Urlaub mit Kindern…

Jeder, der Kinder im Alter meiner Töchter hat (sie sind gegenwärtig 4 und 8 Jahre alt) kennt das: Man möchte sich im Urlaub mal etwas anschauen und kaum, dass der Motor ein paar Minuten läuft, geht das Genöle los. Sind wir bald da? Müssen wir da hin? Mir ist schlecht! Ich habe Hunger! Und so weiter und so fort. Wir Erwachsenen sagen dann, ja das muss, denn alle Tage in der Sonne liegen bis man gar ist, oder im Pool dümpeln, bis die Haut schrumpelig wird verliert irgendwann, zumindest für meine Frau und mich, seinen Reiz. Ich will nicht sagen, dass eine kleine Portion Müßiggang nicht sehr erholsam wäre. Ab und zu auch gerne eine Große. Aber ich kann nicht 14 Tage am Stück, oder gar länger einfach nur auf der faulen Haut liegen und gar nichts tun; mein Gehirn fängt nämlich, wenn’s nix zu schaffen hat irgendwann ganz von alleine an, zu joggen, weil es Bewegung braucht.

Auch mein Körper kann Bewegung gut gebrauchen, aber wenn mein Geist nix zu tun kriegt, werde ich recht schnell mufflig. Die Welt unserer Kinder jedoch dreht sich um vollkommen andere Bedürfnisse. Die interessieren sich nicht für Kulturschätze und alte Steine. Die Faszination jener Profan- oder Sakralbauten, bei denen es mich im Auslösefinger meiner Kamera juckt, kann meine Kinder bislang nur selten erfassen; und Museen gehen gar nicht. Was also tun, sprach Papa?

Wir versuchen es mittlerweile – allerdings mit sehr stark variierendem Erfolg – mit einem halbwegs guten Mix, der den Kindern genug Zeit für den Pool und anderes lässt, planen Essenspausen ein und beziehen sie in manche Entscheidungen mit ein. Wer selbst gesagt hat, er möchte da noch hoch marschieren, tut sich hinterher mit dem Nölen (etwas) schwerer. Immerhin, während die Kinder ihren Spielen und sonstigem nachgehen, komme ich dazu, zur Abwechslung mal wieder etwas zu lesen, dass mit meinem Studium nichts zu tun hat. Dieses neigt sich ja Gott sei’s gedankt, auch dem Ende zu.

Der Geist ist gefüttert, der Körper bewegt – läuft also. Wenn jedoch jemand noch ein paar gute Tipps für mich hätte, wie man die lieben Kleinen (Blagen) noch etwas besser compliant bekommt, wäöre ich durchaus dankbar. Aber bitte nur ernst gemeinte Zuschriften. Denn Haldol als Raumspray wird nie eine Zulassung bekommen… 😉

TEAM – Toll, ein Anderer macht‘s…?

Es ist schon ein Kreuz in unserer modernen Welt. Permanent wird von einem verlangt, dass man mit anderen zusammenarbeitet. Dauernd werden Aufgaben gesplittet und/oder neu zugeschnitten, Zuständigkeiten hin- und hergeschoben und Ziele neu definiert. Ich arbeite in einer Branche, in der solche Dinge eigentlich kaum vorkommen, denn als Healthcare Professional ist man zumeist, zumindest in dem Segment, in dem ich seit langer Zeit tätig bin, unter Tage (manchmal auch über die Nacht) sein eigener Chef. Zumindest so lange man nicht in die Verlegenheit kommt, irgendetwas organisieren zu müssen. Ab dem Moment allerdings, da einem Koordinationsaufgaben zukommen, ist es mit der Ruhe und Gemütlichkeit vorbei.

Koordinieren bedeutet in aller Regel, dass man dafür sorgt, dass unterschiedliche Komponenten bzw. Menschen in komplexen Organisationen gut miteinander funktionieren. Oder aber die Schnittstellen zu anderen Organisationen dasselbe tun. Klingt einfach, oder? Wenn man heutzutage irgendwelche Periodika liest, die sich auch mit der Arbeitswelt befassen, dann wirkt es so, als wenn mittlerweile jeder Mensch nur noch mit Kreativsein oder Koordinieren beschäftigt wäre. Was für ein Bullshit! Denn die allermeisten Menschen überschätzen Ihre individuelle Wichtigkeit – und vor allem die Relevanz ihrer geleisteten Arbeit. Sachbearbeitung ist eine todlangweilige Angelegenheit und Bürokommunikation ist oft unnötig weitschweifig und wenig zielorientiert. Manchmal muss man über Sachverhalte reden, die eigentlich die ventilierte Luft nicht wert sind – schlicht weil Menschen halt Menschen sind und es manchmal nicht auf die Reihe bekommen, privates und geschäftliches sauber zu trennen. Zumindest in sozialen Berufen ist dies scheinbar dauernd der Fall.

Mein Job ist kaum anders. Ich habe drei unterschiedliche Einsatzbereiche und zwei davon haben viel mit Kommunikation und Koordination zu tun. Über den einen rede ich nicht mehr sehr gerne, weil ich damit – zumindest mental – abgeschlossen habe. An einem Ort, an dem Engagement und Mitdenken sogar bestraft werden, investiere ich nur noch so viel Aufwand, wie unbedingt notwendig, um mit einem halbwegs guten Gewissen nach Hause gehen zu können. Gott sei Dank ist dies ein Ort, an dem ich nur noch selten eingesetzt werde. An meinem Hauptarbeitsplatz jedoch, den ich sehr gerne aufsuche entstehen in letzter Zeit auch Probleme, die mir zu denken geben.

Natürlich haben diese Probleme mit einigen der Menschen zu tun, auf die ich dort regelmäßig treffe. Die Büroeinrichtung hat mir jedenfalls noch nie etwas getan. Arbeitgeber im Gesundheitswesen neigen dazu Menschen anzuziehen, die ein gewisses Maß an Individualismus und, nun sagen wir mal „Schrägheit“ an den Tag legen. Die tatsächlich eher flachen Hierarchien und üblichen Sozialformen scheinen einem bestimmten Menschenschlag eine gute Heimat zu bieten. Jedenfalls liegt das Problem in der – wie oben bereits erwähnt – überall geforderten Teamarbeit. Auf dem Rettungswagen ist das zumeist kein Thema, denn es gibt eng umrissene Ziele und Wege dahin. Wenn es allerdings um betriebliche Bildungs-Koordination geht…

Sagen wir mal so. Jeder kann größere Teamorientierung fordern. Tun sie alle, dauernd, vehement. Diese Teamorientierung auch zu leben, vulgo größtmögliche Informationstransparenz herzustellen, damit immer alle die notwendigen Infos und Ressourcen zur Verfügung haben, klappt allerdings nicht so gut. Ob das nun daran liegt, dass ein Team mit drei Alphas einfach nicht funktionieren kann, weil jeder meint, die größte Regelungskompetenz innezuhaben, oder doch eher an unterschiedlichen Mindsets der Protagonisten, weiß ich nicht. Ich kenne meine eigenen Fehler gut genug, um zu wissen, dass ich diesbezüglich definitiv keinen Heiligenschein aufhabe. Aber was mich ankäst, sind Menschen, die mehr Teamorientierung einfordern, im Gegenzug ihre eigene Bringschuld jedoch in keinster Weise erfüllen. Da hört der Spaß auf!

Was ich jetzt deswegen mache? Noch keine Ahnung, aber so geht das nicht weiter…

FSJB (Frühsoziale Jugendbildung)

Es ist wahnsinnig schwierig herauszufinden, was man mit seinem Leben anstellen möchte. Ich meine, man absolviert die Schule, man rauft sich dort mit Menschen zusammen, die einen über mehrere Jahre als Konstante begleiten, einen auch mit sozialisieren. Man schließt Freund- und Feindschaften, findet langsam heraus, wie die Welt, zumindest im Kleinen funktioniert; und kaum, dass man sich angekommen wähnt und überdies so halbwegs erwachsen, kriegt man einen Tritt in den Arsch und soll genau das sein: erwachen. Und am besten auch genauso handeln. Was bedeutet, dass man einen Plan braucht, was als nächstes geschehen soll. Man wurde ja schließlich bis zu 13 lange Jahre mit durchgefüttert und auf Brauchbarkeit für den Verwertungsorientierten Teil des Schulsystems gedrillt. Denn nicht für die Schule, sondern für das (Erwerbs)Leben lernen wir…

Da stehen die jungen Menschen nun und sollen auf Anhieb wissen, wie ihr Lebensplan aussieht. Damit sie wenigstens eine Chance bekommen, ihre Nützlichkeit für die Gesellschaft zu beweisen, dürfen sie ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) ableisten. Was bedeutet, dass sie mit einer Minimal-Ausbildung irgendeine, zumeist einfache Tätigkeit im Gesundheitswesen ausüben und dabei einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zumindest teilweise einsparen. Das mit der Chance zur beruflichen Orientierung und zur Charakterentwicklung ist – meine bisherigen Arbeitgeber mögen mir dies bitte verzeihen – Augenwischerei. Es geht in allererster Linie um’s Geldsparen.

Natürlich sammeln die jungen Menschen die eine oder andere, prägende Erfahrung, doch die Art, wie sie diese in ihr sonstiges Wissen und Tun integrieren, hängt sehr vom Ausgangs-Charakter ab. Aus einem arroganten Arschloch wird keine Altruismus-Koryphäe, nur weil er/sie ein FSJ absolviert. Diesen Effekt könnte ich nur mit höherer Wahrscheinlichkeit erzielen, wenn ich mehr in deren Ausbildung investieren würde. Doch dann wäre ihre FSJ-Ableistung nicht mehr wirtschaftlich produktiv. Und was sich nicht rechnet, findet heutzutage nur noch selten statt.

Würde ich jedoch meinen Auftrag als Arbeitgeber eines freiwilligen sozialen Jahres ernst nehmen, dürfte der Gott unserer Modernen Welt – vulgo Mammon – hier kein entscheidendes Kriterium sein. Wenn ich junge Menschen auch im, zumeist ersten Berufsumfeld, dem Humboldt’schen Ideal folgend ganzheitlich bilden möchte, darf deren Arbeitsproduktivität nicht mein primäres Movens sein. Denn ansonsten darf ich mich hinterher nicht wundern, wenn sie zwar funktionieren, ihnen gesellschaftliche Teilhabe auf allen Ebenen aber schnurz bleibt und sie demzufolge irgendwann, im Verkennen sozialer und gesellschaftlicher Realitäten, zu den nächsten AfD-Wählern werden. Oder – in meinem Metier – zu arroganten Notärzten.

Daraus folgt für mich, dass meine Bemühungen in der Ausbildung der von FSJlern in eine andere Richtung gehen müssen, als die derzeitige betriebliche Linie dies vorgibt. Freunde der Nacht, das wird nicht einfach, denn momentan – oh Wunder – spielen natürlich Verwertungsinteressen die erste Geige. Ich bin gespannt, ob meine Argumente Gehör finden.

Wahlkrampf

Also dreht sich der Wahlkampf nur noch um die Frage, ob es Ende Schwarz-Gelb oder Schwarz-Grün weitergeht, wie es dieser Tage ein Artikel in Zeit-Online verkündete? Ein Albtraum! Ich bin jetzt ganz offen: ich habe in meinem Leben noch nie eine Stimme für die CDU, oder einen ihrer Kandidaten abgegeben, weil ich deren vollkommen gestrige Art, mit modernen Problemen umzugehen für restlos anachronistisch und unerträglich bigott halte. Sie schreiben sich konservative Werte auf die Fahnen, ohne überhaupt zu wissen, was das ist; andernfalls würde das verkümmerte Machterhaltungsorgan der mecklenburgischen Eule (mehr ist dieser Haufen von national-kapitalistischen Heuchlern nicht mehr) wissen, dass Kultur ein dynamischer Begriff ist, der sich ändert. Der sich vor allem schon geändert hat! Statt anzuerkennen, dass die Zeiten sich ändern, kotzt sich ein Minister öffentlich zu seiner Version von Leitkultur aus. In der Bild am Sonntag! Schön zu wissen, wie die CDU jetzt versucht, ihre Klientel zu stärken.

Versuchen wir mal konservative Werte zu beschreiben: Ich hätte gerne, das für jeden Menschen in diesem Land die gleichen Regeln gelten, nämlich unsere Gesetze. Klingt gut, klingt stark konservativ, ist ein richtiger Slogan, oder? Wie sieht’s denn mit Gleichberechtigung aus? Warum bekommen Frauen in Deutschland weniger Lohn als Männer – wohl bemerkt für die gleiche Arbeit – es sei denn, sie arbeiten nach Tarifvertrag? Und was genau hat jede Regierung seit Schröder (ja auch die SPD) Stück für Stück demontiert? Ja genau: auskömmliche Tariflöhne für einen großen Teil unserer Gesellschaft, insbesondere für jene Berufsgruppen, die eher am unteren Ende der Gehalts-Skala unterwegs sind. Anstatt genau dort den Kapitalismus der Chickagoer Schule an die Kandare zu nehmen, hat man dereguliert, prekäre Beschäftigung gefördert und jenen, die eh schon mehr als genug haben die Kohle in den Arsch geschaufelt. Schlechte Sozialpolitik? CDU check! SPD check! Und über die FDP, deren – er möge in Frieden ruhen, ein Idiot war er trotzdem – ehemaliger Vorsitzender Hartz IV als spät-römische Dekadenz bezeichnet hat, werde ich nicht mehr sagen, als dass ich hoffe, sie mögen nie mehr an irgendeiner Regierung beteiligt sein!

Kommen wir aber zurück zu Recht und Gesetz. Unsere Steuergesetzgebung bevorzugt Kapital- vor Erwerbseinkommen, was zu einer weiteren Umverteilung von Unten nach Oben führt. Ebenso werden mittlere Einkommen viel zu sehr belastet. Schlechte Wirtschaftspolitik: CDU check! SPD check! FDP check!

Asylbewerber müssen sich an unsere Regeln halten. Ja, das finde ich auch. Bevor wir aber hysterisch werden, wäre es sinnvoll auf Basis der Realität zu argumentieren. Warum hat denn die Wirtschaft hierzulande die Zuwanderung seit 2015 begrüßt! Weil man sich ausgerechnet hat, dass es mehr Fleisch in den Wettkampf um ohnehin schon prekäre Jobs schwemmt und man die Preise gerne noch ein bisschen drücken möchte. Schließlich muss die Rendite zweistellig sein! Anstatt schon lange ein Zuwanderungsgesetz mit klaren Regeln, Procedere und Infrastruktur für eine geregelte Zuwanderung geschaffen zu haben, um auch langfristig immer wieder auf Migration reagieren zu können, macht man ein Flickwerk ans andere und lässt ehrenamtliche Helfer und bestehende Systeme (die dafür aber nicht ausgelegt sind) eine Aufgabe erledigen, die eindeutig dem Staat zufällt. Schlechte Zuwanderungspolitik? CDU check! SPD check! FDP check! Grüne check!

Unsere Kultur muss also vor Überfremdung geschützt werden. Seien wir mal ernst: jedes Jahr kommen mehrere 100.000 ausländische Besucher zum Oktoberfest. Müssen wir Angst haben, dass die Theresienwiese ihren Charakter verliert. Also diesen Charakter mit Bierzelthumptata, Schaulaufen der Möchtegernwichtigen und Schönen und Tonnenweise ethyltoxischer Kotze? Ich glaube nicht. Unsere Kultur wird nicht überfremdet. Sie assimiliert Teile des Neuen, wie sie das schon immer getan hat, oder gab es hier 1875 schon Pizzalokale? Wir werden Wege finden, den arabischen Machismo in Bahnen zu leiten. Und jene, die tatsächlich nicht hierher passen, weil sie nicht bereit sind, zumindest unsere Gesetze zu achten die sortieren wir aus. Aber dazu müsste man sich erst mal darüber klar werden, was Integration überhaupt bedeutet, anstatt immer die falschen Leute zu fragen und immer zu erwarten, dass, sich zu integrieren, das Verleugnen der eigenen Identität/Herkunft bedeuten muss. Das ist nämlich die aktuelle Doktrin.

Und weder mit Schwarz-Gelb, noch mit Schwarz-Grün wird sich daran irgendwas ändern, dass die Reichen reicher, die Armen ärmer, die Andersartigen stigmatisiert, ghettoisiert und ausgebeutet werden, oder das auf die relevanten Fragen unserer Zeit wie Klimawandel und Landflucht immer die Antworten der Wirtschaftsvertreter (Lobbyisten) gegeben werden, anstatt das eigene Volk zu hören. Ich kann also weder CDU/CSU, noch FDP, noch SPD guten Gewissens meine Stimme geben, weil Sie’s verbockt haben, und zwar richtig – immer und immer wieder! Und über das ganze rechte Geschmeiß werde ich hier nur sagen: wer die wählt, hat (leider nicht zu Unrecht) viel Wut im Bauch, übersieht aber, dass er versucht, das politische Establishment mit gefährlichen Undemokraten auszutreiben.
Ich gebe hier bestimmt keine Wahlempfehlung ab. Denkt euch einfach euren Teil. Aber wenn ihr die dämliche Eule wieder ins Kanzleramt hievt, bin ich euch böse.

Und es war Sommer

Ich schreibe jedes Jahr im Sommerurlaub was über Entschleunigung. Klingt ja auch logisch, wenn man sich eingesteht, dass genau das der gewünschte Effekt des Verreisens ist. Ich möchte mich mal zwei, drei Wochen nicht mit den Problemen des Tagesgeschäftes befassen, sondern lediglich darüber nachdenken müssen, ob ich heute am Pool liegenbleibe (bzw. darin herumschwimme), oder mir irgendwas anschaue; und falls ja, was. Ist ja nicht so, dass es in Mittelitalien nicht mehr als genug zu sehen gäbe, wenn man, wie ich, auf alte Steine steht. Allenfalls dreht sich die Welt noch um derart wichtige Dinge, wie das Menü des Tages und die Ethyltoxin-Vorräte für die Abendunterhaltung der adulten Mitreisenden. Eben wahrhaft existenzielle Fragen…

Nun ist es aber so, dass mich der Urlaub diesmal quasi akzidentiell aus verschiedenen Projekten reißt, mit denen ich momentan befasst bin. Will heißen, ich musste Arbeiten unterbrechen, an denen mir wirklich etwas liegt und die ich alsbald zum Ende gebracht sehen möchte/muss. Ich hätte wirklich gedacht, dass es mir schwer fallen würde, loszulassen. Doch mit jedem Kilometer, den sich meine Heimatstadt im Rückspiegel entfernte wurden mir diese Dinge schnurzpiepegaler. Vielleicht, weil mein Geist unterschwellig noch besser wusste als mein Körper, dass ich gerade mal wieder im Begriff war, mir zu viel zuzumuten.
Und so kam es, dass ich mich die Tage beim Schwimmen im Pool bei Gedankenspielen ertappte, die mit Auswandern und den ganzen Scheiß in Good Old Germany hinter mir lassen zu tun hatten. Reine Gedankenspiele, weil ich ein paar soziale Verpflichtungen habe, die ich sehr ernst nehme und meine Partnerin absolut keinen Bock hätte, sich irgendwo im Outback eine neue Bleibe und eine neue Existenz aufbauen zu müssen. Aber so weit weg in diesem Fall die Realität auch gewesen sein mag; es hat so verdammt gutgetan, darüber zu sinnieren, den überkandidelten Alltag daheim einfach sein zu lassen. Denn man hat dort manchmal mit Menschen zu tun, auf die man gut verzichten könnte.

Andererseits, wer sagt, dass dies woanders nicht genauso wäre? Keine Ahnung. Aber eines weiß ich ganz genau: wenn man eine Zeit lang Gelegenheit bekommen hat, sein Umfeld neu zu beurteilen, entstehen meist ganz von selbst Ideen, wie man es lieber hätte. Ich denke, dass es an der Zeit ist, ein paar Dinge zu ändern, mir meine Aufgaben und meine Kompetenzen neu zu suchen; ja irgendwie zumindest ein bisschen mein Leben zu ändern. Mal sehen, ob das klappt. Ich bin ja noch jung…

A snipet of IoT

Mein Kühlschrank soll also in Zukunft im Internet was zu Futtern bestellen können, wenn’s alle ist. Bestellt mein Handy dann auch Nutten, wenn’s mich zufällig beim Wichsen beobachtet? Meine Heizung soll ich schon von unterwegs bedienen können, bzw. sie soll mit meinem Auto absprechen, wann ich von der Arbeit kommend zu Hause eintreffe, damit ich wohltemperiert auf der Couch vor meiner bereits anlaufenden Lieblingsserie darnieder sinken kann; schließlich hat das Auto auch meinem Infotainmentsystem Bescheid gesagt. Liest Alexa dann auch meinen Kindern die Gute-Nacht-Geschichte vor, ohne, dass ich was dazu tun muss? Falls ja, müsste ich vermutlich schreiend davonlaufen! Denn dieser himmelschreiende Irrglaube, dass dieses ganze Techno-Spielzeug mein Leben einfacher oder gar besser machen würde, kotzt mich an.

Wer mal William Gibson, oder auch manch anderen Protagonisten des Genres Cyberpunk gelesen hat, bekommt eine Ahnung davon vermittelt, wie eine Welt aussehen könnte, in der wir unsere Autonomie und unsere soziale Deutungshoheit auf dem Altar der Technikgläubigkeit geopfert haben. Der Weg dorthin ist mittlerweile schon ziemlich gut geteert. Ich bin tatsächlich kein Luddit, auch ich nutze Tech-Gadgets und akzeptiere, dass es technische Artefakte gibt, die unser Leben verbessern. Aber ich würde dabei Folgendes zu bedenken geben:

Meinen Töchtern selbst etwas vorzulesen beinhaltet mehr, als den reinen Transport in Schallwellen transponierter Information. Ein Glas Wein in guter Gesellschaft, auf einer von warmer Abendsonne durchfluteten Terrasse wird durch ein Selfie nicht besser, sondern entweiht. Die Flüchtigkeit des besonderen Augenblicks ist es erst, die ihn besonders macht. Folglich beraube ich den speziellen Augenblick seines Zaubers, wenn ich ihn mit Gewalt einfangen muss, oder durch Maschinen extern steuern lasse. Insbesondere, weil z.B. diese Smartphoneknipserei nichts als ein sinnentleerter Ausdruck hemmungs- und grenzenlosen Narzissmusses ist. Wer wissen will, wohin sowas führt, muss sich nur die aktuelle US-Politik anschauen. Übergebe ich aber nun die Kontrolle über meinen Narzissmus auch noch einer ganzen Kohorte miteinander flüsternder Geräte, ist mein Dasein nicht nur in Gefahr, im Namen der Selbstoptimierung entweiht zu werden, sondern ich gebe sogar noch die Kontrolle über meine eigene Oberflächlichkeit ab. Und wenn ich bei Style-over-Substance sogar die Macht über den Style abgebe, dann ist mein Menschsein auf einem sehr niedrigen Niveau angelangt. Was für ein grandioser Akt der Selbstachtung…

Nee, nee, nee… mit dem IoT, so wie es sich Ingenieure und geldgeile Tech-Konzern-CEOs vorstellen, will ich nix zu tun haben. In diesem Sinne einen schönen Tag.

Asoziale Medien…?!

Es heißt ja immer, wir wären soziale Wesen. Nun könnte man diese Behauptung, offen gestanden, nach einem kurzen Blick in die Kommentar-Spalten bei Facebook, oder nach dem „Genuss“ eines durchschnittlichen Nachrichten-Potpourris als Nonsens abtun. Das Maß an verbaler Gewalt macht es nicht eben leichter, an die Bildbarkeit, oder aber die Soziabilität des Menschen an sich zu glauben. Ich kann mir da aber mit einem kleinen – wissenschaftlich untermauerten – Trick helfen: Soziabilität, Extrovertiertheit und Offenheit für Neues sind drei von fünf Variablen, welche die Sozialpsychologie zur Persönlichkeits-Beurteilung heranzieht. Der Trick liegt darin, dass ICH weiß, dass diese Parameter bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt sind. Damit kann ich manchen Quatsch, den man auch genauso gut als Beleidigung des eigenen Menschseins auffassen könnte, einfach als das abtun, was es ist: ungefilterte, unreflektierte Gehirnkacke. Und schon geht’s mir besser, weil ich das nicht allzu ernst nehmen muss.

Unter dem Strich bleibt aber stehen, dass jedes menschliche Wesen die Nähe anderer menschlicher Wesen braucht, um nicht zu verkümmern oder gar zu sterben. Und dass ein Ball mit dem Namen Wilson hier nur ein sehr kümmerliches Substitut ist, hat uns Tom Hanks sehr schön vorgeführt. Ob diese andere Menschen nun Typen sind, die ich leiden kann, oder nicht, ist dabei vollkommen Wurst, denn auch negativer Input hat seinen Wert, schärft er doch unsere Wahrnehmung. Allerdings ist es mit dem Sozialen wie mit allem anderen auch; wie der alte Paracelsus schon wusste: „Jedes Ding ist ein Gift. Nur die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“

Bezogen auf Mehrsamkeit heißt dies, dass Solitude gelegentlich hilfreich sein kann. Ein Gleichgewicht herzustellen ist in unserer Zeit aber nicht immer so leicht. Zum einen sind wir stets eingebunden in Familie, Arbeit, Freundeskreis. Zum anderen lassen wir uns nur allzu gerne zu noch manchem mehr einbinden, als gut oder gar gesund wäre. Dass ich im Rahmen meiner Arbeit viel zu kommunizieren habe, liegt in der Natur der Sache (Gesundheitswesen, Ausbildung, etc.). Dem kann ich mich nicht entziehen, aber ich habe Wege gefunden, es zu kanalisieren. Im privaten Bereich stört es mich vermehrt, dass Menschen offensichtlich glauben, dass ein Smartphone bedeutet, dass man darauf immer und dauernd erreichbar sein muss. Einen Bullshit muss ich!

Ich habe eine Weile darüber nachgedacht, was für Inhalte mich tatsächlich interessieren und habe daher verschiedenes deinstalliert, was Zeit verbraucht, ohne einen Mehrwert für mein Leben zu erzeugen: Instagram, Facebook, Twitter, Signal; WhatsApp habe ich im Moment noch, weil verschiedene Kanäle dort Dinge organisieren, die ich auch für die Arbeit brauche. Doch in mittlerer Frist werde ich auch dort verschwinden, weil mir diese elende Dauer-Gebimme und -Gebrumme auf den Sack geht. Wenn’s was Wichtiges gibt, schreibt mir ne SMS, schickt eine Mail, oder noch besser, ruft mich an. Die meisten „Messenger-Gespräche“ dauern achtmal so lange, wie das Telefonat, dass es gebraucht hätte, die Sache zu klären. Und für so einen Mist ist mir mein Leben zu schade!

Ach und noch etwas: auch in der informellen Schriftkommunikation gelten die guten alten Regeln der Orthographie und Interpunktion unvermindert weiter. Wer also von mir tatsächlich ernst genommen werden möchte, tut gut daran, zu schreiben, wie es üblicherweise in der formellen Kommunikation vorausgesetzt wird. Klar soweit?

Ich lief die Tage ein Stück durch die Felder hinter dem Dorf, in dem ich zurzeit zum Urlaub mit meiner Familie logiere und nach einer Weile, wie ich da gelegentlich meine Kamera hochnahm, um der Landschaft den einen oder anderen Blickwinkel abzuringen, der vielleicht später zum Strahlen anregt, kam die nahe Ostsee in den Blick. Alleine dazustehen, auf diesem windzerzausten Acker, fasziniert von den Geräuschen der Natur, dem Geruch von Salz und dem Gefühl von Weite, ist mir einmal mehr klargeworden, dass abseits aller Ideen und Pläne, die ich noch zu verfolgen gedenke das wahre Leben genau jetzt stattfindet; und dass ich mir nicht von irgendjemandem im Namen der Arbeit oder irgendwelcher selbsterfundener sozialer Zwänge seine Scheiße aufzwingen lassen werde, damit diese mein Leben genau jetzt entwertet. Alles hat seine Zeit. Das gilt insbesondere für das Digitale.

Komische Worte aus den Tasten von jemandem, der doch offensichtlich ein Blog betreibt, oder? Sagen wir mal so: hier bestimme ICH, was, wieviel und zu welchem Zeitpunkt ich von mir preisgebe. Bei Facebook und Co. Jedoch nicht. Denkt mal drüber nach – oder lasst euch schön weiter sedieren…

Ey, isch brauch des neue Phone UNBEDINGT…!

Wer kann sich mich in einem pinkfarbenen Anzug mit lila Einstecktuch und Krawatte vorstellen? Die Vorstellung ist schauderhaft, oder? Das relativiert sich jedoch in dem Moment, in dem ich in einem solchen Aufzug auf einem AfD-Parteitreffen rosa Rosen an die weiblichen Teilnehmer verteile. Wie würde die Security wohl reagieren, wie die Delegierten, oder Redner am Pult? Die Vorstellung gefällt mir so gut, dass ich gedanklich schon mal ein paar Euro für eine solche Aktion zur Seite gelegt habe.

Wie kommt er denn jetzt auf so was? Nun, ich habe dieser Tage ein Buch von Harald Welzer gelesen und muss gestehen, dass seine Ausführungen über eine politisch vollsedierte, hyperkonsumistisch befriedigte Gesellschaft auf dieser Seite des Erdenrunds bei mir einen Nerv getroffen haben. Dass unsere Welt nicht so beschaffen ist, wie sie dies sein sollte, ist mir schon lange bewusst, doch die Idee, mit der er seine durchaus schmerzliche Analyse unserer Zeit beschließt, nämlich jenen, welche die parlamentarische Demokratie endgültig zugunsten ungezügelter Ausbeutung zu Grabe tragen wollen mit (bisweilen anarchistischem, bisweilen sogar strafbarem) Spaß zu begegnen, finde ich im Kern ziemlich gut.

Ein Gedanke aber hat mich bis in den Schlaf verfolgt: Aktivismus gegen das bestehende System kann nur dann sein Ziel erreichen – nämlich erst einmal überhaupt ein Problembewusstsein zu schaffen – wenn er die Leute da abholt, wo sie sind; sie in ihrer Lebensrealität berührt. Was interessiert mich ein abschmelzender Gletscher, im Moment geht es mir doch gut? Warum soll ich mir kein IPhone kaufen, es wird ja nicht meine Frau bei Foxconn in China ausgebeutet und langsam in den Selbstmord getrieben. Warum soll ich überhaupt weniger Scheiß kaufen, der ganz anderswo von Menschen hergestellt wird, die ein teilweise genauso schlimmes Leben führen müssen, wie die Sklaven auf den Baumwollplantagen? Ich habe doch damit nichts zu tun, dass es denen schlecht geht! Doch natürlich haben wir das, jeder einzelne von uns! Aber so lange wir nicht spüren, was das tatsächlich bedeutet, was wir unserer Welt und damit automatisch auch den Generationen nach uns antun – also unseren eigenen Kindern! – werden wir nichts an unserem Tun oder Lassen ändern.

Was daraus folgt, bleibt ein wenig nebulös, weil natürlich auch Harald Welzer in seinem Buch nicht zu Straftaten, zu zivilem Ungehorsam, ganz unverhohlen zum Widerstand aufruft. Man könnte ihn dafür belangen, wenn jemand mit seinem Buch in der Hand einen Apple-Store niederbrennt und „Tod den Sklavenhaltern!“ brüllt. Ich glaube auch nicht, dass es diese Art von Subversivität war, die ihm so vorschwebte, als er sich für die ganz persönliche Abwendung vom Hyperkonsum aussprach, für ein Weniger, dass auf lange Sicht ein Mehr sein würde. Wenn denn nur mehr von uns mitmachten.

Ein gutes Buch wirft, bei aller Kontingenz seiner eigenen, inneren Logik zumeist mehr Fragen auf, als es zu beantworten vermag. An dem Punkt bin ich gerade und ich kann andere nur einladen, sich die gleichen Fragen zu stellen. Im Moment brüte ich noch. Ich hatte mal die Idee, eine Lernplattform einzurichten, was bislang an Zeitmangel gescheitert ist. Frei Ressourcen herzustellen und bereitzustellen, quasi als Antimodell zur ewigen Profitgenerierungsnotwendigkeit. Selber etwas tun, das wäre doch ein Anfang, nicht? Ja, auch ich genieße bestimmte Möglichkeiten, die mit Gadgets zu tun haben. Aber ganz nüchtern betrachtet, würde ein Kaffee, den ich im Sonnenschein auf einer Terrasse nahe der See trinke um kein Jota besser, wenn ich dabei ein Selfie von mir machte. Er würde wahrscheinlich noch besser, wenn neben meiner Frau und meinen Kindern noch Freunde dabei wären, mit denen man über dies oder das schwatzen kann – Leben halt.

Aber dieses ganze Selfiegeschieße, das lediglich noch mehr Personen mit narzistischen Störungen hervorbringt, dabei gleich das Internet mit Daten über mein Leben beschickt und so Konzernen und Regierungen noch mehr Wissen und damit eventuell Kontrolle über mich gibt – das macht mein Leben überhaupt nicht besser. Auch wenn irgendwelche Followergeilen Vollhonks in so genannten sozialen Medien uns gerne etwas Anderes suggerieren wollen. Doch denen geht es nur um eines: Geldverdienen auf Teufel komm raus. Da will ich nicht mitmachen. Mal sehen, ob ich einen weg finde, mein Smartphone verantwortungsbewusst zu nutzen. Ich seh‘ euch; am liebsten in echt.