Entscheidungen treffen

Ist wohl eine dieser grausigen Modeerscheinungen, Menschen Ratgeber für alles und jedes verkaufen zu wollen. Es gibt ja nichts, wobei man Menschen nicht unterstützen muss. Vielleicht gibt demnächst auch mal jemand was über das richtige Sanitierens des Afters nach der Defäkation zum Besten. Auf Zeit Online, ein Portal, welches ich eigentlich ganz gerne besuche fand ich neulich einen Artikel, der ganz klar das Bauchgefühl beim Entscheiden auf’s Abstellgleis schiebt.

Entscheidungen treffen müssen! Eines der schlimmsten Übel, welches den Menschen seit seiner Befreiung aus der Sklaverei und den Zwängen purer Subsistenz heimgesucht hat. Zu viele Optionen, zu wenig Informationen, so ein Graus aber auch. Jedenfalls rät der Artikel zum sorgfältigen Abwägen, zum Pro- und Contra-Listen-Schreiben, zum Verkopfen und langsam Verdauen, so wie der Wüstenwurm aus Star Wars, der Han Solo und Luke Skywalker fressen soll.
Doch was ist mit dem Kairos? Der günstige Moment ist oft nur kurz, er ist selten einfach zu erkennen und reizt dennoch unsere Sinne. Wir treffen dabei gewiss auch mal schlechte Entscheidungen. Doch sind es nicht unsere Fehler und unsere Niederlagen, aus denen wir eigentlich am meisten lernen; die uns stählen und uns als Kompass für zukünftige Probleme dienen. Wir sind Menschen, wir können nicht immer gewinnen; und eigentlich müssen wir das auch nicht. Das Leben ist, entgegen der Ansagen der Marktradikalen Neoliberalen nämlich kein ständiger Kampf um Siege und ökonomisches Vorankommen. Im Gegenteil sind es auch die abenteuerlichen Umwege, die uns wichtige Erfahrungen und damit einen Gewinn für’s Leben bescheren. Doch das bleibt hier unberücksichtigt.

Natürlich gibt es Entscheidungen im Leben, die wohl abgewogen sein wollen. Aber diese stellen die Minderzahl dar. Ich persönlich fand es sehr erfrischend, einen Blick auf das Buch „Blink!“ von Malcolm Gladwell zu werfen, dessen Denkungsart Intuition einen wichtigen Anteil in unseren Entscheidungsprozessen einräumt. Wie so oft im Leben gilt, das wahrscheinlich die richtige Mischung über Wohl und Wehe entscheidet. Wer es bedächtiger mag, der liest „Schnelles Denken, langsames Denken“ von Danny Kahnemann. Der Artikel von ZON allein vermittelt ein falsches Bild. Guten Tag.

Ach ja, Weihnachten…

Allen Klischees von der wenig harmonischen Familienfeier zum Trotz scheint dieses Jahr die Adventszeit meiner mentalen Gesundheit zuträglich zu sein. Man kennt mich ja eher als sarkastischen Beobachter des Christfestes, aber steigendes Lebensalter scheint mich empfänglicher für die positiven Schwingungen der hohen Festtage zu machen. Es könnte aber auch daran liegen, dass Kinder den Blick auf die Dinge nach und nach verändern. Wo ich einerseits unduldsamer gegenüber der Blödheit vieler Mitmenschoiden geworden bin (und immer noch werde) habe ich andererseits mittlerweile eine gewisse Empfänglichkeit für die eher sentimentalen Dinge des Lebens entwickelt. Ob das nun eine Schutzfunktion meines Hirns gegen den ganzen kommunikativen Müll ist, oder Einbildung ist eigentlich Wumpe; Hauptsache, ich werde nicht zu lasch zu den ganzen Idioten da draußen, oder 😉

Es ist eigentlich nicht mein Stil, aber ich wünsche allen da draußen halbwegs friedvolle Adventstage und wahrhaft frohe Weihnachten. wir sehen/hören uns.

Ich möchte meinen Job lieben, aber…

Das Gesundheitswesen. Unendliche Weiten der Profilneurosen, des unreflektierten „Weiter so!“, der (mehr oder weniger gerechtfertigten) Arroganz, des (mehr oder weniger ausgeprägten) Helfersyndroms und des endemischen Mangels an Blick über den Rand des eigenen, kleinen Tellers. Insbesondere in der Rettungswelt ist auch heute noch ein beängstigendes Maß an Ignoranz für größere Zusammenhänge zu beobachten, welches der Beschleunigung der Gesamtmasse beim Anflug auf die Wand Vorschub leistet, an der die ganze Chose zerschellen wird… sehr bald zerschellen wird.

Ich wollte sachlich bleiben, ein wenig darüber referieren, wie es vielleicht möglich sein könnte, wieder auf eine gemeinsame Basis zu finden und Ideen in Angriff zu nehmen, die das Unheil abwenden könnten. Verschiedene Personen haben in den vergangenen Jahren Beiträge veröffentlicht, die eine Vorstellung davon vermitteln, wie man es besser machen könnte. Wie man zum Beispiel die knappen Ressourcen medizinischer Akutversorgung besser und gezielter einsetzen könnte. Wie man quasi mehr Gesundheit pro Euro erzeugen könnte. Wie man besseres Outcome bei weitestgehend gleichbleibendem Ressourceneinsatz erzielen könnte. Das Know-How und die Skills sind vorhanden und ehrlich gesagt bräuchten wir für vieles keine Unterstützung aus fachfremden Gebieten, da sich in der eigentlich doch recht überschaubaren Rettungswelt einige Persönlichkeiten entwickelt haben, die recht beeindruckende Fähigkeiten akkumulieren.

Und doch… und doch…! Noch beeindruckender ist leider die Beratungsresistenz nicht nur vieler Entscheider sondern auch vieler Kollegoiden, die nicht begreifen können oder wollen, dass ihre sorgfältig ausgebaute Nische ohne Wandel keinen Bestand haben kann; vielmehr keinen Bestand haben wird! Das bei gleichbleibend ineffektiven Ressourcenverbrauch das Rettungswesen mit dem Voranschreiten der demographischen Entwicklung spätestens Ende der 2020 vollkommen dekompensieren wird, zeichnet sich bereits jetzt ab. Und trotzdem werden Alternativen anscheinend nicht wahrgenommen, geschweige denn diskutiert. Worüber allerdings diskutiert wird, treibt mir dann endgültig die Schamesröte ins Gesicht.

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit werden öffentlich (am liebsten auf Facebook) wahlweise die Handlungsweisen von Kollegen zerpflückt oder gar diskreditiert oder es wird sich auf’s Bitterste über die Feindseligkeit und Undankbarkeit der Patienten und Angehörigen beklagt. Würde man hier mit einem Mindestmaß an Zurückhaltung, Respekt, Konstruktivität und Augenmaß vorgehen, könnte man manches noch akzeptieren. Doch gerade bei der Analyse der Fehler anderer Menschen schießen meine Kollegen oft und gerne über’s Ziel hinaus, lassen jede Pietät und Professionalität vermissen, die sie sich doch so sehr in ihren Gegenübern wünschen. Oder geht es vielleicht doch nur um verletzten Stolz?

Ich habe gelernt, die Kommentarspalten sozialer Medien nicht mehr allzu ernst zu nehmen, weil eh jeder zweite nur noch trollt (wenn das langt…). Aber in den Äußerungen vieler Kollegen offenbart sich mittlerweile eine derart negative, aggressive Grundstimmung, dass man so manchem die Eignung zur Ausübung eines sozialen Berufes absprechen muss. Und genau das ist der Rettungsdienst: ein sozialer Beruf. Auch wenn viele das offenkundig nicht wahrhaben wollen. Vielleicht ist es eine Reaktion auf die – zumindest in Teilen – ebenso offenkundig asozialer werdende Gesellschaft. Aber wenn ich einen ethischen Standard einfordere, muss ich diesem auch selbst genügen und das ohne Wenn und Aber.

Momentan jedoch könnte ich an der unreflektierten, unreifen, unflätigen und unsozialen Art mancher Vertreter meines Berufsstandes verzweifeln und möchte mich einfach nur noch schämen. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich noch nicht, welche Schlüsse ich aus diesen Gefühlen ziehen soll. Dass wird schwer – aber wir sehen uns.

A Propos

Neue Texte, neues Gewand, alte Leier. Auf Grund dezenter technischer Probleme mit der alten Installation musste ich ein bisschen umbauen. Auch werde ich Podcasts in Zukunft nur noch im Rahmen von Interviews o. Ä. anbieten. Ist einfach zu viel Arbeit. Ansonsten hoffe ich jetzt, da meine Abschlussarbeit schon seit einigen Wochen im Prüfungsamt liegt wieder zu einem regelmäßigeren Rhythmus des Veröffentlichens zu kommen. Wir werden sehen, ob das wirklich klappt… 😉

So oder so macht der Dezember alles neu. Nicht alles funktioniert schon so, wie es bislang gewohnt war, aber die Mucken werde ich der neuen Installation schon noch abgewöhnen. Bis dahin trotzdem viel Spaß und bis die Tage wieder!

Lieber nicht reden, als falsch reden?

Alle sprechen von konsequentem Handeln. Davon, dass die FDP, oder besser ihr derzeitiges Galionsfigürchen Christian Lindner es richtiggemacht habe, mit dem Rückzug aus den Blondierungsgesprächen. Oder so ähnlich… Wenn wir Konsequenz der Definition nach als die Übernahme von Verantwortung für ein Handeln oder Unterlassen verstehen, stellt sich mir die Frage, welche Leistung oder Nichtleistung denn nun durch die Liberalen so rühmlich konsequent abgearbeitet wurde? Eventuell der Versuch, Deutschland eine neue bürgerliche Mitte zu geben? Themen zu setzen, die Relevanz besitzen und dem Gros der Bürger dienen und nicht nur einer höchst begrenzten Klientel? Sich Widrigkeiten und differierenden Standpunkten zum Trotz den staatspolitischen Verpflichtungen zu stellen? Nun ja – epic fail.

Nur das wir uns richtig verstehen: ich bin und bleibe Sozialdemokrat. Ein Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Grünen klang dennoch nach einer charmanten Idee, um den rechten Ausputzern den Wind aus den Segeln zu nehmen und durch kontroverse Debatten endlich wieder Leben in den Polit-Betrieb in Berlin zu bringen. Dieser war in den letzten 18 Monaten ja doch derart behäbig geworden, dass es weh tat. Und was bekommen wir jetzt? Söder in Bayern, der ein noch üblerer Propagandist und Rechtsausleger ist, als Seehofer. Na ja, vielleicht verkackt er’s ja so übel, dass die nächste Koalition in Bayern dann AfD/CSU heißt. Die Grünen suhlen sich in Schuldzuweisungen an die FDP. Die FDP brüstet sich mit ihrem konsequenten Handeln, dass für mich bestenfalls Ausdruck der Angst vor der eigenen Courage ist. Und die SPD wird vom Bundespräsidenten dazu verdonnert, den Lückenbüßer wider Willen zu spielen; was landauf landab zum Anlass genommen wird, die SPD als Umfaller zu schmähen. Und wer gewinnt dabei?

Es gäbe zwei Szenarien, die mir dazu einfallen: nach langem Trara platzt die zweite Sondierung CDU/CSU und SPD, es gibt Neuwahlen und der rechte Rand erstarkt auf Grund steigender Verdrossenheit über die Unfähigkeit der etablierten Parteien wahrscheinlich noch mehr. Oder sie raufen sich zusammen, die CDU verbucht wieder alle Verdienste für sich, das Land erstarrt weitere vier Jahre in Merkel’schem Topor ohne Visionen für die Zukunft und danach dümpelt die SPD bei 12%. In jedem Fall gewinnen die Schwarzen und noch mehr die Blauen, weil Menschen lieber um jeden Preis den Status Quo bewahren, anstatt etwas Neues wagen zu wollen. Ob die SPD anders kann, will ich jetzt nicht beurteilen müssen, denn im Moment muss ich vermuten: Nein!

Vielleicht kommt auch alles anders und die nächste CDU/CSU-SPD-Koalition rockt total den Shit. Wozu allerdings vorher tatsächlich reichlicher Konsum Bewusstseinserweiternder Substanzen notwendig wäre…wegen der fehlenden Visionen und so. Und wer glaubt schon an sowas. Man muss nur zur Kenntnis nehmen, das wir keine Staatskrise haben, sondern eine Ideenkrise und eine Wagniskrise, die nur durch neue Ideen und Wagnisse zu beheben wäre. SO betrachtet sind wir allerdings in jedem Fall im Arsch, den Ideen und Mut sehe ich im Moment auf Bundesebene bei niemandem so präsent, dass es Hoffnung machen würde. Bis die Tage wieder.

a snipet of hate (for cellphones)

Ich lief dieser Tage durch meinen Stadtteil und wurde von einem Schaudern erfasst, als ich wieder mal eine Person (dass es sich dabei um eine hässliche, mit einem überaus nervtötenden Sprachduktus ausgestattete Person handelte, ist eigentlich ohne Belang) wahrnehmen musste, die laut über irgendwelche Unwichtigkeiten ihres Privatlebens schwadronierend durch die Fußgängerzone stapfte. Früher hätte man die Cops und die Sanis gerufen und dann weg damit in die Klapse (falls sich irgendjemand mit ernsthaften psychologischen Problemen an dieser Stelle auf den Schlips getreten fühlt: komm klar, die habe ich manchmal auch!).

Dann wurde mir jedoch klar, dass diese Person ja nur am telefonieren war. Früher gab’s da diesen Witz: „Chef: Wer schreit denn da so rum? Sekretär: Dass ist der Schulze, der spricht mit Paris. Chef: Warum nimmt er dann nicht das Telefon?“. Der ging mir dann gerade durch den Kopf, weil mich das wer mit wem und warum oder auch nicht anderer Menschen ja nun zum einen eigentlich nichts angeht, aber bei den allermeisten Menschen auch nicht die Bohne juckt. Was interessiert es mich, ob Mandy nun mit Kevin rummacht, oder mit Jaden-Pascal?

Jedenfalls gehören diese Freisprechdingens für überall schlicht verboten. Es führt zu Unaufmerksamkeit gegenüber anderen Menschen (unhöflich bis tödlich), oder gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern (gefährlich bis tödlich). Jeder darf sich jetzt raussuchen, was er oder sie schlimmer findet. Ich für mein Teil finde, das Privates ins Private gehört und nicht auf die Straße. Da diese immer-erreichbar-Apparate aber das Private entgrenzen (auf so viele Arten), werde ich nun täglich mit dem Privaten vollkommen wildfremder Menschen belästigt. Und das kotzt mich so richtig an.

Leider ist es nicht legitim, jemandem einfach sein Smartphone wegzunehmen und so weit wie möglich wegzuwerfen. Zumal diese Freisprechdingens leider auch funktionieren, wenn das Handy in der Tasche steckt, was die Außenwirkung noch viel schlimmer gestaltet => weg damit in die Klapse. Die Fragen die bleiben sind folgende: werde ich immer unduldsamer, oder die anderen immer Blöder? Und wie kriege ich eine Axt in die Tasche, ohne dass es auffällt…? Au revoir.