Arbeit, Arbeit über alles…?

Zum Kukuck. Wie regelmäßigen Konsumenten dieser Zeilen bekannt sein dürfte, lese ich regelmäßig verschiedene digitale Postillen (gerne Zeit Online); und jedesmal wenn ich im Moment eine solche Seit aufrufe, stehen da relativ prominent irgendwelche Artikel über die Suche nach Sinn. Wann genau ist der investigative Journalismus zur emotionalen Spiekenkökerei degeneriert? Oder sollen uns all diese artikelartigen Journaille-Ergüsse vielleicht doch nur noch ein bisschen mehr indoktrinieren, wenn man allüberall liest, dass Arbeit doch ein SO wichtiger Bestandteil des Lebenssinnes wäre? Quasi dazu verführen, noch ein bisschen arbeitsamer, leistungsstärker, angepasster, und vor allem auch noch konsumfreudiger zu werden? Man entkommt den Dogmen unseres Wirtschaftssystems ja selbst in der Freizeit und im Krankenstand nicht mehr! Und das mir, der ich derzeit genau wegen der Arbeit zu Hause hocke und noch immer dunklen Gedanken nachjage! Als wenn mehr Arbeiten mehr Sinn machen würde…

Ich finde, der Nasenbär ist hier ein gutes Sinnbild…

„To make sense“ wurde – natürlich semantisch falsch – mit „Sinn machen“ eingedeutscht. Sinn kann jedoch, sehr zum Leidwesen der Apologeten des Kapitalismus, nicht durch Dritte hergestellt werden, sondern er muss durch Reflexion emergieren, also im Prozess des Lebens – cogito, ergo sum => ich denke, also bin ich – hervor treten und für jeden individuell be- und ergreifbar werden! Könnte man diesen Prozess abkürzen, bräuchte es die ganze Werbeindustrie nicht. Sinn kann sich also nur aus dem (Er)Leben ergeben; oder eben auch nicht! Was die ganzen Artikel (bösartig gedacht) vermutlich wirklich wollen, ist Folgendes: unsere Wahrnehmung framen, damit wir Arbeit tatsächlich als Sinnspender wahrnehmen und damit systemfreundlich handeln lernen: „schaffe, schaffe, Häusle baue“, wie der Schwabe sagt. Ich bin allerdings Badener!

Allein die Tatsache, dass mich das so triggert, sagt so einiges über meinen derzeitigen Zustand aus, der sich mit den zwei Worten „AKKU LEER“ ziemlich treffend beschreiben lässt. Und dennoch bleibt mein Gehirn ja nicht stehen, ist nicht im Zustand der Stase, sondern läuft munter weiter analysierend mit durch meine Existenz. Was bedeutet, dass es auch jetzt, genau in diesem Moment damit beschäftigt ist, mich Sinn in eben dieser Existenz erkennen zu lassen. Was mich mit den gerade geschilderten Wahrnehmungen und Gedanken versöhnt, ist der Umstand, dass ich tatsächlich meine Arbeit NICHT brauche, um Sinn zu erfahren. Man mag mich bitte an dieser Stelle nicht falsch verstehen: ich mache meinen Job immer noch gerne, und ich gehe auch gerne mal ein paar Extrakilometer, um zu halbwegs guten Ergebnissen zu kommen (genaugenommen ist exakt DAS der Grund, warum ich wieder mal so da hänge!). Und ich freue mich, wenn es meinem Team und mir gelingt, den Shit zu rocken. Aber wenn es diesen Job morgen nicht mehr gäbe, verfügte ich über ziemlich viele Tätigkeiten, durch die ich meine gesamte Existenz sinnstiftend füllen könnte, ohne die Friktion tatsächlich nennenswert spüren zu müssen! Und dies eben jetzt erfahren zu dürfen, ist gerade wahrhaft befreiend.

Sinn wird in diesen Pamphleten gerne mit Kreativität verdongelt, weil kreativ zu sein quasi ein wichtiges Leistungsmerkmal für die Wissensarbeiter ist, auf welche sich die meisten dieser Artikel beziehen. Eine Verkürzung, die ich mittlereile ehrlich gesagt anmaßend finde. Kreativität meint in dem Zusammenhang dieser Form von Schreibe nämlich gerade NICHT, wertvolle Kulturartefakte zu erschaffen (egal ob durch Recyclingkreativität oder „creatio ex nihilo“, also die Schöpfung aus dem Nichts), sondern neue, häufig variierende Probleme durch jeweils angepasste Stratregien lösen zu können => Kreativität wird also meistens mit Problemlösungskompetenz verwechselt. Diese Kompetenz ist aber in fast jedem Gewerk gefordert; insbesondere auch in solchen, auf die so genannte Akademiker (vulgo selbsternannte „Leistungsträger“) nur zu gerne abschätzig herabblicken. Sinn kann überall emergieren, wo man mit Aufgaben konfrontiert ist, welche die Problemlösungs-Kompetenz aktivieren – weil es Selbstwirksamkeitserfahrung erzeugt. Und die ist ein angenehmes Erlebnis. Was aber im Umkehrschluss bedeutet, dass ich mir den Ort meiner Sinnstiftung selbst bestimmen kann, wenn ich mir – für mich persönlich – hinreichend stimulierende Aufgaben suche. Und das Schöne daran ist: die müssen aber auch gar nix mit Arbeit zu tun haben!

Was bleibt also als tatsächlich sinnstiftend an meiner Arbeit zurück? Das was ich daraus mache! Was leider das eine Problem nicht löst: wie kommen ein paar Fetzen Futter auf den Tisch in der halbwegs gut beleuchteten, halbwegs angenehm temperierten Hütte mit dem dichtem Dach, in der ich nicht in Lumpen gekleidet nach dem Tagwerk wieder ankomme? Für die Deckung existenzieller Grundbedürfnisse bin ich, so wie die allermeisten Menschen, auf abhängige Lohnarbeit angewiesen. Und viel zu oft stehen Arbeitsmenge und erlöstes Einkommen in einem eklatanten Missverhältnis zueinander. Was man also tun könnte, um Menschen tatsächlich ihren eigenen Sinn im Leben finden zu lassen? Einerseits wäre es dringend an der Zeit, unser allgemeinbildendes Schulwesen zu reformieren, damit es zukünftig, anstatt hauptsächlich arbeitsfähige, angepasste Untertanen auszuspucken, unseren Kindern hilft, tatsächlich zu kreativen, verantwortungsbewussten, solidarischen Menschen zu werden! Und wie wäre es dann, als Ergänzung, mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, anstatt diesem überteuerten, ineffizienten, Menschen ihrer Würde beraubenden Bürokratiemonster Hartz 4? Ich bin mir sicher, wir könnten so viel besser werden. Man müsste nur mal was wagen, und den den Status Quo Status Quo sein lassen; die ganzen Bedenkenträger, Besitzstandswahrer, Bürokraten schreien lassen, und einfach machen. Ob’s schlimmer werden könnte, als jetzt? Das wird es sowieso, egal ob wir je etwas tun, oder nicht! Wir müssen also JETZT etwas ändern. Andernfalls sind wir eh alle am Arsch! Denkt mal drüber nach…

Auch als Podcast…

Feels like the first time…

Dieses Gefühl, wenn man den Kopf wieder aus dem Wasser nimmt und tief Luft holt! Ich bin kein sonderlich guter Schwimmer, und war nie zum Tauchen gemacht; aber dieses Gefühl ist befreiend! Und für mich im Moment vergleichbar mit dem, was ich gerade ohne Wasser erlebe. Ich habe in den letzten Tagen feststellen müssen, dass es nicht mehr geht. Ich hatte mir – einmal mehr – zu viel aufgeladen und war drauf und dran, mit allem an die Wand zu fahren. Man sollte meinen, dass Menschen mit Ende 40 langsam vernünftig würden, aber dem ist wohl nicht so. Jetzt im Moment bin ich also erst mal für zwei Wochen raus – dann wird neu bewertet. Es ist insofern ein komisches Gefühl, als ich das lange Wochenende sowieso frei geplant hatte, und deshalb ein paar Aktivtäten mit den Kindern anstanden, die wir dann auch einfach gemacht haben. Ich hab’s ja an der Waffel, nicht an den Füßen [sorry für die Flapsigkeit]. Davon ab waren die Kinder – und die Gattin – in den letzten Monaten einfach zu kurz gekommen.

Im Zoo trifft man manchmal sogar Tiere hinter den Glasscheiben…

Nun sitze ich zu Hause und bin wie so ein Brennstab im Abklingbecken. Die Temperatur sinkt kontinuierlich, seit die Grundumdrehungszahl per Dekret gebremst wurde. Und dennoch fühlte ich mich anfangs schlecht. Fast so, als wenn ich’s nicht verdient hätte, K.O. zu sein, bevor ich nicht auch noch das letzte Fitzelchen selbst erledigt hätte. Man erkennt den Grund für meine derzeitige Situation recht leicht, wenn man kurz von außen drauf schaut, oder? Dieses Gefühl der Illegitimität weicht gerade nur sehr langsam. Und das ausgerechnet mir, der immerzu laut über das Stigma psychischer Erkrankungen referiert, und dabei auch vor dezenter Polemik nicht zurückscheut, um einen Punkt zu machen. Aber so ist es nun mal. Die verdammten preußischen Primärtugenden habe ich quasi mit der Muttermilch aufgesogen, und das verkompliziert die Dinge manchmal. Ich stecke also gerade mitten in einem Lernprozess. Wenn’s nicht teilweise eher schmerzlich wäre, müsste gerade ich als oller Pädagoge das doch feiern, nicht wahr…?

Das Problem mit diesem speziellen Lernprozess ist, dass es sich jedesmal, wenn’s wieder schlimm geworden ist, anfühlt wie das erste Mal. Daher auch das Foreigner-Zitat im Titel. Alles in allem will ich aber nicht klagen. Weil ich meinem Team und meinem Arbeitgeber gegenüber transparent gehandelt habe und alles daran setze, bald wieder normal zu funktionieren. So ein Jahr wie 2014 brauche ich nicht noch mal. Was nun aber den eben genutzten Begriff „funktionieren“ angeht, bin ich mir noch nicht so sicher, was das am Ende bedeutet. Ich weiß – ganz sicher – dass es dieses Mal vor allem die Arbeitsbelastung war, die mich ins Aus manövriert hat. Dem steht gegegnüber, dass ich – nach aktueller Planung – bis nächstes Frühjahr zumindest mein Master-Studium endlich abgeschlossen habe. Das nähme eine Menge Druck raus. Trotzdem ist bloßes „funktionieren“ mir nicht genug. Ich möchte das Gefühl haben, zu leben! Und mir vielleicht auch Träume zu erfüllen! Unsere Zeit auf Erden ist begrenzt, und auch für meine Gesundheit gibt es kein Gehaltsäquivalent, welches irgendjemand zu zahlen bereit wäre.

Immerhin hab ich gerade viel Zeit zum Nachdenken. Mal schauen, mit welchen gelegentlich schrägen, evtl. irritierenden, hoffentlich aber kreativen Ideen und Plänen ich aus dieser verordneten Auszeit herauskommen werde. In jedem Fall ist der Kopf für’s erste wieder über Wasser – alles andere findet sich. Bis die Tage.

Auch als Podcast…

Ein Schnipsel Intellektualität…

Karl Lauterbach geht mit Benjamin von Stuckrad-Barre spazieren, twittert darüber und nennt es „mit Intellektuellen verbunden bleiben“. Toll. Schön wäre es natürlich, wenn der Popliterat von Stuckrad-Barre auch als Intellektueller qualifizieren würde. Aber da ist bis zu den Qualitäten, etwa eines Peter Sloterdijk (auch wenn ich manche seiner Thesen rundweg ablehne) noch mehr als nur ein bisschen Luft. Und das liegt mitnichten daran, dass der Benjamin ein Jahr jünger ist, als ich. Es geht mir auch gar nicht um die Person – ich weiß es natürlich nicht, aber vielleicht ist er ja sogar ein netter Typ. Aber er ist halt KEIN Intellektueller; ebensowenig wie der selbsternannte Philosophie-Professor der Nation Richard David Precht! Diese Menschen haben lediglich zum rechten Zeitpunkt halbwegs lesbare Ergüsse publiziert, die den Nerv der Zeit trafen. Man kann ihnen also ein gewisses Talent nicht absprechen. Aber ein wenig gewandte Sprache und ein gehörige Portion Opportunismus machen noch keinen Intellektuellen aus. Ansonsten könnte ICH dieses Etikett auch beanspruchen. Es geht mir vor allem darum, dass Politik sich NUR NOCH um Publicity, Public Opinion und pubertäres Geschnatter dreht. Keine Substanz im öffentlichen Diskurs, keine echten, sachlichen Kontroversen; nur noch Nebelkerzen, substanzloses Geschwafel und Selbstdarstellung. Schließlich sind ja irgendwann auch wieder Wahlen. Der Typus des Berufspolitikers ist mir ein Graus. Diese absolute Unart unseres politisches Systems treibt mittlerweile Blüten, die man abschneiden sollte.

Oh… ich kann das Geraune auf den Rängen hören. Wird er sich jetzt zu irgendeinem Unsinn versteigen, womöglich dieses „das wird man doch noch sagen dürfen“ auf den Bildschirm projizieren – und damit verschisse Faschisten-Rhetorik replizieren, die seit Jahren von einer Veränderung des Systems von innen heraus träumt? Nee, keine Chance. Die blaubraunen Faschos dürfen gerne weiterträumen, doch ihnen wird dieses Land NIEMALS gehören, so lange es genug aufrechte Demokraten gibt. Aber der Umstand, dass Menschen, die aus purem Glück heraus eine gewisse Bekanntheit erlangt haben, dann auch noch Zugang zu Politikern, und damit unter Umständen zu deren Meinungsbildungsprozessen bekommen, bereitet mir Bauchschmerzen. Denn diese bekannten Menschen sind in aller Regel auch Menschen, die über gewisse Ressourcen verfügen und daher naturgemäß eher NICHT aus Sicht der Ottonormalverbraucher argumentieren. Und das ist ein Dilemma. Nun unterstelle ich dem Herrn v. S.-B. keinesfalls unlautere Absichten – immerhin hat er ja Karl Lauterbach öffentlich als Held tituliert, und daher… Moment, noch mal einen Schritt zurück: Der Benjamin nennt den Karl einen Helden und dann gehen die spazieren, damit die Politik den Kontakt zu den Intellektuellen hält…? Tja, also, wenn DAS kein Geschmäckle hat, weiß ich’s auch nicht…

Wahrscheinlich interpretiere ich da zu viel hinein. Aber die ANGST der Politiker, sich der direkten, ungefilterten Kritik normaler Menschen aus diesem Lande auszusetzen, weil sie dabei eine schlechte Figur machen könnten (und evtl. sogar dazu angeregt würden, ihre Ansichten zu überdenken…?) bereitet mir hinsichtlich des Zustandes unserer Politik mehr Sorgen, als die stabil 10 – 15% vollidiotische Faschofratzen, denen man überall begegnet. Denen sagt man die Meinung, bis sie so dumm sind, etwas Justiziables zu tun, und dann zeigt man sie an. Im Zweifelsfall weist man sie auch ein wenig robuster in ihre natürlichen Grenzen. Aber die sind tatsächlich kein Problem. Man muss ja NICHT jeden integrieren. Aber ein Polit-Betrieb, der immer selbstreferentieller und abgeschotteter wird und dessen Aktionen nur noch von der Amygdala (möglicher Wahlverlust!) diktiert werden… der ist DRINGEND reformbedürftig. Das Problem ist folgendes: jene, die das sofort ändern würden, wollen ein 4. Reich! Jene, die das ändern könnten, wollen, auf Teufel komm raus, ihre Macht nicht verlieren. Die einzigen wahren Verlierer in diesem Dilemma sind wir Bürger. Können wir das irgendwie ändern? Keine Ahnung, aber ich hoffe, ich bin nicht allein mit dem Versuch…

Auch als Podcast…

Ochmaninov!

Hatte letzte Woche so einen mentalen Crash-and-Burn-Moment, an dem ich immer noch knabbere. Leute, die meine Grunderkrankung (Depression) teilen, wissen, was ich meine: Eigentlich ist alles gut. Und plötzlich knallt es vollkommen unerwartet, und du findest dich subjektiv im freien Fall weider, voll deinen negativen Affekten ausgeliefert, und fragst dich immerzu, was zum Teufel da gerade passiert? Natürlich suchst du dann nach einem Trigger, irgendeinem Auslöse-Ereignis, der sprichwörtlichen Laus auf der Leber. Doch da ist selten was Greifbares zu finden. Man würde doch so gerne irgendwas oder irgendwem die Schuld geben – aber glaubt mir, nach Schuld zu suchen, ist der falsche Ansatz! Auch wenn einem das manchmal erst jemand anders in Erinnerung rufen muss. Ist ja nicht so, dass ich mit dieser Scheiße keine Erfahrung hätte… Jedenfalls sind das solche Momente, in denen ich – meiner 13-jährigen gar nicht unähnlich – „OCH MANNO!“ rufen möchte. Der Komponist dieser Symphonie der Unzufriedenheit soll also fürderhin Ochmaninov heißen. Ähnlichkeiten mit irgendwelchen Russen sind vollkommen zufällig!

…noch mal Kontraste!

Statusbericht: Bedienoberfläche läuft stabil? CHECK! Aufgaben werden erledigt? CHECK! Man kann seine Erfolge genießen? MÖÖÖP! Ich will das gar nicht dramatisieren, aber ich lebe halt so vor mich hin, während ich ganz bewusst sagen kann, dass ich gerne lauthals schreiend davonlaufen würde. Fremdenführer auf den Osterinseln, ausgestattet mit der Erlaubnis, Idioten, die die berühmten Statuen angrapschen müssen, erschießen zu dürfen, wäre gerade eine echte Alternative. Ich könnte mir natürlich auch mit einem Nageltacker in die Patella schießen, um mal rauszufinden, wie sich das anfühlt; aber bei näherem drüber Nachdenken… doch lieber Variante EINS. [CAVE/ …eventuell ist es hilfreich, darauf hinzuweisen, dass galliger Humor mir schon immer ein liebes Hilfsmittel war. Wer damit nicht klarkommt, sollte sich derzeit was Anderes zum lesen suchen.]

By the way: DIE RUSSEN. Nö, eigentlich kein Bock! Es gibt so viele, kluge und unkluge Mitmenschoide, die sich dazu äußern (manche sogar für Geld), dass ich da ganz bestimmt nicht meinen Hut in den Ring werfen müsste. Außer vielleicht ein winziges Snipet Meinung: ich bin FÜR Waffenexporte in die Ukraine! Und ich bin dringend dafür, Saktionen und andere Maßnahmen auszuweiten, um die wahren Nazis in dieser Affäre (also Putin und seine zusehends verblödende Klepto-Oligarchie) weiter unter Druck zu setzen. Atomkrieg? So dumm ist selbst der schwache, kranke, alte Mann in Moskau nicht. Wenn wir hierdurch einen Wirtschaftseinbruch erleiden sollten, dann ist das so. Wir wirtschaften eh falsch! Die Alternative wäre nämlich eventuell, sich einem lupenreinen Autokraten zu beugen, und damit einer weiteren Ausdehnung seiner Machtsphäre Tür und Tor zu öffnen. Will ich nicht! Ob ich eine Kristallkugel habe, in der ich die Zukunft sehen kann? Gottseidank nicht! Genau deshalb kann ich jedem Tag soviel Leben verleihen, wie mir eben möglich ist. Über eine mögliche gesehene Zukunft zu grübeln, würde mich nämlich weder glücklicher, noch klüger machen. Und über den Zustand der restlichen Welt etwas zu sagen, fehlen mir derzeit die Kraft, die Expertise und die Lust…

Und sonst so? Das Einzige, was mir momentan tatsächlich einen positiven Kick verleiht, ist mein Hobby N°1: Pen’n’Paper. Ist für mich Eskapismus, Therapie, Meta- und Selbstreflexion in einem. Und macht auch noch in der Gruppe Spaß. Das gibt’s nicht mal beim Psychotherapeuten auf Kassenrezept. Da wurde mir nämlich auch mitgeteilt, dass ich doch an Gruppensitzungen teilnehmen könnte. Das WILL ich aber nicht. Die anderen Kranken, mit denen ich mein Leid teilen will, suche ich mir nämlich lieber selbst aus; so arrogant bin ich dann schon noch, zu glauben, dass ich das ganz gut hinkriege. Also: wieder mal zurück auf Anfang. Kleine Schritte gehen, kleine Brötchen backen, gute Dinge tun, welche die Seele entschlacken helfen, und abwarten, wie es sich die nächsten Tage entwickelt. All das, während ich mich – verfickt und zugenäht – dauernd mit beruflichem Quatsch beschäftigen muss, dem ich mich momentan nur mäßig gewachsen fühle. Und das Ende vom Lied? Manchmal is alles Schiet! Man liest sich…

Auch als Podcast…

Der verwirrte Spielleiter N°41 – Erzählrechte…?

Gemeinsam eine Geschichte erzählen! Das ist das eigentliche Herz von Pen’n’Paper-Rollenspiel. Natürlich hat man als SL ein wenig Macht über die Rahmenbedingungen innerhalb der Spielwelt. Allerdings hat man vorher einen Common Ground abgesteckt. Ich mache es nicht so wie Matt Collville, dass ich vorher 3 – 5 mögliche Kampagnensettings pitche, und sich die Spieler dann raussuchen können, auf welche Art von Plot sie Bock hätten. Ich finde das deswegen ein bisschen ungünstig, weil ich als Berufspädagoge weiß, dass man gegen die Erwartungen der Teilnehmer anunterrichten muss, wenn man vorher zuviel vom Unterrichtsplot preisgibt. Beim Pen’n’Paper ist das nicht anders. Ich verbaue mir mit etwas Pech die Möglichkeit, einen Metaplot in andere Richtungen zu entwickeln, wenn die narrative Notwendigkeit sich ergibt. Mal davon abgesehen, dass ich einen starken Mix aus allen Elementen mag – Rätsel und Mysterien, Diplomatie und soziale Interaktion, taktisches Vorgehen und Kämpfe; alles hat seine Daseinsberechtigung und sollte in angmessener Menge in einer Kampagne vertreten sein; wobei nicht jede einzelne Sitzung sich derart „abmischen“ lässt, um mal eine DJ-Metapher zu bemühen. Und dann kommt noch das „Plan-X“-Element dazu, denn was ich plane, und was die Spieler dann damit machen, sind ja mehr als zwei Paar Stiefel.

Spielleiternotizen mit Dungeon…

Nun ist es so, dass ich in letzter Zeit auch häufiger wieder selbst zum spielen komme, weil sich ein zweiter Spielleiter für unsere Gruppe gefunden hat. Ich bin dafür sehr dankbar. Da es sich um eine High-Fantasy-Welt handelt, die wir zwei kollaborativ entwickelt haben (und die ursprünglich mal für eine Romanserie gedacht war, von der wir bis heute nur den ersten Teil – fast – realisiert haben), gibt’s manchmal Diskussionen um dieses oder jenes, weil das Regelwerk von mir stammt. Nichtsdestotrotz macht es einen Heidenspaß. Und, wie ich schon ein paar Mal gebeichtet hat, bin ich alles andere als ein leiser oder zurückhaltender Spieler. Dass ich mir dann meist auch noch Charaktere mache, die eher nicht introvertiert sind, macht es manchmal für meine Mitspieler nicht einfacher. Dennoch stehe ich auf dem Standpunkt, dass man das Erzählrecht, sofern der eigene Char in die jeweilige Szene involviert ist – beanspruchen kann, wann, wozu und wie man möchte. Natürlich gibt es hierzu Einschränkungen: man kann nicht einfach etwas tun, was der Char schlicht nicht tun kann. Man kann grundlegende Gesetze der Physik nicht einfach missachten (es sei denn der Char hat Fähigkeiten, die dies zumindest teilweise möglich machen => Magie in ihren verschiedenen Spielarten). Und man kann nicht einfach Dinge tun, die weder technisch, noch sozial, noch politisch in das Setting passen (in High-Fantasy-Szenarien gibt’s keine sozialen Medien und üblicherweise auch keine Demokratie; und zumeist auch keine Handfeuerwaffen, es sei denn man spielt in D&D 5E bei Matt Mercer ’nen besessenen Artificer).

Neulich ist folgendes passiert: ein anderer Char, der neu zur Gruppe stieß, war auf der Suche nach etwas. Und weil man ins Gespräch gekommen war, äußerte er die Bitte, dass wir ihm doch bei der Suche helfen mögen. Mein aktueller Charakter ist eine Bardin, die mit sowas überhaupt kein Problem hat; sie sucht noch ein bisschen nach ihrem Stil, ist aber offen für Neues. Sie nahm diese Bitte also zum zum Anlass, auf dem Markt auf ein Faß zu steigen, die Anfrage für alle weithin hörbar zu deklamieren, und darauf zu hoffen, dass sich eine Reaktion zeigen möge. Was ein anderer Char (oder besser dessen Spielerin) zum Anlass nahm, ein wenig pissed zu reagieren, weil man ein etwas subtileres Vorgehen (vulgo Straßenweisheit-Rumgeeier in den „Schatten“) für besser hielt. Oder sich davon mehr Spotlight versprach. Nun muss ich an dieser Stelle klipp und klar sagen: auf welche Weise man eine Aufgabe löst, entscheidet man im Pen’n’Paper selbst! Wann und wie man das Spotlight für sich beansprucht, entscheidet man selbst! Wie sehr man beim Zocken „in character“ geht, entscheidet man selbst! Klar, manchmal hocken sich die Spieler – oder besser ihre Chars – zusammen und machen einen Plan; der in aller Regel die erste Berührung mit dem Feind nicht vollkommen unbeschadet übersteht. Aber das ist ein anderes Thema. Aber wie einzelne Spieler durch ihre Chars die einzelnen Teile eines Planes umsetzen, oder welche Einzelaktionen sie wie durchführen, entscheiden sie selbst! Andernfalls hätten sie keine Player Agency – kein Erzählrecht!

Uups… (c) by Monika Merz

Ich habe kein Problem damit, im Spiel für andere zurückzustecken. Und ich habe auch kein Problem damit, meine Ressourcen zu teilen. Aber ich kann keine Gedanken lesen. Und wenn ich keine Hinweise auf die Pläne anderer Leute bekomme, dann mache ich halt mein Ding… einfach weil das ein Spiel ist, und ich Spaß haben will! Nun gehe ich naiv davon aus, dass andere das genauso machen, und bin zugegebenermaßen jedes Mal ein wenig irritiert, wenn mich hinterher jemand anmault, anstatt vorher zu sagen, was er oder sie vorhat. Dazu ist Kommunikation nämlich gut. Nun könnte man einwenden, dass es Aufgabe des Spielleiters ist, das Spotlight „gerecht“ zu verteilen. Aber es gibt keine gerechte Verteilung! Es gab, gibt und wird auch in Zukunft immer Spieler geben, die wie ich fröhlich durch das Abenteuer walzen, und versuchen, die Welt nach ihrem Bilde zu gestalten; und andererseits solche, die gerne der Geschichte bei ihrer Entfaltung zuschauen, und sich ausreichend unterhalten fühlen, wenn sie ab und zu mal ein paar Würfel werfen und damit irgendwas Cooles tun können. Das ist jetzt eine sehr grobe Unterteilung, aber nach meiner Erfahrung reicht diese, um die entsprechenden Protagonsten am Tisch abzuholen. Problematisch sind mittelfristig nur die, die sich einfach nicht entscheiden können, ob sie Rampenau sein wollen, oder nicht… Ich selbst gestalte gerne, ich mag es dramatisch, und ich schauspielere auch ein bisschen am Tisch. Das ist mein Stil. Wenn sich jemand davon an den Rand gedrängt fühlt, tut mir das leid. Aber jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Und ich bin nicht bereit, mich hierbei zu ändern, weil mein liebstes Hobby einer der wenigen Orte ist, an denen ich diesem Teil meiner Persönlichkeit freien Lauf lassen kann. Das ist mein Spaß – und den will ich mir nicht nehmen lassen. In that sense I will always game on…

Auch als Podcast…

Contrast rules!

Unterschiede. Divergenzen. Dichotomien. Ambivalenzen. Kontraste sind das Salz in der Suppe unseres Lebens, weil sie sich so exzellent dazu eignen, Dinge greifbar zu machen. Indem ich die Unterscheidbarkeit von Sachen oder Sachverhalten nutze, kann ich sie oft wesentlich besser definieren und verständlich machen. Der Vergleich ist also ein ständiger Begleiter. Das Problem ist, dass die Vergleiche und Kontrastierungen, wie alles andere im Leben – abhängig von der Dosis – ein Gift sein können. Etwa die Beschreibung kultureller Unterschiede, die einfach nur dazu gedacht war, Eigenheiten des Gegenübers verständlich zu machen, wird in den falschen Händen plötzlich zu einem Werkzeug des Hasses! Wird genutzt, um ein Wir-gegen-Die-Narrativ zu begründen! Wird schließlich zu Rassismus! Und so sehr man sich auch für aufgeklärt, weltoffen, tolerant und über solch niederem Verhalten stehend halten mag – das Unterscheiden-Müssen des Unterscheidbaren ist ein Mechanismus, der von Kindesbeinen an so tief in unserer Psyche verankert wird, dass wir nicht aus unserer Haut können – wortwörtlich! Wir urteilen auf Grund der sozialen Filter, welche uns von Tag 1 an mitgegeben werden, denn unser sensorisches Register und unsere formatio reticularis mögen zwar rasend schnell unbewusst auf die verschiedensten Reize reagieren können – sie sind aber sehr wohl konditionierbar!

Irritation ist immer ein guter Lernanlass!

Gerade visuelle Reize, die noch dazu einen nicht unerheblichen Teil der Arbeitsleistung für unseren Cortex verursachen, wirken dabei als mächtige Mittel des Lernens. Aber auch alle anderen Sinne sind an solchen Leistungen beteiligt. Es sind diese Mechanismen, die wir uns in der Berufsbildung zu Nutze machen müssen. Denn viele Kompetenzen, welche die Auszubildenden erlernen sollen, sind nicht durch klassischen Unterricht, sondern nur durch moderierte Konfrontation mit der Realität und gezielte Reflexion des Erlebten möglich. Wir tun dies durch Simulationstrainings, in denen wir Auszubildende aber auch Ausbilder immer wieder an mögliche reale Belastungen heranführen, und so zum Beispiel die Limits individueller Stressresilienz anheben. Aber auch Einstellungsänderung funktioniert auf diese Art. Denn es bedarf, um als Notfallsanitäter*in sein volles Potential entfalten zu können, eines besonderen Menschenbildes, welches jedoch nur zu oft durch die, während der fachpraktischen Ausbildung am Realsubjekt unserer Arbeit erlebte, gesellschaftliche Realität beschädigt wird. Und das meint explizit nicht nur Patienten, Angehörige und Mitglieder anderer Berufsgruppen – es inkludiert auch viele Kollegoide, welche die Frustration ihrer Desillusionierung an den Azubis abreagieren. Da könnte ich kotzen!

…noch eine visuelle Spielerei!

Es ist die vornehmeste Kunst, Ambivalenzen auszuhalten und sein inneres Selbst trotzdem nicht zu verlieren. In dieser Hinsicht stellt sowohl meine heutige Tätigkeit als Ausbilder, wie auch meine vorige als Notfallsanitäter nicht unerhebliche Anforderungen. Und regelmäßig versage ich dabei, gebe den Druck an jene weiter, die diesen eigentlich nicht verdient haben und auch nicht aushalten müssen sollten; ich verliere mich selbst viel zu oft in wenig zielführenden Denk- und Argumentationsspiralen und tue Menschen manchmal schlicht Unrecht. Reziprok trifft zwar das Gleiche zu, aber das macht es ja nun kein Jota besser. Denn auch ich erliege natürlich regelmäßig der dunklen Seite der Kontrast-Macht. Nur ist Schwarzweiß-Malerei leider nicht nur ein starkes visuelles Stilmittel, sondern auch ein Mechanismus, der zu gerne von den dunklen Kräften in unserem Lande genutzt wird, um einfache Antworten auf komplexe Fragen zu geben; und so wieder Menschen auf eine Wir-gegen-Die-Erzählung einzuschwören, die uns in einen Zug nach nirgendwo setzt. Wo solche Feind-Narrative enden, kann man momentan bis zur zermürbenden Fassungslosigkeit, in der Ukraine beobachten. Das wirft allerdings eine Frage auf, zu der ich bis heute keine befriedigende Antwort gefunden habe: soll Berufsbildung für Erwachsene (abseits der eh schon vorhandenen Unterrichtseinheiten zum Thema Integration) auch solche Dinge thematisieren? Und falls ja, wie, wie stark und mit welcher Intention? Denn Propaganda, gleich welcher Coleur hat in einem Lehrsaal wirklich nichts verloren… Nun ja, ich grübele weiter, und wünschen allen einen guten Start in die neue Woche.

  • Roth, Gerhard (2020): Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern. Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten. 3. Auflage. Stuttgart: Klett-Cotta.
Auch als Podcast…

Zwischenruf aus der Homezone – Alles Gute zum Muttertag!

Muss auch mal gesagt werden: Allen Müttern da draußen von Herzen alles Gute zum Muttertag! Ihr hättet was Besseres verdient, als an eurem Ehrentag auch noch die ganze buckelige Mischpoke bekochen zu müssen! Es wird ja immer darüber gesprochen, dass die Care-Work immer noch nicht gleich – oder wollen wir sagen: ungerecht – verteilt ist; und wenn ich so auf das Miteinander mit der besten Ehefrau von allen blicke, ist das manchmal leider ziemlich wahr. Es mag an meiner Sozialisation liegen, oder daran, dass ich anderweitig beknackt bin, aber ich mach gefühlt nie genug! Wobei – wie viel genug ist genug? Ich hab keine Ahnung, und werde diese wohl auch erst bekommen, wenn ich dereinst vor meinen Schöpfer trete, um dann so was wie eine Abrechnung präsentiert zu bekommem. Wie bitte? Ich sei doch gar kein richtig Gläubiger? Ach, na ja, ich habe so meine Probleme mit organisierter Kirche, weil die sich Privilegien rausnimmt, die ihr schon lange nicht mehr zustehen. Aber an irgendwas zu glauben – oder besser, zu glauben, an irgendwas glauben zu müssen – ist doch zutiefst menschlich. [Ironie on] Huldigt also meinem Schöpfer Osch’omam’pamtey, dann werdet ihr…was auch immer! [Ironie off; ist nur für die gekennzeichnet , die zu blöd sind, es auch so zu erkennen]

So oder so sollte man seine Wertschätzung auf andere Art zum Ausdruck bringen, als es offenkundig hierzulande immer noch traditionell üblich ist. Vermutlich setzt da zwar beim einen oder anderen Vater und auch Kind schon ein kleines Umdenken ein – und natürlich sind präpubertäre Teenager emotional und sozial immer schwieriges Terrain – aber davon sehe ich noch nicht genug. Lasst es uns besser machen. Lasst uns den besten Ehefrauen von allen huldigen, wie es ihnen gebührt – indem wir ihnen einen Teil der Last abnehmen. Und wenn jetzt der eine oder andere sagt „aber ich mache doch schon so viel!“, dann darf ER sich gerne mal kurz hinsetzen und ausrechnen, wie viele Stunden pro Woche er mit Zocken, Fernsehen, Kumpels, „Sport“, der Verköstigung ethyltoxischer Getränke und vor allem seiner „Arbeit“ zubringt; letztere steht in Anführungszeichen, weil nicht wenige immer gute Gründe finden, noch ein bisschen im „Geschäft“ abzuhängen, ohne dabei tatsächlich produktiv zu werden, nur damit sie nicht die Wäsche aufhängen, den Müll razusbringen, oder – Gott behüte – sich mit den Kindern befassen müssen. Langt euch an die (Papp)Nase und werdet verdammt noch mal besser! Ich versuche das auch! In diesem Sinne – frohen Muttertag!

Auch als Podcast…

Meta-Feta

Schwuppdizität. So ein Wort, dass man auch nur kennt, wenn man schon länger mit typischen Home-IT-Problematiken beschäftigt ist. Es meinte damals eigentlich nur die unumständliche, halbwegs intuitive Nützlichkeit von Tech-Gadgets – und das Fehlen der Notwendigkeit ewigen Fummelns, bis etwas funktioniert. Wer zu Hause einen Drucker hat, weiß, was ich meine. Heutzutage würde ich es eher zur Beschreibung eines halbwegs intuitiven, nützlichen Prozesses benutzen, und gar nicht mehr so sehr rein auf’s IT-Gedöns beziehen wollen. Vielleicht liegt das daran, dass die Durchdringung unserer Lebenswelt mit Gadgets mittlerweile viel höher ist, als noch vor, sagen wir mal 15-20 Jahren. Und viele Dinge, die einst nur Adepten der arkanen Computer-Künste vorbehalten waren, heutzutage sowas wie Mainstream-Wissen geworden sind. Ob das gut ist oder nicht, verrät euch das (rote) Licht. Ich, so als komplexer Prozess, litt jedenfalls dieser Tage unter mangelhafter Schwuppdizität. Das Allermeiste war wie Waten in Melasse; anstrengend, wenig Progress, das Ziel noch viel zu weit weg, der Weg unklar…

Klar strukturierte Prozesse helfen – manchmal…

Wenn man ein bisschen älter wird, stellt man irgendwann fest, dass Warten manchmal tatsächlich hilft: die Bahn kommt doch (noch), das Gegenüber besinnt sich eines Besseren, die Kinder nehmen Ratschläge plötzlich an und – fast wie von Geisterhand – sind Ideen plötzlich reif, und können zu Papier gebracht oder in Präsentationen gegossen werden. Gerade mit Präsentationen ist das ja immer ein Graus. Sachverhalte so darzustellen, dass das Gegenüber nicht von einer 20-zeiligen Arial-8-Punkt-Buchstabenwüste erschlagen wird, oder aber von 24 Folien pro Sekunde, was im Übrigen einen Film ergibt, ist anscheinend gar nicht so einfach. Andernfalls wären zu viele Animationen und die Schrifttype „Comic Sans“ in Präsentationen endlich ausgestorben! Mal davon abgesehen, dass Präsentationen genau das sein sollen – sie sind dafür gemacht, von einem Erzähler dargeboten zu werden. Ein Foliensatz ist normalerweise dazu da, dass Narrativ des Präsentierenden zu unterstützen. Nicht, es zu ersetzen! Nicht von dessen Kernpunkten abzulenken! Nicht ausgedruckt irgendwo in einem Ordner zu verschimmeln… Sie braucht den lebendigen Vortrag, um wirklich Wirkung entfalten zu können.

Ich wollte bzw. musste mich dieser Tage mit eher abstrakten Sachverhalten befassen, oder besser gesagt mit dem Versuch, diese (be)greifbar zu machen. Das ist niemals einfach, gehört aber nun mal zu meinen Aufgaben. Aber ich war blockiert. Ich kritzelte, wie so oft, meine Notizen, einem Storyboard gleich, in eine passende App auf mein Tablet, schaute mir das entstandene Schaubild an – und verstand Bahnhof und Bratkartoffeln. Obwohl das meine eigenen Notizen waren. Ich kenne diese Situation nur zu gut. Manchmal sitze ich auch vor der Tastatur, während ich einen DIESER Texte verfassen möchte, aber in meinem Kopf will nicht die Ruhe einkehren, die man dafür nun mal braucht. Zumeist lese ich dann aus Verzweiflung irgendwelche Meta-Betrachtungen anderer Leute über das beackerte Sujet, um wenigstens mal meinen Geist joggen zu schicken, wenn mein Körper das schon nicht hinkriegt. Und warte, während die Ideen reifen. Denn tatsächlich ist das ein Reifungsprozess. Akkomodation und Assimilation brauchen ihre Zeit. Und auch wenn die Neuroplastizität des Gehirns in zunehmendem Alter durchaus erhalten bleibt, sind doch die Einpassungsprozesse neuer Wahrnehmungen oft etwas langwieriger. Aber – alte Hunde können sehr wohl neue Kunststücke lernen.

Sehr oft macht der Empfänger die Botschaft…

Manchmal sind anderer Leute Meta-Betrachtungen für mich jedoch weder hilfreich noch sinnvoll, sondern einfach nur Käse – Meta-Feta eben. Allerdings hilft diese reflektierte Feststellung, dass man die Gedanken anderer Personen für Blödsinn hält dennoch dabei, die eigenen Gedanken zu schärfen, indem Abrieb und Sand aus dem Denk-Getriebe gespült werden. Oft genügt die Erkenntnis, dass es überhaupt einen oder mehrere andere Blickwinkel gibt / geben kann. Man muss diese Perspektiven nicht unbedingt spannend oder richtig finden – zu wissen, dass sie existieren, hilft trotzdem weiter. Und so konnte ich heute morgen das zum Abschluss bringen, was mir gestern partout nicht gelingen wollte. Ob’s nun dem Genuß von doch halbwegs schmackhaftem Meta-Feta, dem drohenden freien Wochenende, oder einer eher spielerischen Herangehensweise geschuldet war, spielt am Ende keine Geige. Ein Teil ist abgeliefert, der Rest ist ins Rutschen geraten. Bleibt also etwas Zeit für andere, genauso wichtige Dinge – leben, lieben, labern. Ich laufe gerade zu Form auf. In diesem Sinne – schönes Wochenende.

  • Reynolds, Garr (2013): Zen oder die Kunst der Präsentation. Mit einfachen Ideen gestalten und präsentieren. 2. Auflage. Heidelberg: dpunkt Verlag.
  • Haussmann, Martin (2016): UZMO. Denken mit dem Stift. Visuell präsentieren, dokumentieren und erkunden. 4. Auflage. München: Redline Verlag.
Auch als Podcast…