Wünsche

Dieser Tage kam morgens am Frühstückstisch mal wieder die Sprache auf Wünsche der Kinder zu heran nahenden Festen, wie Geburtstagen und Weihnachten auf. Nun ist verständlich, dass Kinder im Alter von (noch) 9 und 13 jahren den Zusammenhang zwischen vielen materiellen Wünschen und der Frage nach der Auswirkung von ungehemmten Komsum auf die Welt, in welcher sie mal leben müssen noch nicht umfänglich reflektieren (können). Wobei ich Hoffnung habe, dass dies vielleicht in Bälde der Fall sein wird. Dennoch kommt es manchmal zu einem regelrechten Clash, wenn der langsam dem klassischen Konsummaterialismus abschwören wollende mittelalte weiße Cis-gender-Mann, der ich nun mal bin feststellt, dass „ICH WILL“ zur kindlich/jugendlichen Realität gehört. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber ich würde mal vermuten wollen, dass ich in dem Alter keinen Deut besser war, und meine Eltern mir auch nicht jeden Scheiß gekauft haben, auf den ich damals scharf gewesen bin. Ist möglicherweise ein Naturgesetz oder so.

Was will man(n) schon mehr…?

Es wirft aber natürlich die Frage auf, was man selbst sich wünscht. Und es gibt tatsächlich wenige DINGE, die ich mir heute wünsche. Meistens haben diese Dinge irgendwas mit meinen Hobbies und /oder meiner Arbeit zu tun, und ersetzen oder ergänzen ein in die Jahre gekommenes oder kaputt gegangenes Gadget. Die des Alters wegen ersetzten Gadgets tun dabei übrigens in den allermeisten Fällen ihren Dienst jetzt für jemand anderes aus der Familie. Und einen Grill kann man schon mal alle 15 jahre ersetzen. Will heißen, ich beantworte die Frage nach eigenen Geschenk-Wünschen meistens mit einem Schulterzucken; oder sage, „steckt doch was in die Kasse für ……….!“. Kommt dann meistens auch den Spendern auf die eine oder andere Weise zu Gute 😉 Wenn ich mir tatsächlich etwas wünschen könnte – also, wie in der Legende mit dem Flaschengeist und den drei Wünschen, dann… würde ich es wahrscheinlich verkacken, weil ich entweder aus dem Bauch heraus irgendeinen Scheiß antworten, oder aber mir das Gehirn zermartern würde bis ich stürbe und der Dschinn unverrichteter Dinge wieder in seiner Lampe verschwände.

Ernsthaft bedacht ist das einzige, wovon ich mir momentan mehr wünsche einfach nur Zeit. Zeit um mal zu bummeln, Zeit um zu wandern, Zeit um zu spielen, Zeit um zu denken, Zeit um zu genießen, Zeit um selbst zu lernen, und schließlich Zeit, um sie mit jenen Anderen teilen zu können, die es mir wert sind. Das Problem dabei ist, dass wir in einem Zeitalter leben, in welchem Zeit mit Geld aufgewogen und wie eine Ware behandelt wird! Die Tage zitierte jemand aus meinem Arbeitsumfeld bei einer Veranstaltung aus dem Buch Kohelet 3,1 – 3,8, wo steht, das alles seine Zeit habe. Er sprach sinngemäß vom Innehalten im Alltag, von Momenten, in denen man an nichts denken sollte, um den beunruhigten Geist zu klären… Ich habe jetzt eine Weile darüber nachgedacht und ich denke, dass Augenblicke des Innehaltens der Komplexität und Geschwindigkeit unseres Zeitalters nicht mehr gerecht werden. Warum gibt es solche Bewegungen wie „Quiet Quitting„, warum sagt man der „Generation Z“ insgesamt Faulheit nach? Ich glaube, dass dies an der, für das Individuum unüberschaubaren Krisenhaftigkeit unserer Zeit liegt. Und daran, dass für die jüngeren Menschen dieses Gesamtphänomen die eigene zeitliche Begrenztheit und Sterblichkeit wesentlich drängender ins Bewusstsein rückt, als dies bei einem Endvierziger wie mir der Fall sein mag.

So viel Zeit wie der alte Kasten hätte ich gerne…

Wünsche und Glück stehen vermutlich in einem engen Zusammenhang, so wie der Nebel, über welchen ich gestern sprach zu diesem Themenkreis gehört; weil der Nebel der Desillusionierung einem den Blick auf die eigenen Wünsche, aber auch die Kraftquellen und Kompetenzen verdeckt. In der Gesamtschau sprechen wir also über bessere Selbstreflexion und in der Folge hoffentlich weniger Selbstreferentialität – oder soll ich es besser pathologischen Egoismus nennen? Wir werden sehen, wohin meine Gedankenspiele mich in nächster Zeit noch treiben. Habe ich übrigens erwähnt, dass ich offiziell scheinfrei bin? Masterthesis, ich komme! In diesem Sinne, noch einen schönen Tag.

Auch als Podcast…

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