Feiertag. Ausgerechnet Montags. Wenn’s damals nach Gerhard Schröder gegangen wäre, hätte der „Tag der Deutschen Einheit“ (echt nur mit großem [D]) gestern stattgefunden. Weil man Anfang der 2000er fand, dass so ein Bundesfeiertag unter der Woche viel zu viel Steuereinnahmen kosten würde, wegen weniger geleisteter Arbeit und verzehrtem Konsum. Man hatte jeweils den ersten Sonntag im Oktober im Auge. Gottseidank kam das vom Tisch, ist der 03.10 doch eh der einzige Feiertag per Bundesgesetz. Für Einigkeit steht er jedoch schon lange nicht mehr. Schaut man sich die Lage der Nation an, wirkt ein Feiertag mit solchem Titel aus der Zeit gefallen, je geradezu wie ein Flachwitz. Das einzige worauf man sich vermutlich einigen kann, ist der Wert der zusätzlichen Freizeit. Sah neulich einen Tweet (Twitterperlen ist manchmal echt spaßig), wo es um dumme Fragen ging; und da hatte doch angeblich ein Chef seinen Angestellten ernsthaft gefragt, ob dem tatsächlich seine Freizeit wichtiger wäre, als die Arbeit? Was soll man darauf antworten? Lutsch dir ’ne Tüfte rund und jonglier mit den Zwiebeln? NATÜRLICH IST DIE FREIZEIT GOTTVERDAMMT NOCHMAL WICHTIGER ALS DIE ARBEIT! Oder darf ich neuerdings meine Lieben mitbringen, damit wir auch mal Zeit zusammen haben…
Ich mag meinen Job meistens! Wirklich! Aber ich mag die Zeit, in der ICH wirklich selbst bestimmen kann, was ich als nächstes tun oder lassen möchte, noch wesentlich mehr! Das hat was mit dem Gefühl von Freiheit zu tun, auch wenn diese wahrscheinlich unter dem Strich gar nicht so groß ausfällt, wie man sich das manchmal schönredet; oder schönsäuft. Im Job jedoch bin ich dazu gezwungen von xx:xx – yy:yy am Ort Z zu sein und dort Dinge zu tun, welcher der Produktivität des jeweiligen Arbeitgebers dienen – jedoch NICHT unbedingt meiner! Und da nicht jede*r von uns selbstständig sein kann – oder will – läuft’s darauf hinaus, an diesem typischen Tausch [Lebenszeit gegen Entgelt] teilnehmen zu müssen! Und ich werde nicht lügen: von xx:xx bis yy:yy am Ort Z sein zu müssen, ist dabei ein nicht unerhebliches Problem, weil ich auf dem Weg von und nach Z kostbare Lebenszeit verschwende! Ich versteige mich jetzt mal zu folgender kühner Aussage: wenn ich in diesem Leben noch einmal den Arbeitgeber wechsele, liegt es wahrscheinlich nicht an meinem Aufgabenbereich, oder dem Workload, sondern dem beschissenen Präsentismus, den man von mir verlangt! Wir leben im 21. Jahrhundert, also kommt endlich klar mit mobilem Arbeiten für diejenigen Aufgaben, bei denen das funktioniert, verdammte Axt!
Von 1954 bis 1990 feierte man den Tag der deutschen Einheit (nur echt mit kleinem [d]) am 17.06 eines jeden Jahres. Und zwar im Gedenken an die Arbeiteraufstände in der DDR vom 17.06.1953, die a) unter anderem ausbrachen, weil die Arbeitsnormen (Arbeitsleistung pro Lohn) unter dem Druck einer wirtschaftlichen Krise erheblich angehoben worden waren und b) mit blutiger Gewalt durch die sowjetischen Besatzungstruppen niedergeschlagen wurden. In der Folge begann der weitreichende Auf- und Ausbau der StaSi. Sieht man sich das Ansteigen der sozialen Ungleichheit im Lande, die Herausforderungen für viele von uns durch den nahenden Gasspar-Inflationswinter und die öffentlichen „Diskussionen“ in den „Leitmedien“ unserer Zeit an (Antisocial Media), wäre es wohl an der Zeit, den Feiertag im Sommer wiederzubeleben; immerhin hat Heinrich Lübke ihn zum „Nationalen Gedenktag des deutschen Volkes“ proklamiert! Daran hat auch der Einigungsvertrag nix geändert. Wäre doch mal einen Gedanken zum Gedenken wert, oder…?
Es gibt keine „nationale Einheit“ (was auch immer das sein könnte), folglich gibt es auch wenig, was man heute feiern könnte; außer vielleicht die Demokratie! Immerhin fand die Wiedervereinigung Ihren Startpunkt auch in einem Volksaufstand, der allerdings nicht von russischen Panzern niedergewalzt wurde, sondern vielmehr in einem friedlichen Prozess der Wiedervereinigung von BRD und DDR mündete. Und auch wenn „Blühende Landschaften“ Helmut „War doch nur Bimbes“ Kohl und die seinen so ziemlich alles falsch gemacht haben, was dem Manchesterkapitalismus der frühen Wendezeit hätte Einhalt gebieten können, bleibt die Wiedervereinigung dennoch ein demokratischer Prozess, der bis heute weltweit seinesgleichen sucht – und die Blaupause für weitere Prozesse zur Reintegration unseres Staates sein könnte. Darauf trinke ich heute noch ein paar Duppegläser weißen Bitzler und wünsche euch schon mal einen guten Start in die neue Restwoche. DI ist der neue MO. Könnt ich mich dran gewöhnen. Bis die Tage.