Der verwirrte Spielleiter #12 – Erzähl doch einfach…!

Puh. Schon wieder eine Weile her, dass ich was zu meinem Hobby N°1 geschrieben habe. Könnte daran liegen, dass es in den letzten Monaten nicht immer so präsent war. Wir hatten schon ein paar Gelegenheiten zum Zocken und die Nächste nähert sich gerade; doch insgesamt waren andere Dinge gerade ein wenig wichtiger. Sei’s drum.

Auch wenn man sein 30jähriges Bühnenjubiläum als SL hinter sich gebracht hat, trifft man immer noch auf Fragestellungen, die – wenngleich auf den ersten Blick trivial – bei näherer Betrachtung doch die eine oder andere Überraschung mit sich bringen. Nach allem, was ich über das Rollenspiel erzählt habe, ist allen Beteiligten klar, dass es sich dabei um ein soziales Spiel handelt, welches von Kommunikation lebt, vom Treffen von Entscheidungen und der Abwägung, welche Konsequenzen diese haben werden; und natürlich auch von der Rhythmik der Geschichte, die direkten Einfluss darauf ausübt, ob Immersion und Player-Investment entstehen, oder eben nicht.

Abseits aller Vorgedanken, Vorplanungen und Vorbereitungen bleibt das Spielleiten selbst stets zuerst ein Akt des Erzählens. Ich habe hinsichtlich dieses Umstandes im Netz so einige Meinungen gefunden, die von der Notwendigkeit schauspielerischen Könnens des SL bis hin zum bloßen Zur-Kenntnis-Geben von Informationen durch den SL reichen. Natürlich gebe ich durch mein Narrativ Informationen weiter. Ohne Informationen entsteht keine Geschichte, die wir zusammen weitererzählen können. [Damit wirklich klar wird, wovon ich rede, ist es dieses Mal tatsächlich sinnvoll, den zugehörigen Podcast anzuhören]: Verdeutlichen wir uns, was das bedeutet. Stellt euch Folgendes vor: „Ihr betretet das zweite Untergeschoss des Parkhauses. Alle Lampen sind aus. In der linken hinteren Ecke hört ihr ein seltsames Kratzgeräusch.“

Ja soweit ganz ok. Die relevanten Informationen wurden vermittelt. Kann man so stehen lassen. Oder wir legen noch ein Brikett nach und verändern lediglich die Stimmlage und Sprachrhythmik vom „Credible-Stile“-Nachrichtensprecher zu… etwas anderem: „Ihr betretet das zweite Untergeschoss des Parkhauses. Alle Lampen sind aus. In der linken hinteren Ecke hört ihr ein seltsames Kratzgeräusch.“

So. Alle fertig? Dann habt ihr jetzt ein Bild im Kopf und ich könnte wetten, dass, wenn man Photos eurer Vorstellung anfertigen würde, sehr unterschiedliche Ergebnisse zu Tage kämen. Vor allem sehr unterschiedlich zu dem, was ich im Kopf habe. Vielleicht wurde irgendwas dazu imaginiert, was ich gar nicht beschrieben habe, weil die Szene an einen Film, ein Buch oder sonstwas erinnert. Vielleicht habe ich auch – ohne das zu wissen – eine Saite eures emotionalen Instruments bespielt, die gewisse Ängste triggert. Und vielleicht habt ihr gar keine Vorstellung, was das soll, weil ihr noch nie einen einzigen verdammten Horrorfilm gesehen habt. Was weiß ich schon…

Fakt ist, im Pen&Paper habe ich damit eine Szene gesetzt, mit der nun etwas passieren wird. Einer der Spieler wird sicher fragen, ob sein Charakter mehr wahrnehmen kann, bevor er sich in die Richtung bewegt. Einer wird sich umschauen, ob er das Licht in Gang setzen kann. Wieder ein anderer wird seine Waffe bereit machen, weil er eine Konfrontation erwartet. Und einer möchte vielleicht lieber das Weite suchen. All das erreiche ich mit 21 Worten; und meiner Stimme als Instrument. Ich brauche dabei keine überbordende Vielzahl an Adjektiven („pittoresk“ ist mittlerweile zu einem Hasswort geworden) und Füllworten – tatsächlich ist tatächlich tatsächlich überflüssig! Klar soweit? Verbale Kommunikation braucht Klarheit und Klarheit wird durch zu komplexe Konstrukte eher beeinträchtigt. Und das MIR, dem Meister des Schachtelsatzes!

Doch zurück zur Frage: nur Info oder echte Narration? Beide Varianten erfüllen ihren Zweck. Und es ist gewiss eine Frage der Übung, ob ich mit meiner Stimme etwas anderes – ober besser gesagt, etwas mehr – erzeugen kann, als das monotone Leiern eines schlecht gealterten Tonbandes. Wenn man mich jedoch fragte, was für mich beim Erzählen meiner Geschichte wichtig ist, so würde ich sicher darauf hinweisen, dass ich auch eine gewisse Stimmung mit transportieren möchte. Zum einen, weil eben nicht jedes Setting die gleiche Grundstimmung, die gleichen Spielprämissen und Ziele hat. Und zum anderen, weil immer gleich klingende NSCs sowohl Spieler als auch SL nach einer Weile nerven. Die Stimme ist ein Instrument, bei dessen Nutzung wir durch ständigen Gebrauch besser werden können. Wenn wir das denn wollen.

Bevor ich jedoch die Spieler ihre Charaktere in eine solche Szene eintauchen lassen kann, muss ich selbst dort gewesen sein. Dass ist der wirklich essentielle Teil jeder Vorbereitung: ich muss diese Bilder, die Szenen, an denen von den Charakteren Entscheidungen eingefordert werden, und sie im Gegenzug für den weiteren Verlauf einer Geschichte relevante Erkenntnisse gewinnen können vorher selbst gesehen haben. Ich muss die Details kennen, welche sich in dem Wimmelbild verstecken und alle relevanten Fragen meiner Spieler ad hoc beantworten können. Das ist, was ich meinte, als ich sagte, dass die Nexus-Vortex-Methode mitnichten weniger Arbeit für den Spielleiter bedeutet. Sie eröffnet mir allerdings im Gegenzug wesentlich größere Flexibilität, wenn es um die unvorhersehbaren Eskapaden meiner Spieler geht. Die sind ja aber das Salz in der Suppe meiner Runden.

In jedem Fall danke ich für die Aufmerksamkeit des Publikums und hoffe, dass bis zum nächsten Verwirrten Spielleiter nicht ganz so viel Zeit vergeht – always game on!

Auch zum Hören – diesmal besonders…

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