Begegnung mit dem Märchenonkel – Rollenspiel für Dummies #7

Nichts geschieht ohne Grund. Sagt man zumindest öfter mal so dahin, aber es gibt Kontexte, in denen das zumindest dem Anschein nach stimmt. Wenn man ein Buch liest und eine Person auftaucht, die mit mehr als nur einem Nebensatz gewürdigt wird, dann darf man sich eigentlich recht sicher sein, dass diese Person im weiteren Verlauf der Geschichte noch irgendeine Rolle zu spielen haben wird. Schließlich hat der Autor sich ja was dabei gedacht, als er diese Figur hat auftauchen lassen; immerhin kennt der Schreiber ja schon vor dem Leser das komplette Storyboard. Zwar gibt es solche Nebenfiguren, die nicht notwendigerweise eine wichtige Rolle spielen, die einfach mal auftauchen, um den Plot etwas zu verzwicken, den Leser auf falsche Fährten zu locken oder eine auflockernde, vielleicht auch humoreske Einlage liefern zu dürfen, aber irgendwie fügen sie sich in das Universum der Geschichte ein und erfüllen einen Zweck.

Im Leben ist das nicht so. Wir treffen Menschen in all ihren Darreichungsformen und oft genug hat das Schicksal damit vielleicht im Sinn uns zu verärgern, zu demütigen, zum sich sorgen zu bringen oder sonst was; positive Dinge geschehen natürlich auch, aber wir alle wissen, dass man sich an die negativen Dinge besser erinnert, als an die positiven. Jedenfalls wirken die meisten Begegnungen im wahren Leben, in der prallen Realität zufällig, unarrangiert, chaotisch und gelegentlich in der Breite des Spektrums schlicht überfordernd, so dass man nie genau weiß was man kriegt – Forrest Gumps Pralinenschachtel lässt grüßen. Den Zweck mancher Begegnung im Leben zu entschlüsseln ist kompliziert und bei manchen ist es auch unmöglich, weil dieses chaotische Gebilde des sozialen Miteinanders zwar Strukturen hat, wir diese jedoch nur selten zu erkennen vermögen, selbst wenn man darauf trainiert ist. Zwar sagt man auch hier dann und wann, dass Nichts ohne einen Grund geschähe; was aber damit gemeint ist, nämlich dass wir einander stets auf der Basis von Chance und Wahrscheinlichkeit begegnen und vielleicht Freundschaft, Feindschaft, Liebe, Nutzen und noch vieles mehr in einer einzelnen Begegnung liegen kann, dass realisieren wir immer erst hinterher. Weswegen es auch so verdammt schwierig sein kann, den richtigen Partner zu finden…

Im Rollenspiel verhält es sich auf den ersten Blick eher wie in einem Buch. Wenn der Charakter eines Spielers zum ersten Mal denen der anderen Mitspieler begegnet, weiß jeder, dass dieses Tänzchen darüber entscheidet, ob eine Gruppe funktionieren wird, oder eher nicht. Dieses Wissen darum, dass diese virtuelle Person auch eine wichtige Rolle in der Geschichte spielen kann bzw. spielen will beeinflusst natürlich den Ablauf der einzelnen Spielerhandlungen in dieser Phase. Schließlich ist Rollenspiel ein Gruppenerlebnis, dass auf Miteinander ausgelegt ist. Für die Antagonisten ist doch der Spielleiter zuständig, oder? Sagen wir mal so: auch zwischen Spielercharakteren wurden schon legendäre Feindschaften geschmiedet. Ebenso natürlich werden viele Dinge zwischen den Charakteren (zumindest in den Gruppen, in denen ich spiele oder spielleite) erst später ausgehandelt; und vor allem immer wieder neu ausgehandelt, denn auch diese virtuellen Figuren sind einer Entwicklung entworfen, die sich nicht nur in den Statistika auf dem Charakterblatt widerspiegelt. Insofern ist eher der Vergleich mit dem realen Leben angebracht, denn was aus der so genannten Gruppendynamik entsteht, kann kein Spielleiter vorher sehen. Muss er auch nicht, wenn er zumindest halbwegs passabel zu improvisieren versteht.

Nun führt der Spielleiter ALLE Nichtspielercharaktere ein und stets sind die Ohren der Spieler gespitzt, denn das, was sie als Erstes herauszufinden versuchen ist stets, ob es sich dabei um eine wichtige oder eine Nebenfigur, um einen Protagonisten oder ein Antagonisten handelt. Und ab diesem Punkt wird es lustig; zumindest für den Spielleiter! Natürlich nehmen Spieler gerne an, dass sie in der Lage sind, die Zeichen, welche eine virtuelle Person wie ein NSC aussendet auch korrekt deuten zu können. Oder vielleicht an Hand von Aussehen, Habitus, Herkunft sagen zu können, ob und wie bei dem was zu holen ist, ob er einen Auftrag hat, Informationen besitzen könnte, einem in die Suppe spucken will, oder einfach nur schmückendes Beiwerk ist. Wenn man es seinen Spielern einfach und langweilig machen will, nutzt man die aus den Unterhaltungsmedien der Populärkultur allseits bekannten Stereotypen in erwarteter Weise. Mag man es allerdings ein wenig bunter, scheißt man auf Stereotypen und bedient sich am überaus reichhaltigen Arsenal der Absurditäten, welches die Realität bereit hält, zuzüglich eines nicht zu knapp bemessenen Schusses kaputter Phantasie; und schon können die Spieler ihre NSC-Taxonomie nehmen und in der Tonne ablegen. Und genau darauf basiert pointenreiches, spannendes und witziges Spiel. Man muss dies ja nicht immer tun, wenn man seine Spieler nicht vollkommen zur Verzweiflung treiben möchte, weil wirklich nichts so ist, wie es scheint. Auch das wird auf Dauer irgendwann langweilig. Aber das gelegentliche auf den Kopf stellen solcher ungeschriebener Konventionen wie „der Auftraggeber bei Shadowrun ist ein aalglatter Anzugträger namens Mr. Johnson“ erzeugt Irritationen, die den Spielfluss erheblich beleben können. Schließlich will auch der Spielleiter seinen Spaß haben!

Aber auch die Spieler können mittels der Ausgestaltung der Persönlichkeiten ihrer jeweiligen Charaktere dazu beitragen, dass das Spiel interessanter wird. Ein Zwergenkrieger muss nicht gleich ein Zwergenkrieger oder ein Zwergenkrieger sein, so mit Bart und Axt und Lederklamotte und Kettenhemd und dem alten Lied „Gold, Gold, Gold, Gold, Gold!“ auf den Lippen; kann man machen, muss man aber nicht! Wie ich schon einmal sagte, findet sich in jedem Charakter, den man spielt, immer auch ein Stück der eigenen Persönlichkeit wieder, dagegen kann kaum einer an. Aber man muss diesen Teil eines Chars ja nicht dominant werden lassen. Außer man selbst und alle anderen haben ihren Spaß damit, dann ist es einfach OK. Aber eigentlich geht es beim Rollenspiel ja darum, mal jemand anders sein zu können, die Sau auf eine Art rauslassen zu dürfen, wie z.B. ich, aber auch so gut wie jeder Andere dies in Realitas nie könnte. Darum heißt es ROLLENspiel, nicht wahr? Also, auch weiterhin viel Spaß mit überraschenden Begegnungen – and always game on!

A snipet of overexpectation?

Menschen kaufen gerne Gadgets. Dies meint hier vor allem elektronische Geräte, die nicht notwendigerweise einen produktiven Nutzwert haben müssen, sondern einfach nur das Erlebnis des Medienkonsums, des Zockens, des Surfens im Netz verbessern sollen. Natürlich sind auch andere Typen von Gadgets im Umlauf, aber die allermeisten User, die sich im Netz über derartige Geräte aufregen, beziehen sich dabei auf etwas ganz bestimmtes; nämlich Tablets. Tablets sind zunächst einfach nur Fun-Gadgets, zumindest in den Händen der meisten Nutzer. Man erwartet dabei eine eierlegende Wollmilchsau, die möglichst alle Medienformate schlucken und wiedergeben können soll, keine Lags (also Hänger) produziert, problemfrei mit den restlichen hauseigenen Mediendienern (Fernseher, Computer, Stereoanlage) kommuniziert und keine oder wenigstens kaum Wartung braucht.

Auch ich lese Reviews, sowohl von mehr oder weniger professionellen Testern als auch von Usern, wie ich einer bin. Und komischerweise findet man eigentlich fast immer nur welche von Fanboys oder Productbashern, aber nur wenige ausgewogene Darstellungen dazwischen. Was mich zu drei Erkenntnissen führt: zum einen gibt es wohl doch mehr gekaufte Rezensionen im Netz, als die bisher geschätzten ca. 20-25%. Zweitens gehen viele Menschen mit den vollkommen falschen Erwartungen an die Sache heran, weil sie nicht in der Lage sind, zwischen den wolkigen Versprechungen der Werbung und dem aktuell technisch Möglichen zu unterscheiden, oder die Tatsache in Betracht zu ziehen, das jeder Hersteller sein Süppchen kocht, weil er seine Gadgets, Zusatzgeräte und Dienstleistungen an den Mann bringen will – Gerätezusammenarbeit ist da ein Fremdwort. Und schließlich gibt es drittens noch die Fehleinschätzungen bezüglich des eigenen Bedarfs – was will ich haben, einfach weil ich es besitzen will und was brauch ich wirklich, weil ich es auch nutzen kann? Hier lassen sich viele vom Statussymbolfaktor so manchen Gadgets täuschen und sind dann hinterher enttäuscht, wenn sie viel Geld für etwas ausgegeben haben, dessen mögliche Performance sie eigentlich gar nicht brauchen oder nicht zu nutzen wissen.

Über den Umstand der proportionalen Verzerrung habe ich noch gar nichts gesagt. Es ist nämlich nur eine gewisse Klientel, die überhaupt häufig Reviews oder Ähnliches schreibt, nämlich zumeist Heavy User und Early Adopter, die vollkommen andere – allzu oft überzogene – Ansprüche an irgendwelche Hardware mitbringen, obwohl gerade sie es besser wissen müssten. Und so sind irgendwelche Sternchenauszählungen durch Peer Review Systeme wie etwa bei Amazon oft nicht mal das bisschen Platz wert, welches sie auf dem Monitor verbrauchen. Woraus folgende Schlüsse zu ziehen wären: nämlich, dass man seinen Bedarf genau analysieren muss, sich nicht von vornherein auf irgendeine Marke festlegen sollte, abhängig vom pekuniären Gegenwert vielleicht besser im Laden vor Ort die Performance prüft und auf die meisten Fremdmeinungen abseits objektiver Parameter besser keinen Wert legt.

Wie ich darauf komme? Weil die ganzen merkbefreiten, besserwisserischen Pfosten in Foren mich mittlerweile nerven. Welches Tablet ich nutze? Ist doch wurscht, Hauptsache es genügt meinen Ansprüchen an ein Produktivwerkzeug, oder? Und Tschüss…

Medialer Krimtartar

Auf der einen Seite die braven Vertreter des Regierungspolitikkonformismusflügels, die den so genannten Volksvertretern nach dem Munde reden, damit sie auch ja eine Akkreditierung für die nächste Bundespressekonferenz bekommen. Auf der anderen Seite Jene, die sich nur allzu gerne als unabhängig, als querdenkend, als besser wissend gerieren; und dazwischen? Eine Menge Menschen, die keine Ahnung haben, was sie denn nun tatsächlich wissen oder glauben sollen. Worum es geht: natürlich die Krimkrise! Die nordatlantischen Bündnismächte rasseln mit ihren Säbeln, zwar nicht so laut, als wenn immer noch 1980 wäre, aber man lässt Muskeln spielen, aus dem schon seit Jahrzehnten geopolitisch entwerteten Kalkül heraus, Wladimir Putin Angst vor seiner eigenen Courage bekommen zu lassen. Ihn davon abzuhalten, seine in weiten Teilen äußerst maroden Streitkräfte zu mobilisieren und so eine Eskalation unabsehbaren Ausmaßes abzuwenden.

Doch die Drohkulisse ist von beiden Seiten hohl, denn wenn Putin tatsächlich die Ukraine en complet, oder auch nur die Ostukraine zu annektieren versuchen sollte, wird wenig passieren, außer möglicherweise ein bisschen schärfer klingenden Protestnoten von den üblichen Protagonisten (also Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA und noch ein paar, die sich wichtig wähnen) und einem „Du Böser, Böser…“ vom UN-Sicherheitsrat, wobei Letzteres noch nicht mal sicher ist; schließlich ist Russland dort Veto-Macht. Die Krim hat er ja schon, die wird man ihm wohl kaum militärisch streitig machen, denn sie hat nur für die Russen und die Ukrainer einen echten strategischen Wert. Und der Rest der Ukraine? Ist wirtschaftlich noch angeschlagener als Kernrussland, warum also annektieren, wenn es dort nichts zu holen gibt außer hungrigen Mäulern? Auch ein stolzer Nationalist wie Putin muss seine Rechnungen bezahlen und die sind nicht eben gering.

Und die Drohgebärden der Nato-Partner? Tja nun, die Ukraine ist kein Nato-Mitglied und damit ist kein Bündnisfall eingetreten. Verstöße gegen das Völkerrecht? Also, wie soll ich sagen; erstens ist alleine die Behauptung schwer zu beweisen, weil es niemals zuvor einen ukrainischen Staat gegeben hat, er ging erst aus dem Zerfall der Sowjetunion hervor und war schon immer ein zerbrechliches Konstrukt. Und zweitens: die Amerikaner ahnden Völkerrechtsverstöße mit Waffengewalt? Da sollen sie doch bitte erst mal bei den Eigenen anfangen… das trifft mehr oder weniger für jeden andere Bündnispartner eben so zu, weswegen das lautstarke Drohen mit weitreichenden Sanktionen nicht mehr ist, als ein Papiertiger, der alsbald in Flammen aufgehen wird. Mit Schäden für die russische Wirtschaft drohen ist ebenso dumm, wenn man weiß, dass unsere Weltwirtschaft in sehr mannigfaltiger Weise global verflochten ist und derartige Aktionen Auswirkungen hätten, die ebenfalls kaum abschätzbar wären. Russland könnte sich wirtschaftlich etwa noch mehr nach Asien orientieren; und dann? Tja, auch das kann niemand seriös vorhersagen. Also wird man versuchen, den Status Quo, so bescheiden er sich auch darstellen mag, zu konservieren.

Die Medien spielten bei diesem Durcheinander von Anfang an eine wenig ruhmreiche Rolle; haben sich doch große Teile der hiesigen Berichterstatter allzu schnell als scharf machende Gesinnungsgenossen der dominierenden Säbelrassler erwiesen. Und Jene, die sich quasi auf Putins Seite geschlagen haben? In der Tat ist was dran an der Feststellung, dass er auf diese Weise die beleidigte Volkesseele seiner Landsleute zu streicheln und für sich zu gewinnen sucht und das noch nicht mal ungeschickt. Sicher könnte man auch sagen, dass die westlichen Mächte beim Umgang mit dem ehemaligen Feind Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion mit wenig diplomatischem Feingefühl oder Interesse zu Werke gegangen sind. Man hätte früher und intensiver anfangen müssen, Russland als Partner in die westliche Hemisphäre zu integrieren, hätte man den aktuell zu Tage tretenden Zündstoff frühzeitig entschärfen wollen. Hat man aber nicht und jetzt hat es nun mal schon geknallt. Aber auch diese Beobachtungen greifen immer noch etwas zu kurz.

Russlands Bevölkerung wurde – natürlich mit Generationswechseln – aus der Zarenherrschaft durch die Sowjetzeit in die Oligarchie überführt und ist somit nie dem autokratischen Beherrscht-Werden entwachsen. Eine vitale, demokratisch orientierte Zivilgesellschaft konnte auf diesem Nährboden kaum entstehen und auch wenn die Parallelen zur Weimarer Republik allein auf Grund der heutzutage viel weitreichenderen kommunikativen und informativen Vernetzung eher gering sind, so befindet sich Russland doch ebenso bestenfalls an der Schwelle zur Entwicklung echter demokratischer Strukturen. Diesem Umstand wird bislang nicht Rechnung getragen.

Was soll also nun geschehen? Wenn man Russland tatsächlich mit Stärke so beeindrucken möchte, dass Putin es auch versteht, müsste man Dinge tun, die niemand wirklich tun möchte; ’n paar Bömbchen hier, ’ne kleine Seeblockade da – natürlich stets mit dem Risiko, dass plötzlich an unvermuteten Orten Pilze wachsen… oder man lässt es im Moment laufen, sabotiert die russische Propagandadauerberieselung ein wenig, bombardiert die Menschen mit richtigem Wissen und funktionierenden Strukturen und hilft damit vor allem den einfachen Leuten auf die Füße. Dauert länger, kostet mehr, hat aber bestimmt auch mehr Erfolg. Stattdessen werden sie sich einfach noch eine Weile aufschaukeln, bis die Medien eine neue Sau gefunden haben, die sie durchs Dorf treiben können. Dann wartet man halt mal ein Weilchen und dann machen alle weiter wie bisher. Ist schon super, wie unsere Welt funktioniert, nicht wahr? Ich gehe zum Erbrechen mal eben nach nebenan, bis die Tage, ihr Passivisten…

Der Gipfel des Dummgelabers…

Ich habe die Tage auf Facebook eine kleine, hingeschmierte Grafik gesehen, die einen Wert für die Geschwätzigkeit eines Individuums in Abhängigkeit vom Sachverstand des Sprechers postulierte. Faszinierenderweise behauptete dieses Bildchen, dass es so etwas wie einen Hügel des Dummgelabers (den Bullshit Mountain) gäbe, der sich bei niedriger bis mittlerer kognitiver Leistungsfähigkeit manifestieren würde. Danach gäbe es, mit steigendem Intellekt ein Abfallen des Mitteilungsbedürfnisses bis fast gegen Null, mit einem erneuten leichteren Anstieg bei sehr großem Sachverstand. Nur damit wir uns verstehen: die schreiben Sachverstand dran und reden dann vom Overconfidence Effect, also dem Umstand, dass man meint, mehr über eine Sache zu wissen, als dies tatsächlich der Fall ist. Zwischen den Zeilen wird aber klar, dass es nur darum geht, ihr Produkt, nämlich Personalentwicklung an den Mann bringen zu wollen, wozu sie sich des Lachers über den mangelnden Sachverstand der jeweils Anderen bemühen; wer auch immer DIE sein mögen. Eigentlich ist es also nur ein billiger Witz über die Blödheit der Anderen.

Würde diese Grafik tatsächlich irgendeine Signifikanz genießen, ließe sie den Schluss zu, dass unsere Gesellschaft schon lange untergegangen sein müsste! Und zwar weil dann die kognitiv zu gewissen Leistungen befähigten Menschen dem Gros der dummen, geschwätzigen, sich selbst bewundernden Plebs zugesehen hätten, wie es die Gesellschaft und all ihre Errungenschaften endgültig mittels ihrer unkorrigierten Unwissenheit vernichtet hätte. Diese Idee ist Bullshit und selbst aus Sicht eines Borderline-Misantrophen, wie ich einer bin zu zynisch für eine Firma, die möglicherweise aus dem Coaching- bzw. Personalentwicklungssektor stammt.

Zweifellos hat das Web 2.00 eine Menge neuer Kanäle und Medien zur öffentlichen Äußerung geschaffen, über deren SINNVOLLE Nutzung nicht wenige hoffnungsvolle Publizisten zunächst nachdenken sollten, bevor sie ihre nicht selten höchst zweifelhaften Ergüsse aller Welt zum Geschenk machen; natürlich in der Hoffnung diese mögen tausendfach konsumiert werden und ihrem Schöpfer so zum Ruhme (und auch zu einem kleinen Zusatzeinkommen) gereichen. Vielleicht könnten ein paar von ihnen etwas verdienen, indem sie die, zum Ertragen ihren Darbietungen notwendigen Brechbeutel verkaufen. Geht ja über einen Webshop…

Butter bei die Fisch: natürlich ist es billig und durchaus gelegentlich witzig, über die plakativ zur Schau getragene Blödheit so Vieler User im Netz der Netze herzuziehen. Das befriedigt den Voyeur in uns und manchem Anderen genauso, wie den tuschelnden Hetzer und Gossipverbreiter, oder den sich seines eigenen Intellektes allzu sicheren gönnerhaften Möchtegern-Granden der Webcommunity. Anstatt sich jedoch nur darüber lustig zu machen, wie schlecht es um die fundierte Informations- und Meinungsvielfalt im Web steht, sollte man den derart verhinderten Mitusern vielleicht lieber Hilfe angedeihen lassen; wie schwierig und frustrierend sich dies gelegentlich auch darstellen mag. Denn schließlich wird die Pluralisierung von Zivilgesellschaften mittels des Internet immer wieder gerne als Motor der Möglichkeiten für eine weitere Demokratisierung angepriesen. Und genau hier könnte man seinen eigenen, wenn auch kleinen so doch gehaltvollen Beitrag dazu leisten. Das klingt allerdings deutlich anstrengender, als sich einfach an den gefälligen Boshaftigkeiten Anderer zu ergötzen, nicht wahr…?

Wenn es also tatsächlich einen Hügel des Dummgelabers in dieser Grafik geben sollte, so finde ich in meinen ganz persönlichen Beobachtungen deutlich mehr Anzeichen dafür, dass dieser sich gleichmäßig von der niedrigen bis hin zur hohen kognitiven Leistungsfähigkeit abbildet, anstatt sich nur weiter vorne zu zeigen. Und das eine Abhängigkeit zwischen einem Übermaß von üblem verbalem Ausfluss und mangelndem Intellekt nicht unbedingt ableitbar ist. Aber das soll jeder für sich selbst herausfinden. Schließlich sind ja immer die Anderen die Dummen, oder die Boshaften, oder die Geizigen, oder die Geschwätzigen – nicht wahr ihr … MENSCHEN? Also, wo war doch gleich noch mal die eigene Nase, werte Nachbarn des Netzes? Viel Erfolg beim Suchen. Haste manana, muchachos.

Bitterer Spott für mich….

…oder wie man lernt, damit umzugehen, dass man nun selbst Träger eines Stigmas ist. Was ist das überhaupt, ein Stigma? Aus rein christlicher Sicht – für alle, die es nicht sowieso schon wissen – sind die Stigmata die Wundmale Christi, welche von der Kreuzigung herrühren. Doch in unserer modernen Nomenklatur ist ein Stigma ein Makel, der einer Person anhaftet und damit eine negative Reaktion von zumindest Teilen der Gesellschaft auf denjenigen hervor ruft. Ausländer zu sein wird zum Beispiel bei uns guten Deutschen gern als Makel eingestuft. Womit schon erklärt wäre, dass etwas, dass von Manchen oder auch Vielen Menschen als Makel empfunden wird und somit zur Stigmatisierung Anderer führt nicht tatsächlich auch ein Makel sein muss! Aber wir guten Deutschen kleben nun mal gerne Etiketten auf alles, so wie wir überhaupt bedrucktes Papier mit Titeln, Normen, Regeln, Gesetzen für Immer und Alles und Jeden anscheinend einfach brauchen. Und so entfalten Makel, obwohl sie gar nicht wirklich existieren, dennoch eine unheimliche Macht, weil wir guten Deutschen noch eines fast über alles Andere lieben – nämlich den Konformismus; oder besser die Gleichmacherei auf Teufel komm raus. Und wer nicht gleich gemacht werden kann, der ist ein Feind…

Nun naht der Punkt, da ich mich offenbaren muss, denn von nun an bin ich selbst einer, der Spott erhalten darf, ohne darum gebeten zu haben, ich bin nämlich als behandlungsbedürftig psychisch krank eingestuft worden: Depression lautet die vorläufige Diagnose und man kann sagen, dass es für mich fast befreiend ist, sagen zu dürfen, dass ich das schon länger geahnt habe, aber schlicht nicht wahr haben wollte.

Hier ist also mein Stigma; ich habe einen an der Waffel! Ups, pardon, so etwas sagt man doch nicht, nein, man tuschelt hinter vorgehaltener Hand und tut das, was der gute Deutsche, jetzt das Soziale betrachtend, schon immer am Besten konnte: man hetzt! Heutzutage nennt man das zwar Mobbing, was relativ wenig mit häuslicher Sauberkeit zu tun hat, weil Mobben bestenfalls Schmutz zu Tage zerrt, anstatt ihn zu beseitigen; dennoch bleiben die Effekte die Gleichen: man zeigt mit Fingern, stellt zumeist absurde Vermutungen über Ursachen und Folgen an und lässt den Betroffenen im Regen stehen, weil man befürchtet, das der Makel irgendwie ansteckend sein könnte.

Diese Schilderung wirkt dem Einen oder Anderen zu überzogen? Wir sind doch heutzutage viel aufgeklärter, informierter und sozialer als noch vor, sagen wir mal, 30 Jahren? Bitte, jetzt mal ehrlich, wer noch nie, nie, niemals in seinem Leben in irgendeiner Form ehrabschneidende, oder xenophobe, oder schlicht rassistische Bemerkungen gemacht oder gedacht hat, darf jetzt als Gutmensch vortreten und mich als Idiot beschimpfen. Wer einen bestimmten Ort, oder gar ein ganzes Land nicht boykottiert, weil er Fußballfan ist, der darf mich jetzt auslachen. Und wer noch nie seine kleinbürgerlichen Großmachtträume in Form von Gewaltphantasien ausgelebt hat, sei es am Computer oder sonst wie, der darf mich natürlich auch als Wasauchimmer bezeichnen! Irgend jemand?

Tja, da würde ich doch einfach mal behaupten, mehr als 95% aller Menschen haben eben gegen mich verloren, weil es irgendwie menschlich zu sein scheint, das Fremde zu fürchten, oder zu hassen, schlicht weil man es nicht verstehen kann (entweder Informations- oder Intellektmangel), oder nicht verstehen will (entweder Empathie- oder Intellektmangel). Und zum Fremden gehören eben auch psychische Erkrankungen. Mit der Diagnose „gebrochenes Bein“ kann jeder etwas anfangen, weil (so gut wie) jeder damit Schmerzen und einen Gipsfuß assoziiert. Doch was assoziiert man mit Depressionen? In milden Fällen vielleicht jemanden, der überarbeitet ist. Doch Viele denken eher an jemanden, der an „Schwenzelenzia Akuta“ leidet, der simuliert, sich auf ihre Kosten ausruht, oder aber daran, dass der Derjenige für sie oder ihre Lieben gefährlich sein könnte, weil der tut sich (und vielleicht auch mir) ja gleich was an…

Ich hasse dumme Menschen und es gibt so viele von ihnen! Undifferenziertes, immer Alles bis zur Unkenntlichkeit der wahren Tatsachen vereinfachendes und an der Suche nach Feindbildern orientiertes Denken führt dazu, dass man sehr komplizierte Sachverhalte darauf reduziert, die schlimmst-möglichen, denkbaren Eigenschaften eines Einzelnen Mitgliedes einer ganzen Gruppe von Individuen als faktisch vorhanden zuzuschreiben. Es gibt in der Tat psychisch Kranke, die für sich und Andere gefährlich sind. Daraus wird in der Volksdenke: „alle, die einen an der Waffel haben, gehören weggesperrt, damit sie nicht meine Kinder ficken!“ Bevor jetzt wieder irgend so ein dummer Mensch daher gelaufen kommt und „Stimmt doch!“ ruft, rate ich zum Versuch, unvoreingenommen darüber nachzudenken. Für alle, die sich für weitergehende Literatur zum Prozess der Stigmatisierung tatsächlich interessieren, sei als Lektüre Norbert Elias empfohlen. Dort findet man eine sehr aufschlussreiche Beschreibung.

Die Mechanismen der Ausgrenzung funktionieren auch im ach so aufgeklärten 21. Jahrhundert in unseren Köpfen ganz hervorragend und die Auswirkungen sind allenthalben spürbar. Ich durfte derlei viel zu oft selbst beobachten, als dass ich nicht dafür sensibel wäre. Genau aus diesem Grund glaube ich, dass man sich Gedanken über sein eigenes allzu leichtfertiges Abstempeln von Menschen mit Labeln wie „Ausländer“, „Prekariat“, „Bayernfan“ und eben auch „hat einen an der Waffel“ machen sollte. Diese Aufforderung enthält explizit auch eine aktive Komponente, nämlich derlei Unfug, wie alle über einen Kamm zu scheren in Zukunft bitte zu unterlassen; wenigstens soweit es einem möglich ist…

Was nun mich betrifft, so kann ich es eigentlich kaum erwarten, bis der Erste mich dumm anmacht. Ich hätte demjenigen soviel Unfreundliches zu sagen, dass mich allein der Gedanke daran erheitert. Aber ist genau dieser Gedankengang [Zitat: „Ich hasse dumme Menschen und es gibt so viele von ihnen!“] eigentlich nicht auch schon wieder eine Form von Stigmatisierung? Aber ich habe ja auch nie behauptet, dass ich besser als Andere wäre; nur anders bin ich und jetzt kann ich’s sogar beweisen! Für dieses Eingeständnis erwarte ich nichts und wünsche dennoch Allen einen schönen Tag.

Bitterer Spott…

Eigentlich bin ich kein böser Kerl. Im Gegenteil bin ich den größten Teil des Tages eher Konsensorientiert. Natürlich gibt es Dinge, die mich auf die Palme treiben; namentlich dumme Menschen, die ihr eigenes Unvermögen ignorieren und Andere für ihre Probleme verantwortlich machen. Aber genauso auch Jene, die glauben, dass man neue Probleme immer mit den alten Lösungsansätze in den Griff bekommt. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, wie oft ich DAS schon gesagt habe, aber irgendwie wird der Satz einfach niemals alt. Eigentlich traurig…

Jedenfalls versuche ich schon lange ruhiger zu werden, aber mit jedem Jahr das vergeht, werde ich ein bisschen streitbarer, einfach weil der Prozentsatz an Idioten rings um mich herum auf gleich bleibend hohem Niveau stagniert. Hohes Niveau ist hier übrigens der Knackpunkt. Andere Menschen von seinen Standpunkten überzeugen zu wollen ist der falsche Ansatz, weil das zum einen Widerstand provoziert, wenn man dadurch sein Gegenüber schlecht aussehen lässt oder an dessen Überzeugungen rührt, ganz gleich wie falsch diese, objektiv betrachtet, auch sein mögen. Zum Anderen ergibt sich ein Problem aus unterschiedlichen Leveln von Urteils- und Einsichtsvermögen. Es mag ja sein, dass unsere Kinder alle mit mehr oder weniger identischem kognitivem Potential auf die Welt kommen; ein paar Jahrzehnte später hat sich das verwachsen und Mancher ist dann ungefähr noch so lernfähig, oder lernwillig, wie eine Zimmerpflanze. Immerhin sind beide irgendwie lebendig…

Womit man irgendwann an diesem mentalen Ort landet, an dem man einfach tut, was man für richtig hält und die Ergebnisse für sich sprechen lässt. Es ist mitnichten trivial, die Ruhe und den Überblick zu wahren, aber es lohnt sich manchmal schlicht wegen des Gesichtsausdruckes, den ein durch die Blume gelächeltes „Hab ich dir doch gesagt!“ zu erzeugen vermag. Und das hat dann nix mit Besserwisserei zu tun, sondern mit der Erkenntnis, dass man „slow adopter“ am Besten mit möglichst plakativen Argumenten in ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit abholt. Siècle des lumières 2.0 sozusagen. Unsere Methoden der Kommunikation und Informationsverteilung mögen heutzutage ausgefeilter geworden sein, aber es sind immer noch Menschen, die ihnen zum Opfer fallen … ähm, ich meinte, die sich ihrer bedienen. Woraus folgt, dass Menschen in all ihren Darreichungsformen, mit all den dazu gehörenden Fehlern, Irrungen, Wirrungen und Passionen eben diese auch projizieren; nur jetzt mittels „neuer Medien“.

So gut wie nichts stirbt so schwer und langsam, wie eine wohl gefestigte Meinung, ganz gleich, wie falsch diese auch sein mag, weshalb ich den als Titel dienenden bitteren Spott gerne als Stilmittel einsetze, um meinen Kontemporanzien (also aktuell lebenden [kontemporären] Mitmenschen, die mich ranzig machen), den häufig wenig Schmeichelhaftes aufzeigenden Spiegel vorzuhalten. Immer unter der Annahme, dass ich in meinem Spiegel ebenso Dinge sehen kann, die mir nicht gefallen. Ich versuche allerdings so oft es geht, diese zu reflektieren und wenigstens teilweise abzustellen, eine Verhaltensweise, die ich bei den Mitmenschen leider nur all zu selten feststelle.

Und doch finde ich Menschen immer noch interessant genug, um mich mit ihnen eingehender zu befassen. Sonst bräuchte ich ja wohl kaum Bildungswissenschaft zu studieren. Ich will wissen, was Menschen antreibt, will wissen was sie fasziniert, bewegt, interessiert; und zwar weil ich davon überzeugt bin, dass je besser wir einen breiteren Querschnitt der Teilnehmer am Großprojekt Zivilgesellschaft verstehen, wir in der Lage sein werden, diese in Zukunft besser zu gestalten. Ich bin Demokrat und Humanist, auch wenn der soziale Beruf, in dem ich tätig bin mich gelehrt hat, wie schwer es sein kann, Letzteres zu bleiben; denn der Prozentsatz der Idioten stagniert ja, wie gesagt auf gleich bleibend hohem Niveau. Aber da ist eben auch diese Hoffnung in mir, dass ich irgendwie helfen kann, durch das, was ich irgendwann in der Zukunft beruflich tun werde, durch meine Publikationstätigkeit und andere Dinge, mit denen ich mich beschäftige diesen Idiotiequozienten mittelfristig ein bisschen zu senken. Das wäre ja schon mal ein (bescheidener) Anfang…

Und weil ich nicht nur bitteren Spott verteilen will, wird es nun Zeit für ein weiteres Interview. Hiermit sei also ein Aufruf ausgesprochen, mich darauf über einen Kanal eurer Wahl anzusprechen. Ansonsten deute ich Jemanden raus! In diesem Sinne, schönen Tag noch.

A snipet of legitimacy!

Der lupenreine Diktator nun wieder: die aktuelle Regierung der Ukraine sei nicht rechtmäßig. Man betrachte den, letzte Woche von verschiedenen EU-Außenministern mit dem Regime um Janukowitsch ausgehandelten Kompromiss als rechtlich bindend. Die gegenwärtige Staatsführung in Kiew sei durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen… Ähm, ehrlich jetzt? Ich weiß, dass es den demokratischen Prinzipien, auf denen ich so oft herum reite eigentlich zuwider läuft so was auszusprechen, aber könnte nicht bitte einfach irgend jemand diesen vollkommen behämmerten Oligarchenpuff im Kreml dicht machen; am Besten ein für alle Mal?

Zugegeben – die bisherige Opposition der Ukraine, die nun mit Asenij Jazenjuk, einem Mitglied der Partei von Julia Timoschenko an der Spitze die Staatsgeschäfte übernommen hat, ist sich in so gut wie keinem Punkt einig. Die Volksgruppen auf dem ukrainischen Staatsgebiet, namentlich Ukrainer, Russen, Krimtartaren und noch einige Andere sind einander zum Teil noch weniger freundlich gesinnt, als Badener und Schwaben; was für sich betrachtet schon bedrohlich ist. Der auch von unseren Politikern viel beschworene Anspruch auf territoriale Integrität ist problematisch, da das Staatsgebiet in seiner heutigen Form ein Überbleibsel aus der Sowjetzeit ist und in Anbetracht der Vielzahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen kaum von EINER ukrainischen Kultur gesprochen werden kann.

Allerdings geben all diese Aspekte keinem anderen Staat – vor allem nicht Russland, dass in der Vergangenheit bereits häufiger die wirtschaftliche Abhängigkeit des Landes vom russischen Gas als politisches Druckmittel genutzt hat – das Recht, ohne Not in die innenpolitische Neuordnung des Landes einzugreifen. In den kommenden Wochen und Monaten können die Politiker der Ukraine beweisen, wie ernst sie es mit der Demokratie meinen, wie viel Partizipation und Transparenz sie ihren Bürger zu geben bereit sind, die in erster Linie nicht gegen einen oppressiv handelnden, sondern einen wirtschafts- und sozialpolitisch unfähigen Staat auf die Straße gegangen sind. Und gesellschaftliche Transformationsprozesse brauchen vor allem Eines – Zeit!

Doch was gerade in der Ukraine geschieht, ist sicher kein rechtswidriger Umsturz durch Faschisten, obschon es sicher den einen oder anderen Ultranationalisten auf dem Platz gegeben haben wird; sondern vielmehr eine Revolution, welche ihre Legitimität aus dem Aufbegehren der Bürger schöpft, gleich welche Motivation sie zuerst auf den Maidan getrieben haben mag. Diese Revolution trägt zwar den bitteren Beigeschmack untereinander zerstrittener Protestierender in sich, jedoch auch die Chance zum Entstehen einer demokratischen Zivilgesellschaft. Und was könnte Wladimir Putin in einem direkten Nachbarland wohl mehr fürchten? Denn was könnte alles passieren, wenn seine Bürger auf die Idee kämen, sich die Ukraine zum Vorbild zu nehmen? Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, ich bin ja auch kein Wahrsager, aber den Gedanken finde ich ehrlich gesagt erfrischend … legitim. Träumen sie wohl!

Märchenonkel sozial – Rollenspiel für Dummies #6

Jeder kennt solche Momente. Man steht irgendwo umher, signalisiert nonverbal, oder unter Umständen auch mittels Verlautbarung, dass man Kommunikationsbedarf hat und wird einfach ignoriert. Ob das nun in einem Elektronikladen stattfindet, wo offensichtlich immer alle so genannten Fachverkäufer verschwunden sind, wenn man nicht sofort einen Tausender auf den Tisch legt, oder in irgendwelchen Verwaltungen, Praxen oder sonst welchen halb-öffentlichen Orten, wo irgendein Telefonat oder der Kollege viel, viel wichtiger sind, als der Hufe scharrende Präsenzkunde; es ist ein Naturgesetz, dass man immer dann nicht zum Zuge kommt, wenn zum Zuge kommen am Allerwichtigsten wäre.

Nun ist es so, dass alle Kommunikation auf Übertragung von Zeichen beruht, unabhängig davon, welche Form diese Zeichen haben mögen und welches Medium sie zur Übertragung nutzen. Zeichen haben Bedeutungen; so gut wie jeder Mensch versteht zum Beispiel den nach oben abgespreizten Daumen als Symbol für „alles soweit gut / in Ordnung“. Den Zeigefinger senkrecht an die Lippen zu heben bedeutet, dass das Gegenüber still sein soll. Ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen, aber es wird auch jetzt schon klar, dass wir tagtäglich Unmengen an durch Symbole kodierten Informationen verarbeiten, egal auf welche Art wir diese aufnehmen. Wir können das, weil wir uns vom frühesten Kindesalter an die Codes unserer Umwelt aneignen. Auch das ist Teil von Sozialisation.

Schade nur, dass dieser Teil unserer Persönlichkeit allzu oft schlafen geht, wenn wir uns an einem Spieltisch zusammen finden. Sowohl als Spielleiter, als auch als Spieler ist man auf Aktionspunkte angewiesen, also auf Orte und Personen im Kontext des Spiels, mit denen zu interagieren die Handlung voran bringen kann. Nun haben diese Orte oder Personen aber nicht, wie in irgendwelchen Computerspielen, ein goldenes Frage- oder Ausrufezeichen über sich schweben, dass sie als solchen Aktionspunkt ausweist. Damit verkomplizieren sich die Dinge allerdings; und zwar spätestens in dem Moment, da der Spielleiter der Meinung ist, die Spieler sollen gefälligst die Rolle spielen, also ihren Charakter darstellen, um an ihre Infos oder sonstewat zu kommen, immerhin heißt das Ganze ja Rollenspiel und die Spieler im Gegenzug aber einfach nur auf ihre Fertigkeit würfeln wollen. Das entgegen gesetzte Beispiel gibt es natürlich auch…! Doch nicht nur sich offenbarende Unterschiede hinsichtlich der Frage, wie das Spiel denn am Besten gespielt werden sollte, bringen hier Probleme mit sich. Das schlichte Ignorieren der einfachsten Prinzipien des Kommunizierens ist ein viel dickerer Hund, der hier ziemlich oft unter dem Tisch voller Papier, Stifte, Würfel und Fusti begraben liegt.

Man kann nicht NICHT kommunizieren. Wenn man kurz darüber nachdenkt wird klar, was damit gemeint ist. Auch ein ablehnender Gestus und ein Brummeln haben eine Bedeutung, nämlich „lass mich jetzt in Ruhe!“ Versteht eigentlich jeder, oder? Wenn man nun mit offenen Augen und Ohren durch die Spielwelt wandert, bekommt man jede Menge Dinge mit. Vielleicht ist nicht alles davon essentiell für die Geschichte, aber das muss ja auch nicht so sein. Parts der Erzählung, die zum Flair des Settings beitragen, oder Nebenschauplätze beleuchten, sind auch reizvoll. In jedem Fall aber ist Aufmerksamkeit gefragt! Besonders, wenn der Spielleiter eine Person oder einen Ort vielleicht etwas ausführlicher als das Drumherum beschreibt, darf man hellhörig werden, denn hier lauert eine Chance zur Interaktion … oder eben auch nicht, wenn man einfach dran vorbei latscht, weil man gerade SEIN Ding machen will. Kein Thema, wenn so was ein, zwei Mal am Abend passiert. Vielleicht enthält die Agenda dieses Spielers Enden, die sich mit dem, was man als Meister plant verknüpfen lassen. In aufwendigeren Kampagnen wird überdies irgendwann so gut wie jeder Charakter nebenbei noch sein eigenes Süppchen kochen, doch darauf gehe ich ein anderes Mal ausführlicher ein. Wenn allerdings nun immer wieder an solchen so genannten Plothooks – also Stellen, an denen man sich an den Plot hängen kann – vorbei marschiert wird, weil man gerade nix mitbekommen hat, oder meint, Anderes sei jetzt gerade wichtiger, kann das auf die Dauer die Geduld des Spielleiters auf eine harte Probe stellen.

Das funktioniert aber auch umgekehrt. Es gibt Settings, die von vorn herein so angelegt sind, dass die Spieler sie auf eigene Faust explorieren können und sollen. Solches Sandboxing kann sehr reizvoll sein, wenn es allerdings darauf hinausläuft, dass die Spieler immer wieder im Kreis laufen, weil sie einfach nicht erraten können, worauf der Spielleiter denn nun hinaus will, wird das irgendwann sehr öde. Wie auch im echten Leben braucht es Ziele, die man verfolgen kann. Natürlich kann das Ziel eines Spiels das nackte Überleben sein, aber wenn wir mal ehrlich sind: beim Zocken gehört zur Pain auch das Gain! Wenn nun der Spielleiter die Interaktionsinteressen der Spieler ignoriert, sie immer wieder, entweder aus Faulheit, Arroganz, oder falsch verstandenem Laisser-faire hinter den falschen Fährten herhetzen lässt, oder mit allen Mitteln versucht, sie auf seine, als einzig zulässig betrachtete Interpretation der Geschichte zu zwingen – oh, wie ich Railroading HASSE! – fährt der Spieldampfer ebenso auf Grund, denn irgendwann endet Ignoranz, egal aus welcher Richtung, in Unmut!

Man könnte schon sagen, dass es recht seltsam ist, dass so viele Spieler und Spielleiter aneinander vorbei reden, wo Rollenspiel doch ein soziales Spiel ist, oder? Allerdings muss man den Umstand betrachten, dass einfach viele verschiedene Persönlichkeiten und Temperamente am Spieltisch aufeinander treffen, was das Miteinander dort zu einem miniaturisierten Abbild des Miteinanders im großen, echten Leben macht. Zwar trifft man sich in der Regel mit Freunden, weil man seine Freizeit ja kaum mit jemandem verbringen möchte, den man nicht leiden kann, aber auch das schützt nicht vor Missverständnissen. Es menschelt also, aber wenn ALLE, also explizit auch der Meister, ein paar Regeln beachtet wird alles etwas einfacher:

1) Zuhören, wenn Andere etwas sagen!
2) Anderen NICHT die eigene Meinung / Interpretation aufzwingen wollen!
3) Versuchen der Charakter zu sein und nicht immer nur man selbst!
4) Zuhören, wenn Andere etwas sagen!
5) Einen anderen Spielstil als den Eigenen einfach akzeptieren – oder woanders spielen!
6) Die eigene Agenda zu Gunsten des Spiels, der Geschichte auch mal hintenan stellen!
7) Zuhören, wenn Andere etwas sagen!
8) Aufeinander eingehen!
9) Auch einfach mal Fünfe grade sein lassen!
10) Hab ich eigentlich schon erwähnt: Zuhören, wenn Andere etwas sagen?
11) …und immer schön locker durch die Hose atmen, wenn mal die Luft brennt!

Ich versuche stets, mich an diese Prinzipien zu erinnern und jedermann darf versichert sein, dass ich jedes Einzelne regelmäßig vergesse oder auch mal bewusst missachte, weil ich ein Mensch bin. Aber ein bisschen mehr davon und ein bisschen weniger auf die Kacke hauen macht alle am Tisch glücklich; in diesem Sinne: always game on!

Interview #1

Endlich ist es soweit! Sozusagen frisch vom Mikro durch das Datenkabel auf diese Webseite. Das erste Interview ist geführt, es steht am Fuße dieses kleinen Textes zum Anhören parat und macht hoffentlich noch ein paar anderen Leuten Lust, sich auch mit mir auf die Couch zu setzen… zum Reden natürlich. Also, viel Spaß beim Zuhören.

Einfach mal abschalten…

Muss man mal machen! Einfach abschalten! Also das Smartphone/Handy natürlich! Und das Tablet auch! Und das Notebook sowieso! Weil Internet süchtig macht! Hm… ja, ja, das ist gefährlich, wenn man soviel Zeit vor Bildschirmen verbringt, weil man dann ja… ja, was eigentlich? Was passiert, wenn man viel zum surfen, chatten und digilizen (so nenne ich fürderhin das digital socializing, also das sich-herumtreiben in sozialen Netzwerken) um es mal so flott zu formulieren vor dem Computer rumhängt. Rumhängen ist in dem Zusammenhang ja Geräteunabhängig. Witzigerweise ist dies übrigens der einzige Bereich im weiten Universum digitaler Kommunikation, in dem Anhänger verschiedener Geräteplattformen, Betriebssysteme und damit untrennbar verbundener Philosophien nicht sofort in oft hitzige Diskussionen geraten. Wenn man mal davon absieht, dass ich oben für guten Stil eindeutig zu viele Ausrufezeichen verwendet habe, bleiben die Fragezeichen hier dennoch die wichtigere Komponente.

Zunächst sei festgestellt, dass ich nach den Kriterien der Autoren eines Artikels im Stern – ja, ja ich lese das Blättchen zu oft, ich weiß, ich weiß – auch zu den Internetsuchtgefährdeten gehöre. Könnte daran liegen, dass ich, wie manch Anderer auch, oft Stunde um Stunde Recherchen betreiben MUSS, was vom heimatlichen Rechnerarbeitsplatz aus halt viel einfacher ist. Ich kann und mag nicht für jedes Zitat aus irgendeinem schwer in Papier beschaffbaren Buch in die Bibliothek rennen. Ganz zu schweigen davon, dass man manches überhaupt nur noch digital halbwegs zugänglich findet. Doch natürlich ist das nur die halbe Wahrheit. Natürlich vertändele ich manchmal auch meine Zeit vor dem Bildschirm, mit Chats, mit Spielen und anderlei prokrastinierlichem Getue. Und gewiss stelle ich dabei gelegentlich fest, dass mir die Zeit davon gelaufen ist. Weil sich eben am Computer Arbeit und Zerstreuung so einfach miteinander kombinieren lassen. Schließlich ist hier beides keinen Fußmarsch oder eine Fahrt voneinander entfernt, sondern lediglich ein paar Mausklicks und ein bisschen Geklimper auf der Tastatur…

Doch welches Problem liegt hier zu Grunde? Dass der Mensch immer noch nicht gelernt hat, mit dem Medium vernünftig umzugehen? Nun diese Unterstellung könnte insofern zutreffen, als wir immer noch nicht genau wissen, wie Privatsphäre und Cloud voneinander zu trennen sind. Der Aushandlungsprozess hierzu steht noch ganz am Anfang und wird uns wahrscheinlich noch lange begleiten. Vielleicht für immer, weil sich das Soziale insgesamt langsamer entwickelt als die Technik, in die es immer mehr eingebettet wird. Auch hier gilt: Kultur ist nicht statisch, sondern ein Prozess und wenn wir für das Problem des angeblich angebrochenen Zeitalters der Postprivacy eine gangbare Lösung gefunden haben, steht sicher schon der nächste Protagonist auf der Türschwelle und verschafft uns Ärger und neue Aushandlungsprozesse… Menschsein ist halt nicht einfach, man sollte sich besser dran gewöhnen. Die Verlockung, als einfaches Mitglied der Gesellschaft in die Lage versetzt zu sein, mit seinen Sendungen ein viel größeres Publikum erreichen zu können, als dies jemals zuvor der Fall war, lässt uns überdies gelegentlich Dinge tun, die… fragwürdig sind.

Es stimmt, Kommunikation und Information haben die Chance demokratischer zu werden, ja sogar unser Leben demokratischer zu machen als sie dies je waren und das fasziniert Menschen und lässt sie die neu gewonnene Freiheit oft allzu hemmungslos ausleben. Dabei entsteht, wenn man so will, als Nebenprodukt Kommunikationshedonismus.

Doch das Hauptproblem liegt meines Erachtens an anderer Stelle: nämlich in der fortschreitenden Entgrenzung von Arbeit und Freizeit. Man könnte entgegnen, dass die Arbeitnehmer sich nun, zumindest teilweise, ihre Arbeit selbst einteilen können, sie so flexibler und familienfreundlicher gestalten… wenn da nicht die implizite, so gut wie niemals öffentlich geäußerte Erwartung des Arbeitgebers wäre, dass man dann aber als guter corporate slave, quasi als Dank dafür, dass er endlich seinen selbstverständlichen Verpflichtungen bezüglich der Fürsorge für seine Angestellten nachkommt auch verdammt noch mal mehr für sein Geld zu arbeiten hat. Flexibilisierung? Bullshit! Arbeitsverdichtung durch engeres Kuscheln kommt hier als passende Bezeichnung wohl eher in Betracht. Und dazu gehört auch dauernde Erreichbarkeit. Als wenn gleich der Betrieb zusammenbricht, wenn man mal nicht angerufen werden möchte, weil man die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit eh schon um 20% übererfüllt hat…

Wir werden im Betrieb und durch die Medien darauf dressiert, mediales Dauerfeuer zu ertragen und tragen diesen Sozialisationsaspekt in unser persönliches Umfeld weiter, wo dann irgendwann alle anfangen, einander zu drangsalieren, wenn mal nicht binnen 12 Mikrosekunden auf irgendwelche, zumeist auch noch belanglosen, Posts, SMS, Whatsapps oder sonst was geantwortet wird.

Man könnte daraus Suchtverhalten konstruieren. Man könnte auch einfach mal jemanden mit faulen Tomaten bewerfen, wenn er es sich frecher Weise erlaubt hat, einen in der Freizeit kommunikatorisch zu drangsalieren. Ich schalte mein Smartphone mindestens ein Drittel des Tages in den so genannten Flugmodus. Da empfängt es einfach nix. Oder lasse es unbeachtet in einer Schublade im Telefonschränkchen liegen. Wenn irgendjemand was wirklich Wichtiges will, gibt es so was antiquiertes wie Festnetz; oder er muss halt warten, bis ich wieder Lust und Zeit habe, dran zu gehen. Zu Haus gibt’s nämlich auch noch andere Dinge zu tun, als zu warten, dass endlich jemand anruft. Ich heisse ja nicht Max Rabe… „…kein Schwein ruft mich an…“. Ich lese zum Beispiel – echte Bücher! Lesen bildet nämlich. Nur nicht unbedingt das Lesen irgendwelcher Artikel von unnötigen Digitalentwöhnungscamps für reiche Hippster in Kalifornien. Das ist nämlich, einmal mehr, soweit weg von unserer buntrepublikanischen Lebensrealität, wie der Mond. Und investigativer Journalismus darf auch unterhaltsam sein; aber bitte nicht nur! In diesem Sinne einen schönen Tag.