Menschen in einem Bereich stellt.

Doch, was hat das nun wieder mit Netzwerken zu tun? Betrachten wir zunächst die Beziehungen innerhalb einer solchen Peergroup, weicht die Punktualisierung als zufällig emergierende soziale Verbindung mit u. U. unabsehbaren Auswirkungen und ungewisser Zukunft einer Ritualisierung, ja beinahe Formalisierung der Beziehungen – und in der Folge auch der genutzten Kommuniaktionsformen (Bro-Fist, Special Handshakes, Running Gags und Insider Gags, etc.). Ein weiterer möglicher Aspekt ist die Entstehung einer – vielleicht formellen, oft aber eher informellen – Rangordnung innerhalb der Gruppe. In der Folge kann es wiederum zu Machgefällen kommen, welche dazu führen, dass eine (Subjektive) „Elite“ innerhalb der Gruppe Macht über die anderen Mitglieder erlangen und schließlich Herrschaft über diese ausüben könnte. Nun kann man Herrschaft über andere Menschen allerdings üblicherweise nur dann ausüben, wenn die Beherrschten die Beherrschung selbst legitimieren. Da innerhalb einer Peergroup jedoch Konformitätsdruck herrscht, kann eine hinreichend gute Begründung (z.B. durch gemeinsame Feindbilder) für die eigenen Ziele so viel Zustimmung einwerben, dass der eben beschriebene Prozess in Gang kommt. Ein prominentes Beispiel ist die Vereinnahmung der AfD durch Nazis.

Gegenüber anderen Gruppen verändert sich dadurch natürlich das Auftreten. An die Stelle der (natürlichen) Suche nach Konsens mit anderen Gruppen durch öffentlichen Diskurs tritt die öffentliche Verneinung der Legitimation anderer Standpunkte ohne inhaltliche Diskussion; der eigene Standpunkt wird als „letzte Wahrheit“ verabsolutiert und alles andere als schädlich verworfen (=> Grünen-Bashing). Was Stigmatisierung mit anderen Menschen macht, kann man exzellent an der Diskussion um Intergration in unserem Lande sehen. Es wird immer wieder dieser widerliche Begriff „Leitkultur“ verwendet, bei dem nicht wenige Menschen so ein bestimmtes Bild im Hinterkopf haben: lauter weiße Menschen, Bierzelt, Schützenfest, Spanferkel „Mei, is des deitsch!“. Alternativ darf man natürlich die Reihenhaus-Vorstadt-Siedlung mit akkurat gestutzem Rasen und deutschem Markenfabrikat in der Auffahrt nicht vergessen. Was nicht in dieses Bild einer Mehrheits-Kultur passt, wird verachtet und demgemäß gedisst. Dass Kultur ein Prozess ist – nun ich habe es schon tausend Mal gesagt, und werde das gewiss noch tausend Mal tun – bedeutet jedoch, dass diese Bilder von der „guten alten Zeit“ eine Illusion sind. Ein Schritt von vielen in der Entwicklung unseres Landes…

ACHTUNG: Gruppenprozesse sind mitnichten immer böse! Dass sieht man am kameradschaftlich-altruistischen Handeln vieler, vieler Menschen in den von der Flutkatastophe betroffenen Gebieten. Aber die beschriebenen Mechanismen können eben genauso wirksam werden – und sie tun dies jedesmal, wenn jemand Facebook aufruft, weil der Algorithmus dies begünstigt. Da kann man noch so viele Anti-Hate-Crime-Gesetze auf den Weg bringen. So lange asoziale Medien nicht anders strukturiert werden (und damit unrentabel für die Betreiber werden, weil der Algorithmus Werbeeinnahmen generiert), bleiben sie asozial. Das ist nur ein Netzwerk-Aspekt, aber damit wollen wir’s mal gut sein lassen. Peace

  • Elias, N.; Scotson, J. 2002: Etablierte und Außenseiter. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Der verwirrte Spielleiter N°34 – (be)schreiben…?

Das es beim Pen’n’Paper nicht ohne das verbale Heraufbeschwören von Bildern in den Köpfen meiner Spieler*innen geht – ich also schlicht gezwungen bin, all die Orte, Personen, Dinge zu beschreiben, mit denen die Chars in Kontakt kommen – kann man getrost als Fakt stehen lassen. Schließlich muss die Geschichte ja irgendwie ans Laufen kommen. Die großen Probleme dabei sind variierende Vorstellungskraft, nicht kommunizierte, bzw. unreflektierte Prämissen und die Macht des Konstruktivismus. Ganz gleich, was ich als Bild in meinem Kopf habe – da ich nicht gut zeichnen kann, und mich deswegen durchaus häufiger eines Bildes aus dem Internet als Krücke bedienen muss, sind die Vorstellungen in den Köpfen meiner Spieler*innen zwangsläufig häufig nicht identisch mit denen in meinem Kopf. Wenn’s dabei um die Farbe der Blumen geht, den Schnitt eines Kleidungsstückes oder die Form der Pflastersteine, ist das meist kein Ding. Betrifft diese Divergenz jedoch Plot-Devices, wichtige Figuren, die räumliche oder zeitliche Beschaffenheit einer kritischen Szene / eines Ortes, sind die Ergebnisse oft… überraschend… 😉

Es gibt Ratgeber im Internet, wie man Rollenspiel-Szenen beschreiben soll und die meisten pendeln zwischen minimalistisch, dogmatisch-penibel, plüschig-gewaltig oder scheiß-drauf. Hilft keinem, und ist oft noch nicht mal amüsant zu lesen. Daher dachte ich mir, ich versuche mal, ein paar Hilfen zu geben, die weder Anspruch auf Vollständigkeit erheben, noch einen erhobenen Zeigefinger beinhalten sollen:

  • Was ist ein Primer? Spieler suchen oft bewusst nach jenen salienten Reizen, welche ihren Chars auffallen würden. Bereits indem ich etwas einfach nur beschreibe, kann ich dem Subjekt meiner Beschreibung Relevanz verschaffen. Das geht oft nach hinten los, wenn die Spieler dann in meiner Beschreibung nach etwas suchen, was nicht da ist – wie z. B. ein Plothook, ein Schatz, oder sonst irgendwas cooles. Denn nicht jede Szene ist kritisch!
  • Die Aufmerksamkeit lenken? Dogmatiker würden das bereits als Railroading bezeichnen. Doch tatsächlich nutzt fast jede Geschichte ein gewisses Maß an Nudging. Etwa, um uns von heraufziehenden Plot-Twists abzulenken, damit die Spannung erhalten bleibt (Roter Hering ahoi!). Hier gilt, wie Paracelsus schon sagte: „Die Dosis, macht, dass ein Ding kein Gift ist!“ Zusammengenommen mit der ersten Frage haben wir bereits stabile Hinweise, wie ich meine Spieler bei der Stange halten kann, ohne sie tatsächlich „einspuren“ zu müssen, und trotzdem eine konsistente Vorstellung zu erzeugen vermag.
  • Blumige Sprache, oder Subjekt – Prädikat – Objekt? Wenn ich mich langweilen will, kaufe ich generische Fantasy-Literatur… Ernsthaft, das hängt von drei Faktoren ab: A) dem Genre! Ein aufrechter D&D-Palladin kommuniziert (hoffentlich) anders, als ein Cyberpunk von fragürdiger Reputation. B) dem Pacing der jeweiligen Szene! Spielen wir Downtime aus, darf’s gerne auch mal etwas etwas barocker sein. Geht jedoch gerade die Post ab, sollte man auf unnötigen Schischi verzichten. Das gleiche gilt übrigens auch für die Kommunikation mit NSCs. Oder sprechen die bei euch alle gleich? [Obacht: Schischi kann auch ein Plot-Device sein!] C) den Wünschen eurer Spieler*innen! Mit ein bisschen Übung wissen sie schon, was sie wollen; und sie werden es euch auch mitteilen. Falls nicht – fragt verdammt noch mal nach!
  • Prämissen abgeglichen? Manchmal gibt es unausgesprochene Annahmen bezüglich der Spielwelt und der Art, wie diese funktioniert, die man mal kurz abgleichen sollte. Denn unterschiedliche Ideen vom Look und Feel, den Auswirkungen des Metaplots und der Core-Story oder bezüglich der NSCs müssen ausdiskutiert werden; andernfalls könnte die eine oder andere Szene in die Binsen gehen.
  • Und was ist jetzt mit Vorstellungskraft? Verlangt bitte nicht zu viel! Manche Menschen denken einfach visueller als andere. Wenn die Bilder im Kopf mancher Spieler*innen einfach nicht so bunt sind, wie die in eurem eigenen, trägt daran niemand schuld; sondern das ist halt einfach so! Es sollte allerdings nicht daran hindern…
  • …eure Spieler ihre eigenen Aktionen auch beschreiben zu lassen! Sowohl im Kampf, als auch in der sozialen Interaktion lasse ich meine Spieler*innen nur sehr selten mit einem stumpfen Würfelwurf davon kommen! Die Beschreibung hat u. U. direkte Auswirkungen auf Boni/Mali auf Würfe; und kann einen Wurf manchmal sogar komplett ersetzen.

Pen’n’Paper sollte ein höchst kommunikatives Hobby sein. Und ich möchte jeder/ jedem SL davon abraten, sich von irgend jemandem erklären zu lassen, wie genau es an seinem oder ihrem Spieltisch zuzugehen hätte. Wenn etwa euer Stil barock-blumig gewachsen ist, sind Ratschläge wie „In der Kürze liegt die Würze“ für euer Setting für die Tonne. Das bedeutet nicht, dass man niht mal was anderes ausprobieren kann. Es gibt allerdings eine Sache, die ich euch noch ans Herz legen möchte: dichtet euren Chars in euren Beschreibungen nicht irgendwas an. Das würde die Player-Agency einschränken – und darum macht man DAS tatsächlich nicht! Beschreibt genug, so dass Spieler*innen sich überlegen können, wie ihre Chars auf eine bestimmte Situation reagieren (auch emotional!); dann passiert die Magie ganz von allein. In diesem Sinne – always game on!

Eine wahre Katastrophe!

Das tatsächliche Ausmaß des Schreckens und des Leids, welche den Menschen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen widerfahren sind, wird erst nach und nach sichtbar, aber bereits jetzt lässt sich sagen, dass man sowas in der Qualität sehr lange nicht mehr gesehen hat. Und ich möchte den Betroffenen von ganzem Herzen Kraft und Zuversicht wünschen – und dass unsere Politik nicht, wie sonst auch, nur in Gumnmistiefeln umherwatschelt und große Reden schwingt. Was die Helfer der BOS (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) und des Militärs leisten, verdient unseren höchsten Respekt und tiefempfundenen Dank! Als Mitarbeiter im Rettungsdienst und Dozent in der Ausbildung von Rettungsfachpersonal weiß ich in etwa, was dort gerade abläuft. Einerseits bin ich schon traurig, nicht selbst mit anpacken zu können. Andererseits gibt es abseits der Katastrophe ein normales Leben mit Aufgaben, die erledigt werden müssen…

Es ist ein mentaler Balance-Akt, denn der altruistische Teil meiner Seele möchte hinfahren und mit anpacken. Der rational-ökonomische Teil meiner Seele und der erfahrene Ausbilder in mir sagen: Lass es, der Einsatz ist so schon viel zu kompliziert zu koordinieren! Wenn jetzt auch noch irgendwelche Honks mit ’ner Schaufel im Gepäck angefahren kommen, wird das Chaos nur noch schlimmer. Also sitze ich daheim und vernehme mit Schrecken diese Zahlen, die das tatsächliche Ausmaß der Geschehnisse nicht mal ansatzweise abbilden können. Alle vor Ort geben ihr Bestes, um zu helfen. Aber der Leitstellendisponent mit 15 Jahren Erfahrung in mir sagt, dass es kein Wunder ist, wenn eine Einheit unverrichteter Dinge wieder abziehen muss, weil diese Lage viel zu unübersichtlich ist, um sie schnell in den Griff zu bekommen. Und vor so eine Lage zu kommen (d. h., Überblick haben, Abläufe strukturieren und Ressourcen effizient einsetzen können) wie wir in der Führungslehre sagen dauert, wenn ich mir die schiere Größe der Fläche anschaue, mindestens eine Woche!

Damit komme ich zu dem Punkt, der mir abseits des zum Ausdruck bringens meiner Erschütterung und meines Mitgefühls wirklich wichtig ist: nämlich all diesen aus der Ferne agierenden kognitionsallergischen Hohlköpfen, Spackos, Vollidioten und Möchtegern-Besserwissern mal aus vollem Herzen zuzurufen: HALTET DIE FRESSE! Da gibt’s Menschen, die doch tatsächlich Bilder von durch das Unheil pflügenden Bundeswehr-Fahrzeugen für Ihre (Anti-Grüne) politische Agenda zu nutzen versuchen. Da ist mir der Kragen geplatzt und ich musste in Facebook Folgendes schreiben:

„Herrgott, ihr dämlichen Grünen-Basher habt den Knall wirklich nicht gehört. Schon wieder ein Strohmann-Argument, weil Ihr dauernd glaubt, irgendjemand nimmt euch was weg – immer nur ICH ICH ICH. Ihr hört euch alle an wie verschissene 4-Jährige, die im Sandkasten um’s Schäufelchen streiten. Ihr glaubt radikaler Klimaschutz sei unnötig? Die große Mehrzahl der Wissenschaftler sei dümmer als Ihr? Könnt ihr ne Klimakarte überhaupt richtig rum halten, Daten sammeln und interpretieren? Oder habt ihr einfach nur keine Ahnung, ein großes Ego und ne noch größere Klappe? Is mir auch egal, ich kann euch Kognitionsallergiker nicht mehr ertragen.“

Ich weiß, ich weiß, man soll nicht mit der Amygdala sprechen. Aber manchmal kann ich nicht aus meiner Haut. Die Honks, die irgendwo auf Facebook darüber schwadroniert haben, dass es ja nicht sein kann, dass man so einen Einsatz mit Steuergeldern bezahlt, wil ich mal sehen, wenn sich hinter ihrem Haus der Berg in Bewegung setzt. Und warum die Lage noch nicht beherrscht wird und manches daher für Laien und Unbeteiligte unkoordiniert aussehen mag, erkläre ich gerne bei anderer Gelegenheit im Lehrsaal. Dazu braucht man aber Sitzfleisch und den Willen etwas zu lernen. Zwei Dinge, die ich bei vielen, vielen Kommentatoren in den Antisozialen Medien bitter vermissen muss. Aber hey – Hauptsache ihr konntet mal einen raushauen, oder? Lassen wir die Kolleginnen und Kollegen vor Ort ihren Job nach bestem Vermögen tun, und hoffen wir auf ein paar gute Nachrichten! Mehr sollten, jene, die nicht direkt betroffen, oder als Einsatzkräfte involviert sind sind, einfach bleiben lassen. Mögen die Opfer in Frieden ruhen und die Hinterbliebenen alle Hilfe erhalten, die sie nun brauchen – Frieden.

Ein freier Tag…

Müßiggang. Eines dieser Hassthemen für so unendlich viele Leute. Weil sie alle immer noch glauben, dass es sowas wie ein Endziel gäbe; und dass mehr Leistung sie schneller dorthin brächte. Doch hinter jedem erreichten Ziel, hinter jeder Mauer, die ich so mühevoll überwunden habe, lauern doch nur immer weitere Wege – und mehr Mauern, die es zu überwinden gilt. Einer der unschönen Aspekte am Erwachsenwerden ist, erkennen zu müssen, dass dieser, auf den ersten Blick saublöde, Glückskeksspruch „Der Weg ist das Ziel!“ die einzige Art beschreibt, das Leben wahrnehmen zu können, ohne daran zu verzweifeln, dass jedes Ziel bestenfalls ein Wegpunkt ist. Ich hatte gerade vorhin eine längere Unterhaltung mit meiner 12-jährigen Tochter. Und für sie ist diese langsam heraufdämmernde Erkenntnis ein echter Dämpfer. Weil man Kinder erst langsam an den Dauerlauf namens „LEBEN“ heran führen muss.

Hier lauert eine derbe Ambivalenz. Denn einerseits müssen wir unsere Kinder natürlich daran gewöhnen, immer weiter zu gehen (wir müssen uns selbst ja auch immer wieder daran erinnern). Insbesondere dann, wenn’s gerade mal nicht so läuft, und es viel schöner wäre, die Tür zur Welt zuzumachen, um sich mit irgendwas schönem von seinen Problemen abzulenken. Im Hier und Jetzt gibt es dafür zu allem Überfluss (leider) auch noch unfassbare viele Möglichkeiten und Hilfsmittel. Andererseits mussten wir alle irgendwann lernen, dass es Phasen der Ruhe, der Erholung, des Müßigganges braucht, um diesen Dauerlauf besser durchhalten zu können. Und wenn wir ehrlich sind: eigentlich müssten diese Phasen ab einem bestimmten Alter jedes Jahr länger werden. Ich könnte mir z. B. sehr gut vorstellen, neben den üblichen, tariflich vereinbarten Urlaubstagen für jedes weitere Lebensjahr ab, sagen wir mal 45, einen zusätzlichen Urlaubstag pro Jahr dazuzubekommen.

Auf diesem schmalen Grat zwischen notwendiger Bewegung und (ebenso notwendiger) Prokrastination sind Unfälle aller Art natürlich vorprogrammiert. Insbesondere von Anderen verursachte, weil wir Deutschen daran gewöhnt wurden, einander die Butter auf dem Brot zu missgönnen! Wenn jemand etwa öffentlich schreibt, er/sie arbeite pro Woche jetzt nur noch 32h und käme damit super klar, weil trotzdem nichts liegen bliebe, dauert es zumeist geschätzte 17 Mikrosekunden, bis irgendein selbsternannter „Leistungsträger“ das entweder

  • a) als Lüge bezeichnet!
  • b) unterstellt, dass die Person dann vorher überbezahlt war!
  • c) dieses Modell ja eh nur für ganz wenige Branchen funktionieren kann, weil wer wischt denn Omi im Heim sonst den Hintern ab?
  • d) man keine Lust habe, die Faulheit anderer mitzufinanzieren (wo genau die Transferstöme gesehen werden, bleibt dabei zumeist im Dunkeln)
  • e) wir dann auch gleich den Sozialismus ausrufen könnten

Diese Liste ist natürlich weder vollständig, noch ist es überhaupt wichtig, sie weiter zu ergänzen. Die meisten Leute, die so kommentieren, haben entweder nicht verstanden, dass die vierte industrielle Revolution immer schneller dazu führt, dass in vielen Branchen und Sektoren Arbeit wegfällt – und dass es sinnvoll sein könnte, speziell den Bereich Care-Work auskömmlicher und attraktiver zu gestalten, weil es ansonsten in vielen Institutionen des Gesundheitswesens für deren Klienten tatsächlich alsbald zappenduster werden wird. Anzuerkennen, das jedwede Form von Arbeit prinzipiell gleichwertig ist, und wir nur auf Grund der strukturellen Verfasstheit unserer Gesellschaft unterschiedlich bewertete Preisschilder draufkleben, wird aber vermutlich für eben jene „Leistungsträger“ noch ein paar Äonen in Anspruch nehmen. Narzistische Egos schrumpfen nämlich nicht so schnell...

Ich habe meinen freien Tag, den ich mir genommen habe, weil ich mehr als genug Stunden auf meinem Arbeitszeitkonto habe, und heute überdies keine wichtigen Termine auf der Agenda standen, mal wieder gänzlich anders verbracht, als gedacht. Denn in meinen Träumen sitze ich mit einem guten Buch in der Sonne, nachdem ich ein Weile spazieren gegangen bin. In der Realität mache ich mir mal wieder öffentlich Gedanken über irgendsoein soziales Thema, nachdem ich eingekauft und Essen für meine Lieben gekocht habe. Und morgen ruft sie wieder unerbittlich – die Arbeit! Ein freier Tag extra dann und wann vermag nicht zu ändern, dass ich im Moment immer noch erschöpft durch den Sirup meiner Probleme wate – aber er bietet mir die Chance zum Innehalten und gleichzeitig ahnungslos in das Hineinleben, was auch immer gerade geschehen wollen mag. Ein Futzel frische Freiheit. Genau das wünsche ich euch allen da draußen auch. Bis die Tage.

Zwischenruf N°8 – Robuster Diskurs

Um es kurz zu machen: allenthalben kommen die Apologeten der Reinheit des Kanzlerwahlvereins – a.k.a. CDU – aus ihren Löchern gekrochen und beginnen ihr hysterisch-beleidigtes Gekreische: „Wir werden alle untergehen, wenn der Baerbock nicht sofort geschossen wird!“. „Nur wir können das WAHRE Deutschland vertreten!“. „Lieber tot als rot!“. „…mit den Blauen koalieren wir nur, wenn es gar nicht anders geht, an die Macht zu kommen…“ Ups. Sorry, das letzte haben sie ja (noch) gar nicht gesagt. Aber wenn der Kanzlerkandidat seinen nordrheinwestfälischen Staatskanzleichef Nathanael Liminski mitnimmt, haben wir einen astreinen Erzkatholiken mit Opus Dei-Verbindung in Berlin sitzen. Nimmt man dann noch (F)Laschets Unfähigkeit hinzu, sich vom unerträglichen Rechtsaußen Maaßen endlich richtig zu distanzieren, sehe ich hier eine Blaue Stunde heraufziehen, die sich gewaschen hat. Wo kriegt man nur all das Fressen her, dass ich gerade im Strahl kotzen möchte?

Klipp und Klar: Vertreter aller Parteien haben zu verschiedenen Zeitpunkten bei allen möglichen Gelegenheiten ihre Schäfchen ins Trockene gebracht, Seilschaften gebildet, unredlich gehandelt, das Wahlvolk nach Strich und Faden beschissen, und so weiter und so fort. Aber wenn unsere beste Antwort als Gesellschaft darauf lediglich ein müdes „…weiter so…“ für den größten Haufen Flaschen, Betrüger und Luftpumpen ist (JA, ICH MEINE DIE VERDAMMTE CDU, DIE VERDAMMT NOCHMAL ENDLICH DAS C DURCH EIN B ERSETZEN SOLLTE!), dann haben wir es nicht besser verdient, als bald wieder von stramm marschierendem Faschistenpack gepiesackt zu werden, während unweit von Köln kurze Zeit später neue Grundstücke mit Meerblick erschlossen werden können. Wenigstens müssen wir unsere Orangen dann nicht mehr aus Italien importieren, sondern können sie in der oberrheinischen Tiefebene selber züchten…

Aber Hauptsache, ICH kann auf Facebook die Grünen bashen, weil ICH Angst habe, dass ICH nach der „Machtübernahme“ dann nicht mehr mit MEINEM SUV durch die Stadt cruisend Radfahrer anpöbeln kann, welche die Frechheit besitzen, MEINE freie Fahrt als freier Bürger aufzuhalten. Und dann auch noch diese Parkgebühren, für Plätze, auf denen MEINE Scherbe von den Ausmaßen eines M2 Bradley gar keinen Platz findet. Empörend ist das, Menschen mehr Raum geben zu wollen, wenn ICH den doch für MEIN überteuertes, überschweres, übergroßes, übergefährliches Blech brauche. JA, MEINE wahre Freiheit kann es nur in einem extra-autofreundlichen Deutschland geben. Und weil es keine anderen Götter neben MEINEM Blech geben kann, sollen die Baumkuschler verdammt noch mal verschwinden – JAWOLL! Und überhaupt, MEINEN Lebensstandard für das Wohl kommender Generationen – was ist das überhaupt für ein bekackter Begriff, ICH lebe JETZT – auch nur ein Futzel zu senken, kommt ja überhaupt nicht in Frage. IHR nehmt MIR nichts weg, verstanden linksgrünversifftes Pack! [Für alle, die zu blöd sind, semantisch zu denken: das war IRONIE!]

Jeden Tag, an dem ich solchen Menschen ihre eigenen Denke präsentiere, muss ich mir diesen Schwachsinn anhören. Hey Leute, ich gehöre zur Generation X (klares Feindbild der FfF-Aktivisten, weil ich’s verkackt habe), und habe trotzdem verstanden, dass wir vom Gas runtermüssen, dass wir Ressourcen schonen müssen, dass wir uns zurücknehmen müssen, dass wir auf Bio, Öko, nachhaltig umstellen und weniger verbrauchen müssen. Und das die einzige Partei, die auch nur halbwegs in die richtige Richtung geht (und sich dennoch dem demokratischen Kleinklein des Kompromisses wird beugen müssen), sind halt die Grünen. Schmeckt mir auch nicht in allen Punkten. Aber weiter so ist keine Option! Gelber Marktliberalismus ist keine Option. Rotes „Wir wollen über alles mögliche reden, nur nicht über Ökologie“ ist keine Option. Und endloses, weltfremdes, dogmatisches Marxisten-Geschwafel ist auch keine Option! Und BLAU – HERRGOTT BLAU IST WEDER EINE OPTION, NOCH EINE ALTERNATIVE, SONDERN NUR FASCHISTENMÜLL! Ich bin gespannt, wie schlimm es wird, denn leider denken die allermeisten Menschen, dass grüne Politiker Ihnen etwas wegnehmen wollen. Wenn Sie sich für weiter so entscheiden, wird die Welt evtl. Ihnen, spätestens aber ihren Kindern und Kindeskindern noch viel, viel mehr wegnehmen. Wegen diesem verschissenen Egoismus, der heute als Maß aller Dinge gilt. Denkt mal drüber nach, Leute…

Der verwirrte Spielleiter / Erwachsen bilden N°33 – Spielleiter meets Lehrer!

In dem Moment, da es gelingt, die Teilnehmer eines Lehrganges mit auf eine Reise zu nehmen, an der alle Beteiligten, inklusive des Dozenten wachsen können, wird die Artverwandtschaft meiner Arbeit zu meinem Lieblingshobby Pen’n’Paper am deutlichsten sichtbar. Und ich würde lügen, wenn ich behaupten müsste, dass mir mein Job genau dann keinen Spaß macht. Wenn ich das allerdings zu laut sagen würde, müsste ich womöglich einen Vergnügungs-Abzug auf mein Gehalt hinnehmen… 😉 Aber mal im Ernst: natürlich bin ich im Lehrsaal, genauso wie auf dem SL-Sessel am besten, wenn ich Spaß an dem habe, was gerade passiert. Und das hängt natürlich davon ab, ob die Geschichte, welche ich gerade erzähle die TN/Spieler so zu packen vermag, dass sie mitmachen (wollen). Allen sozialen Reibungsverlusten zum Trotze, die in gemischten Gruppen entstehen können, emergiert dann im Lehrsaal und am Spieltisch gleichermaßen der Stoff, aus dem meine Welt gemacht ist: Immersion. Das Fürwahrnehmen und Eintauchen in die Erzählung.

Das ist kein Selbstläufer. Auch wenn ich nur mit begrenzten technischen Mitteln simuliere (beim Pen’n’Paper sind das z. B „nur“ die Kraft meiner Stimme und die wohlwollende Fantasie meiner Spieler:innen) genügen u. U. ein paar Kunstgriffe, um den Buy-in der Spieler:innen oder Teilnehmer:innen auszulösen und aktiv zu halten. Buy-in ist hier ein ambiger Begriff. Einerseits ist die Motivation zur Teilnahme an einer Erfahrung gemeint, andererseit die Akzptanz der Rahmenbedingungen dieser Erfahrungen. Das heißt allerdings im Klartext, wenn ich meinen Spielern/Teilnehmern einen Haufen unglaubwürdigen Bullshit als Voraussetzung für das Training/Spiel präsentiere, und gleichzeitig von ihnen verlange, sich vollends darauf einzulassen, wird das Ding in die Binsen gehen! Um dem vorzubeugen, kann Buy-in, aus dem erst die Immersion entstehen kann, durch drei Dinge erzeugt werden:

  • a) Relevanz [Spielern/Teilnehmern ist das behandelte Thema wichtig, weil es Bezug zu ihren bisherigen Erfahrungen hat, gleich ob diese virtuell oder real erworben wurden!]
  • b) Konsistenz [Spieler/Teilnehmer können sich darauf verlassen, dass die Regeln des Spiels bzw. der Simulation immer gleich bleiben, damit ein verlässliches Umfeld bilden und gleichartige Handlungen in diesem Setting stets gleichartige Ergebnisse poduzieren!]
  • c) Transparanz [die Regeln des Spiels sind für die Spieler/Teilnehmer vorab bekannt und wurden als fair und gültig anerkannt!]

Für mich ist der entscheidende Unterschied zwischen Simulations-Trainings und Trainer-Lehrgängen aus meinem beruflichen Umfeld und dem Pen’n’Paper-Rollenspiel die Wirkung des Einsatzes von technischen Ressourcen. Pen’n’Paper benötigt diese NICHT. Man kann natürlich mit Schischi wie Ambient Light, Soundeffekten, Requisiten, etc. arbeiten. Ob dies die Spielerfahrung für SL und Spieler:innen reichhaltiger gestaltet, ist allerdings sehr von den Protagonisten am Spieltisch abhängig. In meinen Spielrunden genießt es keinen Stellenwert mehr. Bei Simulationstrainings hingegen ist der Situationsadäquate Einsatz von Technik notwendig, um jene Realitätsnähe in der Simulation darzustellen zu können, die ich beim Pen’n’Paper-Rollenspiel als Freizeitbeschäftigung u. U. gar nicht haben möchte. Auch hier gilt allerdings als Voraussetzung, dass die drei oben genannten Faktoren (Relevanz, Konsistenz, Transparenz) beachtet werden; andernfalls ist es vollkommen egal, ob mein Simulations-Studio 5.000.00€, 50.000€ oder 5.000.000,00€ gekostet hat! Und hier sind wir bei der Qualifikation der Trainer. Verstehen Trainer bzw. Spielleiter ihr Handwerk als Erzähler einer Geschichte nicht, ist es vollkommen Wumpe, wie viel Aufwand mit den Requisiten betrieben wird – das Setup wird keine guten, nachhaltigen Erfahrungen für die Spieler/Teilnehmer erzeugen!

Man muss ehrlicherweise sagen, dass ein gewisser Ressourcen-Aufwand bei Simulations-Trainings notwendig ist. Wo man die Grenze zwischen notwendig und nice-to-have ziehen möchte, ist allerdings in der Tat immer noch Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Dennoch lassen sich auch mit vergleichsweise geringem Aufwand für das eigentliche Setup der Trainings-Situationen anständige Ergebnisse erzielen. Keine Abstriche jedoch sollte man bei der Technik machen, die das Debriefing von Simulationen erleichtert. Aber dazu bei anderer Gelegenheit mehr. Womit wir auch schon beim zweiten, für mich entscheidenden Unterschied zwischen diesem Teil meiner Arbeit und Pen’n’Paper angelangt wären: eine Rollenspielrunde kann man nachbesprechen, bzw. zusammenfassen, damit Story-Infos nicht verloren gehen; man kann es aber auch bei Notizen belassen. Bei Sim-Trainings MUSS ich ein strukturiertes Debriefing durchführen, welches alle Aspekte der Simulation noch einmal aus verschiedenen Perspektiven aufgreift, um die Entwicklungs-Potentiale der TN darstellen zu können. Ansonsten kann ich das Simulieren auch bleiben lassen…

Wenn man sich mal ein bisschen Zeit nimmt, gewisse Aspekte der eigenen Arbeit und der Hobbies analytisch zu durchdringen, und dann dabei auch noch feststellen darf, dass es Schnittmengen zwischen Arbeit und Hobby gibt, resultiert daraus manchmal ein nicht zu unterschätzender Motivationsschub für beide Felder. Ich kann nur empfehlen, mal drüber nachzudenken. Einstweilen wünsche ich einen schönen Fortgang der Woche und viel Spaß; im Job, wie auch in der Freizeit…

Zufriedenheit N°7 – „Mein Therapeut sagt…“

Ich bin ja jetzt nicht so das typische Trend-Opfer. Wer mich in meiner Hood oder auf der Arbeit umherwandern sieht, bemerkt meistens die gleichen Dinge: Sneaker, Jeans und T-Shirts in gedeckten Farben, keine Accessoires und einen Homebrew-Haarschnitt Marke Langhaarschneider. Optisch bin ich ungefähr so interessant, wie diese neuerdings allseits beliebten Steinwüsten-Vorgärten, welche unsere urbane Bodenversiegelung noch ein bisschen beschleunigen – und das ca. so farbenfroh wie’n Bundeswehr-Panzer. Aber Trends gibt es ja – oh Wunder – nicht nur in der Mode. Ich werfe mal die Buzz-Words „New Work“, „Work-Life-Balance“ und „Achtsamkeit“ in den Raum, lasse deren unheilvolle Wirkung kurz verhallen und setze ein herzhaftes „WAS’N BULSHIT!“ on top. Hab ich mich bei einigen Gelegenheiten schon dran abgearbeitet. Nun scheint ein neuer medialer Trend gerade hip zu sein: Psychologische Betrachtungen. Insbesondere Zeit online schmeißt da im Zwei-Tages-Takt mit Artikeln um sich.

Zuerst habe ich das anfangs (insbesondere als Betroffener) mit gewissem Interesse verfolgt, dann nach einer kurzen Weile mit einem Schulterzucken abgetan – und jetzt nervt es mittlerweile nur noch! Nicht, weil ich Psychogramme langweilig fände. Man kann Menschen interessent finden und sie dennoch von ganzem Herzen hassen. Ich habe nur mit der Redundanz ein Problem. Und dem Umstand, dass die Themen irgendwie doch nur wie Füllmaterial für das Sommerloch wirken. Ich bin ja kein gelernter Journalist, aber ich würde mal annehmen, dass insbesondere Interviews mit Experten und/oder Betroffenen eine gewisse Vorbereitung brauchen; und das Redigieren solcher Texte bis hin zur Veröffentlichungs-Reife in aller Regel auch ein Korrektur-Lesen durch den/die Interviewten beinhaltet. Der Prozess benötigt üblichwerweise ein paar Wochen. Man hat also nicht zufällig soviel davon genau jetzt am Start, sondern dahinter steckt eine Agenda. Und ich frage mich gerade, welche das wohl sein könnte?

Zweifelsohne hat die Pandemie die Situation für psychisch Erkrankte nicht wirklich verbessert. In den meisten Fällen dürfte eher das Gegenteil der Fall sein. Und natürlich kann es im interesse genau dieser Menschen sein, darauf aufmerksam zu machen, dass die Versorgungsstrukturen für psychische und psychosoziale Notfälle in Deutschland stellenweise geradezu grotesk schlecht sind, wenn man bedenkt, wie viel Geld wir per anno in unser Gesundheitswesen pumpen. Aber irgendwie drängt sich mir der Eindruck auf, dass man hier nicht zu einer – sinnvollen – Diskussion anregen will, sondern mit einem gerade trendigen Thema Klickzahlen zu generieren versucht. Wenn schon die CDU-Skandale nicht mehr ziehen, der Baerbock (zumindest gefühlt) erlegt wurde, und jetzt viele an der bangen Frage der BILD-Zeitung verzweifen, ob der Malle-Pauschal-Urlaub schon wieder in Gefahr ist, braucht man halt irgendwas, was die Leute wenigstens ein bisschen hooked: Haben wir alle einen an der Waffel?

Als Mensch, der immer mal wieder mit seiner Depressionserkrankung zu kämpfen hat, muss ich sagen, dass ich einem solchen medialen Spotlight gegenüber höchst ambivalente Gefühle habe. Man(n) möchte meinen, dass die Grenze zwischen Effekthascherei und gut gemeinter Aufklärung einen höchst schmalen Grat darstellt, von dem der eine oder andere Artikel abgleitet. Insbesondere, wenn ich Überschriften wie „Depressionen passen zum Zeitgeist“ lese. Und damit ist dem interviewten Experten kein Vorwurf gemacht, denn diese Headline wurde aus gutem Grund aus dem Zusammenhang gerissen – um potentielle Leser mit einer höchst kontrovers klingenden Aussage aus der Reserve zu locken. Und genau deshalb finde ich, dass solche Themen, wenn sie denn schon in Mainstream-Medien behandelt werden müssen, bitte etwas sachlicher daherkommen sollten. Denn was den Leuten als salienter Reiz in Erinnerung bleibt, ist vor allem die Headline!

Auch der Umstand, das Befragte damit kokettieren, dass der Satz „Mein Therapeut sagt…“ schon fast zu einem kulturellen Code degeneriert ist, mit dem man Small-Talk einleiten kann, stimmt mich diesbezüglich nicht gerade positiv. Denn tatsächlich sind psychische Erkrankungen immer noch mit Stigmatisierung verbunden; Witze möchte ich darüber also, zumindest öffentlich, nicht gerissen sehen. Auch nicht durch Betroffene. Aber wahrscheinlich gehe ich hier zu hart mit den Menschen ins Gericht. Jede:r hat ja so eine eigene Art mit dem Druck, dem Schmerz und dem Stress umzugehen. Die Journaille sollte sich allerdings endlich mal hinter die Ohren schreiben, dass man Fingerspitzengefühl und etwas Expertise braucht, um solche Themen adäquat aufbereiten zu können. Und das vermisse ich im Moment zu oft. Sei’s drum; mir geht es im Moment besser und das wünsche ich allen anderen Betroffenen auch! Schöne Woche.

Erwachsen bilden N°32 – a nice retreat…

Glaubt man der „theory of inquiry“ von John Dewey, ist Lernen an jedem Ort möglich, und vollzieht sich in einem Prozess, der mit Fragen beginnt. Ohne an dieser Stelle weiter in die Thematik einsteigen zu wollen, meint das natürlich auch den Lehrer. Denn die „richtigen“ Fragen stellen die Lerner oft erst dann, wenn ich sie dahin geführt habe. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ich selbst als Lehrer zuerst einige Fragen beantworten muss. Das ist der Part an pädagogischer Arbeit den ich liebe – den Chefs aber oft nicht verstehen; denn es ist auch der Part, der oft die meiste Zeit benötigt und manchmal für Außenstehende eher wie Spielerei aussieht. Aber man kann nicht jeden Sachverhalt mit beliebigen Methoden darstellen. Es sei denn, das Ergebniss ist egal. Und bevor man die passenden Methoden beschreiben kann, muss man den Sachverhalt erst einmal selbst analytisch durchdrungen haben. Das kostet Zeit.

Ein weiterer Aspekt neben den Methoden und Sozialformen (siehe weiter unten, die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit), die ich im Unterricht verwende, ist der Ort, an dem ich mein Setup aufbaue. Räumlicher und zeitlicher Kontext sind oft limitierende Faktoren, denn ich kann in meinem Büro oder einem kleinen Übungsraum nicht so agieren, wie in einem offen Lehrsaal oder auf einem Freigelände. Zudem muss ich mir – abhängig von den räumlichen Gegebenheiten und dem Lerngegenstand – für das Feedback zum Output der Lernenden immer wieder überlegen, ob ich technische Hilfsmittel benötige, oder freestyle debriefe; nur gestützt durch mein handschriftliches Protokoll. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt bei der Wahl des Lernortes ist die momentane Auswirkung auf das Teambuilding und die spätere Teamkohäsion. Und da kann es nützlich sein, mal außer Haus zu gehen.

Ich habe in den letzten Tagen angehende Mentoren ausgebildet; und mit ein wenig Nachdenken erschließt sich einem schnell Folgendes: einerseits muss man für die pädagogischen Inhalte andere Ansätze wählen, als für harte medizinische Themen (das gilt im Übrigen auch für CRM/TRM und positive Fehlerkultur). Andererseits sollte man die gezeigte Bereitschaft, durch eine Steigerung der Ausbildungsqualität auf verschiedenen Ebenen einen Mehrwert für den Betrieb zu erzeugen, auch irgendwie honorieren. Und wenn man das nur dadurch tut, dass man mal nett ins Grüne fährt und den Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit gibt, sich auch im informellen Kontext auszutauschen (und dabei hoffentlich wohlzufühlen). Manchmal sind es diese ungeplanten Anteile solcher Zusammenkünfte, die ungeahnte Synergien zu erzeugen vermögen (und damit meine ich explizit nicht den, üblicherweise gemeinten betriebswirtschaftlichen Aspekt gesteigerter Effizienz beim Ressourceneinsatz). Auch wenn kein Chef, der bei Verstand ist, übersehen kann, dass hier viel für die Betriebsbindung getan werden kann, was einen Sack voll Opportunitätskosten (Recruiting, Einarbeitung, Know-How-Verluste, etc.) verhindern hilft. Aber was weiß ich schon.

Ich selbst empfinde es als Wertschätzung, wenn ich Anderen eine solche Gelegenheit bieten kann. Im Übrigen aber auch, wenn ich solche Veranstaltungen wahrnehmen darf. Da haben wir noch ein wenig Diskussionsbedarf, denn auch mit einer hochwertigen (hochschulischen) Ausbildung ist man immer noch ein Mensch, der immerzu dazu lernen kann – und muss. Denn wer stehen bleibt, den überholt die Welt! Ich habe dieses mal übrigens auch etwas dazu gelernt: nämlich eine neue theoretische Herangehensweise an die – von manchen meiner Kolleginnen und Kollegen gerne uncharmant als „Bullshit-Einsätze“ titulierten – Versorgungs-Probleme, die mangels besserer Ressourcen(kenntnis) viel zu oft zu RTW-Einsätzen führen. Aber darüber rede ich vielleicht ein anderes Mal ausführlicher. In jedem Fall, vielen Dank dafür, Julian. Und ich durfte feststellen, dass im Unterrichtsgespräch zu gendern mir immer leichter fällt. Bin wohl doch noch nicht zu alt für neue Tricks… 😉

Ich habe mich jedenfalls an diesem Ort wohl gefühlt und die Energie anscheinend genutzt, um sie an die TN weiterzugeben. Zumindest hatte ich zum Schluss der Veranstaltung das Gefühl, dass es doch noch eine runde Sache geworden war. Dafür gehe ich auch gerne mal verspätet ins Wochenende. Es ist übrigens kaum zu glauben, aber auch nach über einem Jahr fällt es mir immer noch schwer, mich an den 8-to-5-Job zu gewöhnen. Obwohl’s ja eigentlich gesünder ist. Mal schauen, was noch kommt. Morgen geht es erstmal im Büro weiter. In diesem Sinne wünsche ich eine gute Woche.

  • Methode (Unterricht):
  • Eigenvortrag (technisch unterstützt, grafischer Aufbau am Flipchart, Pinnwand, Whiteboard, oder nur Stimme)
  • Schülervortrag (siehe Sozialformen, Darstellung von Arbeitsergebnissen)
  • Plenumsdiskussion (siehe Sozialformen, eigent sich für die Selbstreflexion von Einstellungen, Normen, Werten)
  • Demonstration (eigene Darstellung einer handwerklichen Technik, mit dem Zweck zur => Imitation überzuleiten)
  • Skilltraining (=> Imitation der Demonstration, festigung handwerklicher Skills)
  • Simulation (Darstellung einer ganzheitlichen Einsatzsituation, Komplexität abhängig vom Lernstand der Teilnehmer)
  • Exkursion (Sichtbarmachen des Realitätsbezuges durch Realdarstellung von Komponenten des Berufsfeldes und Schnittstellen zu anderen Professionen)
  • Spiel (zur physischen Aktivierung bei Ermüdung der TN, oder um abstraktere Gedankenmodelle besser greifbar zu machen => Selbsterfahrung)
  • Experiment (wie beim Spiel, jedoch mit einem direkteren Bezug zur Arbeitsrealität; etwa bei der Arbeit mit Tierorganen)
  • Lernbüro (selbstständiges Organisieren-Müssen einer virtuellen RW oder strukturelle Darstellung eines RDB, um eine Vorstellung von der Komplexität der Stellgrößen und Einflüsse zu bekommen)
  • Sozialform (Unterricht):
  • Frontalunterricht / Unterrichtsgespräch (Vortrag durch den Lehrer)
  • Plenumsarbeit (Gesamtgestaltung durch die Teilnehmer, etwa in Form einer moderierten Diskussion, einer Abstimmung, o.Ä.)
  • Gruppenarbeit (Erarbeitung einzelner Sachverhalte in Kleingruppen, mit dem Ziel später vergleichend Einstellungen und/oder Inhalte aus den Gruppen zu einem Gesamtkonsens zusammenführen zu können)
  • Tandemarbeit (wie bei der Gruppenarbeit, jedoch in zweier-Teams. Eher für Prüfungs-vorbereitungen geeignet
  • Einzelarbeit (alle Teilnehmer:innen erarbeiten sich die vorgegebenen Inhalte selbst und es findet im weiteren verlauf ein Ergebnisabgleich statt. Eignet sich für theoretische Inhalte)