Kollaboratives Erschaffen – lädt die Wolke wirklich zum Mitarbeiten ein? (Work in Progress)

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An die Möglichkeiten und den Rhythmus des digitalen Zeitalters angepasstes Informationsmanagement als Mittel zur Wertschöpfung durch Onlineplattformen, welche die Funktionalitäten von sozialen Medien nachahmen bzw. auf speziellere Kontexte transponieren und weiter entwickeln – ist das ein Modell nur für Wirtschaftsunternehmen?

Zunächst fällt im Impulsreferat das Wort Wertschöpfung auf, welches impliziert, dass eines der Hauptmotive die Erwirtschaftung bzw. Steigerung eines Profites sein dürfte, immerhin ist dies eines der Hauptmotive unternehmerischen Handelns. Erreichen lässt sich dies mit Blick auf Online-Plattformen durch eine höhere Reagibilität gegenüber spezifischen Kundeninteressen, aber auch durch maßgeschneiderte Werbung, sowie durch stärkere Markenbindung mittels mehr oder weniger ausgeprägter Partizipation an der Ausgestaltung, oder sogar Neuentwicklung nachgefragter Produkte und Dienstleistungen.

An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, ob Online-Plattformen, welche auf eine solche Bindung durch Partizipation abzielen, die also einen dedizierten Raum für Co-Kreativität und offene Innovationen bereitstellen sollen, nur für wirtschaftliche Anwendungen oder auch für Non-Profit-Organisationen geeignet sind? Legt man das Augenmerk auf Unternehmen, die von Gewinnerwirtschaftung abhängig sind, so leuchtet ein, dass Co-Kreativität und offene Innovation aus unternehmerischer Sicht Möglichkeiten sind, Kosten etwa für Marktforschung, Werbung und Entwicklungsaufgaben einzusparen. Die Frage ist, ob bzw. in welchem Grade sich der Nutzer dafür einspannen lässt, denn letzten Endes wird der Nutzer auch nach seinem Reward in diesem Kontext suchen, wissen wollen, welchen Benefit er mitnimmt, denn eine Win-Lose-Situation wird sich kaum längerfristig in ein stabiles Gleichgewicht überführen lassen, wenn hier auf einer Seite das Gefühl des Ausnutzung entsteht. Auf der anderen Seite könnten allerdings auch die Erwartungen an den erreichbaren Grad der Partizipation zu hoch angesetzt, die Kapazitäten zur Kreativität und Innovation der Nutzer unrealistisch eingeschätzt worden sein. Auch in diesem Fall wird das Gleichgewicht nicht stabil werden können.

Was nun Non-Profit-Organisationen angeht, so wird oft unterstellt, dass das Anbieter-Klientenverhältnis im Besonderen derart von Vertrauen abhängig ist – etwa bei Dienstleistern im Sozialbereich oder Gesundheitswesen – dass kaum von einer Klientenbeteiligung auszugehen sei, weil man Vorbehalte bezüglich der Wahrung der Privatsphäre bzw. eines Mangels daran annimmt. Der Zielansatz solcher Online-Plattformen ist jedoch nicht eine Einflussnahme auf dieses individuell differierende Verhältnis, sondern die Suche nach zu befriedigenden Bedürfnissen und Optimierung vorhandener Dienstleistungen und Produkte, welche durch die Mitarbeit von Kunden und Klienten schneller und effizienter zu gestalten sein kann – dies allerdings nicht unbedingt sein muss; das Verhältnis spielt insofern eine Rolle, als eine gewisse Vertrauensbasis zwischen Nutzer/Kunde und Anbieter bestehen muss, andernfalls wird es gar nicht erst zu einem Informationsfluss kommen. Es steht jedoch nicht zur Disposition durch das Medium, da es nicht explizit thematisiert wird. Eher sollte man sich in diesem Zusammenhang des Umstandes erinnern, dass es stattdessen um Innovationen gehen soll, welche der Entwicklung des jeweiligen Angebotsportfolios und damit allen Nutzern zu Gute kommen können. Welchen Grad von Transparenz die individuelle Teilnahme haben kann oder darf muss man als dem jeweiligen sozialen Umfeld angepasste, skalierbare Größe sehen.

Der Begriff Wertschöpfung lässt sich insofern auch auf Non-Profit-Organisationen anwenden, als eine effizientere Gestaltung aller Handlungsprozesse auch hier einen Wert entstehen lässt, etwa in der Verfügbarkeit freiwerdender Kapitalmittel für die Ausweitung der eigentlichen Kernaufgaben.

Vorhin war bereits die Rede vom Reward für den Nutzer. Hier soll nicht der Eindruck entstehen, dass dieser rein pekuniär gedacht wird. Reward entsteht z.B. auch durch die Akkumulation von Ansehen innerhalb – eventuell aber auch außerhalb – der Peer-Group/Community, durch den Erwerb von zusätzlichen Kenntnissen und Fertigkeiten im Zusammenhang mit der Tätigkeit innerhalb der Community, durch das Knüpfen neuer Kontakte, die Verfügbarkeit verbesserter Produkte und Dienstleistungen und vielleicht tatsächlich auch direkten finanziellen Gewinn. Als potentielle Nutzer solcher Plattformen stehen also prinzipiell zuerst alle Bestandskunden des jeweiligen Anbieters zur Verfügung, aber auch solche, die durch die mediale Präsenz einer Partizipationsmöglichkeit erst auf diesen Anbieter bzw. seine Produkte und/oder Dienstleistungen aufmerksam geworden sind. In Verknüpfung mit den bereits existierenden social media Plattformen ist allerdings noch eine sehr viel weitreichendere Publizität zumindest möglich, wenn z.B. zufriedene Nutzer ihre Erfahrungen mit einem sehr hohen Streuungsgrad ins Web geben. Selbstverständlich verbreiten sich schlechte Nachrichten allerdings mindestens genauso schnell.

Was nun die Frage nach den Informationen, die fließen können müssen angeht, so lässt sich diese nicht pauschal beantworten. Es war ja schon die Rede vom Grad der Transparenz als skalierbarer Größe im Bezug auf die Nutzerinformationen. Ein Peer-Review-System, welches die Beurteilung von Nutzervorschlägen durch andere Nutzer zulässt, könnte sowohl durch ein Zuwenig als auch ein Zuviel hinsichtlich seiner Moderierbarkeit rasch eine kritische Masse an Spam und Cyber-Mobbing erreichen; man muss hier allerdings anfügen, das Cyber-Bullying innerhalb von Peer-Group weniger verbreitet zu sein scheint, als durch völlig Fremde. Es darf also die Hoffnung geäußert werden, dass ein moderierter Raum, in dem an bestimmten Thematiken gearbeitet wird, nicht so anfällig dafür sein dürfte, wie etwa offene Foren und Boards.

In einem Co-kreativen Umfeld müssen sowohl Nutzer durch andere Nutzer und den Anbieter, als auch der Anbieter durch alle Nutzer hinsichtlich ihrer Identität, Zuverlässigkeit und Expertise einschätzbar sein; wenn auch u.U. in unterschiedlichem Grade. Die Zielvorgaben und Spielregeln müssen durch den Anbieter klar definiert und kommuniziert werden. Über die Verwertungsrechte und Verwendung etwaiger Produkte bzw. Ergebnisse der Kollaboration muss vor Beginn einer Mitarbeit eine klare Absprache getroffen werden. Es muss ein individuell administrierbares Userinterface für alle Datenverbindungen geben, für die Sicherheit aller Datenverbindungen hat der Anbieter Sorge zu tragen. Hinsichtlich persönlicher Informationen über die Nutzer müssen verbindliche Regeln über den obligaten Umfang der öffentlich für alle Nutzer sichtbaren Daten existieren. Wenn kollaborativ an Projekten, gleich welcher Natur gearbeitet werden können soll, müssen alle Fortschritte/Veränderungen für alle Beteiligten zu jeder Zeit erkennbar und zuordenbar sein, andernfalls geschehen Arbeiten doppelt oder gar nicht und die Arbeit führt sich selbst ad absurdum.

Insgesamt ist diese Form der Kollaboration für die Zukunft sehr spannend, sie wirft allerdings mehrere problematische Fragen auf: Wie wird sich eine Ausweitung der Menge solcher Online-Plattformen mit kreativ-innovativer Partizipationsmöglichkeit auf die Entgrenzung von Lebensraum und Arbeitswelt auswirken? Wer hat die Nutzungs- bzw. Verwertungsrechte an dergestalt kollaborativ erarbeiteten Produkten? Welche Produkte und Dienstleistungen sind tatsächlich für Co-Kreation und offene Innovation geeignet? Wo ist die Grenze zum Microtasking? Hier ist trotz der Hoffnung auf neue Wertschöpfungsmodelle mit Win-Win-Situation Skepsis angebracht, solange noch keine belastbaren Erkenntnisse über die potentiellen Auswirkungen zur Verfügung stehen.

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