Me, Self and I #02 – allzu ökologisches…?

Dieselskandal, Gammelfleisch, Bienensterben, Klimeerwärmung, Veganismus. Punkte, über die man sich Gedanken machen kann, gibt es im Themenkreis „Ökologie“ wirklich mehr als genug. Doch während der Planet immer noch ungebremst mit Wucht auf das Dicke Ende zusteuert, jammern fast alle, dass die Politik entweder nichts (Tierschutz, Bio-Siegel, etc.) oder zuviel (Dieselfahrverbote) tut. Während irgendwelche unnötigen Politikoiden wie Andreas Scheuer munter den populistischen Fähnchendreher geben, um ja ihr persönliches Schäfchen (Anschlußvertrag als Industrielobbyist) ins Trockene zu bekommen. Böcke und Gärtner und so…

Ökologisches Handeln beginnt bei mir selbst. Bei Müllvermeidung. Dabei, NICHT im Winter eingetütete Beerenfrüchte aus Südamerika zu kaufen (im Übrigen auch kein Quinoa, denn die Haupterzeugerländer sind heutzutage Peru, Bolivien und Ecuador => vielen Dank für die durch den Transport versaute C02-Bilanz. Graupen tun es auch.) Bei der Reduktion des Fleisch- und Wurstkonsums und einer bewussteren Auswahl dessen, was auf den Tisch kommt. Zum Beispiel durch regionalen, saisonalen Einkauf. Bei der Frage, wofür ich ein Auto tatsächlich brauche und wo ich zu Fuß (mit dem Fahrrad, mit ÖPNV) nicht genauso gut hinkomme. Wie und wohin ich reise. Also bei vielen Dingen, auf die jeder einzelne von uns sehr leicht Einfluss nehmen kann.

Es ist bequem – und natürlich dieser typisch deutschen Besitzstandswahrer-Mentalität geschuldet – darauf bestehen zu wollen, dass alles einfach immer genauso weiter gehen muss, wie es schon immer war. Was ist denn immer? So ca. die letzten 40-50 Jahre, da sich der Wohlstand hierorts ausgebreitet hatte. Nur so als kleiner Tipp: der Wohlstand der ersten Welt beruht zu großen Teilen auf der Ausbeutung der dritten Welt. Da spielt das koloniale Erbe Europas genauso eine Rolle, wie die paternalistische Hilfspolitik seit dem Ende der Kolonialherrschaft.

Und natürlich werden jetzt wieder irgendwelche „Abers“ aus der Ecke jener kommen, die sagen, dass sich doch gar nicht alle ein ökologisch sinnvolles Leben leisten können, weil das alles so teuer sei. Zum einen ist das eine überholte Vorstellung, weil nachhaltig eben NICHT bedeutet, jedem hippen Scheiß hinterher rennen zu müssen (Hipster nerven eh nur), sondern bei seinen Konsumentscheidungen bewusst vorzugehen. Das erfordert Anstrengungen und Nachdenken, aber es lohnt sich, denn die Alternative ist, dass wir alsbald alles kaputtkonsumiert haben und auf unsere Müllkippen leben und dort Recycling ganz neu erlernen müssen…

Der nächste Einwand ist, dass nachhaltiges Wirtschaften und Investitionen in neue, nachhaltigere Technologien den Standort Deutschland schwächen, unüberschaubare gesellschaftliche Kosten verursachen, die individuelle Mobilität einschränken…! Was ist denn die Alternative? Immer weiter mit Verbrennern die Städte zudrecken und zuparken, Menschen krank machen, das Klima killen und kostbare Ressourcen einfach in Rauch aufgehen lassen? Wenn es nach der Industrie und ihren Lobbyisten [=> Andreas (be)Scheuer(t)] geht, lassen wir alles beim Alten, denn noch fließt das Mana (=> Geld) ja noch in Strömen; in die falschen Taschen!

Allzu politisches und allzu ökologisches haben ja doch etwas miteinander zu tun! Wir hätten in den letzten 30 Jahren schon wesentlich mehr tun können und tun müssen, um den Entwicklungen entgegen zu stehen. Doch Anstatt mit Mut voran zu gehen, hat man stets nur Besitzstände gewahrt und verwaltet und sich auf die Globalisierung als größte Gefahr zurückgezogen. Die einzige Gefahr, die von der Globalisierung ausgeht ist die höhere Mobilität des Kapitals. Diese gilt es einzudämmen! Finanztransaktions-Steuern! Mindestlohn-Erhöhung! Noch schärfere Umweltschutzgesetze! Zwingt man die Besitzenden nicht zur Investition in unser aller Zukunft, werden sie diese weiter kaputt machen, um noch reicher zu werden.Das ist der Hebel, an dem Politik schon lange ansetzen könnte – wenn sie denn nicht teilweise gekauft, teilweise irregeleitet und teilweise desillusioniert wäre.

Bleibt die Frage, wohin mich meine Gedanken zum allzu privaten bringen werden…

Auch zum Hören…,

Me, Self and I #01 – allzu politisches…

Es ist schwer geworden, sich in diesen Zeiten zu einer politischen Einstellung zu bekennen; jammern sowohl die Linken, als auch die Rechten. Aber was ist das überhaupt? Links? Rechts? Ist man links, wenn man Verteilungsgerechtigkeit nicht für eine Floskel radikal-sozialistischer Wahlkampf-Rhetorik hält, sondern für eine schlichte Notwendigkeit des sozialen Zusammenhalts? Ist man rechts, wenn man Zuwanderung zwar für unvermeidbar hält, im Ergebnis aber gerne besser gesteuert sähe? Ist man links, wenn man auch Menschen aus anderen Kulturen für integrationsfähig hält? Ist man rechts, wenn man im Zuge dieser Integration ein Mindestmaß an Respekt für die eigene Kultur und die hiesigen Gesetze einfordert?

Ich mag dieses Ideologie- und Dogmen-verseuchte Links-Rechts-Sprech nicht. Denn alle Positionen, die oben mit einem Fragezeichen versehen sind, habe ich mir im Laufe der Zeit zu eigen gemacht. Unsere Politik tut zu viel für die Wirtschaft, in dem Irrglauben an den so genannten Trickle-Down-Effekt; also, dass, wenn die Fetten fett genug sind, schon genug vom Fett nach unten tropft. Tatsächlich ist es aber so, dass die Reallohnentwicklung in den letzten Jahren hinter der Entwicklung der Kapital-Einkommen (also aus Anlagevermögen, wie etwa Anleihen, Immobilien, Aktien) zurückgeblieben ist. D.h. Einkommen aus normaler Erwerbsarbeit (der die meisten von uns nachgehen) hat sich schlechter entwickelt, als Einkommen aus bereits vorhandenem Besitz => die Reichen werden reicher, den mittleren und unteren Schichten bleibt insgesamt weniger => Die Einkommenschere ist weiter gespreizt.

Nach höherer Verteilungsgerechtigkeit zu rufen bedeutet aber aus meiner Sicht explizit NICHT, noch mehr nutzlose Umverteilungs-Maßnahmen einzuführen, die nur Verwaltungsressourcen binden, sondern auskömmliche Lohniveaus festzuschreiben (vulgo den Mindestlohn nachzubessern, und zwar jetzt) und diese auch an künftigen Veränderungen des Einkommensgefüges teilnehmen zu lassen; und zwar automatisch. Eine handwerklich sinnvolle Ausgestaltung auf ordnungspolitischer Ebene würde manches Problem binnen weniger Jahre beenden.

Alle konzentrieren sich seit drei Jahren auf Zuwanderung. Ja, wir brauchen ein gewisses Maß an Zuwanderung, auch aus wirtschaftlicher Sicht; aber wir dürfen bei deren Regulation weder ideologisch noch xenophob sein, sondern müssen Verhältnisse in Herkunftsländern etc. genau beurteilen. Konkurrieren auf dem aktuell erschreckend großen Billiglohnsektor alle um auskömmliche Einkommen (siehe oben), werden sich auch die Stimmen, welche da rufen „die Ausländer nehmen uns alles weg!“ alsbald verstummen. Gleiche Chancen bedeutet ja nicht, dass auch alle gleich gut wegkommen. Das ist eine Illusion. Momentan ist das Problem virulent, weil jene Wirtschaftsvertreter, die nach Zuwanderung rufen natürlich auf noch schärfere Konkurrenz im prekären Arbeitsmarkt schielen, um Löhne noch mehr drücken zu können. Diesen Sumpf trocken zu legen, ist die größte Sozial- und Wirtschafts-politische Aufgabe unserer Zeit.

Was nun Integration angeht: der Staat hat es 2015 verabsäumt, verbindliche Ziele und Aufgaben zu definieren, wie Integration von Statten zu gehen hätte und stattdessen engagierte Ehrenamtliche und Wohlfahrtsorganisationen einfach mal wurschteln lassen. Mit teilweise verheerenden Folgen. Noch immer hocken Menschen in Ghettos, die vielleicht eine Chance gehabt hätten. Und natürlich sind mit legitimen Flüchtlingen auch illegitime eingereist, die nun mühsam ausfindig zu machen und rückzuführen eine fast unmögliche Aufgabe darstellt.

Und trotzdem sollte man sich vor pauschalierenden Aussagen wie „Das sind alles Verbrecher, die müssen alle weg“ sehr in acht nehmen. Die absoluten Zahlen (auch wenn die Populisten das jetzt nicht gerne hören) sagen etwas anderes. Und ich vertraue Zahlen immer noch mehr, als einem dumpfen Bauchgefühl. Denn mein dumpfes Bauchgefühl hat mich im Leben schon öfter in die Scheiße geritten, als nackte Zahlen. In dem Zusammenhang wird immer von Lügen- und System-Presse schwadroniert. Die allermeisten wissen ja gar nicht, was das bedeutet, oder wie es funktioniert. Drei Jahre Putin-Russland oder Erdogan-Türkei und die allermeisten kämen schön kleinlaut zurück.

Ich bin Sozialdemokrat! Ich glaube an Solidarität miteinander und Verantwortung füreinander und ich werde von dieser Position nicht abrücken. Sozial- und Migrations-Politik sind untrennbar miteinander verbunden und ich weiß, dass wir an den richtigen Stellschrauben noch lange nicht gedreht haben – dafür will ich eintreten.

Die Tage reden wir dann über allzu ökologisches. bis dahin: eine gute Zeit!

Auch zum Hören…

Randnotizen eines Erschöpften #07 – Wer bin ich?

OH – MEIN – GOTT! Was für eine Frage. Ich bin doch dieser Typ, der sich halt einfach irgendwie durchwurschtelt und dabei seinen Weg findet (sucht). Der Konventionen oft als lästig, manchmal als ungerecht und allzu oft als schlicht unnötig empfindet. So wie Kleiderordnungen für Bankangestellte. Womit zwar gesagt wäre, was ich NICHT bin – nämlich ein spießiger Prinzipienreiter; nicht jedoch was ich bin. Also, was den Kern, die Essenz meiner Person ausmacht?

Bekanntermaßen ist das schwer zu fassen. Schauen wir uns die Sozialpsychologie an, entdecken wir Persönlichkeitsmodelle, welche diese oder jene Aspekte in jedem Individuum ausmachen wollen. Zum Beispiel das Big Five Model, welches, wie der Name schon sagt, Persönlichkeit anhand einer Ausprägungs-Mischung von fünf grundlegenden Dimensionen zu fassen versucht. Spannend. Gut beschrieben und durchaus in manchen Bereichen aussagekräftig. Ist aber für meine Zwecke gerade jetzt zu wissenschaftlich.

Ich will eigentlich nur herausfinden, ob ich mit meinen sozialen, politischen und ökonomischen Ideen tatsächlich soweit neben dem „Mainstream“ ticke, wie man das manchmal meinen könnte? Oder ob ich einfach nur zu viel in Filterblasen-verseuchten Facebook-Gewässern und Zeitungs-Kommentar-Spalten herum dümpele und dort auf zu viele Kanaillen treffe, die mein Bild von der Welt langsam aber sicher vollkommen versauen? Ich will mir eigentlich mein positives Menschenbild erhalten, denn im Grunde bereitet es mir Freude, mit Menschen zu tun zu haben; ihnen helfen, sie anleiten zu können. Auch, wenn das nicht immer irgendwohin führt.

Wahrscheinlich bin ich ein Narr, aber um das herausfinden zu können, muss ich mich wohl selbst exponieren. Denn seien wir ehrlich: wirklich etwas über die Menschen herausfinden kann man nur, wenn man sich selbst auf sie einlässt. Das werde ich versuchen, also mache ich eine neue Reihe auf:

Me, Self and I – Menschsein in Zeiten der Unmenschlichkeit

In der ersten Folge will ich mich mit der Frage beschäftigen, wo ich eigentlich politisch stehe. Gar nicht so einfach, denn drei Buchstaben reichen schon lange nicht mehr aus, um meine Gesinnung präzise zu beschreiben. Mal schauen, wohin mich das führt. Wir lesen/hören uns.

Auch zum Hören…

Was vom Tage übrig blieb…

…hab ich selten wirklich lieb. Ich sammle – wie wir alle das vermutlich tun – stets große Stapel unerledigter Dinge, die ich vor mir her schiebe, wie ein Eisbrecher die Schollen. Sie bleiben eine Weile am Rumpf kleben, um dann langsam, aber unaufhaltsam fort getrieben zu werden und alsbald außer Sicht zu geraten. Denn der Eisbrecher bewegt sich ja immer weiter, immer vorwärts. Wohin auch immer.

Diese unerledigten Dinge sind meistens von solcher Insignifikanz, dass es keinen Unterschied macht, ob man sich ihrer erinnert, oder nicht. Ich müsste mal wieder: den Keller aufräumen, dieses oder jenes Buch fertig lesen (und es gibt wirklich so manches, dass diese Mühe nicht wert ist), mich mal wieder bei xyz melden (man hat ja Angst, was zu verpassen, oder seinem sozialen Umfeld beim Schrumpfen zusehen zu müssen); und schließlich mal wieder was schreiben.

Zum Beispiel zur „sozialen Kehrtwende“ der SPD. Haben andere allerdings schon erledigt und wenn das einzig amüsante, wie substantielle an einem Sachverhalt die Kommentarspalten unter der Berichterstattung dazu sind, brauche ich meinen Senf nicht auch noch dazu zu geben. Verschwendete Lebenszeit. Oder die Frage nach der Relevanz der Geisteswissenschaften in aktuellen Diskursen. Ich könnte eine Buch dazu füllen, aber a) haben das schon andere getan (und vermutlich besser, als ich es je könnte) und b) ließt überhaupt irgendwer meine Kommentare? Zu so einem „schweren“ Thema? Ich glaube nicht, denn die leichte Kost wird doch bevorzugt.

Abgesehen davon passiert es mir immer wieder, dass ich beim Lesen meiner üblichen Postillen, oder beim Recherchieren im Netz BRILLANTE Ideen habe, was ich als nächstes Sujet in einem Blogpost beackern könnte. Nur bin ich keiner von diesem Typen mit einem Diktiergerät oder einem Notizblock in der Brusttasche (mein üblicher Habit hat keine Brusttasche); also vergesse ich meine Epiphanien oft genug wieder, ohne, dass ich den Kairos packen und das Eisen schnell schmieden könnte. Was für ein entsetzlicher Verlust für die Menschheit… nicht wahr? Blödsinn. Wenn ich’s vergessen habe, wird’s so gut schon nicht gewesen sein.

Trotzdem bleibt oft so ein schaler Geschmack zurück, ein Gefühl der Kapitulation: vor dem Alltag, vor meinen eigenen Faulheit und Unorganisiertheit und letztlich oft auch vor meiner Zeitnot. Selbst jetzt, wo ich ein paar Tage durch eine fiese Grippe ans Haus gebunden war, bringe ich kaum was sinnvolles zustande; OK, zugegeben, die ersten sechs Tage meiner Krankheit habe ich gar nichts zustande gebracht außer rumliegen und einen auf Männerschnupfen machen. Aber auch heute Abend scheint es nicht so, als sei ich inspiriert. Oder?

Ich muss zugeben, dass ich mittlerweile tatsächlich den boshaften Biss bei den Tagesthemen vermissen lasse. Zum einen wird man mit dem zunehmenden Alter angeblich duldsamer (hierzu eine Einlassung: DULDSAMKEIT? SEHE ICH AUS, ALS HÄTTE ICH ZEIT FÜR DEN SCHEISS?); ok, daran liegt’s wohl nicht. Dann vielleicht doch eher am gewachsenen Interesse an anderen Themen? Zum Beispiel meiner anderen Schreiberei? Das wird es wohl sein. Wie dem auch sei; die anderen Themen haben mich anscheinend nicht ausreichend fasziniert, sonst hätte ich wohl was dazu sagen können. Ich bin nicht traurig drum, vielleicht rege ich mich ja die Tage über etwas anderes auf. Dann bekommt ihr lieben Leser das bestimmt mit.

So ein Kinderkram!

Ich schreibe keine Rezensionen – ja, es heißt Rezension, nicht Rezession, die hat was mit Wirtschaftswissenschaft zu tun – weil ich die meisten Kritiker und große Teile des Feuilletons mittlerweile zu verachten gelernt habe. Man kann, nein soll, eine eigene Meinung zu den Dingen haben. Bis heute hat sich mir nicht erschlossen, welchen Wert es für meine, oder irgendjemand anderes Entwicklung haben sollte, wenn ich nur Dinge schaue, lese, zocke, konsumiere, von denen irgendwelche geschwätzigen, möchtegern-intellektuellen Dogmatiker behauptet haben, sie seien „wertvoll“. Ich verstehe das Konzept nicht! Die Idee des Kritikers entspringt vermutlich der, noch vor 100 Jahren allgegenwärtigen Zensur. Und genauso benehmen sich die meisten Rezensierenden dann auch…

Hätte ich nicht meinen eigenen Kopf, wäre ich nicht der Mensch, der ich bin und das gilt natürlich auch uneingeschränkt für meinen kulturellen Konsum. Wobei ich gerne zugeben möchte, dass manche Dinge, die sich in meinen Regalen finden bei den Apologeten der Hochkultur wahrscheinlich bestenfalls Stirnrunzeln auslösen würden. Im Übrigen empfinde ich diese kanonische Unterscheidung in Hoch- und Populär-Kultur sowieso als Egogewichse. Den wahren Wert eines Kulturproduktes kann man erst mit einem gewissen Abstand ex post überhaupt zu ermessen beginnen. Und vieles, was heute als Teil von Hochkultur betrachtet wird, war zu seiner Zeit Pop – wenn sie das Wort denn gekannt hätten.

Heute stolperte ich wieder über so eine Perle der Kulturkritik; natürlich auf Zeit Online, da wo der Feingeist Urständ feiert… Es geht in dem Artikel um den aktuellen Blockbuster „Alita: Battle Angel“ basierend auf einem Manga gleichen Namens. Der Autor offenbart im Text, dass er weder versteht, warum die Suche eines Cyborgs (eines Zwitterwesens aus Mensch und Maschine) nach seiner Identität eine Metapher auf die Suche nach Zugehörigkeit und nach Sinn in uns allen darstellt; noch versucht er, zu akzeptieren, dass „Der Gott des Gemetzels“ – so genial dieses Kammerspiel auch sein mag – NICHT die einzige Möglichkeit ist, menschliche Emotionen heraus zu arbeiten. Man darf sich ruhig auf CGI einlassen und trotzdem das Menschliche suchen und finden. Und dass die hauptsächlich thematisierten riesigen Augen nun mal ein Bestandteil des Manga und das Anime sind, womit man Rodriguez und Cameron zumindest etwas Werktreue vorwerfen kann.

Comic- oder Mangavorlagen sind immer schwierig. In „Sin City“ hat Frank Miller seinen eigenen Comic Panel für Panel kopiert und ich hasse den Film bis heute; obwohl er, rein visuell betrachtet großartig ist. „Alita: Battle Angel“ krankt an den gleichen Problemen, denn das, was in den Panels einer Graphic novel, eines Comics, eines Mangas zwischen den Bildern und Textzeilen passiert, folgt ganz anderen erzählerischen Gesetzen. Wer sich mal mit dem Thema auseinandersetzen möchte, dem sei „Understanding Comics“ von Scott McCloud empfohlen. Es erklärt gut, warum nicht alles Buddenbrookesk toterklärt und totbeschrieben werden muss (Entschuldigung, Thomas Mann) und warum Abweichungen vom normal aussehenden menschlichen Darsteller manchmal notwendig sind. Unter dem Aspekt könnte man das Geschwafel von den Augen im verlinkten Artikel auch für Kultur-Xenophobie halten.

Jedenfalls nervt es mich, dass Journalisten ohne Kenntnis der Kunstformen und tieferes Verständnis für visuelles Erzählen ihre irrelevante Meinung absondern dürfen. Dem durchschnittlichen Feuilletonisten muss man wohl ein eher konservatives, ab und an sogar reaktionäres Denken unterstellen. Aber Filme, in denen CGI vorkommt sind ja auch fast immer nur Kinderkram. Interessant in dem Zusammenhang ist der fast lobende Hinweis auf die Neuauflage von „Planet der Affen“, präzise auf die Qualität des Affen „Cesar“. Da wird Entwicklung gesehen. Aber der Stoff ist ja auch schon älter und stammt aus unserem Kulturkreis… also doch Xenophobie. Sollte man mal drüber nachdenken, denn auch Kulturseiten beeinflussen unsere Denke. Schönen Tag noch.

Das Auto in Nachbars Auffahrt…

Bundesarbeitsminster Heil hat ein Konzept zur Grundrente vorgelegt. Diese Aufgabe war im Koalitionsvertrag vereinbart worden, weil allzu augenfällig geworden ist, dass die Altersarmut in Deutschland zunimmt. Nun hat dieses Konzept, wie es in der Politik Usus ist, eine Kontroverse ausgelöst; und wie man in den Kommentarspalten zu diesem Artikel ganz gut ablesen kann, eine heftige! Man mag mit der Meinung des Autors (Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung) d’accord gehen, oder auch nicht; interessant ist aus meiner Sicht weniger das Konzept, oder was es vielleicht (hoffentlich) für Renten aus kleinen Einkommen bedeutet, als vielmehr die Vehemenz, mit der darob eine Neiddebatte ausgefochten wird.

Nicht wenige Mitmenschoiden vertreten (natürlich geschützt von der subjektiven Anonymität des Internets) hier, oft nur unzureichend mit dem Etikett „Lowperformer“ versehene, sozialdarwinistische Thesen, die in mir das kalte Kotzen aufsteigen lassen. Offensichtlich wähnen sich diese Kommentatoren als „Highperformer“ und halten von der Idee sozialer Solidarität, die eigentlich eine Grundeigenschaft von Gesellschaften sein sollte genau NICHTS. Wer im Hier und Jetzt viel verdient, hat auch im Später viel mehr verdient als die anderen, die ein geringeres Salär hatten und folglich weniger in die Renten- und Sozialkassen einbezahlen konnten. „Dann sollen sie halt mehr verdienen!“. Auf welchem Planet lebt so ein Mensch…?

Mal ganz davon ab, dass das Gehalt zumeist in keinster Weise die soziale Nützlichkeit einer beruflichen Tätigkeit abbildet (denn dann müsste eine Krankenschwester mehr bekommen, als ein Hedgefond-Manager), wird auch die Idee humanitärer Grundwerte (wonach jeder Mensch gleichviel „wert“ ist) einfach mal in die rhetorische Mülltonne geworfen… BRAVO! Überdies wirft es einmal mehr die Frage auf, was sogenannte „Highperformer“ überhaupt ausmacht? Und ob es überhaupt nötig ist, sich dieses Etikett zu verdienen, um als Mensch respektiert werden zu können? Ich persönliche verneine das, denn jemand der tagein, tagaus klaglos und ohne großen Bohei seinen Job macht, ist mir eigentlich viel lieber, als so eine Möchtegern-Turbodüse, die neben ihrer Arbeitsleistung auch noch unendlich viel heiße Luft produziert. Wäre die nutzbar, könnten wir den Individualverkehr auf Montgolfieren umstellen.

Aber anstatt an der Sache zu diskutieren, wird sofort über Leistungsgerechtigkeit schwadroniert. Als ob diese selbsternannten Helden der Arbeit tatsächlich so viel mehr leisten würden, als der prekär auf Zeitarbeit beschäftigte Kommissionierer, der nach 40 Wochenstunden noch aufstocken muss; und folglich irgendwann, sofern Herr Heil seine Pläne umsetzen darf dann in den „Genuss“ der Grundrenten-Leistungen kommen wird: 977€ für 40 Jahre Vollzeit bei Niedriglohn empfinde ich persönlich jetzt nicht gerade als spätrömische Dekadenz. Ich hoffe doch mal, dass die ganzen „Highperformer“ mehr als 30,5 Entgeltpunkte zusammenbekommen…oder?

Wie dem auch sei: diese Diskussion entlarvt Deutschland mal wieder gnadenlos als Heimat der „dem-Anderen-die-Butter-auf-dem Brot-Missgönner“, als Hochburg der Arroganz und der Asozialität. Ich SCHÄME mich für solche Mitmenschoiden in Grund und Boden. Eigentlich müssten sie alle mal auf Grundsicherung angewiesen sein, damit sie am eigenen Leib erfahren, wie das ist. Ich jedenfalls finde – allen handwerklichen Mängeln am Konzept zum Trotz – den Grundgedanken gut und richtig. Wir sitzen nämlich alle im selben Boot – ob es euch passt oder nicht. Guten Abend.

Schaffensprozess

Es ist ein offenes Geheimnis, dass kreatives Arbeiten bei vielen Leuten nach ähnlichen Mustern abläuft. Den wenigsten stürmen einfach drauf los und machen etwas; vielmehr ist es üblich, sich zunächst einen Plan zurecht zu legen. Nicht, weil wir Deutschen ohne Plan nix auf die Reihe bekämen, sondern weil – insbesondere bei etwas größeren Projekten – ich am Ende weniger Probleme habe, meine losen Enden einzufangen. Zuvorderst, wenn ich komplexe Geschichten erzählen möchte, ist es immer ratsam, sich ein Storyboard oder etwas ähnliches zu machen.

Bei mir geschieht das in Form einer Tabelle, die vier Spalten enthält:

  • Charakter: Hier findet sich zu jedem Hauptcharakter, aber auch zu den wichtigen Nebenfiguren eine kurze Beschreibung, welche die essentiellen Bestandteile der Persönlichkeit kurz einfängt.
  • Schlüsselszenen: Hier umreiße ich die Momente der Geschichte, an denen ein wichtiges Treffen oder eine wichtige Veränderung eines Hauptcharakters eintritt. Und tatsächlich nur die, bei denen mir von Anfang an klar ist, dass sie für den Verlauf der Erzählung geschehen müssen.
  • Nexuspunkte: Ganz einfach; wer begegnet wem wo und warum?
  • Konflikte: Hier finden sich neben den Problemen, welche einzelne Charaktere miteinander haben auch die Beschreibung ihrer jeweiligen Motivationen, weil sich in der Abgrenzung zu den anderen Teilnehmern einer Erzählung am besten heraus arbeiten lässt, warum Protagonisten und Antagonisten tun, was sie tun.

Da hab ich also, ziemlich am Beginn meines aktuellen Projektes (und es handelt sich NICHT um ein belletristisches Werk, das sich mit Rettungsdienst befasst, soviel darf ich sagen!) eine solche Tabelle entwickelt. Sie hängt an meinem Whiteboard im Arbeitszimmer und dann und wann werfe ich auch einen Blick darauf, um mich zu vergewissern, dass ich tatsächlich noch die Geschichte erzähle, die ich zu Beginn im Kopf hatte. Und stelle fest JA und NEIN…

Einerseits bewege ich mich entlang der beschriebenen Charaktere und ihrer Konflikte. Andererseits habe ich neue Elemente angefügt und andere weggelassen, schlicht, weil die Entwicklung der Figuren dies gebot. Überdies habe ich die Geschichte um ein paar Twists und Figuren angereichert, weil sie sonst zu schnell auserzählt gewesen wäre. Ich habe versucht, meinen Stil etwas einzuschränken. Der Meister des Schachtelsatzes hat versucht, nicht zu ausufernd zu schreiben. Doch ich schaffe es nicht stringent. Weil manche Dinge sich nicht so einfach in Subjekt – Prädikat -Objekt ausdrücken lassen. Trotzdem darf man nicht zu viel beschreiben, sonst lässt man der Fantasie des Lesers ja zu wenig Raum. Und das ist es, was für mich ein gutes Buch ausmacht. So viel zu geben, dass es eine Kohärente Idee von der Welt und den Figuren vermittelt; aber eben doch so wenig, dass jeder Leser theoretisch die Möglichkeit hat, sich ein Teil dazu zu denken.

Ich habe schon öfter über diesen Bias zwischen den Kunstformen Buch und Film referiert und es bleibt dabei – was ein Leser in seinem Kopf mit meiner Geschichte anstellt, kann ich kaum beeinflussen. Wohingegen ein Film einen großen Teil dieser Fantasie-Arbeit eliminiert, weil seine Macher sie vorweggenommen haben. Damit muss man leben.

Jedenfalls muss ich für meinen Teil feststellen, dass kreatives Schreiben stets eine Eigendynamik entwickelt und dass ich mich mittlerweile daran gewöhnt habe, meinen Instinkten zu folgen, wann immer ich das vorbeschriebene Terrain meiner Tabelle beim Schreiben verlasse. Und ich hoffe ehrlich, dass das Ergebnis irgendjemand interessiert. In diesem Sinne, bis die Tage.

Facebo klingt wie Placebo…

Lustig, was einem alles so auffällt wenn man – einmal mehr und bestimmt viele Male zu oft – auf sein Smartphone-Display schaut. Ist bestimmt nicht smart, so oft drauf zu schauen, aber so sind wir halt; das Belohnungszentrum muss stimuliert werden. Und wenn das nur durch insignifikantes Social-Media-Geschnatter, ist das halt so.

Dabei ist mir allerdings aufgefallen, dass Facebook © auf meinem Display tatsächlich oft mit Facebo abgekürzt wird. Höhö, dachte ich mir: ein Facebo ist also ein (in der Realität) unwirksames Mittel. Nämlich zur Selbstdarstellung. Besser kann man, zumindest für meinen Geschmack, die Wirkung von Facebook © wirklich nicht zusammenfassen. Ich selbst habe bereits mehrmals versucht, dem Zuckerberg’schen Datenkraken auf Dauer zu entkommen und bin jedes Mal kläglich gescheitert. Mal, weil ich die Möglichkeit, meine Blogposts dort zu teilen nicht missen wollte; mal, weil man bestimmte (durchaus wertvolle) Kontakte offline so schlecht pflegen kann. Und mal, weil ich mich immer noch zu gerne in nutzlose Filterblasen-Diskussionen einmische. Scheiß-Nazis muss man entgegentreten, egal, wo man sie findet!

Und doch – auch wenn man all diese eigentlich sinnhaft klingenden Begründungen zusammennimmt, bleibt dieses unangenehme Gefühl, dass das alles nur hohler Mist ist und mich nirgendwohin bringt. Nicht, dass ich das Bedürfnis hätte, den fatalen Versuch zu unternehmen, meine eigene (subjektive) Wichtigkeit zu pimpen, indem ich online Präsenz zeige. Ich bin kein „Influencer“ (klingt das nicht wie „Influenza“, also Grippe und müsste damit als Krankheit eingestuft werden?). Ich würde nur gerne mehr Menschen zum selbst Denken anregen. Wenn das schon als influencing, also Beeinflussung gilt, sollte ich mich wohl vor meinen eigenen Worten in Acht nehmen.

Was nun aber das „nirgendwohin bringen“ angeht – wenn wir mal davon ausgehen (wollen), dass jeder Mensch nach Verbesserung strebt, also mehr Wissen, mehr Können (vermutlich auch mehr Liquidität), um vorwärts zu kommen, stellt sich die Frage, ob auch jeder mensch dabei über die Nachhaltigkeit seines Tuns und Lassens nachdenkt? Ich meine, etwas zu erlernen, um im Job besser zu werden und damit vielleicht etwas mehr Geld für den Lebensunterhalt der Familie einwerben zu können würde ich als legitim und nachhaltig betrachten, da die Person etwas dazulernt und damit insgesamt „besser“ wird. Die Verbesserung der Person wirkt aber auch auf die Gesellschaft um die Person herum. Direkt, durch mehr verfügbares Einkommen, das zum Beispiel den Kindern die Mitgliedschaft im Sportclub ermöglicht; indirekt durch das Ankurbeln der Volkswirtschaft auf Mikro-Niveau. Damit ist natürlich noch nicht gesagt, ob das auch ökologisch nachhaltig geschieht. Aber nehmen wir mal an, dass ein besseres Wissen um die Zusammenhänge irgendwann auch diesen Bereich berührt.

Auf Facebook©, Instagram ©, oder sonstwo einfach irgendwelche stundenlang nachbearbeiteten „casual shots“ hochzuladen und sein Aussehen dazu zu benutzen, um schnelles Geld zu machen, schult bestimmt auch in manchen Bereichen: Beauty, Styling, Fitness, Bildbearbeitung… einen rechten Nutzen für die Gesellschaft kann ich daran aber noch nicht ableiten. Eher das Gegenteil, wenn noch leichter beeinflussbare Teenager irgendwelchen Idolen hinterher hecheln, an denen so gut wie alles Fake ist. (=> Bildbearbeitung: auch „Influencer“ sehen morgens um 05:00, direkt nach dem Wecker aus, wie explodierte Fraggles).

Womit wir wieder beim Facebo wären. Denn die subjektive Wirkung dieses ganzen visuellen Betruges ist wie Parfüm: riecht gut und verflüchtigt sich im Nu. Denn schon morgen stehen die nächsten „Influencer“ mit dem nächsten „heißen Trend“ parat. Danke für nichts, wenn die Illusion sich verflüchtigt, denn das Geld habt ihr trotzdem mitgenommen. Ich vermute, dass ich auch in Zukunft nicht von Facebook loskommen werde. Aber ich gelobe, dass ich alles dransetzen werde, meine Töchter darauf vorzubereiten, Fake von Echt unterscheiden zu lernen. Bis die Tage.

Lieber ein bitteres Ende…

…als gar keines. Ich wäre dann jetzt soweit. Nachdem meine Arbeit auf Leitstellen mich dann jetzt endlich an den Punkt gebracht hat, dass ich nicht mehr – wie früher – immer meine Contenance gegenüber den Frechheiten der Anrufer wahren kann, ist es an der Zeit, endgültig den Deckel drauf zu machen, bevor ich dran kaputt gehe. Tatsächlich öffnet sich sogar die Gelegenheit, dies bei meinem aktuellen Arbeitgeber darzustellen. Andernfalls müsste ich – vollkommen ernst und ohne jeglich weitere Zurückhaltung – den Arbeitgeber wechseln. Ich bin zu alt, zu gut in den anderen Teilen meines Jobs und zu unglücklich über manche Aspekte meiner Arbeit, um noch allzu viele Kompromisse eingehen zu können, oder zu wollen.

Ich dachte bei meiner Arbeit lange Zeit, dass man die Dinge pädagogisch angehen müsse, dass sich jede verbale Konfrontation deeskalieren lasse, dass ich als Dienstleister für allzu menschliches Geduld mit den Anrufern haben müsse – heut weiß ich, dass das Bullshit ist. Ein nicht unerheblicher Teil der Kontakte findet mit Menschen statt, deren Wertesystem so verschoben und deren Vorstellung von der Wichtigkeit des eigenen Anliegens (auch Egoismus genannt) so groß ist, dass ich damit schlicht nicht mehr klar komme. Zumindest nicht in dieser Intensität. Es macht einen großen qualitativen Unterschied, ob ich fünf bis sieben Einsätze pro RTW-Schicht abarbeiten muss, oder 140 – 160 Telefonate. Die Dosis macht, dass ein Ding ein Gift ist…

Bitte nicht falsch verstehen; mit den normal agierenden Menschen mit ihren normal vorgetragenen Anliegen habe ich überhaupt kein Problem. Ganz im Gegenteil. Aber diese Menschoiden mit ihrer Vollkasko-Mentalität, die glauben, dass die Welt ihr ganz persönlicher Selbstbedienungsladen ist, kann ich nur noch schwer ertragen. Und da meine Fertigkeiten im Feld der Ausbildung von Rettungsfachpersonal mittlerweile ein akzeptables Level erreicht haben, sehe ich meine Zukunft – mehr oder weniger ausschließlich – in diesem Bereich. Denn als demotivierter, dauergeladener Calltaker nütze ich weder mir, noch meinen Klienten.

Ich hoffe auf die Zukunft!

Ein letztes Mal…

…kann ich nicht anders, als Herrn Ragge vom Mannheimer Morgen entschieden zu widersprechen. In seinem Kommentar spricht er davon, dass ein zu großer, ohne Wissen der Stadt eingerichteter Rettungsdienstbereich an Versorgungsproblemen in Mannheim Schuld sei. Dies Aussage ist in mehrerlei Hinsicht unzutreffend.

Erstens ist es bereits seit den frühen 2000er Jahren ausgewiesene Landespolitik, größere Leitstellenbereiche schaffen zu wollen, um Synergieeffekte im Rettungswesen nutzbar machen zu können. Vor dem Hintergrund steigender Notfallzahlen eine schlichte Notwendigkeit, um das System bezahlbar zu halten. Die dazu notwendigen Strukturen sollen überall im Land entstehen. Da es bereits seit 2006 eine Leitstelle in Ladenburg gab (und immer noch gibt), die beide Bereiche disponierte, war es eine logische Entscheidung, die schon seit Jahren in der Praxis aus einer Hand koordinierten Bereiche auch organisatorisch zusammenzuführen. Größe und Unwissenheit sind damit Strohmann-Argumente – man könnte es auch tendenziös nennen, was in diesem Zusammenhang bei den Äußerungen Herrn Ragges allerdings auch nichts neues ist.

Versorgungsprobleme gab es in Mannheim (allerdings weniger ausgeprägt als in den allermeisten anderen Bereichen Baden-Württembergs) schon lange; aber nicht wegen der Leitstellen-Struktur, sondern weil die Krankenkassen ihre Macht in den sogenannten Bereichs-Ausschüssen (das sind die Gremien, in denen die Vertreter der Leistungserbringer und die Vertreter der Krankenkassen seit Jahrzehnten ohne sinnvolle Rechtsaufsicht die Entgelte für die Leistungen der Rettungsdienste verhandeln) ausgenützt haben, um den Rettungsdienst in Baden-Württemberg kaputt zu sparen. Auf Kosten der Bürger. Erst seit das 2011-12 öffentlich ruchbar geworden ist, interessiert es überhaupt irgendjemanden.

Mitnichten jedoch haben diese Versorgungsprobleme (präzise die Nichteinhaltung der P95-Regel: 95% aller Einsatzstellen müssen in längstens 15 Minuten von einem Rettungsmittel erreicht werden) mit mangelnder Ortskenntnis, Bürgernähe oder Betriebssicherheit zu tun. Die Disponenten, welche heute ihren Dienst in Ladenburg versehen, haben allesamt zuvor in Heidelberg oder Mannheim auf den ehemaligen dortigen Leitstellen ihren Dienst versehen, oder wurden hier im Bereich für den Bereich ausgebildet. Ich kann das voller Überzeugung sagen, denn ich bin einer dieser Disponenten und habe bereits 1998, noch im Turm der ehemaligen Feuerwache Mitte meinen Dienst versehen…

Herrn Ragges Äußerungen implizieren einmal mehr, dass hier Amateure ohne Ortskenntnis tätig wären und das ist schlicht und ergreifend unwahr. Die Auftrennung des Bereiches – rein politisch motiviert, weil Politiker ihr Gesicht wahren wollen und mancher Amtsinhaber nach mehr Macht strebt – ist nicht mehr aufzuhalten. Eine Verbesserung, so wie von Herrn Ragge beschrieben bringt sie nicht. Diese entsteht allenfalls dadurch, dass das Landes-Innenministerium mittlerweile endlich seiner Aufsichtspflicht nachkommt, die das ehedem zuständige Landes-Sozialministerium über Jahrzehnte vernachlässigt hat. Was dazu führt, das allenthalben Standorte für Rettungsmittel aus dem Boden sprießen, wie Pilze in einem feuchten Sommer.

Ich sage daher – danke für nichts! Hauptsache man zerstört funktionierende Strukturen, damit man behaupten kann, etwas für die Bürger getan zu haben. Ich habe von diesem Schmierentheater die Schnauze voll. Schönes Rest-Wochenende.