Ich bin ein böser, böser Verkehrssünder. Ich war zu schnell. Geschätzt 5-7 km/h. Dumm, ärgerlich, und zweifelsohne primär meine Schuld. ABER… warum zum Teufel steht eine solche Geschwindigkeits-Messeinrichtung an einem Freitag Morgen um 08:00 an einer Ausfallstraße, während die meisten anderen Ausfallstraßen im Stadtteil durch Baustellen teilweise oder ganz versperrt sind; an einer Stelle, an welcher sich ein Kinderspielplatz befindet, dessen üblich Nutzer zu dieser Zeit entweder in der Schule, in Ihren Kindertagesstätten, oder auf dem Weg dahin sind, weil deren Eltern – genau wie ich – eilig der Arbeit zustreben müssen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt? Mitnichten. Das ist kalkulierte Abzocke!
Seit die Stadt Mannheim, vertreten durch ihren kommunalen Ordnungsdienst das Gros der Geschwindigkeitsmessungen durchführt (die dürfen nicht in fließenden Verkehr eingreifen, wohl aber diesen beobachten), finden solche nicht mehr, wie früher durch die Polizei, an gefährlichen Stellen und bekannten Unfallschwerpunkten statt, sondern dort, wo es für Behörde und damit Stadt fiskalisch opportun ist. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass man nicht schneller fahren darf, als am jeweiligen Ort erlaubt. Die Behörde ist sich jedoch ebenfalls der Tatsache bewusst, dass die Menschen auf dem Weg morgens viele Dinge im Kopf haben und deshalb oft leichtsinnigerweise etwas zu schnell fahren. An einem Ort mit geringem Gefährdungspotential zu blitzen, ist also vor allem eines: moderne Wegelagerei.
Kritiker werden jetzt argumentieren, dass ich mir des Risikos doch bewusst bin, wenn ich zu schnell fahre. Für Speeding gibt es fast überall auf der Welt ein Ticket. Dass ich, wenn ich mich riskant verhalte, das Für und Wider abgewogen und mich ebenso bewusst für mein riskantes Verhalten entschieden habe. Ich sage: Jein. Einerseits weiß ich sehr wohl um diese Dinge. Andererseits treffen wir unsere Entscheidungen nicht immer bewusst. Jeder, der sich mal aufmerksam beobachtet hat, weiß, dass Speeden nicht immer als Entscheidung, sondern oft unwillkürlich auf Grund eines subjektiven Drucks passiert, dessen Ursprung verborgen bleibt, bis wir die Zeit haben, das zu reflektieren. Ich behaupte jetzt mal, dass ich nicht der Einzige bin, dem es so geht.
Hinzu kommt, dass die erwähnten Kindertagesstätten im gegebenen Fall alle im Bereich der alten Wohnbebauung liegen und nicht da, wo geblitzt wird; weil die Firma Diringer & Scheidel, vermutlich auch aus fiskalischen Interessen in ihrem – von der Stadt Mannheim sehenden Auges genehmigten – Bebauungsplan für das sogenannte Glückstein-Quartier keine solchen Einrichtungen vorgesehen hat. Die würden nämlich kostbare Büro-Fläche kosten , die man in Hauptbahnhofsnähe so schön teuer verhuren kann. Hier darf der Schelm Böses denken, wenn man dafür jetzt eine der kostbaren Grünflächen in der alten Bebauung opfern will, um dort eine drauf zu bauen, weil der Bedarf bei vielen zuziehenden jungen Familien halt gegeben ist. Ein Hoch auf die wachsende Bodenversiegelung.
Systemisch betrachtet wurde ich also von der Stadt und dem Bauträger beschissen und abgezockt und soll auch noch still sein, weil ich ja etwas falsch gemacht habe. Ne, schönen Dank, Ja-Sager haben wir schon genug. Wenn mein Speeden (potentiell) tötet und ich deswegen dafür bestraft werden muss, bestehe ich darauf, dass die Stadt und die Baufirma samt Investoren für das Töten der Natur, die meinen Stadtteil lebenswert macht auch bestraft werden müssen. Unter anderem auch wegen des Rheindamms. So genug gemuffelt, weiter geht’s. Muss ja erst mal die Kohle verdienen, die mir andere ungerechtfertigter Weise aus der Tasche ziehen. Danke für nix Stadt Mannheim!