Links, zwo, drei, vier – in den Abgrund laufen wir…!

Irgendwo zwischen spät-krenzianischem [für die unbeleseneren: Egon Krenz] Ostalgismus, selbstgerechtem Teufelslob durch bedingungslose Pazififiererei, der Stringenz des „… ja aber …“ und der absolut Metareflexionsfreien Selbstgerechtigkeit des Dogmatismus mäandert Die Linke – leider verdienterweise – in den Abgrund. Ist das noch Politik, oder kann das weg? Ich bin Soze, aber dieser Laden hat sich nunmehr (im Rahmen seines Parteitages) vollkommen selbst demontiert, und seine realpolitische Unfähigkeit eindrucksvoll demonstriert. Die rotbraune Sarah reißt auch schon wieder ihr Schandmaul auf; die hört man ja auch nur noch, wenn es um’s Dreckwerfen geht! Und das, obwohl wir in Deutschland eine ernstzunehmende demokratische Kraft links neben der SPD dringend brauchen könnten! Denn sozialer Wandel erschöpft sich im Moment in almosenartiger Flickschusterei im Angesicht des größenwahninnig-putinesken Imperialismus. Die letzte Bastion des ungezügelten Kapitalismus auf dem Erdenrund – Russland. Nirgendwo sonst regiert das Geld skrupelloser und gewalttätiger als dort. Die führen ohne den leisesten Anflug von Schamesröte einen profitorientierten Angriffskrieg gegen ein Nachbarland; und behaupten dann auch noch, andere seien daran Schuld. Da können sich selbst die Amis noch ’ne Scheibe abschneiden. Das würde immerhin erklären, wieso der ehemalige, leider immer noch nicht weggesperrte Präsidentendarsteller Krampf, ähm, sorry, Trump sich so zum Lobe Wladimirs verstiegen hatte… Man kann einmal mehr sehen, wie sehr sich die Autokraten ähneln, egal, aus welcher Himmelsrichtung des Polit-Spektrums sie auch zu kommen behaupten mögen.

„Aus alt mach neu!“ funktioniert nicht immer – insbesondere, wenn man nur die Fassade streicht…!

Sabbernde Kommentarspalten der asozialen Medien vergleichen natürlich mal wieder die Linke mit den Grünen, obschon DIE wenigstens eine gewisse, an realen Notwendigkeiten orientierte Wandlungsfähigkeit bewiesen haben. Was widerum die grünen Dogmatiker zum geifernden Agitieren veranlasst. Man kann’s halt nie allen Recht machen. Der französische Schauspieler Henri Tisot hat mal gesagt: „Bei der Politik und bei der Fischsuppe sollte man nicht zuschauen, wie sie gemacht werden…“ Vielleicht liegt es an genau dieser medialen Omnipräsenz solcher Prozesse, kombiniert mit der gewaltsam kaputt gezüchteten menschlichen Aufmerksamkeitsspanne, dass alles und jeder zerrissen werden, bevor man überhaupt zum sachinhaltlichen Part eines Diskurses kommen kann. Und fünf Minuten später klingelt der multimediale Eiswagen schon wieder, um vor unseren staunenden Augen und Ohren neue Sorten Leid, Elend, Hass und Absurdität auf den Jahrmarktsplatz der einander jagenden Ungeheuerlichkeiten zu erbrechen. Ich glaube wirklich, dass verzögernde Techniken in den sozialen Medien hier helfen könnten. Nachrichtenredaktionen sollten nur eine gewisse Menge Artikel pro Tag zum gleichen Thema veröffentlichen dürfen- Dopplungen würden automatisch entfernt! Und DU musst erst drei Inhaltsfragen zum Text richtig beantworten und fünf Minuten warten, bevor du liken, haten, teilen, kommentieren, oder sonstwas darfst. Es würde so viel unnötige Trollerei verhindern. Und mit der Zeit eventuell sogar dazu führen, dass wir insgesamt wieder etwas geduldiger und aufmerksamer werden. Unserer Gesellschaft könnte NICHTS BESSERES passieren!

Wo war ich…? Ach ja, bei Die Linke. Sauladen. Kann weg. Ich brauche keine Oligarcho-Kleptokratie-liebenden Möchtegern-Salon-Pazifisten, die in den 60ern des vergangenen Jahrhunderts auf einem schlechten Tripp Mao-Stalinkraut hängen geblieben sind. Diese degenerierten Möchtegern-Erben Rosa Luxemburgs brauchen dringend mal ein heftiges Realitätsupgrade. Und bis dahin – raus aus allen Parlamenten mit diesem vollkommen verantwortungslosen Volk. Habe fertig. Schönen Start in die Woche.

Auch als Podcast…

Back on track!

Gar von der Glut sommerlicher Schamotthaftigkeit meiner Heimatnekropole schwitze ich diese Zeilen auf den Bildschirm. Die erste Post-KzH-Woche (Krank zu Hause) ist vorbei, und ich habe mich bei meiner Belastungserprobung sehr genau beobachtet. Zumindest habe ich das versucht, während ein Kessel bunt-hektisches Allerlei mich zum kognitiven Duell forderte. Doch was da so liegen geblieben war, während ich der psychischen Genesung frönte, ging zum größten Teil alsbald den Weg allen elektronischen Chitter-Chatters unserer ach so schnelllebigen Zeiten => in das digitale Äquivalent der Ablage Rund; ich muss an dieser Stelle einfach sagen, dass meine Kollegen*innen das Kind in meiner Abwesenheit schon gut geschaukelt haben. Man darf sich wohl einfach nicht als unersetzbar betrachten, sondern eher als Teil eines Ganzen, dass – zur Not – auch mal ohne einen funktionieren können muss. Ich lerne das gerade noch mal; hatte es glatt vergessen. Das tut weh, aber auch gut. Solche Ambivalenzen irgendwann aushalten zu können, ist allerdings essentiell. Positiv daran (zumindest für mich): je älter ich werde, desto einfacher fällt es mir, weil mir manches, was mich vor 10 – 15 Jahren noch tierisch aufgeregt hat, heute einfach am Arsch vorbeigeht. Dafür denke ich über manch Anderes heute länger nach…

VERDAMMT GUTE FRAGE!

Ich nahm dieser Tage an einem Instruktoren-Seminar teil, bei dem es zu einem guten Stück auch um einen anderen Zugang zu non-direktiver Gesprächsführung ging – etwas, das man in einer Leitungsposition durchaus für verschiedenste Situationen gebrauchen kann. Und ich kam nicht umhin, einige meiner bisherigen Postionen zu überdenken. Ich hielt mich bislang immer für einen Team-orientierten Leader. Anscheinend bin ich aber bisweilen doch dieser Typ, den alle Kinder hassen: der Papa, der meint zu wissen, was das Beste für alle anderen ist. Das ist, wie ich rational weiß, natürlich Käse, weil man Menschen (zumindest ab einem gewissen Alter) nicht zu manipulieren versuchen sollte. Denn wie arrogant ist es wohl, sich anzumaßen, dass man wüsste, was das Beste für eine andere Person ist? Bei meinen Kindern mag das bis zu einem gewissen Alter noch angehen – nämlich genau bis zu dem Moment, da sie für ihr Handeln selbst Verantwortung übernehmen können und müssen. Ab da werde ich dann oft vermutlich nur noch Zuschauer sein. Aber bis dahin ist mir natürlich daran gelegen, die zwei vor allzu großen Dummheiten zu beschützen – ohne sie dabei einzuengen… hat das IRGENDEIN Elternteil jemals perfekt hinbekommen? Bei erwachsenen Menschen, die, genau wie ich, ihre eigenen Ziele, Wünsche und Träume haben, die man ihnen nicht auf einem Display in der Stirn ablesen kann, ist das jedoch riesengroßer Bullshit. Ich will NICHT manipulativ sein!

Dann blätterte ich gestern Nachmittag, so gegen Ende des Seminars meinen kleinen Ideen-Spender um – und da tauchte doch glatt das obige Bild auf! Karma ist schon ’ne ganz schöne Bitch, oder? „Ist Macht hässlich?“. Die Frage passte meines Erachtens zum Meta-Thema des Seminars – nämlich Sprache als Werkzeug zur Reflexionsanregung, nicht aber zur Manipulation nutzen zu wollen – wie die sprichwörtliche Faust auf’s Auge. Ich würde eher dazu neigen, Macht, genau wie zum Beispiel auch Technologie, als Werkzeug zu betrachten. Der Gebrauch entscheidet darüber, ob daraus etwas Hässliches – wie etwa Missbrauch – entsteht, oder eben nicht. Ich würde den Satz daher umformulieren wollen, zu „Macht macht u. U. hässlich…“ Ich behaupte ferner, dass wahre Macht nur über jene Menschen ausgeübt werden kann, welche diesen Gebrauch bewusst – oder auch unbewusst – legitimieren. Manipulation ist allerdings dazu geeignet, eine solche unbewusste Legitimation herbeizuführen, und daher für mich einer der hässlichen Aspekte von Macht, mit dem ich selbst mich nicht beschmutzen möchte. Ich bin also wieder einmal auf ein Dilemma gestoßen, weil ich natürlich in einer Leitungsposition auch Dinge durchsetzen muss, die andere tendenziell gar nicht so gut finden – vulgo Macht ausüben. Was die Frage nach der Legitimation dieses Machtgebrauchs stellt…?

Ist architektonischer Brutalismus Machtausübung…?

Man könnte jetzt platt sagen: „Weil ICH der Chef bin, und DU nicht!“ Passiert auch im 21. Jahrhundert immer noch an viel zu vielen Arbeitsplätzen. Solches Verhalten könnte nebenbei einer der Gründe für „The Big Quit“, die große Kündigungswelle sein, von der im Moment überall geschrieben wird. Ich versuche daher ziemlich oft, meine Entscheidungen zu erklären, bzw. die Kollegen*innen in diese einzubeziehen, soweit das möglich ist; was dann, wenn ich das einmal nicht tue, immer gleich zu Irritationen führt. Man kann halt nicht alles haben. Der li-la-launige Erklärbär in mir ist zwar meistens mächtig, doch manche Entscheidung treffe ich nicht selbst, muss diese aber dennoch umsetzen. Nichtsdestotrotz stelle ich, auf Grund der oben beschriebenen Erfahrung gerade mal wieder mein Führungs-Verhalten auf den Prüfstand. Was dabei herauskommen wird, weiß ich noch nicht so genau – ich denke allerdings NICHT, dass ich gleich wieder in die nächste Depressions-Spirale komme, weil ich mich selbst nämlich meistens – allen Widrigkeiten zum Trotze – als recht reflektiert empfinde… Wie dem auch sei, ich wünsche noch einen schönes Wochenende. Wir hören uns!

Auch als Podcast…

Was will er denn jetzt schon wieder…?

…immerzu auf der Suche nach der „richtigen“ Perspektive…

Erstens liebe ich meine Stadt! Wenn man sucht, findet man natürlich immer irgendwas, was man an diesem oder jenem Ort hassen kann. Ganz bestimmt auch an Mannheim. So, wie man auch immer was findet, was man an dieser oder jener Person, diesem oder jenem Essen, diesem oder jenem Buch und was weiß ich noch allem diesem oder jenem halt so hassen kann! Haters gonna hate – that won’t change my fate! Denn mein Schicksal wähle ich selbst! Solltet ihr Anderen da draußen auch mal versuchen. Insbesondere, wenn man denkt es geht nicht mehr, ist es eine belebende Erkenntnis festzustellen, dass man manche Dinge und Personen nicht unbedingt braucht, um die richtige Wahl zu treffen. Was auch immer EURE richtige Wahl sein mag… Zweitens ist es – ENDLICH – Frühsommer, und es gibt verdammt noch mal keinen Grund, nicht rauszugehen und das Leben mal wieder auf die eine oder andere Weise zu genießen. Ich tue das, indem ich ein bisschen kreativ werde und knipse. Und warum sind es immer wieder die gleichen Motive, fragt ihr? Nun, ich will mal so sagen – wenn man nicht mal in der Lage ist, in seiner Stadt immer und immer wieder irgendwas Neues zu entdecken, wozu soll man dann wegfahren? Ist doch eh überall immer nur das Gleiche, öde Zeug, oder…? ODER?

Sunset Boulevard!

Es ist immer wieder faszinierend, was passiert, wenn man irgendwo einfach anfängt zu knipsen, während alle anderen halt auch ihr Ding machen. Ich kam da mit einem Typ ins Gespräch, der seine Drohne aufsteigen ließ, um ein paar nice Aerial Shots von einer Gegend zu machen, welche die Honks, die immer nur die Nachrichten lesen, anstatt halt mal selber hinzugehen, vermutlich als „Problemviertel“, „No-Go-Area“, „Krawallort“ oder sonstwas betrachten würden. Wir haben dort stattdessen gechillt geknipst, uns kurz zur jeweils verwendeten Abbildungstechnik ausgetauscht, während die anderen Leuts den Abend auf ihre Weise zu genießen versuchten, und gingen anschließend entspannt – und mit einem Lächeln im Gesicht – wieder unserer Wege. Zur nächsten Location, um weiter zu knipsen. Meine Erfahrungen sind diesbezüglich immer wieder ähnlich: ich fange irgendwo an, mein Equipment auszupacken – und das ist nicht annähernd so teuer oder abgefahren, wie das der Profis – fotografiere nach Gefühl in den frühen (manchmal auch späten) Abend, und komme irgendwie immer mit irgendjemand ins Gespräch. Ohne, dass ich es darauf anlege. Aber so sind die Menschen eben – die allermeisten sind offen, zugewandt und im Großen und Ganzen einfach okay! Auch, wenn ich selbst mich oft als Misanthrop charakterisiere…

Immer noch vom gleichen Standpunkt aus…

Wenn ich das tatsächlich wäre, würde es mir vermutlich nicht so leicht fallen, mein Ding zu machen, ohne dabei auf größere Schwierigkeiten zu stoßen. Damit bin ich Drittens also anscheinend auch kein Misanthrop – allerdings auch kein Künstler, sondern nur ein Hobbyist auf der ständigen Suche nach frischen Aspekten und frischen Ideen. Die erden mich im hier und jetzt, wenn meine Depression doch gerne im Davor nach den schlechten Erinnerungen wühlen will; oder aber im möglichen Danach in schwarzroten Bildern ausmalt, wie alles, was ich anpacke unweigerlich schiefgehen wird! Was ich also will, um zum Ausgangspunkt zurückzukehren? Ich will mich einfach nur vergewissern, dass es doch wieder geht! Dass meine Depression jetzt erst Mal in Bad Dunkelsheim einen ausgedehnten Erholungsurlaub macht und mich zufrieden lässt. Am Liebsten für immer, aber das ist vermutlich – wie so vieles andere im Leben – einfach nur ein frommer Wunsch. Es würde ja schon genügen, wenn sie für eine lange Weile irgendwo da hinten (ja, da hinter dem Sonnenuntergang) verschwunden bliebe. Und wenn wir uns dann irgendwann wiedersehen, will ich mich bewusst erinnern können, was mich immer wieder aus dem Tal hinausführt – nämlich meine kreativen Hobbys.

…nur beim zeitlichen Ablauf habe ich etwas geschummelt! 😉

Heute habe ich Geburtstag und ich fühle mich endlich wieder halbwegs gut; denn für mich ist die Sonne gerade erst wieder aufgegangen. Mal schauen, was die nächsten Wochen noch so bringen. Wir hören uns. Bis dahin: es ist Sommer! Macht verdammt noch was daraus!

Auch als Podcast…

Inspiration in dunkleren Stunden…!

"When you know that your time is close at hand
Maybe then you'll begin to understand
Life down here is just a strange illusion!"

Iron Maiden - The number of the Beast - Halloweed be thy Name

Wann immer ich Musik höre, ist das zumeist ein sehr privater Vorgang. Ich bin keiner von diesen Typen oder Tussen, bei denen den ganzen lieben langen Tag irgendwelche beliebige Scheiße aus dem Lautsprecher tropft. Einerseits weil „aus dem Lautsprecher tropfen“ bei meinen bevorzugten Genres keine Option ist. Es sei denn man meint damit die Eingeweide, die der arme Speaker irgendwann zu speien beginnt, während die Frequenzweiche im Todeskampf zuckend Rauchzeichen gibt. Üblicherweise habe ich aber eher meine Noise-Canceller auf den Ohren, denn wenn ich die aufdrehe, ist der einzige, der hierdurch genervt werden könnte – ICH. Entweder, weil meine Hörgewohnheiten die Technik lynchen, oder weil ich nicht genug Druck auf die Kalotte bekomme. Ich möchte mich meiner Musik hingeben, sie bewusst aufnehmen und mich mitreißen lassen. Ich entdecke auch an Stücken, die ich in- und auswendig zu kennen glaube, weil ich sie schon tausendmal gehört habe, immer noch mal wieder was Neues. Oder ich lasse mich von dem Gefühl mitnehmen, welches ich mit dem Stück verbinde. Und das tue ich am liebsten in meinem stillen Kämmerlein.

Die Liedzeilen da oben bedeuten mir schon so lange etwas, dass ich mittlerweile vergessen habe, wie lange. Mehr und mehr komme ich zu der Überzeugung, dass MEINE Musik der einzige noch wirklich funktionierende Schlüssel zu den meisten meiner tieferen Gefühle ist. By the way: wie unfassbar arrogant ist diese Bezeichnung eigentlich: „MEINE Musik“ – natürlich gibt es da draußen noch so viele Andere, die, vollkommen zurecht, diese Musik ebenso als die ihre bezeichnen! Aber zurück zum Thema. Es ist jetzt nicht so, dass ich mich nicht über die kleinen Dinge des Alltags freuen, ärgern oder sonstwas kann. Aber diese echten, tiefen Gefühle, die nachhaltig deinen Tag, ja sogar deine Woche verändern können… die spüre ich einfach nicht. Bis auf die Wut. Die ist immer da, und wartet nur darauf, rausgelassen zu werden. Meist kanalisiere ich sie, und gewinne daraus Energie für den Tag. Aber manchmal… da wird aus meinem netten ICH ein sehr, sehr uncharmantes, destruktives und nicht zu zügelndes ES. In solchen Momenten bin ich am liebsten allein. Klappt leider nicht immer. Na ja, jedenfalls wirkt es beinahe so, als wenn die meisten tiefen Gefühle bei mir sehr oft Urlaub machen – bis ich die Kopfhörer aufsetze und das richtige Lied finde! Und ja, dann spüre ich auch diese unbändige Kraft; und die Tatsache, dass unsere Leben einfach nur eine schräge, spannende, beschissene, widersprüchliche, inspirierende, anrührende, entsetzliche, kranke Illusion sind. Wie Oscar Wilde so schön sagte: „Das Leben ist eine entsetzliche Viertelstunde, durchsetzt mit Augenblicken voller Köstlichkeiten.“ („Eine Frau ohne Bedeutung“, 1893).

Musik baut Brücken – auch wenn’s manchmal nur schmale sind 🙂 …

Ich empfinde es als befreiend, diesen Umstand als Geschenk annehmen zu können; dass ich mich von der eben gemachten Erkenntnis nicht erschreckt, verwirrt oder sonstwas fühle, sondern dass ich einfach weiß, dass es so ist. Das BIN ich, das ist ein Teil meines innersten Selbst. Und ich empfinde es als Geschenk, den anderen da draußen sagen zu können: KOMMT DAMIT KLAR, ODER LASST MICH ZUFRIEDEN! Viel zu lange habe ich mich immer wieder gefragt, warum ich nicht mehr mainstream sein kann. Aber ich bin jetzt an dem Punkt, da meine Bedienoberfläche lächelt und das „FUCK YOU“, für diejenigen, von denen ich denke, dass sie eines verdient haben (und das sind doch ein paar) einfach überall rausstrahlt, während in meinem Hinterkopf die Musik spielt und mein inneres Selbst zu tanzen beginnt. An dem Tag, an dem mein äußeres Selbst einfach mitzutanzen beginnt, werde ich vielleicht wahrhaft frei sein – und wahrscheinlich meinen Job los. Aber dann wäre das wohl so. Denn (jetzt mal rasch Adorno zitieren) es gibt kein richtiges Leben im falschen. Diesen letzten Schritt zu gehen, fehlt mir nicht unbedingt der Mut. Vielmehr hält mich meine Verantwortung für meine Lieben und deren Wohlergehen davon ab, so radikal zu werden, wie es sich mein Kopf manchmal wünscht.

Also inspiriere ich mich in den dunklen Stunden mit dem richtigen Lied, kanalisiere meine Wut und mache sie anderweitig nutzbar. Solange mir das noch gelingt, hat niemand was zu befürchten. Wenn’s jedoch irgendwann nicht mehr funktioniert, werdet ihr das ganz sicher rausfinden. Bis dahin, lasst uns Spaß haben – denn für Spaß nutze ich meine Inspiration am Liebsten. Egal, ob diese in dunklen oder hellen Stunden gewonnen wurde. Morgen werde ich übrigens 48. Mal sehen, ob das einen Unterschied macht…

Auch als Podcast…

Ein Pflichtjahr für die Gesellschaft…?

Und wieder mal schwadroniert ein politischer Jemand von der Stärkung gesellschaftlicher Solidarität und dem „Für’s Leben lernen“, weil ihm im Angesicht drohender wirtschaftlicher und sozialer Probleme (durch den Ukrainekrieg, die Pandemie, die Gier der Konzerne) nichts Besseres eingefallen ist; dies bedarf selbstverständlich einer Antwort! Auch, wenn meine Meinung vermutlich von vielen als unwesentlich betrachtet wird, dürfte sie fachlich etwas fundierter ausfallen, als die unseres Bundespräsidenten. Um es kurz zu machen, denn normalerweise stellt man bei einem Abstract ja auch die gefundenen Folgerungen an den Anfang, um danach darzulegen, wie man dorthin gelangt ist, lässt sich zu Frank-Walter Steinmeiers Diskussionsbeitrag Folgendes sagen: UNAUSGEGOGERNER BULLSHIT! And here comes, why!

Eigentlich wären Nieten passender, es gab aber nur Schrauben – die halten manchmal auch unnötige Dinge fest…
  • Alle Tätigkeiten im zivilen Bereich, die für ein soziales Pflichtjahr in Frage kommen – und das sind die Gleichen, wie etwa beim Freiwillgen Sozialen Jahr FSJ – bedürfen zumindest einer minimalen Ausbildung, was den Netto-Einsatzzeitraum teilweise erheblich begrenzt. Die implizit ausgemalte Ersparnis bleibt also begrenzt.
  • Auch mit der Minimal-Ausbildung kommen eigentlich nur Hilfstätigkeiten in Betracht. Jedoch sind die Grenzen zwischen Hilfstätigkeiten und dem, was etwa eine Person mit drei-jähriger Berufsausbildung macht, oft so fließend, dass die jungen Leute u. U. in Situationen kommen, in denen sie dann Entscheidungen treffen sollen, für die sie nicht qualifiziert und nicht reif genug sind.
  • Tätigkeiten im Sozial- und Gesundheitswesen fordern die Tätigen nicht nur physisch, sondern auch psychisch erheblich! Bei weitem nicht jeder junge Mensch ist dafür überhaupt geeignet!
  • Nicht jeder Betrieb im Gesundheits- und Sozialwesen ist überhaupt in der Lage, solche Plätze anzubieten, weil die gesetzlichen Vorgaben für die Betreuung der jungen Leute, etwa im FSJ jetzt schon erheblich sind. Und da wurde die sonstige Ressourcenknappheit noch überhaupt nicht thematisiert. Hieraus ergibt sich ein struktureller Kapazitätsmangel, der weder umfänglich noch qualitativ sinnstiftend aufzufüllen ist. [Die Wehrgerechtigkeit – nur für die jungen Männer – war ja schon mit Aussetzen der Wehrpflicht lange nicht mehr gegeben! Wie soll das dann funktionieren, wenn auch noch die jungen Frauen dazu kommen?]
  • Solche Plätze für ein soziales Jahr dürfen dem Geist der entsprechenden Gesetze nach keine sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse verhindern oder zerstören. Dieser Grundsatz zum FSJ wird heute schon überall aus wirtschaftlichen Erwägungen unterlaufen. Wollen wir dem tatsächlich noch weiter Tür und Tor öffen – auf dem Rücken unserer Folgegenerationen?
  • Die „alternative Ableistung“ im Militärdienst entspricht natürlich der, leider niemals sterben wollenden Idee, die Wehrpflicht wieder zu aktivieren. Die Frage, ob eine allgemeine Wehrpflicht sinnvoll sein könnte, oder eben nicht, sollte man überhaupt nicht stellen. Und wenn, dann nur unter der Maßgabe, dass diese dann auch Frauen betrifft. Andernfalls widerspräche es den allgemeinen Gleichstellungsgrundsätzen. Überdies ist es Humbug, zu glauben, dass junge Menschen, die unter Zwang dazu verpflichtet werden, sich entweder militärischem Drill zu unterwerfen, oder aber sich als billige Hilfskraft im Gesundheits- und Sozialwesen missbrauchen zu lassen, dadurch auch nur ein Jota solidarischer, verträglicher oder dem Gemeinwohl zugewandter werden…

Was ein Mensch mit seinem Leben anfangen möchte, oder eben auch nicht, sollte spätestens mit Erreichen des Erwachsenen-Alters der betroffenen Person überlassen bleiben. Jedwedes Eingriffsrecht, welches sich der Staat hier einräumen möchte, ist nicht mehr als ein weiteres, höchst billig und unglaubwürdig verkleidetes Instrument sozialer Umverteilung von Unten nach Oben. Denn letzten Endes würde nur eine gesellschaftliche Gruppe davon profitieren: diejenigen, welche sich die, auf diese Weise erbrachte Frohnarbeit vergolden lassen können. Was für’s Leben lernt man auch im Rahmen einer ordentlichen Ausbildung. Und diejenigen, die etwas tun möchten, machen sowieso schon ein FSJ. Meine Sicht als Ausbilder und Schulleiter im Gesundheitswesen ist da relativ nüchtern; selbst junge Leute im FSJ sind teilweise nur schwer zu motivieren. Was soll ich dann bitte schön mit Menschen, die in meine Lehrsäle gezwungen werden? Und wer bezahlt das? Auch noch ich selbst – mit meinem Steuergeld. Vielen Dank, aber NEIN! Geh mal zu Demenz-Profilaxe Frank-Walter Und ansonsten hör auch mal auf Leute von der Basis, nicht immer nur dieses Industrie-Lobby-Gesocks. Schönen Tag noch.

Auch als Podcast…

Der verwirrte Spielleiter N°43 – was man so meint…?

Was am Spieltisch passiert, ist hoch subjektiv! Ich denke, diese Aussage ist weitestgehend konsensfähig. Es ist ein Spiel, das wir spielen, um uns selbst zu unterhalten. Es geht dabei also um eine spezielle Form von Lustgewinn. Auch darüber herrscht vermutlich große Einigkeit. Gemeinsam Geschichten zu erzählen, ist letzten Endes ein Bedürfnis, so alt wie die Menschheit. Das ist ein Allgemeinplatz. Das Geschichtenerzählen holt beim Pen’n’Paper, im deutlichen Unterschied zur Tradition des klassischen „oral storytelling“ die Anderen am Feuer – oder vielleicht eher am Tisch – aus der Passivität des Zuhörens, und versetzt sie in die Funktion eines Co-Creators. Sie haben Einfluss auf den Verlauf der Geschichte, können das Narrativ, an welchem sie mittels ihrer Spielfiguren (der Charaktere) teilnehmen selbst mitgestalten. Die Art und Weise, wie diese Mitgestaltung abläuft, ist naturgemäß von Runde zu Runde starken Variationen unterworfen. Und dennoch haben sie alle eine Meinung darüber, was Rollenspiel ist – und was nicht.

(c) by Monika Merz

Zunächst hat so gut wie jeder Rollenspieler irgendwann auch eine Meinung darüber, was „gutes Spiel“ ist – völlig unabhängig davon, dass dieser Begriff „gutes Spiel“ zwangsläufig für jeden etwas anderes bedeuten muss. Und dennoch neigen wir dazu, das Tun und Lassen der Anderen am Tisch nach unseren eigenen Maßstäben zu bewerten. Es gibt mehrere, höchst abwertende Bezeichungen für Dinge / Personen, die „man“ am Spieltisch nicht sehen möchte. Dazu gehört zum Beispiel der Munchkin mit seinem Powergaming. Das sind Spieler, denen unterstellt wird, ihren Charakter möglichst schnell möglichst mächtig machen zu wollen, insbesondere unter Ausnutzung von Regellücken oder Unklarheiten, die dann auf Teufel komm raus zum eigenen Vorteil ausgelegt würden. Ein anderer Begriff ist Metagaming. Für die meisten Leute meint das, Wissen, welches der Spieler, jedoch nicht sein Charakter hat, zu Gunsten des Charakters im Spiel einzusetzen – was als unfair, bzw. als cheaten angesehen wird. Als gutes Rollenspiel wird hingegen angesehen, seinem Char eine spezielle Stimme und/oder einen speziellen Akzent oder Dialekt zu geben (doing the voice). Und da haben wir dann Spieler von Chars mit 0-dimensionaler Interaktionstiefe und geringer Motivationstiefe, die mit der Stimme sprechen, und sich deshalb für den besten Spieler am Tisch halten…

Ich mag Matthew Mercer und seine Dudes von Critical Role. Ist in geringen Dosen auch durchaus unterhaltsam. Aber das ist insofern eine vollkommen andere Art von Rollenspiel, als das, was hier bei mir zu Hause stattfindet, als diese gestreamten Sitzungen vor allem dafür gemacht sind, die Zuschauer zu unterhalten, die gerade ihr Pen’n’Paper-Methadon genießen wollen! Wir haben in kleiner Runde schon vor 20 Jahren darüber gefrotzelt, dass es da draußen doch bestimmt ein paar Honks geben würde, die unseren Wahnsinn am Spieltisch unterhaltsam fänden. Wie sich dann herausstellen durfte, sind da viel mehr Menschen, die das sehen wollen, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Das Thema Nischen-Hobby für Nerds ist endgültig Geschichte. Diese vielen, vielen Zuschauer verwechseln aber das, zuerst für ein Publikum gemachte, Bombast-Overplaying von professionellen Voice-Actors mit dem „normalen“ Spiel, wie es in meinem Wohnzimmer stattfindet. Und denken, nur DAS sei der wahre Jakob! Bei mir zu Hause lebt aber diese alte Nische noch; und wir wollen vor allem uns selbst unterhalten wissen, nicht irgendjemand anderes. Folglich betrachte ich – und vermutlich auch meine Spieler – einige der vorangestellten Dinge auch unter etwas anderen Gesichtspunkten, die ich gerne kurz erklären möchte:

  • Munchkin/Powergaming: wenn ich darunter auch verstehen soll, dass jemand sich mit seinem Char immer in der Vordergrund drängt, anderen ihr Spotlight zu rauben versucht, alles kommentieren muss, auch wenn der Char gerade nicht da ist, dann sage ich: JA, das finde ich auch nicht so charmant, ABER, wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. Min-Maxen, also bestimmte Attribute, Fertigkeiten etc. abwerten, um in den, als wichtig betrachteten Attributen zu maximalen Startwerten kommen zu können, ist aus meiner Sicht allerdings vollkommen normal. Das mache ich bei der Erschaffung meiner Chars genauso – immerhin wäre es doch ganz nett, wenigstens Session 0 und 1 zu überleben, oder? Wenn die Konvention am Tisch halbwegs „leistungsstarke“ Chars vorsieht, und jemand sich ohne Not einen Barbier ohne Magie, ohne Psionik und ohne sonst nennenswerte spielrelevante Fertigkeiten baut, der dafür hervorragend beim Rasieren Kehlen aufschlitzen kann, ohne dass der SL ein Sweeney Todd-Szenario geteasert hat, dann ist dieser Spieler selbst schuld, wenn er nicht zum Zuge kommt. Das Gejammer darf er sich dann stecken…
  • Metagaming: Schwieriges Terrain! Eigentlich beginnt Metagaming schon in dem Moment, wo der Heiler-Spieler nach einem Kampf in die Runde fragt, wie viele Trefferpunkte den einzelnen Chars denn fehlen würden. Ich habe in 28 Jahren Rettungsdienst noch nie ein Unfallopfer getroffen, dass sagte: „Alles nicht so schlimm, waren nur 8 Stamina-Schaden…“. Natürlich wollen die Spieler ökonomisch mit ihren Fertigkeiten umgehen, weil man ja nie weiß, was als nächstes passiert; dennoch ist sowas unrealistisch und vermischt Spieler- und Charakterwissen in unzulässiger Weise. Denn kein Char weiß, wie viele Trefferpunkte gerade auf seinem Charakterblatt stehen… Dennoch sind solche Dinge kaum vermeidbar. Und, wie ich finde auch nicht so schlimm. Denn so, wie der Begriff das unfaire, unzulässige Vermischen von Realität und Fiktion meinen kann, kann er ebenso für das bewusste Reflektieren über diese Fiktion stehen – sich also außerhalb der eigentlichen Spielrunden gedanklich mit dem zu beschäftigen, was da gerade „in game“ läuft. Was mein Charakter dazu denkt, wie Reaktionen aussehen könnten. etc. Wer hier aufmerksam mitliest, versteht jetzt langsam, das Metagaming und Interaktions- sowie auch Motivationstiefe direkt miteinander im Zusammenhang stehen. Und das es beim Metagaming, wie auch beim Powergaming um die Intensität und das Ziel des Tuns geht. Paracelsus sagt: „Die Dosis macht, dass ein Ding (k)ein Gift ist!“ Das stimmt auch hier. Und findet beides in dem Bemühen statt, die Spiel-Erfahrung für alle Beteiligten zu verbessern, kann ich daran nichts ausszusetzen finden.
  • Doing the Voice: Ganz ehrlich – wenn jemand Spaß daran findet, darf er das gerne tun. Wenn nicht, werde ICH definitiv nicht eines Mangels sterben! Mir wäre es viel wichtiger, dass die Spieler am Tisch wenigstens 1-dimensionale Interaktionstiefe und mittlere Motivationstiefe zeiegn. Ob sie dann noch klingen wie ein Halbork, ist mir egal. Weil es tatsächlich zur emotionalen Tiefe des Spiels und zur Immersion nicht zwingend viel beiträgt. Es kann sogar eher störend wirken, weil z.B. aufgesetzt. Insbesondere dann, wenn die Stimme eigentlich nur ein Gag des Spielers ist, der allerdings fortwährend die Suspension of Disbelief am Spieltisch stört. Doing the Voice ist KEIN essentieller Bestandteil „Guten Spiels“…

Ich würde mich eher freuen, wenn sich die Leute über die verschiedenen Aspekte ihres Chars Gedanken machen, und diese auch halbwegs glaubwürdig darstellen würden. Wenn sie nicht dazwischenredeten, wenn andere gerade interagieren und vor allem nicht dauernd durch Tischrandgequatsche die Immersion störten. Mich nervt sowas heutzutage nämlich zunehmend, weil ich tatsächlich, wenigstens für eine Weile, in diese andere, unwirkliche Welt abtauchen möchte. Das ist nämlich meine ganz persönliche Therapie für meine kranke Seele. Vielleicht kriegen wird das ja in Zukunft noch besser hin. In diesem Sinne – always game on!

Auch als Podcast…

Der verwirrte Spielleiter N°42 – Rollen spielen?

Was Pen’n’Paper so ganz grundsätzlich ist, darüber konnten wir vermutlich in den letzten Jahren Einigkeit erzielen. Immer mal wieder geisterte dabei der Begriff „Spielstile“ durch meine Ergüsse. Eventuell ist es an der Zeit, hierzu noch mal einiges klarzustellen. Denn eigentlich beschreibt das einfache Wort „Spielstil“, wie die Rollen am Tisch tatsächlich ausgefüllt werden. Und ich möchte eine Aussage voran stellen, die mir wirklich wichtig ist: ich respektiere alle Arten, im Pen’n’Paper eine Rolle auszufüllen als gleichwertig, so lange die anderen am Tisch dadurch nicht benachteiligt werden. Ich selbst mag eine spezielle Art des Spielens haben und leben, aber das ist MEINE ART und ich mache niemandem bezüglich seiner Art Vorschriften. Was allerdings im Umkehrschluss bedeutet, dass es unterschiedliche Arten gibt, an die Dinge heran zu gehen, nicht wahr? Man kann Spielstile nach meiner Erfahrung entlang zweier Dimensionen einordnen (ohne daraus jetzt ein Schaubild basteln zu wollen): Motivationstiefe und Interaktionstiefe. Wir beginnen mit dem einfacheren der beiden, der Interaktionstiefe:

Whatever happens, be ready! (c) by Monika Merz
  • 0-dimensionale Interaktionstiefe: Solche Charaktere sind nicht viel mehr als ein oder zwei dominante Charakterzüge (schroff, bösartig, verspielt, offenherzig, lüstern, Loot-geil, zurückhaltend, etc.) und ein paar markante Einzeiler. Hast du eine Szene mit ihnen gesehen, hast du jede Szene gesehen; Heath Ledgers Joker aus „The Dark Knight“ ist so ein Charakter. Er ist definiert durch seinen brutal egozentrischen Nihilismus, spielt gerne mit seinen Gegnern und „würzt“ seine Auftritte durch seine unverwechselbaren Sprüche. 0-dimensional bedeutet nicht, dass ein Char zwangsläufig schlecht, böse oder dumm ist. Oder das man damit nicht auch im Pen’n’Paper Spaß haben könnte. Er hat nur nicht so viel emotionale Tiefe. Den Joker auf der Therapeuten-Couch hätte allerdings auch niemand sehen wollen. Solche Charaktere interagieren nicht wirklich mit anderen Chars/Spielern am Tisch, sie simulieren lediglich Interaktion und ihre Spieler sind ansonsten eher an der Action interessiert, weniger am Drama. Hier versetzt sich der Spieler nicht in den Char und er erlebt das Abenteuer auch nicht im herkömmlichen Sinne, sondern bleibt in der Third-Person-Perspective; oder gar in der isometrischen Draufsicht. Zumeist reflektieren diese Chars einen oder mehrere Aspekte der Persönlichkeit des Spielers ziemlich deutlich.
  • 1-dimensionale Interaktionstiefe: Dieser Char hat schon ein paar mehr Ecken und Kanten, und ist in der Lage „in character“ mehrere zusammenhängende, sinnvolle Sätze mit NSCs und anderen Chars auszutauschen. Allerdings ist diese Interaktion stets funktional, denn auch hier ist das Hauptinteresse die Action, nicht das Drama. Auch die Tiefe der Immersion ist zumeist begrenzt und variiert je nach Lust und Laune des Spielers und dem Thema der laufenden Szene. Han Solo ist so eine Figur. Man sieht über alle Filme hinweg eher wenig charakterliches Wachstum, und die emotionale Tiefe seines Handelns ist selbst hinsichtlich der Lovestory mit Prinzessin Leia begrenzt. Man kann ab und zu im Tun solcher Chars bestimmte Motivationen erkennen, diese bleiben jedoch zumeist recht oberflächlich und gehen selten über die Ziele des jeweiligen Abenteuers hinaus. Viele Pen’n’Paper-Chars fallen in diese Kategorie. Die Spieler schlüpfen auf diesem Level dann und wann tatsächlich in die Haut ihres Charakters, bleiben aber bei ihrer Sicht der Dinge. Sie abstrahieren oft nicht, dass ein Char, der anders aufgewachsen ist als sie, eventuell einer anderen Spezies angehört, auch anders auf bestimmte Stimuli reagieren könnte, sondern sind zumeist bei sich. Evtl. werden trotzdem einzelne dominante Aspekte der anderen Persönlichkeit erlebt.
  • 3-dimensionale Interaktionstiefe: Man kann in der Interaktion und dem sonstigen Handeln solcher Charaktere übergeordnete Motive und emotionale Tiefe erkennen. Solche Chars denken und handeln eigenständig von normalen Handlungsmustern des Spielers und können eine komplett andere Persönlichkeit haben, als der Spieler (müssen sie aber nicht), wobei der Spieler versucht, durch die Augen dieser Figur zu sehen und mit dem Kopf dieser Figur zu denken. Das Level der Immersion ist hier sehr hoch, Brüche in der Kontinuität der Spielwelt werden wesentlich intensiver und störender wahrgenommen, als auf den zwei vorbeschriebenen Leveln von Interaktionstiefe. Auch Spieler solcher Charaktere mögen die Action, doch für sie spielt das Drama eine mindestens ebenso wichtige Rolle. Bruce Banner, der „Hulk“ ist so ein Charakter. Sein innerer Kampf wird immer wieder gut sichtbar und seine übergeordneten Motive, seine Moral, wenn man so will ist, ein Movens seiner Handlungen; und zwar unabhängig von der aktuellen Aufgabe.

Diese Charakterisierungen suggerieren eine gewisse Trennschärfe. Die ist aber gar nicht immer gegeben. Einerseits entwickeln sich Spieler, aber auch ihre Charaktere weiter. Aus dem anfangs noch unerfahrenen, oft eher actionrientierten Zocker, wird manchmal mit der Zeit ein Charakterplayer. Andererseits wird aus dem frischen Char, auf den man sich erst noch eingrooven muss mit der Zeit eine echte Persönlichkeit. Solcherlei „Evolutionen“ konnte ich schon des Öfteren beobachten. Allerdings ist das kein Automatismus, und manchmal bleibt alles bei 0-dimensional. Noch mal zum Verständnis: das ist keine Wertung. Auch eine Truppe von lauter 0-dimensional interagierenden Chars kann verdammt viel Spaß machen. Probleme entstehen immer erst dann, wenn unterschiedliche Interaktions- und Immersionstiefen zu Konflikten am Spieltisch führen. Als SL stehst du dann manchmal daneben und denkst dir „Ach Kacke“, kannst aber nur wenig tun, außer darüber reden. Einer der Hauptgründe für eine richtige Session 0, die ich noch so gut wie nie wirklich zelebriert habe ist, Erwartungen und Prämissen abzugleichen, um so was zu verhindern. Klappt voll gut… Also weiter zur Motivationstiefe:

  • geringe Motivationstiefe: der Spieler will zocken, also will der Charakter ins Abenteuer. It’s as simple as that. Backstory? Passiert anderen. Moralischer Kompass? Denk ich wann anders drüber nach. Was ich will? Loot, Loot, Chars wollen Loot, den kräftig Looten macht den Abend gut! [Sorry, Subway to Sally] Wenn sie ihn denn entdecken, und er halbwegs fette Beute oder wenigstens Erfahrungspunkte verspricht, springen sie schnell und gerne auf den Plotbus nach Cottbus. Ansonsten wird es eher schwierig. [kurzer Exkurs: Hier fällt’s mir wirklich schwer, nicht zu werten, denn das Spiel heißt ROLLENspiel. Wenn ich aber eine Rolle spielen möchte, muss ich wenigstens irgendeine Idee davon haben, was diese Figur vom Leben (an sich, bzw. als Abenteurer) erwartet. Andernfalls kommt der SL recht schnell an seine Grenzen, wenn’s darum geht, solche Chars ins Abenteuer zu bringen!] Wichtiger Hinweis: es erscheint zwar möglicherweise seltsam, aber man kann eine geringe Motivationstiefe tatsächlich mit 3-dimensionaler Interaktionstiefe kombinieren. Es geht nur nicht allzu lange gut… Moralische Dilemmata können solche Chars nämlich nicht lösen!
  • mittlere Motivationstiefe: dieser Spieler hat mehr als nur vage Vorstellungen von den moralischen, politischen, religösen, kulturellen, etc. Meinungen und Überzeugungen seines Chars, und lässt dies auch (je nach Interaktionstiefe) in sein Spiel einfließen. Die sichere Differenzierung zwischen Meinung, Überzeugung und Dogma gelingt allerdings nicht immer, und bestimmte Aspekte wurden (evtl. bewusst) ausgespart, um sich mehr Flexibiltät beim Spiel gönnen zu können. Eine gewisse Vorgeschichte bietet dem SL Plothooks, an die man anknüpfen kann (nicht muss), und für den Spieler ist relativ klar, wie sein Char auf die meisten Stimuli reagieren würde. Moralische Dilemmata stellen allerdings eine große Herausforderung dar, die oft nur ungern angenommen wird, weil man sich seine Chars im Rollenspiel gerne vor allem moralisch flexibel hält. Ein Luxus, den es in der realen Welt für die allermeisten Menschen nicht gibt.
  • große Motivationstiefe: Dieser Spieler und sein Charakter wissen recht genau, wo sie schlussendlich hinwollen, warum sie dort hinwollen, und wie sie dort hingelangen wollen. Dieser Char zeigt, wenn er sich darauf einlässt, durch seine, vom Spieler eigenständige Normen- und Werte-Taxonomie definierte Interaktionen mit der Spielwelt, bei denen diese Normen und Werte auch sicht- und fühlbar werden. Das bedeutet allerdings mehr Vorarbeit auf Seiten des Spielers, denn um solche Definitionen für seinen Char treffen zu können, muss man sich üblicherweise mit vielen verschiedenen Aspekten der Spielwelt befasst haben. Die Motivation hierzu ist in Spielern unterschiedlich stark ausgprägt.

Legt man sich die beiden Dimensionen doch mal als Schaubild zueinander, wird klar, dass Immersion und emotionales Investment erheblich skalieren. Wie bereits vorhin gesagt sind die Unterschiede bei den Spielstilen (unabhängig davon, ob Leute sich Wort für Wort an die Regeln halten wollen und diese daher auswendig kennen, oder aber die Dinge lieber etwas freier gestalten möchten, um absurden Scheiß anstellen zu können) einer der häufigsten Auslöser für Konflikte an Spieltisch, die nichts mit den NSC-Gegnern zu tun haben. Nachdem nun meine Sichtweise auf ein paar Aspekte geklärt ist, können wir in der nächsten Episode über Erwartungen und Konflikte, Doing the Voice und Metagaming sprechen. Bis dahin – always game on!

Auch als Podcast…