Bienvenue au pays cathare N°1 – Ich könnte sie alle…

Man soll ja saftig einsteigen, also vollende ich den Satz aus der Überschrift zunächst, wie folgt: „…umbringen und ihre verk*****n Karren rechts und links der Autobahn abfackeln!!!“ Zumindest hat am Anreisetag nicht viel bis zur vollkommenen Eskalation meinerseits gefehlt, denn Autofahren können die alle nicht; andernfalls hätte es nicht all 5-7 KM einen neuen Geisterstau gegeben. Aber es hätte mir vorher klar sein können, also muss ich das nächste mal halt besser planen. Es gab aber seit der Ankunft auch schon einiges Positives zu vermelden. Unsere Unterkunft ist toll, die Menschen hier sind nett und entstpannt, Einkaufen am Sonntagvormittag ist auch in Südfrankreich überhaupt kein Problem, und die ersten Locations, die wir besucht haben, vermochten meine positiven Erinnerungen noch mal zu übertreffen. Und überhaupt – diese Landschaft entspannt mich seit der ersten Minute. Die Weite und Ursprünglichkeit lassen einen die Stadt ganz schnell vergessen. Wenn jetzt die Rückenschmerzen noch ganz weg gehen, wird auch das hier ein echter Spitzenurlaub!

Von Tautavel nach Paziols…

Die Sonne, der Geruch von Erde und Vegetation, die von den Naturgewalten geformten, karstigen, teils kargen, aber teils auch wunderbar grünen Landschaften der nördlichen Pyrenäen-Ausläufer – all das scheint noch intakt, auch wenn sich schon jetzt, Ende Mai, ein gewisser Wassermangel in den Flüssen und Bächen bemerkbar macht. Ich bin dankbar, hier sein zu dürfen! Dankbar, mit allen Sinnen genießen zu dürfen! Dankbar, die Sorgen und Probleme der Welt für einen kurzen Wimpernschlag ausblenden zu dürfen... Denn die letzten Wochen waren durchaus emotional und kognitiv anstrengend; mit körperlicher Betätigung hab ich’s ja (leider) nicht so. Ich könnte deshalb jetzt natürlich anfangen, rumzujammern, wie schlimm doch alles ist: der Job nervt, die Kinder stressen, mein Rücken spackt rum (und das ausgerechnet zu Beginn des Urlaubs), die Politiker spinnen alle, etcpp.! Aber das wäre ganz schön ungerecht. Ungerecht gegenüber meiner besten Ehefrau von allen, die sich ebenfalls ganz schön ein Bein rausreißt, um den Laden am Laufen zu halten! Ungerecht gegenüber meinen Kollegen, die sich echt was aus unserer Teamwork machen! Ungerecht gegenüber meinen Kindern, die oft einfach nur ihr gutes Recht einfordern, Kind sein zu dürfen und sich nicht in Schablonen pressen lassen zu wollen, was unser allgemeinbildendes Schulsystem nur allzu oft versucht… Ich habe safe jemanden vergessen, und ich will weder ungerecht noch undankbar sein, sondern der Typ, der die Leute inspirieren kann, besser werden zu wollen, der seinen Shit gerockt bekommt und mit dem das Abhängen Spaß macht. Und jetzt habe ich Hoffnung, hier wieder ein bisschen mehr zu diesem Typ zu werden, der die Blaupause für mein Selbstbild ist – auch wenn Selbst- und Fremdbild nur selten übereinstimmen.

Chateau d’Aguilar

Ich denke manchmal einfach zu viel. Ich denke vor allem zuviel in die täglich erlebten Situationen und Menschen hinein, ich denke zuviel Ansprüche in meine eigene Existenz (und auch in die von Anderen) hinein und ich denke manchmal zu oft und zu weit um Ecken. Wenn man aber ein Gesamtbild braucht, muss man oft im Leben drei Schritte zurücktreten (und auch zurückdenken) und erst mal wahrnehmen, OHNE überhaupt zu interpretieren. Was mir – leider, leider – verdammt schwerfällt. Ich könnte mich jetzt damit trösten, dass ich mit DEM Problem ganz gewiss nicht allein bin, steht analytisches Denken heutzutage doch total hoch im Kurs. Aber damit würde ich es mir zu einfach machen. Also will ich versuchen, denn oben in der Überschrift begonnenen Satz anders zu beenden! Wie wäre es mit: „Ich könnte sie alle… einfach beobachten!“. Oder etwa „Ich könnte sie alle… ein bisschen gern haben“ (klingt für mich radikal übertrieben, aber gibt es nicht diese Menschen die Free Hugs verteilen?). Am besten gefällt mir aber: „Ich könnte sie alle… dazu einladen, etwas besser zu beobachten und manchmal etwas länger nachzudenken!“ Ja, ich glaube der passt. Damit ist für heute genug nachgedacht. Ich lasse den Tag jetzt im Garten hinter dem Ferienhaus ausklingen. Bis die Tage.

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