Einfach mal was schreiben…

Immer wieder tue ich mir diesen grandiosen Mist an und lese in solche Self-Publishing-Romane rein. Ja, diese Amazon-online-Grabbelkiste mit plüschig-generischen Fantasy- oder Science-Fiction-Covern, die zumeist mit dem Inhalt so viel zu tun haben, wie Rizinus-Öl mit Gaumenfreude. Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein und so. Es ist mitnichten so, dass ich nicht auch manchmal mit etwas Wortstuck um mich werfe, aber was die da so treiben… Wer jemals in eine bayrische Barockkapelle gegangen ist, kann mit dem Begriff „ZUVIEL“ etwas anfangen. Das wirkt immer, als sei jemand mit ’ner Badewanne voller Zuckerguss ausgerutscht und als er die folgende Malaise besah, dachte er sich einfach: „Bisschen Blattgold drauf, dann wird das schon…“

Genauso lesen sich viele dieser Self-Publishing-Dinger. Die Alternative ist eine extrem puristische Aneinanderreihung karger Subjekt-Prädikat-Objekt-Geschosse, die ein langsames, sprachliches Stakkato erzeugen. In beiden Fällen rahmt die Sprache die reichliche Verwendung jeweils Genre-typischer Versatzstücke. Wortkarge, düstere Helden und -innen, die gute Hure, der falsche Freund, der harte, aber wohlmeinende Lehrmeister, eine ganze Welt voller Neider, geheimnisvolle Kräfte (was bitte schön ist in einem Fantasy-Roman an Magie noch geheimnisvoll?), und so weiter und so fort.

Oder aber wir finden den bemüht hippen – wahlweise konstruierenden oder aber im Versuch der Dekonstruktion stecken bleibenden – Kultur-Kommentar eines, von der Realität erschöpften Möchtegern-Intellektuellen; den vielleicht/hoffentlich irgendein Bildungsbürger im Feuilleton dann hyped, weil’s ja ganz was Neues ist. Einziger Unterschied zum Autor, auf den sich der verlinkte Artikel bezieht – der ist schon erfolgreich. Viele Andere, die so gerne mal einen Meter Regal auf einer relevanten Buchmesse mieten würden, sind das nicht – und werden es auch nie sein. Ich wahrscheinlich übrigens auch nicht. Ich bin aber auch nicht davon abhängig, vom Feuilleton gehyped zu werden. Die sind dort doch eh alle so sehr mit ihrer eigenen Wichtigkeit befasst, dass sie die Welt „as is“ doch gar nicht mehr erkennen können.

Klingt bitter? Vielleicht ein bisschen. Aber was mancher Möchtergern, aber auch einige hochgerühmte Bestseller-Autor da abliefern, klingt Scheiße, reizt kein bisschen die Sinne und regt auch nicht zum Nachdenken an. Denn wenn das Feuilleton irgendwas kann, dann dieses, ab der 5. Klasse des Gynmasiums eingeübte Überinterpretieren irgendwelcher – angeblich irgendwie relevanter – Stoffe. Ich schwöre, bei allem, was mir auch nur irgendwie heilig ist: Ich habe mich damit auch befasst. Und sogar recht erfolgreich. Doch bis heute will mir nicht in den Kopf, wie viel Subtext und verborgene Bedeutung mancher in einem Stück, Kapitel, Gedicht sehen will, das vielleicht vom Autor nach einer durchzechten Nacht mal eben hingerotzt wurde, weil der Abgabe-Termin unaufhaltsam näher rückte.

Wahrscheinlich bin ich einfach nur frustriert, weil ich nicht berühmt bin; aber mal ehrlich: wer glaubt schon, dass all diese versteckten Zeichen, die mancher Mensch in manchen Büchern sehen möchte, tatsächlich vom Autor intendiert waren? Wenn wir mal von Umberto Eco absehen. Der war Professor für Semiotik. Aber wenn tatsächlich Zeichen da wären, wer sagt, dass damit auch gemeint war, was wir heute denken, dass gemeint sein könnte. Insbesondere, wenn der Text in einer anderen Kulturepoche entstanden ist. Und NEIN; auch wenn die Historiker viel über vergangene Zeiten sagen können – wie’s damals wirklich war, was zählte und was nicht, bleibt häufig sehr vage. Womit auch die Interpretation eher ein Glücksspiel bleiben muss.

Ich – so ganz für mich – glaube daran, einfach mal zu schreiben. Oh, es gibt durchaus ein Storyboard, dramaturgische Erwägungen, Hintergründe für meine Figuren, welche Motivationen und Handlungsweisen erklären. Es gibt einen Stil, den ich pflege und bestimmte Genres, die mir mehr liegen als andere. Und auch, wenn ich zu Beginn des Artikels die Zunft der Self-Publisher für ihren gelegentlichen Mangel an Innovation gescholten habe, bin ich doch vermutlich in mancherlei Hinsicht kein Jota besser. Und doch würde ich mir wünschen, dass wir endlich mit dem dauernden, zwanghaften Interpretieren aufhören könnten und einfach tun, was die meisten wahrscheinlich wollen: die Geschichten erzählen, die sie selbst gerne hören würden. Zumindest mir geht es so.

Wenn dabei ab und zu eine relevante Geschichte abfällt, die nicht nur unterhält sondern auch zum Nachdenken anregt, ist das quasi ein Bonus. Nur auf eines sollten wir achten: nicht den 28. JRR-Tolkien-Aufguss einer Heldenreise als etwas vollkommen Neues verkaufen zu wollen. Damit wäre auch mir gedient. Und sucht euch mal bessere Cover-Artists. Die müssen nicht die Welt kosten. Aber wenn Cover und Buch irgendwas miteinander zu tun haben, macht das einfach mehr her. C U…

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