Der Blick aus dem Fenster offenbart jene ambivalente Malaise dieser Tage, die mich geradewegs in den Schlund der Verzweiflung blicken lässt. Die Tage seit der Heimkehr aus dem wirklich tollen Urlaub in Irland waren angefüllt mit Arbeit; aber nicht einfach nur [clock-in => work => clock-out] sondern purem Termin-Stress, unnötigen kleinteilig-fruchtlosen Diskussionen, Anfeindungen von Menschen, die offenkundig denken, dass man ihnen an der Stirn ablesen kann, was sie von mir erwarten, persönlichen Enttäuschungen und der erheblich ernüchternden Entzauberung von Hoffnungen. Alles in allem habe ich gerade ungefähr überhaupt keinen Bock mehr und würde am liebsten davon rennen. Soweit also alles wieder im Normalzustand der letzten zwei Jahre. Ich würde nicht behaupten wollen, dass Desillusionierung nicht sowieso schon lange eine alte Bekannte ist, die mich stets wohlwollend begleitet – aber im Moment sind wir über diese typische, ein wenig nervende Dosis schon ein Stück hinaus. Noch ist sie nicht tödlich; aber wer weiß schon, was noch alles um die Ecke kommt…?
Über die Pandemie, die jetzt eine Endemie ist und nur noch als fragiles Feigenblättchen für die schlechte Gesundheitspolitik der letzten 6 Legislaturen herhalten muss, mag ich nichts mehr sagen, sonst muss ich in den bewaffneten Untergrund (Kaputtsparen können wir, das muss man schon sagen!). Über die politische Weltlage und die Frage, ob wir nicht doch lieber einem dämlichen, dreisten Diktator nachgeben sollen, damit die Wirtschaft weiter brummen kann (wovon der Otto-Normalverbraucher, Korporatismus und Lobbyismus sei Dank ja dann trotzdem nichts hat, weil nur die Fetten immer fetter werden) werde ich an dieser Stelle auch keine weiteren Worte verlieren – sie wären verschwendet. Die, denen ich was zu sagen hätte, ignorieren das langsame Aufkochen der Stimmung lieber um munter weiterkassieren zu können, als wenn es keine Morgen gäbe. Man nennt dieses Gefühl, welches sich gerade in meinen Worten Weg bricht, glaube ich, Weltschmerz. Und ich wäre jetzt dankbar für ein Mittel dagegen.
Ich habe mit der besten Ehefrau von allen schon häufiger mal darüber sinniert, dass es manchmal ganz schön wäre, dumm zu sein. Denn dann würde man sich nicht über so vieles Gedanken machen, weil man’s schlicht nicht auf dem Schirm hätte. Wenn mein Horizont nur bis zum Rand des Sonnenschirms geht, kommt halt kaum Erleuchtung ins Oberstübchen. Auf der anderen Seite ist die Wahrscheinlichkeit, dann zum Nazi-Arschloch zu werden auch nicht gerade geringer. Man muss sich schon fragen, was da in Italien gerade passiert. Faschos wählen, um soziale und wirtschaftliche Probleme zu lösen ist, als wenn man einen Fünfjährigen mit Magnesiumfackeln jonglierend ins Benzinlager schickt. Gibt’n Knall und wenn der Rauch sich verzogen hat, fragen sich alle, warum sie schon wieder, auf die eine oder andere Weise, etwas eingebüsst haben. Wenn doch nur wenigstens die Dummen dabei mitstürben. Womit sich der Kreis schließt. Auch wenn dumm sein dieser Tage ein wenig Entspannung brächt, bleibe ich lieber der Geschehnisse gewahr und hoffe, an Lösungen mitwirken zu können.
Als „white middle-aged cis-gender male“ bin ich ja, dem gängigen Narrativ der woken Medien zufolge Teil des Problems. Was soll ich jetzt sagen? Dass die Woken zu dumm sind, mich zu verstehen? Für manche, die Wokeritis zum Dogma erhoben haben, mag das wohl stimmen. Man betrachte nur die Diskussion um kulturelle Aneignung – ALLE KULTUR IST ANEIGNUNG. Unser ganzes verdammtes Leben ist ein ziemlich beschissener Remix von Beethovens Neunter – vom Götterfunken keine Spur mehr! Will heißen, dieses ganze Generationen-Gebashe, dieses ständige Auf-Andere-Zeigen, Strohmänner bauen, Whataboutism pflegen, jede Diskussion sofort ins Persönliche tragen, anstatt an der Sache zu bleiben ist es, was mich langsam wahnsinnig macht. DAS MUSS AUFHÖREN! Denn nur, wenn die Öffentlichkeit tatsächlich wieder zu einem Marktplatz des „zwanglosen Zwangs des besseren Argumentes“ wird (Danke Habermas!), werden wir den Karren, der sich WELT nennt aus dem Dreck der gegenwärtigen KRISEN ziehen können – GEMEINSAM! Und da ist er wieder der Zweifel, aus dem Verzweiflung wird! ich wünsche euch ein zwanglos schönes Wochenende. Wir alle brauchen ab und an mal ’ne Pause. Allein im Wald zu stehen hätte jetzt was!