Der verwirrte Spielleiter N°56 – 4th Wall²

Die Vierte Wand ist jene zumeist unsichtbare Barriere zwischen der Innenwelt einer Erzählung und dem Leser / Betrachter / Zuhörer. Ich lande ja nicht wirklich im London des frühen 19. Jahrhunderts, wenn ich „Oliver Twist“ lese; und doch empfinde ich – sofern mich das Buch überhaupt interessiert – eine Verbindung zu dieser Welt, die ich allerdings nie ganz erreichen kann. Denn ich interagiere nicht WIRKLICH mit den Figuren – und sie auch nicht mit mir. Man kann die Vierte Wand in erzählenden Medien allerdings durchaus mal brechen; Deadpool zeigte in der Vergangenheit, wie das auf recht unterhaltsame Art geht, indem er in eine Art Dialog mit dem Zuschauer tritt (übrigens nicht nur in den Filmen, sondern auch in den Comics). Aber auch andere Medienformate haben das schon dann und wann getan. Zumeist in Form mehr oder weniger witziger Metakommentare zum Tun und Lassen der Protagonisten. In geringen Dosen ist das also nix Neues. Allerdings gibt es ein Medium, wo ich das nicht ganz so gut finde: Pen’n’paper. Denn es tötet dort mit etwas Pech meine Immersion. Wenn mir jemand z. B. sagt, was mein NSC-Gegenüber gewürfelt hat, dann wird für mich die Szene zu einer reinen mechanischen Abbildung, hinter der ich meinen Char nicht mehr so gut erkennen kann. Aber gerade, wenn es um etwas geht, was dem Spieler wichtig ist, weil sich sein Char genau über das eben Getane oder Erreichte definiert, dann interessieren mich die Würfelergebnisse der SL nicht, sondern nur die narrativen Ergebnisse. Sieg oder Niederlage, Glück oder Unglück (oder Glück im Unglück), hilfreiche Erkenntnisse oder nur noch mehr neue Fragen… all das muss erzählt werden. Natürlich werden die Würfel genutzt, wenn das Ergebnis einer Aktion nicht von vorn herein klar ist. Aber ich rede doch nicht über die gewürfelten Zahlen.

Die gewürfelten Zahlen sind lediglich ein mechanisches Instrument, um über eine mögliche Zustandsänderung innerhalb eines fortschreitenden Narrativs zu entscheiden, sofern der Ausgang tatsächlich in der Schwebe ist; oder wenn der Spannungsbogen des Narrativs dies erfordert. Gemäß der Erfahrung gibt es nun tatsächlich Abende, wo die SL nicht unter 16, die Spieler jedoch nicht über 8 würfeln. Aber das ist sehr selten. In aller Regel hilft uns die Wahrscheinlichkeit, Dinge vorherzusagen. Alle Spielsysteme bedienen sich daher solcher Berechnungen. Die Aufgabe des Gamedesigners ist also, vorab darüber zu entscheiden, ob die Würfelergebnisse durch die Regelmechaniken im Zweifel eher auf die Seite der Spielerchars oder die der Antagonisten gelenkt werden. Gamedesign 101. Halten wir fest: die Würfel SIND NICHT das Narrativ – sie sind lediglich in den allermeisten Regelwerken eine Krücke, um eine Art Schicksalselement einzubauen. Es gibt auch Regelwerke, in denen nicht gewürfelt, sondern die aufgebauten Werte verglichen werden. Oder Karten gezogen. Welche Krücke ich benutze, ist Wumpe. Was NICHT Wumpe ist, ist die Diskretion über die Arbeit der SL mit dieser Krücke. Denn indem ich irgendwelche Werte, die SL-seitig gewürfelt wurden preisgebe, zerstöre ich manchmal das Eintauchen in die alternative Welt. Das EINZIGE, was die alternative Welt jedoch in unseren Köpfen manifestiert, ist das Vertrauen der Teilnehmenden in die Existenz dieser Welt. Sie WIRD real, weil ich in sie EINTAUCHE und alle Aspekte des Narrativs FÜRWAHR nehme. Kommt nun jemand und referiert über die Mechaniken oder deren Ergebnisse, ist das ungefähr so, als liefe im Kino auf einem Splitscreen auf der einen Seite der Film und auf der anderen Seite eine Live-Übertragung aus dem Projektorraum; incl. des Vorführers der unentwegt Candy Crush daddelt. Und das brauche und will ich nicht!

Ich erzähle meinen Spielern zum Beispiel auch so gut wie nie, was passiert wäre, wenn sie dies oder jenes getan hätten. Denn… woher wollen wir das überhaupt wissen, da wir das Narrativ nunmal NICHT gemeinsam in diese Richtung bewegt haben. Ich hätte dazu dann und wann zwar durchaus eine informierte Meinung, weil ich ja die Welt gestalte, in der das Narrativ sich entwickelt. Aber ich möchte schon, dass meine Spieler ihre Entscheidungen selbst treffen. Sogar dann, wenn ich diese vielleicht für bescheuert halte. Eine für alle Beteiligten spannende, glaubwürdige, erinnerungswürdige Geschichte entsteht nämlich nur dann, wenn alle daran teilhaben können. Ansonsten können wir auch zusammen einen Film schauen. Es kommt gelegentlich vor, dass ich leise vor mich hin fluche, wenn die oben beschriebene 8/16-Würfelergebnis-Situation sich zu Gunsten der Spieler gedreht hat, oder – noch wüster – die Crits fallen, wie Regen im Sommergewitter. Da stehste dann auch und denkst dir „Heidewitzka“. Aber das ist allemal besser, als wenn die Vierte Wand unnötig durchbrochen wird. An dieser Stelle ein Hinweis an alle, die jetzt in diesem Zusammenhang vielleicht denken, dass „Fudging Dice“ ein Verbrechen ist, dass auf jeden Fall offen gewürfelt werden sollte und meine Ausführungen bis hierhin deshalb überhaupt nicht verstehen oder akzeptieren können: ich würfele verdeckt und ja – ich fudge gelegentlich. Das hängt mit dem Spielstil meiner Gruppe und dem Wunsch nach einem fortlaufenden Narrativ zusammen. Wenn euch das stört, dürft ihr eure Meinung gerne für euch behalten. Die Entscheidung, wie man crunch und narratives Rollenspiel unter einen Hut bringt, treffen jeder Tisch und seine SL selbst.

Ich selbst möchte als Spieler wissen, das mein Char sein Bestes getan hat. Ob das Ergebnis dann als Sieg oder als Niederlage zu interpretieren ist, hängt von so vielen Kontextfaktoren ab. Nur auf das Gefühl in die alternative Welt eintauchen, dort wirklich SEIN zu dürfen möchte ich unter keinen Umständen verzichten. In diesem Sinne – always game on!

Auch als Podcast…

Der verwirrte Spielleiter N°55 – Speed it up, baby!

Ich glaube ja ganz ehrlich, dass ich als SL nicht ganz so gut bin, wie ich mir das wünschen würde, oder manchmal sogar ausmale. Andernfalls würden manche meine Spieler*innen während der Session nicht regelmäßig da hängen wie ein Schluck Wasser in der Kurve und sich erst zum Würfeln erheben, wenn der Kampf schon lange läuft. Vielleicht liegt es auch daran, dass mein Homebrew-System ein wenig… nun ja, crunchy ist, wenn es um Konflikt-Auflösung geht. Da wird recht viel gewürfelt. Frage ich meine Spieler*innen allerdings, ob wir das nicht ein bisschen einfacher gestalten sollten, dann versichern sie mir, dass sie ihre Dice-Pools und die dazu gehörenden Regeln lieben. Ich denke da an meine eigenen Erfahrungen aus verschiedenen Perioden des Hobbys zurück; und ja, so eine Hand voller Würfel zu bewegen hat einen besonderen haptischen Reiz. Auch wenn das Auszählen des Ergebnisses u. U. länger dauern kann. Ich denke ja, die sagen das nur, weil sie keinen Bock haben, sich an andere Regeln zu gewöhnen – selbst wenn DIE am Ende einfacher und schneller wären. Man haben wir Probleme, was…? Ganz ehrlich: wie soll ich denn wissen, dass es meinen Lieben und mir immer noch gut genug geht, wenn ich nicht wenigstens EIN Luxus-Problem habe?

Ich bemerke an den Sitzungen in letzter Zeit immer wieder, dass es mir als SL manchmal an Spannung, an Dynamik, an Rasanz im Szenario mangelt. Und das explizit nicht, wenn gerade Social Encounters stattfinden, oder über Plänen gebrütet wird. Dass das manchmal dauert ist okay, weil das muss so. Ich meine, es ist auch NICHT so, dass meine Spieler*innen nicht gerne und ohne große Aufforderungen mit dem präsentierten Content interagieren würden. Sie fragen sich vielleicht manchmal (quasi als ihr Char), was zum Teufel sie hier gerade treiben. Aber das sollte der Normalzustand sein, wenn man halbwegs dreidimensionale Personen zu spielen versucht. Meine Bardin z. B. hat derzeit (ein Spieler aus der Gruppe leitet hin und wieder, es ist derzeit ein großes Dungeon voller innovativer Probleme und wir steuern in den nächsten ein, zwei Sitzungen auch noch auf ein klimaktisches Finale hin) gestrichen die Hosen voll. Und das ist verdammt okay. Denn ohne echte Risiken und Herausforderungen für meine Chars ist es für MICH kein Pen’n’Paper. Aber wenn ich selbst im SL-Sessel Platz nehme (und es ist tatsächlich, ohne Witz, ein großer Sessel, in dem ich während der Sessions sitze), wünschte ich mir manchmal, dass ICH auch spüren könnte, dass die Chars echt im Szenario drin sind. Ich mache mir da vermutlich Illusionen, denn tatsächlich sind die Sessions nicht mehr so häufig wie früher – und daher auch ein soziales Event, welches der echten Beziehungspflege dient => eine Menge Seiten-Geschwätz. Wogegen man auch nicht wirklich etwas haben kann. Nur manchmal haben meine Spieler*innen dieses besondere Händchen, mit einem blöden Witz die Spannung, welche ich gerade mühsam aufzubauen versuche, nachhaltig zu killen. DAS. NERVT. MANCHMAL. GEWALTIG!

Über vieles kann und will ich hinweg sehen, weil ja immer noch gilt: wer ohne Sünde ist, und so weiter. ICH habe auch schon oft genug Dinge am Spieltisch getan, die da eigentlich nicht hin gehören – und tue das immer noch. Vielleicht, weil meine Idee von Immersion im Pen’n’Paper nicht immer kongruent mit der anderer Spieler ist. Denn da sitzen halt unterschiedliche Persönlichkeiten am Tisch – und nicht jeder will – oder kann – überhaupt so richtig in seinem Char versinken. Auch das ist okay, denn Menschen sind verschieden. Aber auf eine Sache möchte ich gerne bestehen: dass man eine Idee für seine nächste Aktion hat und die dafür erforderlichen Würfel zur Hand sind, weil man weiß, was der eigene Char kann; vulgo es krachen lässt, sobald man dran ist. Denn alle anderen am Tisch – INCL. MIR – wollen auch weiter machen! …aber manchmal ist es just a pain in the ass, weil es einfach nicht kesseln will! Und das macht mich WAHNSINNIG. Wenn ich dann oft schon mit einer eher moderaten Dosis Action ins Rennen gehe, weil ich auch die anderen Spieler-Sinne (nach Spannung, Interaktion mit der Spielumgebung und den NSCs, eigenen Plänen, etc.) befriedigen möchte, dann MUSS die Action fließen wie Wasser. Tut sie aber nur sehr, sehr selten. Und das ist frustrierend.

Ob der hier wohl genug BISS hat… 😉

Wenn ich so darüber nachdenke, gibt es noch ein zwei andere Dinge, die mir zumindest dann und wann die Freude verderben. Zum Beispiel, dass viele Spieler*innen mit eigenen Ideen, Ambitionen, Plänen, etc. die ihr Char umsetzen wollen könnte eher sparsam sind; oder so wenig in ihren Char investiert, dass ihnen gar nicht erst die Idee kommt, dass man im Pen’n’Paper NICHT zwingend auf den Plotbus warten muss, sondern auch von selbst losstiefeln und sich Ärger oder Ziele suchen kann. Ich mache das gerne und oft – und bringe mit meinen Ideen dann SLs immer in die Bredouille, weil manche Pläne auch regelmechanische Auswirkungen haben können. Aber welchen Sinn sollte es denn sonst haben, ganz eskapistisch mal jemand anders sein zu wollen, wenn ich mich dort auch nur von den Dingen treiben lasse, die halt geschehen. Denn genau DAS tue ich in der realen Welt ja einen großen Teil der Zeit. Schlicht, weil ich oft nicht die Mittel und/oder die Macht habe etwas ändern zu können. Zumindest nicht so, wie ein Pen’n’Paper-Char dies u. U. kann. Denken wir nur einfach mal an zauberkundige Personen. Nun ja; Ich glaube, ich muss diese Dinge mal (wieder) klar stellen; denn immerhin sind SLs ja auch Spieler*innen am Tisch, die ihren Spaß haben möchten. In jedem Fall wünsche ich mir etwas mehr Buy-In – also sich Darauf-Einlassen – von meinen Mitspieler*innen, denn dann würden sich die meisten Probleme von selbst erledigen. Mal schauen. Wie es auch kommt – always game on!

Auch als Podcast…

Bienvenue au pays cathare N°11

Wie bereits einige Male hier erwähnt bin ich ein Kind der 80er. Als klassischer Gen-Xer (Jahrgang ’74, danke, ich weiß, dass die große Fünf winkt…) habe ich einen bedeutenden Teil meiner Kindheit und Jugend in jener Zeit durchlebt und bin nicht unglücklich darüber, dass die Pop-Kultur dieser speziellen Periode letzthin eine gewisse Renaissance erfahren hatte. Es mag auch an der persönlichen Bindung zu jener Zeit liegen, dass ich immer mal wieder beim Storytelling Bezüge wähle, die es mir erlauben, die damit verbundenen Gefühle noch mal erleben zu dürfen. Derzeit bastele ich an einer kohärenten Geschichte für Urban Fantasy in den 80ern und da dümpelt eine Storyline, an der sich die beste Ehefrau von allen mit ihrem derzeitigen Char versucht, gerade an der Jahreswende ’85 – ’86. Es ist aber gar nicht so einfach, den Zeitgeist wirklich einzufangen. Ich meine, die Bezüge zu den wirklichen Ereignissen, zur damaligen Technik, zur Politik herzustellen fällt mir eher leicht, doch das Lebensgefühl der 80er richtig einzufangen, ist gelegentlich ein harter Struggle. Das beginnt schon damit, dass unsere Sprache sich seit damals verändert hat. Was manchmal dazu führt, dass es nicht so der Hammer ist, was ich da verzapfe; und es ist beileibe nicht so, dass ich dauernd zeitgenössischen Jugendsprech nutzen würde. Ha! Ausgerechnet ich, der immer so auf sprachlicher Präzision herumreitet… das wäre ja noch schöner.

Unser neuer Gott Mammon – gefunden in Narbonne…

Und doch sind es eben die Erinnerungen an bestimmte Filme, an Musik, an die Klamotten von damals, die dazu führen, dass man eintauchen kann in eine Zeit, die so absolut anders, so absolut bekloppt, so absolut wiedersprüchlich und dennoch so absolut unschuldig war. Diese Aussagen muss man vielleicht für Jene, die nicht dort gewesen sind ein bisschen erklären: unschuldig war die Zeit, weil Informationen nicht dauernd und überall verfügbar waren, was zu einer eklatanten Desinformation der allermeisten Menschen führte. Und die machte es wiederum einfach, sich nur mit seinem eigenen Scheiß zu befassen, weil man unfassbar vieles einfach zur Seite schieben konnte. Es fühlte sich also zumindest für mich als Kind/Jugendlicher unschuldig an. Andererseits war da aber auch der, wirklich überall spürbare Power-Struggle der beiden großen Machtblöcke USA vs. UdSSR, der die Welt so bekloppt gemacht hat. Wiedersprüchlich kam durch die Unterschiedlichkeit der beiden Systeme dazu, die auf der einen Seite die halbe Welt abgewirtschaftet haben, um beim Wettrüsten die Nase vorn zu haben (TEAM UdSSR), während die andere Hälfte im Namen des Konsumkapitalismus ausgebeutet wurde (TEAM USA). Und überall, wo sich Stellvertreterkonflikte entwickelten, wurde es noch wilder. Etwa in Vietnam, oder später in Afghanistan. Vielleicht war es dieses Gefühl, dass das große Tänzchen schon morgen vorbei sein könnte (man denke an Filme wie „Wargames“ oder „The Day After“), dass diese Zeit so absolut anders aber eben auch absurd kreativ und wild gemacht hat…? In jedem Fall waren die 80er ebenso wie die 70er davor eine kulturell extrem produktive Zeitspanne.

Psychologisch ist es natürlich schon so, dass man besonders gerne das mag, was man während seiner Jugendjahre, so bis ungefähr 16 erlebt hat. Ich würde sagen: Schuldig in allen Punkten der Anklage, wobei ich erwähnen möchte, dass sich etwa mein Musik-Geschmack immer weiter entwickelt hat. In gewissem Sinne ist mein Hang zur Nutzung von Themen, Stilen, Kulturartefakten jener Zeit Nostalgie, über die ich die Tage hier mal geschrieben habe: „Sich an diese alten Momente eines vermutlich verflogenen Sinns zu erinnern, nennt man Nostalgie – das Zurückerinnern an eine Zeit, in der es angeblich besser war.  Ich konkludierte vor ein paar Tagen, dass man sich besser nicht sein Leben davon diktieren lassen sollte; und dazu stehe ich auch immer noch. Ich würde allerdings gerne eine Relativierung anfügen wollen: wenn Nostalgie auf diese Art bewusst als Mittel zur Unterhaltung genutzt wird (insbesondere beim Storytelling zu Pen’n’Paper-Zwecken), nämlich um ein bestimmtes Setting vor dem geistigen Auge auferstehen zu lassen, kann dieser Einsatz legitim sein – zumindest, wenn’s funktioniert, wie geplant. Daran arbeite ich derzeit allerdings noch. Aber mal ganz ehrlich – Pen’n’Paper ist eine Freizeitbeschäftigung, die vor allem eines machen soll: Spaß. Und wenn ich mir dabei so viele Gedanken über irgendwelche obsuren Details zu machen beginne, dass das Ganze in Arbeit ausartet, bin ich evtl. über das Ziel hinaus geschossen. Was nicht bedeutet, dass Campaign- und Session-Prep nicht fast genausoviel Spaß machen können, wie das eigentliche Spiel. Denn während man über die virtuelle Welt nachdenkt, spielt man bereits. Und SL sind ja auch Spieler am Tisch, nicht wahr…?

Ich las neulich irgendwo, dass bereits ein einfacher Spaziergang im Wald sich positiv auf die Gesundheit auswirken würde: Blutdruck, Cortisol- und Colesterin-Spiegel runter und so. Also war ich heute nochmal spazieren, durch den Wald und eine extrem fotogene Schlucht hinauf; DAS in Verbindung mit meinem geliebten Knipsen und den wunderbar sinnvoll-sinnlosen Gedanken über virtuelle Welten und vergangene Zeiten lässt diesen Urlaub für mich zu einer extrem erholsamen Angelegenheit werden. Selbst, wenn ich schon zu spüren beginne, dass die Familie in zweieinhalb Tagen den Heimweg antreten muss. Also gilt: weiter Geschichten spinnen und genießen und versuchen, den Drive zu konservieren. In diesem Sinne – schönen Abend.

Der verwirrte Spielleiter N°54 – Sich drauf einlassen…

Ich hatte in letzter Zeit keinen Nerv, keine Muse, keine Kraft, selbst besonders viel zu produzieren, was die Bezeichnung Pen’n’Paper verdient gehabt hätte. Ich meine, ich habe genug Material, um noch die eine oder andere Kampagne zu fahren, ohne mich besonders anstrengen zu müssen. Aber ich war leer und ausgebrannt. Ein Zustand, der sich ja eine ganze Weile durch all meine Lebensbereiche gezogen hat, wie man unschwer an meinen sonstigen Posts lesen kann. Nun ist es so, dass Pen’n’Paper ZU SPIELEN für mich schon immer (zumindest subjektiv) die beste Therapie von allen war. Nennt es Eskapismus, nennt es Realitätsflucht, nennt es eine Coping-Strategy, nennt es einen iruklanischen Berg-Karakara-Braten – für mich funktioniert es; und dass ist verdammt noch mal das EINZIGE, was zählt. Nun ist es so, dass ich eine Weile lang abseits meiner üblichen Pfade nach alternativen Runden als Spieler gesucht habe. Und was soll ich sagen – irgendwie sind Rollenspieler doch manchmal komische Käuze. Mit denen, die eine Runde angeboten hätten, wurde ich nicht so recht warm. Dann habe ich mir etwas Gutes getan und bin endgültig aus Facebook ausgeschieden. Ich hatte mir damit allerdings auch den Weg zu manchem Angebot verbaut, weil viele Leute dort immer noch ihre Kontakte pflegen. Ich will das aber nicht, weil mich der ganze andere Scheiß drumherum nur noch anwidert. Daran hat sich in den letzten knapp zwei Jahren auch nichts geändert, eher ist es da noch schlimmer geworden. Trotzdem fehlt damit eine Möglichkeit, sich zu konnektieren. Und ehrlich gesagt renne ich auch nicht mit einer gut sichtbaren „Spielgruppe-gesucht!“-Badge an meinem Kittel rum. Scheiße gelaufen, nicht wahr…?

Ich gebe es offen zu, ich bin als Spieler in den letzten Jahrzehnten kritischer geworden. Vielleicht liegt es an meinem eigenen Qualitätsanspruch – falls man so etwas bei einem Hobby, dass hauptsächlich Spaß machen soll überhaupt haben darf – vielleicht aber auch daran, dass ich die eine oder andere … interessante … Erfahrung gemacht habe. Ich steh halt nicht so auf Railroading. Und ich hatte mal eine ziemlich gute Zeit, als ein alter Freund sich bereit erklärt hatte, zu spielleiten. Die Charaktere, die Story, die Settings, das Power-Level – alles vollkommen over the top! Wäre mit Sicherheit nicht jedermans Geschmack gewesen, aber mir hat es damals unendlich gut getan, die Sau rauslassen zu dürfen. Man konnte auch recht verrückte Ideen umsetzen, sofern man sie gut zu beschreiben vermochte und das Ziel irgendwie innerhalb der Kontinuität der Spielwelt erklärbar blieb. Die Herausforderungen machten das allerdings auch notwendig. Heute allerdings… ich weiß nicht, aber irgendwie fiel es mir anfangs immer noch schwer, mich drauf einzulassen. Und immerhin ist es eine Welt, die ich mit jenem guten Freund, der zurzeit auf der Spielleiter-Couch Platz nimmt zusammen entwickelt habe. Ich verlange vermutlich manchmal einfach zu viel. Weil es – für das Befinden meine Seele – viel zu selten stattfindet, soll es dann jedes Mal perfekt sein. Das konnte ICH als SL niemals, das kann vermutlich niemand als SL. Aber jetzt, so ganz langsam finde ich wieder zurück in den Charakter, in die Welt, in die Geschichte, ins Zocken. Und stelle fest, dass der lang vermisste therapeutische Effekt wieder einzusetzen beginnt. Und das ist GROSSARTIG!

Ausgerechnet ich, der immer so groß und breit über die „Willing Suspension of Disbelief“ referiert, der zuviel „Breaking of the 4th wall“ nervtötend findet, der immer sagt, dass er zu viel Seitengequatsche nicht leiden kann, der alles mögliche über Storytelling weiß und daher letzthin einfach viel zu viel analysiert hat, ANSTATT EINFACH ZU SPIELEN, um dann hinterher darüber zu mosern, was ihm alles nicht gepasst hat… ja genau ICH gehe in all diesen Dingen langsam auf. Und mir geht auch etwas auf – nämlich ein Licht, dass lange maximal gedimmt in den hintersten Kammern meines Hirns vor sich hin geflackert hat: Zocken bedeutet, sich vom Analysieren und Zerdenken zu verabschieden! Früher konnte ich das super! In den letzten Monaten war ich jedoch noch viel zu sehr im Master-Thesis-induzierten Analytiker/Akademiker-Modus, um echten Spaß haben zu können. Schluss damit! Ich will wieder über das Ziel hinausschießen und meinen Char einfach Sachen machen lassen, die mir in dem Moment in den Kopf kommen – am Liebsten vollkommen over the top. Und wenn ich danach ’nen neuen Char brauchen sollte, dann ist das halt so. Sich drauf einzulassen, tatsächlich zu spielen bedeutet, die analytische Komponente weitestgehend auszublenden. Natürlich darf ein Char – im Rahmen seiner/ihrer Kenntnisse und Möglichkeiten – vernünftige Entscheidungen treffen. Aber ich habe viel zu viel Meta-Gaming im schlechten Sinne betrieben, die Szenarien und Handlungen meiner Mitstreiter aus der Sicht eines SL BEWERTET, anstatt einfach meine Figur zu SPIELEN – und die Welt durch deren Augen zu sehen.

Solches Verhalten ist eine Mischung aus einem Tactician, der seine Mitspieler zu den taktisch sinnvollsten/erfolgreichsten Handlungen zu drängen versucht, weil er das Spiel „gewinnen“ will und einem Powergamer, der aus den gleichen Gründen seinen Char optimal auszubauen versucht => jede Situation wird als Wettstreit gelesen! In jedem Fall war ich auf der dunklen Seite des Gamism unterwegs. Denn Pen’n’Paper kann man nicht gewinnen. Das Schöne daran ist, dass man ja (zumindest theoretisch) aus seinen Fehlern lernen kann; und da ich nicht vorhatte, vollends zu einem Toxic Player zu degenerieren, probiere ich mich jetzt wieder als Storyteller, also als ein Spieler, der vor allem eine coole, spannende, schicksalsträchtige und hoffentlich auch ein bisschen lustige Geschichte mit gestalten möchte. Denn an der Entstehung der Story sollen ja alle am Tisch Teil haben. Diese Erfahrung beweist mir einmal mehr, dass Pen’n’Paper nicht nur mit dem Kopf, sondern vor allem mit dem Herz gespielt wird, dass der Spaß für alle im Vordergrund stehen sollte, und dass man die Dinge nicht zu ernst nehmen sollte. Sonst wird aus einem Spiel ein Wettkampf. Und davon habe ich im realen Leben schon mehr als genug, dass brauche ich am Spieltisch nicht auch noch. [Kleiner Hinweis: ich spielleite immer noch, und auch wieder mehr. Und mir ist auch dort aufgefallen, dass ich Dinge letzthin manchmal zu sehr technisch abgespult habe. Ich gelobe Besserung. Die Muse kehrt langsam zurück; und die Macht ist noch stark in dem hier… 😉] Daher freue ich mich auf die nächsten Sitzungen, wenn ich wieder in die Rolle fallen darf… always put your heart in it, when you game on!

Auch als Podcast…

Looking forward to look back…

Isn't it funny how 
day by day 
nothing changes,
but when you look back
everything is different...
(C. S. Lewis)
Bald wird das Licht wieder so schön…

Wenn du das Gefühl hast, Menschen nicht zu erreichen, gibt es dafür aus meiner Sicht drei mögliche Gründe: 1) du hast sie tatsächlich nicht erreicht, 2) du hast Zuhörer, die eine Weile länger für den Reflexionsprozess brauchen als andere, oder 3) du bist zu hart zu dir selbst. Man sollte sich ab und an den Luxus gönnen, sich dafür zu entscheiden, an Grund Nummer 3 zu glauben. Denn wissen kann man es sowieso niemals sicher. Dieser Sachverhalt ist eines der Probleme, mit denen Geschichtenerzähler in ihrer Tätigkeit öfter zu kämpfen haben – und zwar vollkommen egal, wo, wie, wem und warum sie ihre Geschichten erzählen. Ja sicher, manchmal reißt man sie alle mit und kann es auch sehen (oder besser fühlen), dass alle gerade in die Erzählung eingetaucht sind, mit dieser interagieren (wollen) und sich dabei wohl fühlen. Aber oft sitzen/stehen/gehen alle umher und du bekommst dieses Gefühl, dass, obwohl du dir mit deiner Erzählung echt Mühe gegeben hast, trotzdem nicht dabei rumkommt, was eigentlich rumkommen sollte. Und dann bin ICH der Typ, der nicht den anderen die Schuld dafür gibt, dass es nicht so gelaufen ist. In diesem Moment beziehe ich mich gerade auf eine Simulation, die ich für berufliche Bildungs-Belange inszeniert habe und mit der ich nicht zufrieden bin, ohne wirklich sagen zu können, wo das Problem lag – oder ob es tatsächlich eines gab. Es gibt einfach Teilnehmer-Gruppen, die nicht so homogen sind und bei denen es mir deswegen sehr schwer fällt, zu lesen, was da gerade vor sich geht. Und es ist jetzt nicht so, dass ich nicht regelmäßig üben würde.

Es gibt im englischen den Begriff „jaded„, der einerseits „abgestumpft“ bedeuten kann, andererseits aber auch „matt“ oder „übersättigt„. Und ich hatte irgendwie den Eindruck, dass meine Bemühungen bei einigen auf ein kaltes Lächeln gestoßen sind, weil sie einfach jaded waren; durch die begriffliche Ambiguität ist der vorgefundene Zustand einfach besser beschrieben. Oder ich täusche mich gewaltig. Was definitiv nicht ohne Präzedenz wäre. So oder so war ich gestern zwar erleichtert, die Woche endlich hinter mich gebracht zu haben, weil sie so vollgestopft war mit Arbeit und (teils unnötigen) Diskussionen. Ich war jedoch nicht so zufrieden mit dem Ergebnis meines Wirkens. Was mich in der Folge regelmäßig dazu bringt, über die Begriffe „Selbstbild“ und „Anspruch“ nachzudenken. Denn aus berufsbildnerischer Sicht bin ich mir nicht sicher, dass ich die TN so zum Lernen und Reflektieren anregen konnte, wie ich das von mir selbst erwarte. Auf der anderen Seite sitzt der weniger selbstkritsche Teil und sagt:“ Fuck off bastards. It’s on YOU, wether you succeed in the end, or not! So – let’s call it a day, I’ve got places to visit and things to do all FOR MYSELF!“ Oder etwas freundlicher: Erwachsenenbildung ist ein freibleibendes Angebot und jede’r ist seines/ihres (Un)Glückes Schmied! Dass ich gelegentlich von meiner Arbeit träume und morgens in diesem Dazwischen – noch nicht ganz wach, aber auch nicht mehr ganz in Morpheus Armen gefangen – des öfteren Job-Probleme wälze, anstatt irgendwelche netten, anregenden, unterhaltsamen Phantasien heraufbeschwören zu können, sagt hier wohl mehr als genug darüber aus, wie wenig ich die Dinge an meinem Arsch vorbeilaufen lassen kann… Anscheinend bin ICH immer noch nicht jaded!

Und bevor jetzt irgendwer mit wohlfeilem Gen-Z-Gejammer daherkommt… das ist mir als Erklärung zu kurz gedacht, auch wenn die allermeisten TN dieser willkürlich definierten Kohorte zugehörig sind. Ob sie sich allerdings dem, oft genug multimedial heraufbeschworenen „Mindset“ auch zugehörig FÜHLEN, kann ich nicht mit Sicherheit sagen; tendenziell würde ich eher für „NEIN“ plädieren. Aber das ist zu 100% gebaucht, nicht geforscht. Worauf ich allerdings hinaus will ist folgendes – ich kennen die TN schon länger und ich kann mit Sicherheit sagen, dass sich im Verlauf der Zeit sehr wohl etwas verändert hat – in Einzelpersonen, aber auch im Umgang miteinander und mit anderen. Wenn irgendwas konstant ist, dann der Wandel; und ich würde die positiv veränderten Aspekte sicher NICHT auf unsere pädagogischen Interventionen zurückführen. Vielleicht bei einen Teil, aber sicher nicht bei allen. Mit Blick auf das Anfangs aufgeführte Zitat von Clive Staples Lewis (den man üblicherweise für seine „Die Chroniken von Narnia“-Bücher kennt) wird aber klar, dass einem im day-to-day-business manchmal der Blick für diese Veränderungen abhanden kommen kann. Auch für jene Veränderungen, auf die unsere Arbeit als Lehrer im Kern abzielt! Bei einer Ausbildung werden die wahrhaft wichtigen „Kennzahlen“ halt erst nach ca. drei Jahren sichtbar; auch wenn Betriebswirte das oft nicht wirklich verstehen können.

Das Gleiche gilt übrigens auch für andere Geschichten, die ich zu erzählen beliebe. Auch deren Wirkung zeigt sich oft erst später. Und das unabhängig von der Ernsthaftigkeit. Manche Erzählungen werden unerwartet erinnernswert und verändern gleichsam die Wahrnehmung dessen, was wir taten, was wir tun – und was wir tun werden! Ich käme nie auf die beknackte Idee, Pen’n’Paper wie ’ne Lehrveranstaltung aufziehen zu wollen. Jedoch ergibt sich dieser Effekt manchmal ganz von selbst. Der wichtigste Unterschied ist, dass eine pädagogische Veranstaltung im Kern immer auf eine Verhaltensanpassung abzielt, ganz gleich ob ich dabei „klassische“ Didaktik zum Einsatz bringe, Reform-Ansätze wie Montessori oder Waldorf oder gar ganz freies Lernen. Die Prozesse der Akkomodation und Assimilation werden überall, mehr oder weniger stark moderiert, wirksam! Allerdings sieht man die Wirkung immer erst mit Verzögerung. Daher ist es wichtig, gelegentlich bewusst zurückzublicken, auch wenn die Vergangenheit nicht nur schöne Dinge enthält. Wir Menschen sind ja sehr gut darin, schlechte Erinnerungen aufzubewahren. Eigentlich sollen sie uns davor bewahren, den gleichen Fehler zwei Mal zu machen. Na ja, wenn ich mir das mit der AfD so anschaue, funktioniert das mit dem Generations-übergreifenden Lernen noch nicht so ganz. Schwamm drüber. Für mich war es mal wieder an der Zeit, zurückzublicken. Und ich denke, dass bei weitem nicht alle Anstrengungen der letzten Jahre vergeudet waren. Bis die jungen Leute das erkennen können, müssen sie allerdings erst noch lernen, dass man niemals jaded werden sollte. Sondern immer hungrig auf das Neue bleiben. Auch, wenn man von der mentalen Couch in der eigenen Komfortzone gezerrt und mit potentiellem Scheitern konfrontiert wird. Genau dann lernt man etwas dazu. Jedenfalls ging es mir so. Denn jetzt bin ich mit meiner Arbeit der letzten Tage versöhnt. Sie war definitiv NICHT UMSONST, denn ICH bin daran einmal mehr gewachsen. In diesem Sinne – schönen Samstagabend.

Auch als Podcast…

Fun Fiction…?

In those decades, since I first stepped into the vast media landscape of various genres of science-fiction and fantasy it never occured to me, what the term „genre“ really is about. I mean, frankly speaking I didn’t care that much, as my own mode of storytelling always incorporated different ideas and themes from multiple so called genres. I think, if I had to describe my early creative processes, it would be re-mix and mash-up of art, music, graphic novels, books and tv mingling with original ideas and finally translating into something, that could be described as somewhat viable content. As I grew older – as a human just as much as a storyteller – I began to think more differentiated. I tried to incorporate ideas in my stories, which reflected my experiences in the real world as much, as any author does. And naturally, those experiences included real world problems, which I deemed all new and original; not understanding, that I simply wasn’t able to see, that they had been there too in those aforementioned cultural products, I had comsumed over the years. Well, maybe you need to grow into adulthood, to understand adult problems…? Most of those stories were developed for my hobby N°1: table top role playing games, as I’m a Game Master with about 35 years of experience now. Not that experience necessarily amounts to anything. You can do the same thing for about 35 years and the results are still shitty. Growth in skill can’t rely on experience only; truly REFLECTIVE practitioners are the ones, that evolve and develop REAL SKILL (thank you Donald Schön). It took me quite a while indeed, to recognice those facts…

What is it about, to lead a creative live?

Nowadays my look at storytelling is quite a bit different. I still tell stories in a rather genre-agnostic way, as I simply don’t see, why external conventions should set boundaries as to what is possible in any given story, as long as internal logical coherence, the laws of physics (well, at least as long, as they apply – not really true, when magic comes into play), and story continuity are maintained. Yes, I do call my different settings by a given theme or genre, so that my players have at least an idea, what the adventures will be all about. It would be more than just a little annoying, if I would invite them to a new heroic fantasy campaign, just to transport their characters into a nightmare-filled world of steampunky gothic horror within the first session of play. But even with a given name, I don’t cling that hard to typical conventions, as I like to subvert expectations at least a bit. The idea here is, to bring some freshness and novelty to games, that otherwise could become stale and unattractive. My first look is always at the non-player-characters and their motivations, goals, strengths and weaknesses. You might see a dim similarity to a classical SWOT-analysis, straight out of a businessplan. And yeah, the process is indeed more than just a bit similar. When you need an NPC for a bit of exposition, it always needs to be subtle. Like in a movie, you don’t narrate the key ideas with words, but you rather show them with imagery, reflecting the inner workings of those characters involved. You build tension by establishing conflicting goals and worldviews and let the heroes of the story – a.k.a. the player characters – decide, how to resolute that tension. The true art here is to find images that fit that bill of giving the players an idea of what is really going on inside the head of the antagonist, they need to overcome. Or, if they really need to overcome those NPCs? Sometimes the solution doesn’t necessarily mean, that they have to resort to violence. But, at that point it’s up to the players to decide upon the road, they’d want to take…

Genre or theme is there to inform an idea, what kind of setting you’re navigating in. But it needn’t to be a border not to be crossed to honor someone else’s older definition of what this or that needs to be. Because, in my head that sounds like a fantastic recipe for a redundantly repetitive experience; just another little bit more of that same old stew. Maybe you like the taste – but for sure no seven days a week. Don’t get me wrong – I milk any given genre for anything it’s worth. You get your feverish nightmare dreams in fog-filled backward alleys, while being chased by shadows, that are all too real for any good if we’re in victorian London. I will present you with knights in shining armor and dragons breathing whatever will make your characters scream in agony, while traversing the lands embedded in the ocean of clouds, that could only be travelled in magic sailing-ships of unrivaled elegance. And you will fear the forearm-blades slashing through concrete walls, as if they were made of paper, while that cyborg you pissed of with your gambling skills is trying to get his money back. But you will also get so much more, if you don’t let yourself be stopped while getting really creative. And you need to remember, that any theme or genre is just here to inform about the general course, we’ll be taking within our fantastical journeys. Nevertheless the ocean of creativity waits to be traversed – and there are many islands, we haven’t set foot on, so let’s get travelling, shall we?

The only thing, the storyteller needs to be aware of is, that a theme/genre isn’t a substitute for the aforementioned building blocks of entertaining narrative, namely: logical coherence within the story. Believable motivations and goals for the antagonists. Breaking of the fourth wall only, if absolutely necessary. Expostion through imagery rather than dull monologue. And, the players retaining their agency to rock the story, how they see fit. Sounds easy, goes awry much too often. Sometimes I hear people rambling about the distinct difference between high culture and popular culture, talking about you need to get cultured by being exposed to products the first, but not so much to those of the latter. Seems, that I shoould clarify myself: I BEG TO DIFFER! Like Van Gogh painted his works, to be exhibited in museums and used as a field trip goal to be studied by pupils, who simply don’t get what his art was all about, because he lived in a totally different time; I mean… yeah, sounds totally logical, doenst’t it. Or might it be, that he simply did what he did, because he thought he had to say something to the people of his time through his art? Or maybe, that he hoped to earn a little money with his pictures? I don’t know for sure; but there’s one thing, I know: that in his time nearly nobody gave a fuck about his new way of expressing what could be seen. If you don’t get, what I mean, please do a little research on your own. What I do, what many people do today might be considered products of popular culture. I can’t predict, how precisely somebody in a few decades from now on might judge those products. But they will surely have an opinion distinct from what would be said by people looking at any given popcultural works today. So I have faith, that those little stories of mine, which are especially intended to bring joy and fun to my players have a worth; a worth which might go beyond instilling fun. But that jugdement will come in a time and galaxy far, far away. Have a nice day and remember – always game on!

Auch als Podcast…

The Critic N°3 – Who needs critics…?

Sonntag der 3. Advent, Abends. Tag, Woche und Lust, Montags auf ein Neues zu stürmen neigen sich dem Ende. Keine Sorge – keine Wehklagen. Mehr die Frage, was mich im Moment noch antreibt? Man überwindet im Laufe eines Monats, eines Jahres, eines Lebens so manches, um sich doch immer wieder – Sysiphos‘ Strafe nicht unähnlich – vor mehr vom Gleichen wiederfinden zu müssen. Es ist weniger die Tatsache, dass da Arbeit ist, sondern vielmehr die damit einher gehende Monotonie, die mich gelegentlich an den Rand der Verzweiflung bringt; dann und wann auch darüber hinaus. Ich meine, alles Streben, alles Tun, alles Planen und Wagen wirken in diesen Tagen, wenn das alte Jahr ganz langsam dahingeht und man sich überdies in zumeist unnützen Retrospektiven verfängt irgendwie… verdammt alt. Schon mal dagewesen. So als wenn man sich manche Serien anschaut. Jede Woche das Gleiche mit allenfalls geringen Anpassungen und einer lediglich vordergründig neuen Herausforderung, die trotzdem schon mehr als einmal dagwesen ist. Different, different but same…

Somewhere the skies are always blue…

„Aber natürlich ist das eine rein subjektive Pein!“, höre ich das aus dem Chor vereinzelte Stimmen sagen. „Du weißt doch, das alles Leben Wandel ist!“ Ja sicher weiß ich, dass alles Leben Wandel ist und dass die subjektive Monotonie nicht die ganze Wahrheit abbildet; und trotzdem muss man sich seiner Sinnkrise ab und zu mal stellen, wenn man nicht möchte, dass sie einen irgendwann mit Haut und Haaren frisst. Und diese Gefahr ist für Menschen mit depressiven Erkrankungen ganz real. Um es klipp und klar zu sagen: ich mag mein Leben. Ich mag meine Familie und meine Freunde, ich mag sogar mich selbst (mit leichten Abstrichen). Aber im Moment sind manche Dinge (noch) wie ein endloser Tunnel, bei dem man sich fragt, ob dann doch noch das Ende kommt. Und man möchte wissen, ob dieses Licht da vorne einem nicht vielleicht doch hupend entgegenkommt… Ach, wenn ich ganz ehrlich bin, möchte ich im Moment einfach nur faul sein dürfen und es ärgert mich ein bisschen, dass es noch ein paar anstrengende Tage dauert, bis das soweit ist. Dieses Jahr dauert einfach schon zu lange.

Dass ich Pen’n’Paper-Rollenspiel spiele, kann man wissen, wenn man diesem Blog halbwegs regelmäßig folgt. Wahrscheinlich ist gelegentlich auch schon mal meine Liebe für Videospiele durchgeklungen. An dieser Stelle ein Bekenntnis: ich hatte jede Playstation seit der Generation 1. Und ich habe eine Menge Spiele gespielt. Sicher nicht so viele, wie manch anderer; keine Rennspiele, keine Sportsimulationen, weil ich mit der Sch***e schon im echten Leben nix anfangen kann, nur selten First-Person-Shooter und schon gar nicht im Mehrspielermodus, weil ich lausige Reflexe habe. Auch auf Konsolen dominieren für mich daher Adventure-Games, gerne auch mit einem gewissen Open-World-Charakter, wobei es schick ist, wenn sich eine faszinierende Story entfaltet. DAS ist meine Art, mir meine Dosis Eskapismus zu holen, wenn es an der Pen’n’Paper-Front mal wieder zu still ist. Betrachtet es als eine Art Rollenspiel-Methadon… Auch ich lese manchmal Spiele-Reviews – und verfluche mich dann hinterher immer dafür. Denn ich möchte mir meine Immersion gerne selbst erarbeiten. Und das geht nur, wenn man sich selbst ein Bild macht. Und wenn’s nix war, dann war’s halt nix. GTA5 zum Beispiel hat mich damals null gehooked. Nicht wegen der Prämisse, sondern weil das Gameplay mich angestrengt hat. Ich bin Casual Gamer und möchte dementsprechend gerne abgeholt werden. Womit zu bezweifeln bleibt, ob ich mich jemals an Elden Ring rantraue.

Da das Jahr hart war und ich einige Tiefschläge zu verdauen und mehrere große Projekte zu bearbeiten hatte, war von Anfang an klar, dass ich erst wieder zum ausgiebigeren Zocken kommen würde, wenn sich das Jahr dem Ende neigt. Also habe ich mir erst jetzt – und unter deutlich geringerer Aufwendung von Geld und Nerven als bei den early Hunters – ’ne Playse 5 gekauft und angefangen „Horizon Forbidden West“ zu spielen. Da kann man nämlich einstellen, wie schwierig die Gegner sein sollen. Und ich bekannte ja eben schon, dass ich diesbezüglich eine Mimose bin. Nun könnte ich anfangen von den Vorzügen des Spiels zu schwärmen. Grafik, Gameplay, Story, NPCs – ICH fühle mich gut abgeholt. Doch tatsächlich wäre das in diesem Fall Käse, habe ich doch weiter oben gesagt, dass ich selbst mich für das Lesen von Reviews meistens hinterher verfluche. Denn was für MICH so richtig Bombe ist, langweilt andere wahrscheinlich zu Tode oder führt bei noch Anderen zu einem indifferenten Schulterzucken. Nicht jedes Spiel ist für jeden Spieler was, weil Setting, Story und Spielmechanik sehr wohl einen Unterschied machen. Welchen Stellenwert haben aber dann Kritiken und vor allem Kritiker noch? Ganz ehrlich: für mich keinen großen, denn das Einzige, was mich interessiert ist, ob das Spiel technisch funktioniert, oder der Hersteller mal wieder die Kunden zu Beta-Testern gemacht hat, wie etwas bei „Cyberpunk 2077“

Was mich betrifft, hat die Medienbranche rings um die Spielebranche (und die rings um Filmbranche sowieso) mittlerweile obszöne Züge angenommen. Der Pre-Teaser-Teaser-Trailer garniert mit Insider-Gerüchten von…; da könnte ich im Strahl kotzen vor Glück. Wer braucht den Mist. Würde man seine Zeit und sein Kapital darauf verwenden, vernünftige Produkte herzustellen, bräuchte man diese Publicity-Maschinerie nicht, denn das alles ist nichts weiter als schlecht verstecktes Marketing. Und je mehr Marketing, desto ramschiger ist oft das Produkt. Mal davon abgesehen, dass bei den heutzutage anscheinend benötigten Produktionsbudgets die Money-People den Kreativen erzählen, was diese zu tun oder zu lassen haben. Als wenn IRGENDSOEIN Finanzierungs-Fuzzi Ahnung von Storytelling und Gamedesign hätte. Die können von mir aus alle zum Teufel gehen. All dem Hubbub zum Trotze habe ich dieses Wochenende ein paar Stunden gezockt, was mir prompt eine Rüge von meiner kleinen Tochter einbrachte, die wohl der Meinung ist, dass Papas auf keinen Fall länger zocken dürfen, als ihre Kinder… wenn die wüsste! In den nächsten Tagen komme ich ja eh nicht dazu, was auch vollkommen okay ist. Aber wenn mich der Urlaub hat, ja dann… Wir werden sehen. Fakt ist, dass mich die Kritiken (oder irgendwelche Let’s Plays) nicht interessieren; ich entdecke den verbotenen Westen selbst. Aber keine Sorge – zum Bloggen komme ich bestimmt auch. Einstweilen wünsche ich einen guten Start in die vorletzte Woche des Jahres.

Der verwirrte Spielleiter N°53 – Regelwerk-Debatten?

Als mich ein paar andere Nerds, die das gut zu verstecken wussten 1989 dazu einluden, an ihrer DSA-Runde teilzunehmen und ich relativ kurze Zeit später noch dazu aufgefordert wurde, mal zu spielleiten, war’s auch schon passiert. Geschichtenerzählen war einfach schon immer ein Teil von mir; und wird es wohl auch immer bleiben. Was mich damals sofort faszinierte waren mehr die unterschiedlichen Welten anstatt der Regelwerke. Und doch…, so viele Ideen, wie man die (halbwegs) reale Welt in einem Erzählraum abbilden konnte, so dass alle Protagonisten und Antagonisten einen Common Ground haben, der die Fairness in den Konflikten sicherstellt, hatten ihre Faszination. Warum ich hier zuerst von Konflikten rede, will ich weiter unten erklären. Anfangs war da noch diese Idee in der Community, dass man tatsächlich für jede Welt ein eigenes Regelwerk haben musste, bzw, dass die Verzahnung zwischen Regelwerk und Kampagnenwelt nicht aufzulösen sei. In meinen jungen Jahren habe ich daher einige ausprobiert: DSA, DnD 1st Ed., ADnD, MERS, Traveller, Star Wars D6, Palladium, Rifts, Robotech, Battletech, Rolemaster, Earthdawn, World of Darkness, Shadowrun, usw. Manche nur ganz kurz, andere haben mich jahrzehntelang begleitet. Doch schon relativ früh bemerkte ich zwei Dinge: keines der Regelwerke befriedigte meine Idee davon, wie Dinge darzustellen wären so gut, dass ich lange ohne Hausregeln und Customization Work auskam. Und nicht selten mochte ich nur die Kampagnenwelt, aber das komplette Regelwerk ging mir meilenweit am Allerwertesten vorbei. Was dazu führte, dass ich „system agnostic“ wurde und schon in den späten 90ern anfing, an einem eigenen Regelwerk zu basteln, dass mittlerweile wohl auch die dritte oder vierte Edition erreicht hat… Wobei System-agnostisch gelogen ist – andere Systeme wurden mir zunehmend egaler, weil ich meines in einigen Aspekten einfach für besser hielt.

Matt Colville sprach die Tage, anlässlich von Wizards of the Coasts Ankündigung einer überarbeiteten Edition von DnD 5E für 2024, über die sogenannten „Edition Wars“; also die immer wiederkehrenden Hass-Diskussionen (heutzutage speziell online) darüber, welche die beste Edition von DnD sei, dass doch sowieso alles nur Geldschneiderei sei und das andere Games sowieso viel besser/schlechter/sonstwas seien. [Er spricht auch viel über die Geschichte des Hobbies, und das Konzerne wie Hasbro nur die Marke interessiert, nicht jedoch das eigentliche Spiel, welches uns Gamern so am Herzen liegt. Das Video geht fast eine Stunde, ist aber unterhaltsam und informativ] Fakt ist, dass mir selbst – durch meine eigene System-agnostische Haltung – ein großer Teil dieser Diskussionen nie bewusst geworden ist. Mein jüngeres, wesentlich dogmatischeres Arschloch-Ich hätte sich sicherlich mit Freude an so einem Mist beteiligt, obwohl das ebenso riesengroße Bullenscheiße ist, wie etwa die ewige Playstation-vs.-XBox-Diskussion, das Canon-vs.-Nikon-Dilemma, der Streit um die beste Automarke, den besten Fußballclub, laberabarberschwätz… Die Sinnlosigkeit eines Streits über Vorlieben, die sich zumeist nur auf irgendeiner Form von unbewusster und daher unreflektierter emotionaler Verbundenheit mit dieser oder jener Marke gründen, kann einem klar werden, wenn man sich mal mit Priming und Werbepsychologie befasst. Fazit: wir werden unser Leben lang verarscht! Bei den Edition Wars war stets einer der Hauptgründe für die Ablehung neuer Regelwerke, dass man sich an die alten gewöhnt hatte und kein Interesse daran bestand, sich mit etwas Neuem auseinandersetzen zu müssen. „Das haben wir schon immer so gemacht!“ „Ja, aber es war schon immer Sch***e!“ „Nein, es war schon immer so, und deswegen war es schon immer gut!“ Tautologie meets Dogma. Kenn ich irgendwie auch aus meinem Arbeitsumfeld…

(C) by Monika Merz

Was soll denn nun ein Regelwerk im Pen’n’Paper-Rollenspiel überhaupt? Es soll durch die Bereitstellung von Mechaniken unterstützen, dass jene Konflikte, welche im Spiel durch den narrativen Aufbau von Dramatik entstehen (egal, ob dies der Spielleiter tut, oder die Spieler*innen selbst) einerseits sinnvoll und fair aufgelöst werden können (durch irgendwie ermittelte Werte und Charakteristika sowie Wahrscheinlichkeiten, die üblicherweise durch Würfel symbolisiert werden), auf der anderen Seite aber auch die Spieler*innen dazu animieren, dass Ihre Charaktere eine bestimmte Art von Verhalten zeigen, indem es solches Verhalten belohnt. Nämlich jene Art von Verhalten, welche der vom System vorgegebene Style of Play erfordert! Spielen wir etwa einen Survival-Horror-Dungeon-Crawler [Style of Play] wie DnD 1st Ed. [Regelwerk], dann geht es um Umsicht, Cleverness, Ressourcen-Management [erwünschtes Verhalten] in einer klaustrophobischen Spielumgebung, die den Spielern nur einen Weg lässt – vorwärts. Denn nur weiter unten im Dungeon finde ich die Items, die dafür sorgen, dass ich etwas besser überleben kann, um noch weiter unten im Dungeon noch bessere Ausrüstung finden zu können, um… Diablo-Style: Kill-Loot-Upgrade-Repeat. Die Regeln emulieren dann harte, dreckige Kämpfe, bei denen der Tod oft schnell und unerwartet kommt, Leben also billig ist und man nicht unbedingt erwartet, einen Charakter lange zu spielen [dramatische Prämisse]. All das findet in Generic Fantasy Land statt, einer soft-gerenderten Simulation unserer allzuoft nicht sehr realitätsgetreuen Vorstellung des spätmittelalterlichen bzw. Frührennaissance-Europas, welches üblicherweise (dank reicher Mythologie) als frühe Blaupause für Fantasy-RPGs gedient hat; zuzüglich der Monster [Setting].

Man kann sich das jetzt auch denken für ein Space Opera Setting in der Welt von Star Wars (Style of Play: Heroische Science-Fantasy / Regelwerk: Fantasy Flight Games Narrative Dice (analog zu Warhammer Fantasy 3rd Ed.) / Erwünschtes Verhalten: Heldentaten, Altruismus, Over-the-Top-Stunts / Dramatische Prämisse: der alte Konflikt Gut gegen Böse, oder Chaos gegen Ordnung / Setting: vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis); oder irgendetwas anderes. Wichtig ist, dass ein Setting ein Thema hat, dass einen speziellen Style of Play einfordert, der den Spielern gleichsam eine Idee davon vermittelt, welches Spielerverhalten vom System belohnt wird – und welches eher nicht… Ebenso wichtig ist natürlich, dass man als Spielleiter auf einen Thema-konformen Aufbau der Dramatik achtet. Dass funktioniert im Horror (Jump-Scares, life is Cheap, mindless monsters) anders als bei Heroic-Fantasy (Shining Heroes, glamouröse Kämpfe, schurkige Schurken) oder Cyber-Punk (Intrigen im Schatten, Hightech vs. Lowlife, soziale Fragen), oder Hard Science-Fiction (gritty realism, Naturgesetze funktionieren hier). Wichtig ist, dass die beschriebene/bespielte Welt jederzeit in sich glaubwürdig und konsistent bleibt. Wenn ich Hard Science-Fiction angesagt habe, kann ich nicht plötzlich Jedi-Ritter aus dem Hut zaubern; genausowenig, wie ich bei High Fantasy plötzlich mit gritty realism und der sozialen Frage der Weber anfangen kann. Wenn ich alles mit allem mische und jeden Konflikt in ein moralisches Dilemma verwandele, hat daran niemand mehr Spaß – denn in jedem Setting muss es eine, eindeutig BÖSE Fraktion geben, bei der absolut niemand mit der Wimper zuckt, wenn Chars anfangen, deren Mitglieder zu killen. Sonst kann ich doch noch anfangen, mir Game of Thrones anzuschauen (und ganz ehrlich, der Sch*** hat mich bis heute keine einzige Sekunde interessiert!)

Ich probiere auch heute noch gelegentlich Anderes / Neues aus und sammle ein bisschen jene Regelwerke, die mich faszinieren. Oft genug wegen der beschriebenen Settings, manchmal aber auch, weil ich immer wieder darüber nachdenke, wie man mein Rulesset, dass jetzt durchaus ein wenig crunchy ist (da wird schon mal ganz ordentlich gewürfelt) doch noch ein bisschen sleeker und einfacher gestalten könnte. Ist wahrscheinlich eine Zeitgeist-Frage, hört man doch überall in der Szene davon, dass man das „Shoeleather“ aus seinen Sitzungen entfernen sollte. „Shoeleather“ meint beim fiktionalen Schreiben, alles, was theoretisch auch in der Welt der Erzählung da ist, dessen Erwähnung aber den Plot nicht vorantreibt und für den Aufbau der Dramatik nicht zwingend notwendig ist. Denkt dabei an Telefonate in Filmen: „Hey Joe, wir treffen uns in 10 Minuten! – Alles klar, ich bringe Betty mit!“ Woher weiß dass Gegenüber, WO es in 10 Minuten sein muss? Weil der Plot sagt, dass er es eben weiß. Dafür haben wir eine schöne Spannungsfrage: wer oder was zum Henker ist „Betty“? Das ganze Geplänkel, die Höflichkeitsfloskeln, die Erwähnung, dass man sich zu lange nicht gemeldet hat – alles unwichtig, denn in 10 Minuten geht’s los und Betty ist dabei. Muss ich mehr wissen, um gespannt zu sein, was als nächstes passiert? NÖ, MUSS ICH NICHT? Um das zu erzeugen, brauche ich allerdings KEIN spezielles Regelwerk, sondern ein Verständnis für’s Erzählen, für Dramatik und Pacing – und ein paar gute Plot Points, von denen aus meine Spieler*innen in die Geschichte einsteigen können; aber eher selten braucht man dafür eine Würfelorgie. Ich selbst bin diesbezüglich übrigens schuldig im Sinne der Anklage! Aber warum müssen dann Konflikte entstehen? Weil ohne hohe Einsätze, Herausforderungen, Bedrohungen, Gefahren und mögliche Belohnungen kein Drama entsteht – keine Spannung, die sich durch Handlungen der Charaktere auflösen lässt. Und diese Lösung ist im Pen’n’Paper eben recht oft eine irgendwie geartete Auseinandersetzung.

Jetzt sind wir einmal im Schweinsgelopp durch das Thema, was Regeln beim Pen’n’Paper sind hindurchgeprescht. Aber was sind Regeln dann nicht? Ganz einfach: sie sind KEIN Instrument, um die Fantasie und Kreativität der Spieler*innen (oder der Spielleiter*innen) zu bremsen / einzufrieden. Und sie sind NIEMALS in Stein gemeißelt, wenn sie genau das eben beschriebene doch einmal tun sollten. Denn DAS killt den Spaß. Und der Spaß am Spiel durch das bewusste Eintauchen (die Immersion) in eine andere Welt ist das einzige, was dieses Spiel und seine Spieler*innen als Leim zusammenhält. Gemeinsam Fantasien erforschen, gestalten, ausleben, ohne dabei tatsächlich weit weg reisen zu müssen. Oder wie Matt Colville mal gesagt hat: „It’s the most fun, you can have with your brain!“ In diesem Sinne – always game on!

  • Friedmann, J. (2019): Storytelling. Einführung in Theorie und Praxis narrativer Gestaltung. München UVK Verlag.
  • Mackay, D. (2001): The fantasy role-playing Game: a new performing art. Jefferson (NC USA), London: McFarland & Company, Inc.
  • Merkel, J. (2021): Sieh, damit wir sehen! Eine Geschichte des Geschichtenerzählens. Berlin: Der Erzählverlag.

Der verwirrte Spielleiter N°52 – Das Böse ist los!

Ist schon lustig, dass man im Pen’n’Paper immer davon ausgeht, dass es so etwas wie ein Alignment, oder zu Deutsch eine Gesinnung gibt – und dass eine Gesinnung ein fixes Konstrukt ist, dass sich niemals ändert und das vor allem in einer Population gleich verteilt ist. Alle Orks sind böse – oder? Alle Elfen sind gut – oder? Alle Spielercharaktere müssen guter Gesinnung sein, sonst sind sie keine Helden – oder? Alles, was kein Held ist, ist ein Monster (oder ein böser Gegner) – oder? Warum arbeiten wir im Fantasy-Rollenspiel mit derlei Aussagen? Weil ein nicht unerheblicher Teil im Ausspielen von Konflikten besteht, und Spieler:innen sich gerne darauf verlassen, dass es okay ist, den Gegnern auch mal die Schädel einzuschlagen. Denn in der Realität ist es das nicht; auch wenn ich mir zum hundertsten Mal wünsche, dass das Verbuddeln der Überreste von Idioten, die ihren Führerschein einfach nicht verdient haben straffrei bleiben sollte. Kleinbürgerliche Goßmachtträume sind in der Realität genau das – Träume. Also räumen wir mal kurz mit einigen hartnäckigen Missverständnissen auf.

Das Böse hat am Bild gespielt… 😉

Zunächst muss klar sein, dass der Begriff „böse“ im Kontext Pen’n’Paper nur auf einer rein erzählerischen Ebene funktionieren kann. Das Böse im Rollenspiel hat mit dem Bösen der realen Welt nichts gemein – es mag Erzählfiguren und NSCs geben, die von der realen Welt inspiriert sind, doch in der Secondary World sollten jene Ambivalenz und Ambiguität, welche sich in Echt-Welt-Konflikten finden nur gut dosiert eingesetzt werden, weil die Spieler:innen sonst u.U. nicht das Maß an Eskapismus erleben können, für welches sie eigentlich an den Spieltisch gekommen sind. Wenn jede Situation zu einer moralischen Herausforderung im unüberschaubaren Reich der Grautöne wird, bleibt der Spielspaß auf der Strecke. Das bedeutet NICHT, dass es KEINE moralisch fordernden Situationen geben sollte! Man ist jedoch gut beraten, diesen im Spiel keinen zu großen Raum zu geben. Das wahre Leben ist schon genug voller Uneindeutigkeiten und Dissonanzen, die uns alle erheblich kognitiv fordern.

Wenn das Böse aber als erzählerische Kategorie funktionalisiert wird, muss ebenso klar sein, dass Erzählungen – insbesondere am Pen’n’Paper-Spieltisch – dynamisch sind. Sie entwickeln sich weiter, während wir diese gemeinsam erzählen. Folglich sind auch die Charaktere und NSCs, sowie die Gruppierungen, denen sie angehören dynamisch. Die Welt entwickelt sich als fortlaufender Prozess mal mit, mal ohne Zutun der Charaktere weiter; und lässt damit den Spielern oftmals keine andere Wahl, als ihre Charaktere auch weiter zu entwickeln. Zumindest, wenn die „Rolle“ in Rollenspiel tatsächlich als solche begriffen wird. Wenn Charaktere und Ihre Persönlichkeiten dynamisch veränderliche Konstrukte sind, können sie auch böse sein, böse werden, gut werden oder gut bleiben. Denn bestimmend dafür, ob ein Pen’n’Paper-Char und seine Handlungen als böse oder gut wahrgenommen werden ist lediglich der Grad, in welchem die Ziele dieser anderen virtuellen Person mit denen meines Charakters übereinstimmen. Wir wollen alle das Selbe => alles easy => Char ist gut! Der Spieler und damit sein Char haben konträre Ziele => Feind => Char ist böse! One persons evil is another persons goal!

geklaut bei Matt Colville, ergänzt von mir

Es ist in diesem Zusammenhang evtl. von Vorteil, sich mal über verschiedene moralische Archetypen Gedanken zu machen, die ich in dem obigen Bild in einem semiotischen Rechteck nach Greimas dargestellt habe:

  • HELD: das heldenhafte Prinzip beinhaltet, sich auf jene Art zu verhalten, die wir instinktiv mit Heldentum assoziieren, also die Schwachen zu schützen, Unrecht zu bekämpfen, dem Bösen die Stirn zu bieten, etc. Ein Held zu sein entbindet Spieler:innen allerdings nicht von der Aufgabe, sich eine stimmige Motivation auszudenken, warum DIESER Charakter sich JENER Aufgabe verschreibt (trotzdem findet man hier viele typische Spielercharaktere).
  • BÖSEWICHT: der Widerspruch zum Helden, jenes ungezügelte Prinzip, in welchem sich alles Unrecht bündelt, das wir uns vorzustellen vermögen (dieser Charakter ist ein NSC und gehört den SL). Nachvollziehbare Motive können eine Rolle spielen; oftmals haben wir hier aber einfach jene chaotischen Soziopathen, die einfach nur die Welt brennen sehen wollen, weil ihnen das Feuer so gut gefällt.
  • ANTI-HELD: hier wird es interessant. Anti-Helden wollen keine Helden sein, werden aber durch die Umstände dazu genötigt, heldenhafte Dinge zu tun, solange diese auch mit ihrer eigenen Agenda vereinbar sind. Der Anti-Held reist mit einer Gruppe, solange seine und deren Ziele halbwegs kongruent sind. Ist dies nicht mehr der Fall, droht die Trennung. (kann ein interessanter Spielercharakter sein, solange mit dem SL sauber festgelegt wird, welche Ziele dieser Charakter eigentlich verfolgt).
  • ANTI-BÖSEWICHT: und der hier möchte kein Bösewicht sein, fühlt sich aber durch die Umstände gezwungen, böse Dinge zu tun, um seine eigenen Ziele erreichen zu können. Solange jedoch seine Ziele auch durch Teilnahme an der Heldenreise erreichbar scheinen, wird er mit einer Gruppe nicht nur kooperieren, sondern diese auch unterstützen, sofern ihn dies seinem eigenen Ziel näher bringt. (das ist der Charakter mit dem Geheimnis, welches mit dem SL abgesprochen wurde und der u. U. in einem kritischen Moment die Gruppe hängen lässt. Das hat dann auch nichts mit Feindschaft zu tun – es ist einfach nur so, dass seine Ziele IMMER wichtiger sind, als die der Gruppe).

Es ist also nichts schlimmes dabei, einen „bösen“ Charakter spielen zu wollen, sofern a) klar ist, dass der Spielspaß für ALLE am Tisch respektiert werden MUSS und b) mit dem SL klare Absprachen über Ziele und deren Erfüllung getroffen wurden oder c) ALLE böse Charaktere spielen und eine gemeinsame Agenda haben. Kann alles funktionieren, braucht nur gute Vorbereitung auf Seiten des SL. Das bis hierher Gesagte zeigt aber auch, dass sich eine Agenda ändern kann, weil das Spiel, die Welt und damit die Charaktere in ihr ändern können. Darüberhinaus können wir das alte „Orks = böse vs. Elfen = gut“-Schema nicht stehen lassen, was aber das Problem aufwirft, das wir uns wieder in der Sphäre der Ambivalenz und Ambiguität bewegen, und nicht einfach jeden Ork umnieten lassen können. Deshalb bedarf es mindestens EINER Fraktion im Spiel, die JEDER hasst und bei der NIEMAND Einspruch erhebt, wen man denen auf die Mupfel haut. Aber auch dafür hat unser semiotisches Rechteck ja bereits eine Lösung parat: den Bösewicht (gerne auch in Mehrzahl). Ob das nun irgendwelche übernatürlichen bösen Monster sind, wie Dämonen, Zombies, Geister, etc. oder eine besonders bösartige Untergruppe einer Spezies, ist vollkommen egal. Für den Spielspaß ist es wichtig, ab und an Vertreter dieser Fraktion auftauchen zu lassen, bei denen klar ist, dass man mit ihnen a) nicht verhandeln kann und sie b) immer böses TUN, weil sie c) immer böse SIND und man ihnen folglich stets mit Gewalt begegnen darf. Wie oft diese zum Einsatz kommen, und wie wüst solche Encounter werden, hängt davon ab, wie Kampf-/Taktiklastig das Spiel insgesamt ist. Aber man braucht so eine Fraktion immer! Denn die Secondary World sollte ein Ort sein, der die Möglichkeit bietet, auch mal die einfach Lösung zu wählen; nicht immer, aber wenigstens ab und an. In diesem Sinne – always game on!

Auch als Podcast…