Storytelling Reloaded…

So lange ich mich entsinnen kann, war Geschichtenerzählen ein wichtiger Teil meines Lebens. Als Knabe war ich enthusiastisch, aber nicht sonderlich gut darin. Als junger Adoleszenter war ich selbstüberzeugt, aber bestenfalls so lala. Mit der Zeit wurde es jedoch immer besser – und ich immer kritischer. Heutzutage kann ich zumindest eine Geschichte aus dem Stehgreif hinwerfen, und sie klingt üblicherweise sogar halbwegs plausibel. Das sind allerdings immer nur Snippets of Story, also quasi Appetithäppchen des Erzählens, oder Amuse-Gueule der Dichtkunst. Es ist eine vollkommen andere Hausnummer, einen Roman zu schreiben. Hab ich schon ausprobiert. Von den vielleicht zwei Dutzend angefangenen Manuskripten (eigentlich sind es ja Tastatuskripte, denn ich schreibe nur selten viel mit der Hand, weil meine Schrift grässlich ist!) haben es immerhin drei Romane und drei Bändchen mit Episodengeschichten in Druck und unter Menschen geschafft. Und die hatten immer was mit meiner sonstigen Profession zu tun, auch wenn es sich dabei um Werke der Fiktion handelte. Zudem habe ich sie zusammen mit einem anderen Autor verfasst…

Nun ringe ich mit mir und meinen Autoren-Instinkten. Denn der kleine Urlaub am Bodensee hat meine kreativen Kanäle freigeblasen; so sehr frei geblasen, dass das ursprüngliche Schriftstück nun seine zweite Überarbeitung hinter sich hat und jetzt ca. 13 Seiten mehr aufweist. Nicht übel für drei halbe Abende am Bildschirm. Hab im Urlaub ja auch noch was anderes zu tun. Aber so sehr ich auch den Wunsch verspüre, es fertig zu bringen (und dieses Buch hat jetzt aber auch gar nichts mit meinem Job zu tun, denn es ist ein Sci-Fi-Roman), hadere ich mit dem Gedanken, es zu veröffentlichen, wenn’s dann doch recht bald fertig werden sollte. Man malt sich in seinem Kämmerlein ja immer so komische Sachen aus: dass man mal ein Buch schreibt, das dann knallt, und richtig Kohle bringt. Man kann plötzlich vom Schreiben leben, dann kommt Hollywood wegen der Filmrechte, man macht einen auf J.K. Rowling und verbringt seinen Lebensabend auf einem eigenen Weingut in der Toskana. Träume sind Schäume, oder…?

Die Meersburg

Das setzt dann solche unguten Hätte-Hätte-Kaskaden im Kopf in Bewegung, die einen nirgendwo hin führen, denn in der Regel wird das Ergebnis (m)einer Veröffentlichung bei rund 90.000 Titeln pro Jahr vermutlich eher ernüchternd ausfallen. Drum bin ich dann auch so böse und denke mir „Den Scheiß will eh keiner lesen!“, dann tut’s nicht so weh, wenn das eben Gedachte hinterher wahr wird. Aber die Hoffnung! Wie war das doch gleich noch mit den Übeln, die aus Pandoras Büchse entfleucht und über die Menschen gekommen sind…? Sei’s drum, irgendwann muss ich diese Denke überwinden, und es einfach wagen. Also ein Buch veröffentlichen, dass ich ganz alleine geschrieben habe – und in dem (so gut wie) nix über den Rettungsdienst steht. Denn ein paar kleine Seitenhiebe auf den Sparwahn im Gesundheitswesen konnte ich mir auch im Genre Science-Fiction echt nicht verkneifen. Allerdings wird es wohl noch bis nächstes Jahr dauern, denn der November und Dezember werden arbeitstechnisch noch mal heftig. Da habe ich vermutlich kaum bis keine Zeit für meine aufwendigeren Hobbies.

Staatsweingut Meersburg

Womit eines der großen Dilemmata unserer Zeit angesprochen wäre: Arbeitsverdichtung, Stress, Anforderungen vs. Selbstbestimmung, Selbstenfaltung, Sinn. Manchmal kriege ich die vielen Kontrahenten unter einen Hut, im Moment jedoch gerade mal wieder nicht; einer der Gründe, warum ich (wie schon erwähnt, mit dem Segen meiner besten Ehefrau von allen) eine kurze Flucht angetreten habe. Eigentlich hatte ich nur Wandern, Knipsen, Lesen und Chillen im Hinterkopf, als ich mir die Location ausgesucht habe. Doch das Buch „Plot and Structure“ von James Scott Bell, welches neulich schon mal hier Erwähnung fand, hat mir so richtig Lust gemacht, es anzugehen. Nachdem das Manuskript fast zwei Jahre unbearbeitet und ungesehen auf dem Massenspeicher meines Desktops vor sich hin gesintert hatte, brauchte es Überwindung und einen Anstoß, damit fortzufahren. Und die Anstrengung hat sich aus meiner Sicht gelohnt. Selbst wenn Andere hinterher sagen, dass es ihnen nicht gefällt – in erster Linie werde ich es zu Ende bringen, um mir zu beweisen, dass ich auch noch was anderes kann, als im Lehrsaal den Hemden-Ständer spielen…

Blick auf die Unterstadt

Ich mag meinen Job. Und ich nehme die Herausforderungen, die er mit sich bringt immer wieder gerne an. Ebenso gerne habe ich aber auch Wochenden oder Urlaube, um mal, mehr oder weniger ungehindert mein eigenes Ding machen zu können. Mal davon abgesehen, dass ich die Gemeinsamkeiten zwischen meinen Hobbies Storytelling / Pen’n’Paper-RPG und meiner pädagogischen Arbeit schon bei mehr als einer Gelegenheit herausgearbeitet habe. Womit ich zumindest die Gelegenheit bekomme, beim Storytelling in Übung zu bleiben. Nichtsdestotrotz fiebere ich schon jetzt, da ich noch am schönen Bodensee weile, schon dem Weihnachtsurlaub entgegen. Einige Stunden davon werde ich nämlich sicher in meiner Kammer sitzen, und an einem Buch schreiben. Seid jedoch versichert, bis dahin lesen wir uns noch öfter. Das hier sind schließlich keine Romane. Ich wünsche übrigens allseits abgefahrene Allerseelen – „All Hallows Eve“ á la americaine kann mir gestohlen bleiben. Gute Nacht…

New Work N°8 – A new mindset…?

Ich will ehrlich sein – hinsichtlich des Grundthemas „New Work“ bin ich mittlerweile ernüchtert. Nicht etwa, weil ich den, teilweise doch sehr unterschiedlichen Ideen, die sich gemeinsam hinter diesem Buzzword verstecken, nichts abgewinnen könnte; ganz im Gegenteil glaube ich fest daran, dass man die Arbeit unserer Zeit in mehr als einer Hinsicht neu strukturieren muss! Ich weiß aber leider auch um die Grenzen, an die man dabei stösst. Nicht selten steckt in diesen Grenzen der Grund für meine Reserviertheit gegegnüber der ganzen Angelegenheit. Denn abseits der strukturellen Hemnisse, die es schwierig machen, in manchen Bereichen (speziell des Gesundheitswesens) neue Formen der Arbeit zu implementieren, ist zumeist das Mindset jener, die über solche Change-Prozesse zu befinden haben, das eigentliche Problem. Und hier könnte ich manchmal vor Wut und Frustration in die Tischkante beißen! Denn einerseits lesen manche Leute in Führungspositionen interessante Bücher, und teilen das sogar Anderen mit – andererseits werden die dort vermittelten Ideen nur propagiert, aber nicht gelebt. Genauso, wie es dieses Buch hier prädiziert, und damit zur Cassandra seines eigenen Schicksals wird…

Insbesondere die Hinweise weiter hinten zum Thema Fehlerkultur sind interessant. Mir war gar nicht bewusst, dass so viele Menschen den Unterschied zwischen „Just Culture“ als Ideal zum Umgang mit Fehlern im Arbeitskontext und dem Beta-Mindset als Blaupause für iteratives Lernen in Orgnisationen gar nicht kennen. Bereits seit über 25 Jahren sind wichtige Erkenntnisse dazu bekannt und es werden fortlaufend neue publiziert, doch wirklich geändert hat sich vielerorts genau nichts! Man kennt doch diesen Spruch „Aus Fehlern wird man klug, drum ist einer nicht genug!“ Diese einfache Volksweisheit besagt, dass man manchmal voranschreiten und Fehler machen muss, um aus den unweigerlich auch daraus resultierenden Fehlschlägen etwas mitnehmen zu können. Aber genau davor hat man vielerorts Angst – evtl. ein bisschen Geld und Ressourcen zu verbrennen, um hinterher doch mit einem neuen Konzept starten zu können. Stattdessen wird oft nur der Status Quo zu Tode verwaltet. So entsteht aber kein Double-Loop-Learning. So entstehen auch keine Innovationen. Man könnte jetzt – widerum mit dem Volksmunde – sagen: „Schuster, bleib bei deinen Leisten“. Wenn da nicht meine, beinahe körperlich spürbare, Abneigung gegen diesen einen Satz wäre: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Man stelle sich jetzt einfach meine unartikulierten Wutschreie vor…

So, wie ich immer noch mit dem Versuch beschäftigt bin, Anderen in meiner Organisation das Thema „Just Culture“ näher zu bingen (das ist übrigens die vollkommen absurde Idee, gemeinsam, konstruktiv stattgehabte Fehler zu analysieren, um daraus für die Zukunft Vermeidungsstrategien zu lernen, anstatt zwanghaft „Schuldige“ punishen zu müssen!), könnte ich auch immer noch verzweifeln, wenn es um die das bloße Zulassen von Change-Prozessen geht. Und es ist nicht so, dass ich irgendwelche vollkommen outlandishen Dinge verlangen würde. Ich verlange nicht mal etwas, ich äußere nur manchmal Wünsche. Eine etwas modernere Arbeitsorganisation etwa (Stichwort: mobiles Arbeiten, in meinem Kontext ist das durchaus teilweise möglich), und ein wenig größere Spielräume für Projekte würden mir schon vollkommen genügen. Stattdessen verwalte ich nach wie vor den Mangel. Kein Wunder also, dass das obige Buch seine literarischen Finger auf höchst schmerzhafte Art in schwärende Wunden auf meine Seele gelegt hat….

NEIN, ich bin nicht drauf und dran, davon zu rennen, denn da ich mich selbst weder als feige noch als schwach charakterisiert sehen wollen würde, habe ich stattdessen all diese Herausforderungen angenommen, und arbeite mich daran ab. An dieser Stelle wäre es vielleicht aber noch angezeigt auf etwas hinzuweisen: es ist ja in der Generation Z (ich gehöre, zumindest der Nomenklatur nach zur Generation X) durchaus nicht unüblich, zu fordern, und zu fordern, und zu fordern,; weil diese jungen Menschen halt wissen, dass ihr (Arbeits)Marktwert nicht unerheblich ist. Was sie jedoch offensichtlich nicht verstehen (wollen) ist Folgendes: unabhängig von ihrem theoretischen Marktwert besteht die unabdingbare Notwendigkeit, den tatsächlichen Marktwert irgendwann zu beweisen! Konfligieren diese Werte jedoch aus Sicht der Leitungspersonen, kommt es zu erheblichen Friktionen im Dienstablauf. Ich verstehe, dass man die GenZ anders führt, als das bei mir der Fall war. Zwischen notwendig transparenterem Führungsverhalten und stärkerer Mitarbeiter-Partizipation auf der einen und „Ich kann hier tun und lassen was ich will!“ auf der anderen Seite, besteht jedoch ein himmelweiter Unterschied. Oder härter ausgedrückt: erst selbst leisten – dann fordern! Und nur so am Rande – wenn man mit der „ICH WILL ALLES JETZT“-Attitüde loszieht, stellt man alsbald fest, dass es bei anderen Arbeitgebern einfach nur auf andere Weise Scheiße ist. Denkt mal drüber nach, Kids!

Was mich betrifft: ich versuche weiter „Just Culture“ und das Beta-Mindset für mich selbst zu kultivieren. Vielleicht kann ich ja de/die eine*n oder andere*n auf dieser Reise mitnehmen. Bis dahin versuche ich nicht zu verzweifeln, und gönne mir ab und zu eine Auszeit. Ich wünsche ein schönes Wochenende.

Over the hills and far away…

Ich las heute morgen auf ZON einen Artikel, in dem sich eine Frau darüber ausließ, dass man ab dem Moment, da man Mutter würde, dauernd und von allen Schuldgefühle gemacht bekäme: man gehe das mit der Schwangerschaft falsch an, sei später dann zu wenig für das Kind da, oder helikopterte zuviel, man arbeite zu wenig, man erzöge falsch, oder gar nicht, man setze sich nicht genug für die Schule, den Kindergarten, wasauchimmer ein, man mache überhaupt gar nix richtig! Der Artikel ist leider nur hinter der Z+-Paywall für Abonenten verfügbar, deshalb verlinke ich hier nicht. Das Resumée der Autorin ist denn auch ernüchternd. Sie findet, dass man als Frau und als Mutter zu wenig gewertschätzt und entlastet, dafür aber zu sehr gedisst und bevormundet würde. Ich bin jetzt halt ein Kerl, aber ich könnte mir vorstellen, dass meine beste Ehefrau von allen was dazu zu sagen hätte – denn selbstverständlich spielt diese Diskussion auch in unserer Beziehung zumindest manchmal eine nicht unwichtige Rolle.

Die Autorin berichtete dann schlussendlich darüber, dass sie sich ganz bewusst davon freizumachen versuche, indem sie sich gezielt frei nähme und halt fünfe gerade sein ließe, wann immer sich die Gelegenheit dazu böte. Denn jeder Mensch bräuchte seine Freiräume. Ich fühlte mich sofort an ähnliche Gespräche mit meiner besseren Hälfte erinnert; vor allem, weil ICH gerade einen solchen Freiraum genieße. Und ich mich nun doch fragen muss, ob ich mich dafür schämen sollte, dass ich mir a few days off genommen habe, um mal wieder klar zu kommen: mit mir selbst, der Welt, meinen Aufgaben und dem ganzen anderen Scheiß. Es ist nicht so, dass dieser Vorgang ohne Präzedenz wäre. Alle paar Jahre breche ich mal für ein paar Tage aus gewohnten Mustern aus – und lasse fünfe gerade sein. Und ich bin gerade ziemlich glücklich darüber. Andererseits würde ich mir wünschen, dass meine Gattin, dass auch täte. Beim letzten Gespräch gab sie nämlich verschiedene Gründe an, warum das nicht ginge…

Ohne jetzt hier Interna aus dem Eheleben ausbreiten zu wollen, kann ich aber sagen, dass manche Gründe davon etwas mit Umständen im Arbeitsumfeld zu tun haben; andere jedoch sind psychologische Barrieren. Und wenn ich mich nicht vollkommen täusche, entstammen diese Barrieren eben jenem Framing, welches der, im Artikel recht gut beschriebene Konformitätsdruck für Frauen und Mütter vermutlich erzeugt: du hast IMMER zuerst für deine Kinder (oder deinen Haushalt, deinen Ehemann, etc.) da zu sein, und erst dann für dich. Ich habe diesen Effekt in Gesprächen auch schon mal als „Depersonalisieren“ bezeichnet, weil es sich für mich so anfühlt, als wenn die eigene Persönlichkeit entwertet und ganz langsam verdrängt würde, wenn sie zu lange und zu oft hinter den Belangen Anderer zurückstehen muss. Und ich bin davon überzeugt, dass nicht wenige – Frauen und Männer – jetzt gerade nickend vor dem Bildschirm sitzen, weil sie eben dieses Gefühl kennen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht missverstanden werden: ich verstehe den vollkommen berechtigten feministischen Impetus der oben beschriebenen Argumentation, weshalb ich meiner Gattin schon ein paar Mal angeboten habe, sie solle doch einfach auch mal was machen, nur für sich, weit genug weg und ein paar Tage lang. Bisher hat sie das immer abgelehnt. Vielleicht klappt es ja jetzt. Frauen haben sehr viele Belastungen, und unsere Gesellschaft als Ganzes tut sich immer noch schwer damit, Emanzipation zu (be)fördern. Und als Vater von zwei Töchtern sehe ich das mit Sorge (um ihre Zukunft) und Beschämung (über meine biologische Hälfte der Spezies Mensch). Nichtsdestotrotz möchte ich, dass zur Kenntnis genommen wird, dass solche Probleme auch Männer betreffen. Mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit nicht annähernd so oft, wie Frauen. Dennoch ist es eine Frage echter Emazipation, dass wir dann in diesem Zusammenhang auch über diese Kerle sprechen, die es nicht einfach so wegstecken können – dieses Ausdauerspiel namens „Leben“.

Seien wir ganz ehrlich: die Welt ist komplizierter geworden, seit ich als Rotzlöffel in den 80ern des vergangenen Jahrhunderts aufgewachsen bin und sozialisiert wurde. Ich versuche Schritt zu halten, aber das ist nicht immer einfach. Und wenn ich mich so umsehe, befürchte ich, dass dieses „Schritthalten“ (also bewusst auf dem Weg, hin zu einer wirklich emanzipierten Gesellschaft mitgehen) vielen noch schwerer fällt. Seht es uns Männern, die wir versuchen, was dazu zu lernen, bitte nach, wenn wir noch nicht so viel besser geworden sind, wie wir eigentlich müssten, in diesem Spiel namens „Gleichberechtigung“. Denen, die es absichtlich nicht mitspielen wollen, dürft ihr von mir aus mit einem rostigen Löffel die Eier ausschaben. Aber es gibt genug Kerle wie mich, die noch was dazulernen können und wollen. Habt einfach noch etwas Geduld – und gebt uns dann und wann einen Schubs. Wir können das ab, auch wenn wir im ersten Moment vermutlich nicht immer glücklich darüber sind. Das Ziel ist noch over the hills and far away – so wie meine momentane Bleibe. Also müssen wir alle dranbleiben! Peace!

Erwachsen Bilden N°36 – Pädagokratie gefällig?

Nachdem wir heute Morgen Besuch von lieben Freunden gehabt hatten, ging ich vorhin eine Weile im Herbsbelaubten Waldpark spazieren. Ein paar Spuren des Sturms vom Donnerstag waren auch zu besichtigen. Das war mir allerdings eher Wumpe, denn ich ging mal wieder los, um den Kopf frei zu kriegen und ein paar Gedanken zu ordnen. Zuvor hatten wir nämlich, wie soll es auch anders sein, beim Brunchen über den Job gesprochen. Die liebe Freundin arbeitet im allgemeinbildenden Schulwesen und hat das gleiche Problem wie ich: es ist verdammt, schwer geeignetes Personal – also Lehrkräfte – zu finden! Und es ist noch viel schwerer, Leute zu finden die bleiben, weil so manche potentielle Lehrkraft mit den Arbeitsbedingungen so gar nicht zufrieden ist. Über das Thema der Arbeitszeit-Problematik hatte ich an anderer Stelle schon mal gesprochen; damit sind aber andere Problemzonen noch überhaupt nicht angesprochen.

Wie ich also ging, fragte ich mich, warum wir einen so großen Fachkräftemangel im Bildungswesen haben, und die Antwort, die ich gefunden habe, erscheint verblüffend einfach: weil Bildung und Erziehung zur Carework gerechnet werden, und Carework nach wie vor nicht den gesellschaftlichen Stellenwert hat, den sie eigentlich haben müsste. Schauen wir uns zunächst die Berufsfachschule an. Wenn ich Facharbeiter für die Auto-Industrie ausbilde, dann ist klar, dass die danach in einer Wertschöpfungskette eingesetzt werden, die zumindest gedanklich hoch transparent ist. Zu gewissen Stückkosten (SK) werden Automobile gebaut, die ich später für einen Preis (VK) an die Kunden bringen kann. In den Stückkosten sind Lohnkosten, Betriebskosten (für die Maschinen, Gebäude, Grundstücke, etc.), Aus- Fort- und Weiterbildungskosten, Abschreibungen für Anschaffungen, Rückstellungen für künftige Investitionen, Marketing und whatnot enthalten. VK – SK – WVR (Wiederverkäuferrabatt) = Umsatzrendite vor Steuern. Ist eine vereinfachte Darstellung, aber es wird schnell klar, dass hier ein Verdiensthorizont entsteht, für dessen Realisierung die Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals essentiell ist.

Ein etwas naiver Blick auf meinen Arbeitsplatz… 😉

In meinem Gewerk, das zum Gesundheitswesen gehört, ist das schon schwierig, denn natürlich werden Betreiber des Rettungsdienstes entlohnt, weil man hochprofssionelle Arbeit nicht für Lau bekommt, auch wenn manche Menschen das bis heute zu glauben scheinen. ABER… der individuelle Aufwand, welcher für Aus-, Fort- und Weiterbildung getrieben werden muss, damit die Dienstleistung auf dem Niveau bei den Patienten ankommt, welches diese verdient haben (nämlich am aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik orientiert und auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt), entspricht im Gegensatz zur Auto-Industrie nicht einem direkten Benefit in der Kasse der Betreiber. Den Kostenträgern ist es nämlich verdammt egal, wie gut oder schlecht die Versorgung war. So lange nicht gerade ein Kunstfehler zur Anzeige kommt, wird immer der gleiche (per Bereich verhandelte) Satz bezahlt. Ob die Sanis kompetent und nett zu Oppa Schnippenfittich waren, fragt dabei niemand…

Kommen wir zum allgemeinbildenden Schulwesen. Auch hier entstehen Kosten in nicht unerheblichem Maße. Den Benefit zu beziffern, ist hier aber noch ungleich schwerer, als bei den beiden vorherigen Beispielen. Denn den meisten Menschen ist offenbar nicht klar, dass die Hauptaufgabe der Schule mitnichten ist, die Kinder fit für die Tretmühle Kapitalismus zu machen, sondern ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Viele Eltern sind nämlich mangels Sozial- und Bildungskapital nicht dazu in der Lage, ihren Kindern diesebzüglich eine große Hilfe zu sein. Die Teilhabe möglichst großer Gruppen der Gesellschaft ist aber die Voraussetzung für den Fortbestand von Demokratie. Und der Fortbestand der Demokratie ist die Voraussetzung für den Fortbestand wirtschaftlicher Prosperität. Wenn es einem autokratischen Regime nämlich von heute auf morgen einfällt, bestimmte Geschäftsfelder „zu regulieren“, erzeugt das eine (vor allem juristische) Unsicherheit, welche sich schlecht auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Staates auswirkt. Bis hin zum Totalversagen. Kann man bei Acemoglu und Robinson („Warum Nationen scheitern“) nachlesen.

Das bedeutet, abseits des hehren Humboldt’schen Bildungsideals ist die alte Diskussion um die Hauptaufgabe von Schule (humanistische Bildung vs. Arbeitsmarktchancen) eigentlich schon lange obsolet. Meritokratie ist eine schöne Illusion, doch ohne Demokratie ist sie nichts weiter als eine gestaltlose Hirnschimäre, die ohne rechtsphilosophisches und gesellschaftliches Fundament in sich zusammenfällt, wie das Soufflé, wenn man die Ofentür zu früh geöffnet hat. Womit wir zum Anfang zurückkomen: diese Erkenntnis ist leider noch nicht in allzu vielen Köpfen angekommen. Oder sie kam an – und wurde zugunsten anderer Dinge wieder vergessen. Jedenfalls genießen Pädagogen als Fachkräfte für den Erhalt der Demokratie (wenn man mal vom alten Fascho Höcke absieht, der träumt vom 4. Reich) und damit als Bereitsteller gesellschaftlichen Kitts keinesfalls die soziale Anerkennung, die ihnen gebührt. Was sich Lehrer*innen tagtäglich von den „lieben Kleinen“ und ihren Erzeugern anhören dürfen, spottet dafür jeder Beschreibung.

Deshalb der Titel. Ich wäre bereit für was Neues. Eine Pädagokratie könnte Schulen zu den Orten des individuellen Wachstums und der Solidarität machen, die sich eigentlich schon immer sein müssten; wenn wir nicht schon von Kindesbeinen an zwanghaft ettikettieren und auf „Normmaß“zurechtstutzen müssten. Ich wäre dabei. Und wenn potentielle Lehrkräfte mitbekämen, dass es auf einmal ganz geil ist, Lehrer zu sein, hätten wir vielleicht alsbald auch keinen Fachkräfte-Mangel mehr. Denkt doch mal drüber nach…

Infuencerreißprobe…

Das ich für jene Menschen wenig Gegenliebe übrig habe, die einfach nur sich selbst und ihre, allzu häufig auch noch unmaßgebliche Meinung über unmaßgebliche Dinge als Marktwert haben, konnte man in der Vergangenheit sicher schon das ein oder andere Mal rauslesen. Ich halte Influencer, und was sie in der Hauptsache tun, für eine mindestens genauso schlimme Pest, wie das ganze Nazigeschmeiß im Netz der Hetze! Das WeltWeitNetz ist in den vergangenen Jahren zu einem Ort degeneriert, an dem geschönte, oder gar falsche Identitäten unrealistische Träume über unmögliche Zukünfte hypen, um sich dann gegenseitig auf die virtuellen Schultern zu klopfen, während sie diejenigen verbal filettieren, die es wagen, nicht ihrer unmaßgeblichen Meinung zu sein. So viel zum Thema, „das Netz würde die Demokratie befördern“…

Lichtgestalten sucht man in dieser Melange aus Hass, Häme, Provkation, Mobbing, etc. vergebens. Schon mal vom „Drachenlord“ gehört? Traurige Gestalt, traurige Geschichte, traurige Nachbarn. Und es gibt offensichtlich Menschen, die ihrerseits Geld mit einer Mobbingwelt rings um diese Randerscheinung des Internets verdienen. Also Leute, die mit Memes, Blogs, Vlogs und anderem Kleinkram rings um Rainer W. so viel Kohle machen, dass sie, allein schon aus fislkalischen Erwägungen. die Hatemachine immer weiter am Laufen halten müssen. Wie unfassbar pervers ist dass denn bitte? Man mag von diesem Mann halten was man will – aber jemanden als Opfer von Mobbing zu instrumentalisieren, um damit Geld zu verdienen, ist an Inhumanität, Egoismus und Arroganz nur noch durch physische Folter zu überbieten.

Jetzt soll er in den Knast, weil andere ihn so lange gepiesackt haben, bis er ausgerastet ist und physisch angegriffen hat. Dass es in so einem Fall keine Unschuldigen gibt, ist klar. Aber wer in Wahrheit wie viel Schuld zu tragen hätte, ist mit einem Gerichtsurteil nicht beantwortet. Ich würde es feiern, wenn solche Menschen ihre Missetaten wieder bekämen. Ich behaupte ja öfter, dass Karma ein Bumerang sei. Manchmal trifft dieser aber anscheinend einfach nicht hart genug. Da wir jedoch in einem Rechtsstaat leben, und es offensichtlich nicht möglich ist, solchem Tun Einhalt zu gebieten – das klappt ja auch bei Nazis nicht, und solche Schmeißfliegen des Cybermobbings agieren auf dem gleichen niederträchtigen Niveau – kann man nur hoffen, dass es die auf andere Art trifft. Welche auch immer das dann sein mag…

Eigentlich ist es ja gar kein Degenerationseffekt des Internets. Das Netz ist halt einfach zur Waffe verkommen, so wie jede andere Erfindung der Menschheit davor auch schon. Worte sind Werkzeuge, können folglich auch als Waffe gebraucht werden, um andere wahrhaftig zu verletzen. Und das Internet hat allen Menschen die Möglichkeit verschafft, diese Waffe global, unmittelbar und dauerhaft zum Einsatz bringen zu können. Es ist nicht das Internet, das degeneriert ist – es ist der Mensch! Und daher ist es eigentlich auch vollkommen egal, ob wir das mit dem Klimawandel noch gerissen kriegen. Denn besser wäre es wohl, wenn wir vom Antlitz dieses wunderschönen Planeten einfach verschwinden würden. Sang- und Klanglos, ohne dass es noch irgendeine Influence auf den weiteren Gang der Dinge hätte.

Weil das aber noch eine Weile dauern wird, und die Hoffnung bekanntermaßen als Letztes aus Pandoras Büchse kam, und auch als Letztes sterben wird, ergehe ich mich, genau wie diese dummen kleinen Cybermobber und Influencer – ist eh alles nur das Selbe – in gewalttätigen, kleinbürgerlichen Großmachtphantasien, die ich hier nicht ausführen muss. Und versuche dennoch wenigstens den/die eine*n oder andere*n davon zu überzeugen, dass humanistisches Menschenbild und Handeln eine Alternative zu jenen öffentlich ausgelebten narzisstischen Persönlichkeitsstörungen sein könnten, welche das Netz offenkundig befeuert. Schönes Wochenende in Egomanistan…

Who am I?

Die letzten Wochen waren eine Zerreissprobe. Und ich denke, dass ich diese langsam, aber sicher überstanden habe. Oh, der große schwarze Hund ist immer noch zu Besuch, aber wir haben uns darauf geeinigt, dass er im Moment nah bei der Heizung liegen bleibt, und sich nicht allzu viel bewegt; dafür darf er zuschauen. Zusätzliches Futter braucht er ja nicht… Beruflich komme ich derzeit wieder in ruhigeres Fahrwasser, weil sich die richtige Mischung aus Offensive und Diplomatie eben doch auszahlt, wenn man nur ein bisschen Geduld hat. Eine meiner großen Schwächen ist leider, dass ich eigentlich am Liebsten immer alles sofort gelöst sehen möchte. Man könnte jetzt mit Ende 40 mal langsam ein bisschen ruhiger werden, oder? Immerhin habe ich mir noch eine kleine Verschnaufpause für Ende des Monats eingeplant. Dennoch werden die Monate November und Dezember noch mal ein long run. Wie immer halt. Wie gerne hätte ich im Moment noch mal Sommer in der Toskana…

Pieve die Santa Maria a Panzano

„Who am I“ ist natürlich eine Catchphrase um verschiedene Aspekte meines Selbst zu reflektieren, die ich in den letzten Wochen an mir bemerkt habe:

  • willensstark scheint auf den ersten Blick positiv, kann aber halt auch in Sturheit oder Verbohrtheit umschlagen. Manchmal dauert es ein bisschen, bis man den Unterschied selbst erkennt. Zumeist braucht es dabei Hilfe von Außen.
  • hoffnungsfroh kann hingegen die Gestalt von leichtgläubig, oder vertrauensselig annehmen. Dennoch ist Hoffnung empfinden zu dürfen, auch, wenn’s mal ein wenig rauer zugeht trotzdem ein nicht zu unterschätzendes Geschenk.
  • Organisator ja, das kann ich tatsächlich. Auch wenn ich mir ab und zu wünschen würde, dass ich nicht ganz so viele Workarounds aus dem Hut zaubern müsste. Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels – und zur Abwechslung ist es mal kein entgegen kommender Zug…!
  • ambivalent/ambig emotionale Wechselbäder sind mir weder fremd, noch komme ich damit im Alltag nicht klar. Dennoch ist meine diesbezügliche Toleranz gegenwärtig beinahe aufgebraucht. Ich brauche mal ein paar Momente der Klarheit!
  • Muse auch mein Talent zur Inspiration scheint noch zu funktionieren, wenngleich ich mir mehr Raum schaffen muss, mich auch mal wieder selbst zu inspirieren. Vielleicht hilft ja meine gegenwärtige Lektüre ein wenig…
  • integrativ Menschen und ihre Motive/Ziele unter einen Hut zu bekommen, ist manchmal gar nicht so einfach. Genau das hat mich in den letzten Wochen Nerven en masse gekostet. Aber es zahlt sich aus – und das für alle Beteiligten. Da bin ich mir sicher.

Damit ist natürlich immer noch nicht gesagt, wer ich bin! Das rauszufinden passiert ja aber auch dauernd neu, und ist wohl nie abgeschlossen. Gegenwärtig schlage ich mich deshalb, quasi als Ersatzbefriedigung, mal wieder mit der Frage rum, was ich eigentlich will. Ich meine, ich mache meinen Job wirklich verdammt gerne, aber ich möchte mich nicht nur darüber definieren. Und gerade jetzt ist alles ein bisschen viel. In meinem Hinterkopf spukt mal wieder der Gedanke endlich mehr zu schreiben; endlich mal eines der drei bis vier Bücher, die zum Teil relativ weit gediehen auf meiner Festplatte vor sich hin sintern auch zum Ende zu bringen. Aber das ist schwer, wenn man das Gefühlt hat, das an jedem Projekt noch etwas (evtl. Entscheidendes?) fehlt. In solchen Momenten darf man sich auch – oder gerade – als kreativer Mensch mal Inspiration und Ideen von Außen holen. Und da schwemmte das moderne Antquariat aus den USA das hier auf meinen Schreibtisch:

ISBN: 978 -1-58297294-7

So far, a damn good read! Es beantwortet sicher nicht meine Eingangsfrage, aber es hat mir Lust gemacht, mich mal wieder auf andere Art, als „nur“ beim Bloggen, für’s Studium oder die Arbeit an die Tastatur zu klemmen – und vor allem auch meinen wilderen Gedanken mal Freiraum zu geben. Dass ich mehr als genug Geschichten zum Erzählen hätte, daran hat nie ein Zweifel bestanden. Aber ich stelle gerade fest, dass ich an so manchem Grat meiner Skills noch schleifen kann – und werde. Vielleicht wird es neben der vielen Arbeit doch ein guter Herbst. Ich werd’s euch wissen lassen. Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit. Und hoffe, dass nicht wieder 10 Tage zwischen zwei Posts vergehen. See you soon.

Langsam aber sicher…

Die Zeitung aufzuschlagen – gleich ob man das mit gutem, altmodisch bedrucktem Papier bewerkstelligt, oder aber per Wischgeste am Mobile Device – ist ein kathartischer Akt. Steht ja doch nur Scheiß im Tageblatt. Das schlechte Nachrichten aus Sicht eines Redakteurs dabei gute sind, weil Tod und Sex sich in vielerlei Hinsicht immer noch am besten verkaufen lassen, ist ein alter Hut; oder ein Feigenblatt, je nachdem… Dabei wird aus dem Redakteur oft ein Redukteur, denn der Informationsgehalt muss auf ein verdau- und auch wieder ausspeibares Maß reduziert werden. Sonst ist Ottonormalbürger*in womöglich geneigt, nach mehr Fakten zu suchen und sich ein eigenes Bild zu machen. OK, das war böse und gilt nicht für jede Postille. Zumeist aber für die BLUT, die WELT, den FOCUS, die NZZ und noch so ein paar Blätter, die Tradition als ausreichenden Fortschritt zu verkaufen versuchen. Diese kuratierten „Snipets of Info“ sind dabei meist genau so zugeschnitten, dass sie sich einfach, dumm und unreflektiert in den asozialen Medien teilen lassen. Wer mag nicht ein paar schnelle Likes, wenn das mit Titten, Dogmen, Tod und Hass doch am schnellsten geht…?

Jaaaa, ich bin mal wieder in einer dieser Stimmungen. Noch vor ein paar Wochen, als ich mit meiner Familie auf dem Ausflug unterwegs war, bei dem unter anderem auch die Bilder in diesem Post entstanden sind, fühlte sich das noch besser an. Wir alle haben ja diese Erzählung unserer Selbst im Hinterkopf, diese Idee einer individuellen Identität, die Herr ihrer kleinen Welt, ihrer Handlungen, ihres Wohls ist. Tja… manchmal fliegt der flotte Selbstbetrug allzu schnell auf. Im Moment bin ich der Herr von NIX. Alle Pläne sind durch eine kleine Unbedachtheit in der Schwebe, alle Kontrolle liegt nun in anderen Händen, und die Selbstsicherheit kauert in einer dunklen Ecke hinter dem Ofen in der Küche meines Gedankenpalastes und wartet – wartet auf den Zusammenbruch des Kartenhauses.

Als ich durch die beeindruckenden Reste des Klosters Disibodenberg mäanderte, hätte ich mir nicht träumen lassen, wie schnell mal wieder alles an die Wand fahren würde. Allerdings hätte ich auch nicht damit gerechnet wie – mit Verlaub – SCHEISSEGAL mir das gerade ist. Ich denke, während ich diese Zeilen schreibe darüber nach, was wohl passiert, wenn alsbald tatsächlich der schlimmste Fall eintritt. Und komme langsam zu dem Schluss, dass dieser schlimmste Fall vermutlich für andere wesentlich schlimmer wäre, als für mich. Ich bin zwar eigentlich keiner, der beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten den Schwanz einzieht und wegrennt. Wenn ich was verbockt habe, kommuniziere ich das, und gehe dann in die Offensive, in dem Versuch zu kitten, was zu kitten ist. Aber wir alle wissen, dass wir nicht immer Herren unseres Schicksals sind. Also bin ich trotzdem auch unruhig, denn wenn man das Seine getan hat und warten muss, ist das immer beunruhigend. Wir sind schließlich Menschen und da ist unsere Ratio immer nur ein Haaresbreite von der Irrationalität, dem Subjektiven, der Intuition entfernt. Auch im Gegenüber…

Jedenfalls schlug ich heute morgen die Zeitung auf und da war wieder einer dieser Artikel über Sinnsuche. Ein Thema, das mich schon lange verfolgt. Und es passte gerade zu meiner Stimmung, also las ich den Kram, wo auch im Artikel und in den Kommentaren wieder nur olle Kamellen aufgegossen wurden. Da wird mit Philosophen um sich geworfen, als wenn die lange gedachten, gedruckten und 1000fach replizierten Gedanken eines Anderen, und mögen es noch so kluge Ergüsse sein, tatsächlich Balsam für (m)eine Wunde Seele sein könnten. Natürlich kann man sich in irgendeinem Buch oder Magazinartikel wiederfinden – wenn man denn dort nach sich suchen möchte. Und natürlich sitzt man dann irgendwann nickend da uns sagt „JA, das könnte ich mal versuchen…“. Hölle nein. „Walk a mile in my shoes!“ ist nicht nur so dahingesagt. Es ist ein Sinnbild für das Bestreben, Anderen die eigene Sicht auf die Existenz begreifbar machen zu wollen. Was selten richtig gut klappt. Das ist ja schon bei Menschen schwierig, mit denen man lange bekannt ist. Aber bei irgendwelchen x-beliebigen Dritten? Wie soll also eines anderen Schreibe tatsächlich meine Probleme lösen helfen…?

Wie auch beim Fotografieren versuche ich bei diesen Meditationen über die verschissene Verfasstheit meiner Lebensrealität (und nichts anderes sind manche meiner Posts) viele unterschiedliche Blickwinkel – und bin nur selten wirklich mit den Ergebnissen zufrieden. Vielleicht ist aber genau diese Erkenntnis das Substrat, welches mir momentan am meisten Entlastung verschafft: dass 100% Zufriedenheit einfach eine Illusion bleiben muss, weil immer irgendetwas stört, den Blick versperrt, nicht funktioniert wie versprochen oder gedacht, vom eigentlich Relevanten ablenkt und schlussendlich Illusionen zerstört. Illusionen über das eigene Vermögen (nicht im Sinne von Geld sondern Kompetenz), über die eigenen Intentionen und Ziele, die eigene Situation. „Da steh ich nun ich armer Tor. Und bin so klug als wie zuvor.“ Danke, Dr. Faust. Allerdings habe ich NICHT meine Seele dem Teufel verkauft. So weit bin ich noch nicht in meinem Streben nach Erkenntnis. Jedoch langsam aber sicher mal wieder auf der Suche nach Lösungen für komplexe Probleme. Einstweilen wünsche ich uns allen ein schönes Wochenende, Geduld und Zufriedenheit. Peace.

Should I stay, or should I go?

„Wenn du tot bist, tut es nur den anderen weh; genauso, als wenn du dumm bist!“

…from somewhere in the Internet

Mann muss einfach sagen, dass der Spruch so verdammt wahr ist, dass es tatsächlich immer wieder weh tut, wenn man seinen Auswirkungen in der Realität begegnet. Man kann sich dem zu entziehen versuchen. Ich selbst bin gerade wieder einmal an dem Punkt angelangt, da ich social media gerne komplett aus meinem Leben ausschließen würde! Denn subjektiv sind da nur noch Idioten unterwegs! Und habe doch Angst, dass ich damit manchen meiner „weak ties“ den Stecker ziehen würde, was zumindest bei ein paar davon wohl zu einer Verarmung meines Selbst führen könnte. Denn über die „weak ties“ in unseren Sozialbeziehungen realisieren wir eine Reflexionsfläche, deren Wirkung auf unsere Persönlichkeit nicht unterschätzt werden sollte. Es ist zwar ein Allgemeinplatz, dass wir Menschen soziale Wesen seien, aber nirgends lässt sich das besser beobachten, als an einem Ort, an dem eine größere Menge von Menschen mit unterschiedlich starken Bindungen in informeller Atmosphäre zusammenkommt. Zum Beispiel bei Partys im Zusammenhang mit dem beruflichen Umfeld.

Ein weiterer Allgemeinplatz lautet: „never fuck at the office/company“; wir alle haben zumindest ein intuitives Verständnis dafür, dass eine Beziehung derart auf ein „neues Level“ zu bringen allerlei … interessante … Folgen haben kann. Denn in der Regel führen derlei Punktualisierungen dazu, dass sich die individuellen Netzwerke der dabei (nicht nur sexuell) interagierenden Akteure auch miteinander vernetzen. Im Guten, wie im Bösen. „Homo Homini Lupus“ ist nicht einfach nur so dahingesagt. Menschen verfolgen nämlich Ziele. Manche gehen dabei intelligent und strategisch vor, andere lassen sich bewusst treiben, wohlwissend, dass sie Wirkmacht haben; und wieder andere verstehen gar nicht, dass und wie sie Einfluss ausüben, und wirken so von Außen betrachtet eher wie eine Flipperkugel; oder wie der Schmetterling, der den Orkan auslöst…! Das muss nicht unbedingt echte Blödheit sein, die einem den Tag versaut. Allzu naives Handeln kann genau die gleiche verheerende Wirkung entfalten.

Ich mag gedankliche Assoziationsketten. Springen wir also von der Party direkt ins Netz! Heutzutage ist es sehr einfach, Reaktionen auszulösen, weil man einfach irgendwas irgendwo posten kann und – je nachdem wie provokant, blöd, kalkuliert böse, anbiedernd oder sonstwie Aufmerksamkeit heischend die Äußerungen gewesen sein mögen – mit mehr oder weniger direktem Feedback rechnen darf. Denn ein paar Dumme, die sich auf die verbale Tretmine werfen, finden sich immer. Manchmal macht das sogar Spaß, wenn man ein paar Nazis triggert und dann FB melden kann, damit sie wenigstens für ein paar Tage gesperrt werden und so nicht andauernd ihre Verbaldiarrhoe absondern können. Aber auf die Dauer werden auch solche Spielchen langweilig. Und sie desillusionieren mich. Ich dachte, wir – so als Gesellschaft – wären schon ein Stück weiter. Sind wir aber ganz offensichtlich nicht. Und daraus wird dann unter Umständen eine Spirale, an der ich nicht teilhaben möchte, denn meine Depressionen sind auch so schon nicht immer einfach im Griff zu halten. Daraus folgt, wie bereits oben gesagt, dass ich eigentlich dem ganzen social-media-Quatsch entsagen sollte. Aber auch nicht…

Man wirft den Quatsch- und Querdenkern, Aluhüten, Nazis und dem ganzen anderen Geschmeiß, dass so gerne auf FB rumlungert ja immer vor, sich in Echokammern und Filterblasen gegenseitig aufzuschaukeln und zu radikalisieren. Entzöge ich mich dem nun, und bequemte mich nur noch in meine individuelle Komfortzone, wo nette Menschen mein Ego streicheln und mir stets wacker beipflichten, wenn ich mal wieder irgendwelchen Quatsch von mir gebe – was auch mir regelmäßig passiert – dann wäre ich kein Jota besser, als die von mir eben benannten stumpfsinnigen, dogmatischen Hohlfrüchte vom Eso-Rechten Rand! Und da haben wir mein Dilemma. Denn eigentlich bewirke ich vermutlich so gut wie nichts, weil es denen ja nicht weh tut, denn sie sind – auf eine spezielle, blinde Art – dumm! Mir tut’s aber weh, mich damit auseinanderzusetzen, weil es meinen, eigentlich immer noch starken Glauben an das Gute im Menschen immer und immer wieder ein bisschen beschädigt! Und damit auch mich selbst…

Vermutlich läuft es zum wiederholten Male darauf hinaus, dass ich mich für eine Weile von dem Scheiß fernhalte. Bis zu dem Moment, da ich feststelle, dass es mich doch wieder kitzelt. Meine Hoffnungen dabei sind, dass ich a) vielleicht, vielleicht doch wenigstens einen von denen zurück unter die nicht vollkommen Hirntoten hole und b) langsam, mit zunehmendem Alter nach und nach etwas resilienter werde. Oder noch zynischer und abgefuckter. Das wäre – für mich – auch OK. Aber ganz ehrlich – ich könnte mal einen Ratschlag gebrauchen. Schönen Samstag. [PS: DANKESCHÖN an „The Clash“ für den Titel.]