…oder so? Die Krux an diesem Satz ist, dass sehr viele Menschen einfach mal Dinge tun, mit denen sie nicht so klar kommen. Kinderkriegen zum Beispiel, oder Autofahren. Kommunikation gehört auch dazu. Nicht umsonst widmen sich mehrere Disziplinen fachwissenschaftlich diesem Sujet; doch ich werde jetzt NICHT anfangen, über einschlägige Theorien zu referieren. Erstens, weil das den einen oder anderen überfordern könnte (nicht kognitiv, wohl aber an der Aufmerksamkeitsspanne). Und zweitens, weil das hier Spielleiter-Tipps sein sollen – also Ratschläge, die auch etwas mit dem echten Leben am Spieltisch zu tun haben. Denn erinnert euch bitte: wir kommen dort zusammen, um Spaß zu haben!
Es gibt eine goldene Regel, die aller Kommunikation am Spieltisch zu Grunde liegt:
Der Spielleiter muss ein FAN der Spieler und ihrer Charaktere sein!
Eigentlich ist damit schon fast alles gesagt. Sehen wir uns diese Aussage trotzdem etwas näher an. Warum Fan? Weil mit Fandom einhergeht, dass ich einerseits dem Subjekt meines Fan-Seins Aufmerksamkeit entgegen bringe. Also genau höre, was gesagt wird. [WICHTIG: Verwechselt das an dieser Stelle bitte nicht damit, dass ich als SL deswegen auch automatisch weiß, was der Spieler mit seinen Äußerungen für seinen Charakter gemeint haben könnte…] Und sehe, was nicht gesagt wird. Denn – auch wenn es ein Allgemeinplatz ist – bei weitem nicht alles, was wir kommunizieren findet rein über die Sprache statt. Womit auch klar wäre, dass das in der Überschrift genannte Reden allein nicht ausreicht.
Andererseits bedeutet Fandom aber auch, dass ich die Spieler siegen sehen will. So wie eine individuell favorisierte Sportmannschaft. Sie sollen den Shit rocken dürfen! Was wiederum nicht bedeutet, dass ihnen das einfach fallen soll/muss. Meine Spieler (insbesondere etwas erfahrenere Spieler) haben ein feines Näschen für Balance. Sind die Siege zu leicht, oder zu schwer, bzw. bleiben ganz aus, werden sie alsbald mürrisch sein. Zu recht. Der schmale Grat, sie ausreichend Erfahrung und Macht sammeln zu lassen, kommende Hindernisse und Antagonisten zu überwinden, während ich sie weder am ausgestreckten Arme hungern lasse, noch mit Goodies überhäufe, ist immer wieder eine Herausforderung. Aber dazu bei Gelegenheit mehr
Ich sollte meine Spieler, ihre Wünsche und Ideen, ihre jeweils eigenen Pläne für ihre Charaktere (in denen wahrscheinlich eine Menge Arbeit und Herzblut steckt) stets respektieren und das in meinem Handeln ausdrücken. Insbesondere in meinen Worten, Gesten und meinem Mienenspiel. Zweifelsohne klappt das nicht immer und in einer etwas mehr casual ausgelegten Runde bin ich wahrscheinlich nicht immer zu 100% da. Das soll keine Missachtung meiner Spieler oder meiner Spielleiter sein, sondern das Eingeständnis, dass es schlicht unmöglich ist, mehrere Stunden am Stück intensiv aufmerksam zu bleiben. Wenn ich ein wenig „drifte“ versuche ich aber, das Spiel der anderen nicht zu stören.
„Spotlight“ ist hier der entscheidende Faktor. Während einer Spielsitzung sind nicht immerzu alle Charaktere in alles involviert. In dem Moment, in dem der Lichtkegel aber auf mich fällt, werde ich als Spieler zur Rampensau. Als SL nehme ich eine eher passive Rolle ein. Ich beschreibe die Dinge. Ich warte auf die Aktionen meiner Spieler, treffe Entscheidungen darüber, welche Auswirkungen diese wohl haben werden (oder lasse die Würfel dies entscheiden, denn wer bin ich schon, alles wissen zu wollen 😉 ) und beschreibe dieser Auswirkungen, damit meine Spieler darauf neu reagieren können. Ich habe aber als SL KEIN Spotlight. Im Gegenteil, ich selbst versuche bewusst, dies zu vermeiden, denn es ist nicht meine Show, sondern vielmehr die meiner Spieler (bzw. ihrer Charaktere).
Nun ist es so, dass es auch am Spieltisch emotional hoch hergehen kann Und nicht immer trennen wir die Gefühlswelt von Charakter und Spieler oder Spielleiter dabei sauber. Das ist menschlich, denn letzten Endes ist jeder Charakter im Rollenspiel eine ausdifferenzierte, überspitzte, vielleicht sogar parodierte Facette unseres Selbst. Wir spielen ja mit Rollen – also auch mit den Rollen, die das Leben in uns angelegt hat. Daher lautet die zweite goldene Regel am Tisch:
Seid friedlich zueinander! Stress hat am Spieltisch eigentlich nichts verloren!
Und wenn doch mal welcher entsteht, was nicht ausbleiben wird, erinnert euch eurer Kinderstube. Wir sind alle nur Menschen und dies ist ein soziales Spiel. Manchmal muss man Fünfe gerade sein lassen, einmal tief durch die Hose atmen und sich einen Kaffee holen gehen. Dann wird das schon wieder. Wie mit allen Dingen, so ist es auch mit dem kommunikativen Aspekt des Spielleitens: Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen, außer durch mehr Erfahrung!
Es wird immer wieder Situationen geben, in denen eine SL-Entscheidung Diskussionen oder zumindest Unmut auslöst. Daher empfehle ich, sich in solchen Momenten die erste Regel ins Gedächtnis zu rufen. Sei ein Fan deiner Spieler! Ist eine Entscheidung gegen die Spieler in ihrer Härte nicht unbedingt von Belang für die Handlung, stoßt sie um, oder mildert die Folgen ab. Nicht, weil ich als SL eine Pussy bin, sondern weil ich nur jene harten Entscheidungen durchdrücken werde, welche auch für die Geschichte von Belang sind. Wissen meine Spieler (und die merken sich solche Dinge mit einer Präzision, die auch mich immer wieder irritiert), dass sie mir vertrauen können und ich sie nicht ohne guten Grund in die Scheiße reite, werden sie viel eher bereit sein, auch etwas zu akzeptieren, was ihnen (oder besser ihren Charakteren) erstmal gar nicht schmeckt. Womit wir bei der letzten wichtigen Regel wären:
Seid konsistent in eurem SL-Handeln! Gleichartige Aktionen der Charaktere müssen auch erwartbar gleichartige Ergebnisse in der Spielwelt erzeugen.
Hat man sich und seine Spieler an diese Dinge gewöhnt, läuft der Laden meist schon ganz gut. In meinem nächsten Post gehe ich auf SL-Entscheidungen ein – und, warum SL manchmal auch bescheißen dürfen sollten. Bis dahin: always game on!
2 Antworten auf „Der verwirrte Spielleiter #03 – reden kann doch jeder…“