Einfach mal schreiben?

Immer mal wieder werde ich gefragt, ob bzw. warum ich keine Bücher mehr scheiben würde. Es gäbe schon so lange nix Neues mehr zu lesen. Wenn ich dann auf meine Bloggerei verweise, sind die Leute meist enttäuscht. Ein bisschen so, als wenn ein Blog ja kein richtiges Scheiben wäre. Man muss da, wie ich glaube mal mit dem Missverständnis aufräumen, dass das Schreiben an sich einfach so geschieht und keiner weiteren, besonderen Anstrengung bedarf.

Hierzu nun also ein kurzer Exkurs: Ein längerer Text, der in irgendeiner Weise einem roten Faden folgen soll, an den man also den Anspruch stellt, dass einerseits der Inhalt gewissen Ansprüchen genügt und andererseits Inhalt und Erzählweise konsistent zueinander sind, bedarf gewisser redaktioneller Vorbereitungen. Handelt es sich um erzählerische Prosa, erarbeitet man, bevor überhaupt eine Zeile des eigentlichen Textes geschrieben wird, den Kontext, das Storyboard und die Charaktere. Nimmt die Geschichte auch noch Bezug auf reale Ereignisse, wird mehr oder weniger umfangreiche Recherche-Arbeit fällig; selbiges gilt übrigens auch für Sachtexte, wie etwa meine Blogbeiträge. Wenn ich zum Beispiel über Jugend-Kriminalität spreche, habe ich vorher die jeweils aktuellste polizeiliche Kriminalstatistik studiert. Bei anderen Themen können auch mal Besuche beim statistischen Bundesamt, oder eine größere Literaturrecherche fällig werden, wie ich sie etwa für meine wissenschaftlichen Hausarbeiten durchführen muss. Auch wenn ich festgestellt habe, dass Sachlichkeit und Argumente manchmal nur die halbe Miete sind – unvorbereitet auf das verbale Schlachtfeld ziehen zu müssen, ist nicht so mein Ding.

Neben diesen lästigen Vorarbeiten bleibt dann aber auch noch der Zeitaspekt des eigentlichen Schreibens. Der geneigte Leser / Zuhörer darf gerne davon ausgehen, dass für eine DIN-A4-Seite Text 30-45 Minuten Arbeit anfallen, je nachdem, wie geschmeidig die Muse die Zeilen fließen lässt. Immerhin muss man über seine Worte, also WAS man WIE sagen will auch ein wenig nachdenken. Zumindest wäre das besser, wenn das Ergebnis verständlich lesbar sein und nicht allzu viele Menschen vor den Kopf stoßen soll; es sei denn natürlich, genau das war beabsichtigt. Ist aber auch bei meinen Texten mitnichten immer der Fall. Ja, ich provoziere und polemisiere ganz gerne, aber nicht nur! Um es also abschließend zusammenzufassen: Scheiben ist, wenn es richtig betrieben werden soll, eine unter Umständen ziemlich anspruchsvolle und zeitintensive Arbeit.

Ich fasse einfach viel zu viel andere Texte ab, als dass ich noch zum Bücherschreiben käme. Geschichten hätte ich durchaus im Kopf, daran hat in den letzten 20 Jahren so gut wie nie ein Mangel geherrscht, doch wenn den Pflichtaufgaben schließlich Genüge getan ist und das Blog, dessen Pflege ich jetzt wieder ernster nehmen möchte ausreichend gefüttert wurde, bleiben weder Zeit noch Energie, mal eben ein Buch zu schreiben… oder zwei…oder drei.

Und letztlich bleibt noch ein Aspekt, der mir sehr am Herzen liegt: auch wenn ich hier natürlich als Privatmann schreibe und somit zumeist auch das Private meine Texte strukturiert, so besteht dennoch nach wie vor mein impliziter Anspruch, mit meinen Worten etwas bewegen zu wollen. Zwar kann eine Geschichte die Menschen auch bewegen und wichtige Nachrichten transportieren – dies ist eines der größten und wichtigsten Privilegien der großen Kunst – doch ich selbst vermag dies eher durch Sachtexte. Diese mögen zwar gelegentlich einen eher prosaartigen Stil haben, doch mir geht der Inhalt über die Form, nicht umgekehrt. Vielleicht ist es diese Vorliebe, die das Bücherscheiben hat in den Hintergrund treten lassen. Ich kann das nicht mit Bestimmtheit sagen, für die Sache ist es auch einerlei. Ich kann jedenfalls nicht einfach mal so ein Buch schreiben und so spare ich mir meine Energie lieber für das, was ich halbwegs gut kann, nämlich das Bloggen; das muss euch reichen…

Der Prokrastinator

Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich zu belohnen. Mein erstes Halbjahr 2016 war angefüllt mit Prüfungen und Terminen und Fährnissen die es in ihrer Gesamtheit durchaus gerechtfertigt hätten, sich mal was zu gönnen. Ich hatte darum begehrliche Blicke auf eine neue Prokrastinationsmaschine geworfen; präzise ging es m eine Spielekonsole und zwei, drei Titel, die mich wirklich interessiert hätten. Ich werde jetzt nicht auf meinen diesbezüglich bevorzugten Hersteller eingehen, weil sowas immer zu unnötigen Diskussionen, rumgebitche und gebashe führt. Die Scheiß Fanboys können halt einfach nicht ihre Fresse halten, wenn sie meinen, über irgendwas irgendwas zu wissen. Ich weiß nicht wieso, aber Dogmatiker gibt es überall und komischerweise sind sie oft umso penetranter, je unwichtiger das Thema ist. Oder stirbt man neuerdings, wenn ein Wohnzimmer-Gadget nix taugt? Ist aber auch alles egal, denn bisher kam es noch nicht dazu, weil ich mich schlicht nicht getraut habe, mich selbst der Versuchung fortgesetzter Zerstreuung auszusetzen.

Oh ja, Freunde, ich bin mir meiner Affektinkontinenz schmerzvoll bewusst. Und sie nervt! Wenn ich mal an etwas Gefallen gefunden habe, fällt es mir verdammt schwer, wieder davon zu lassen, selbst wenn ich weiß, dass es eigentlich wichtigeres zu tun gäbe. Ich würde allerdings meinen Hintern verwetten, dass ich da nicht der einzige bin, dem es so geht. Ist euch da draußen sowas eigentlich ein Trost? Wie dem auch sei, ich wollte mir die Dinge einfacher machen, weil mir ja bewusst ist, dass ich dieses Jahr noch ein paar wichtige Aufgaben zu erledigen habe und ich meine Ansprüche an die Qualität meiner Arbeit auch nicht unbedingt senken möchte. Immerhin versuche ich gerade, etwas aufzubauen.

Wisst ihr, wie blöd das ist, wenn man nun – teils freiwillig, teils aus Notwendigkeit – an verschiedenen Projekten arbeitet und nun doch dauernd auf dieses Gadget schielt, dass man sich zuvor versagt hat, um sich nicht abzulenken? Super Plan, dass mit der Anschaffung eine neuen Prokastinationsmaschine auf später zu verschieben, oder? Ich jedenfalls bin fast überhaupt gar nicht abgelenkt von den sehnsuchtsvollen Gedanken daran, endlich mal wieder ein paar Nächte durchzuzocken. OK, bei mir sind es nur noch maximal halbe Nächte, aber ich bin ja auch schon über 40… Am besten ist allerdings die Reaktion meiner Frau auf solche Äußerungen. Sie hat da überhaupt kein Mitleid mit mir, denn seit wir Kinder haben, kommt sie selbst nicht mehr dazu; womit ich in unserem Haushalt diesbezüglich tendenziell der Lucky Guy bin. Wenn sich’s doch nur auch so anfühlen würde!

Ich werde noch ein bisschen standhaft bleiben, denn zumindest eine Sache muss in jedem Fall noch fertig werden. Aber so ganz generell – mal so abseits meiner eigenen, unwichtigen Probleme – erscheint mir die Fähigkeit zum Bedürfnisverzicht bei den Menschen immer weniger ausgeprägt zu sein. Denn wenn ich mir zum Beispiel ansehe, wie oft mache Menschen mir neue Gadgets unter die Nase reiben… Stop! Könnte es sein, dass ich gerade projiziere? Ach, ist doch egal, ob dies so ist, oder nicht; es fällt mir einfach schwer zu glauben, dass immer kürzere Produktzyklen, immer aggressivere Werbestrategien, eine immer größere Durchdringung der Gesellschaft mit sozialen Medien und das daraus resultierende Gefühl dauernder Verfügbarkeit von allem und jedem, nicht zu größerer Ungeduld führen.

Zumindest kommt es mir so vor, als wenn wir auf mediale Affektinkontinenz dressiert würden. Ich werde jetzt keine Verschwörungstheorien bezüglich koordinierter Konsumkontrolle durch den „staatlich-industriellen Komplex“ dahin fantasieren, denn sowas ist Käse. Aber ich finde, es ist einen Gedanken wert, wie leicht wir uns durch Ereignisse oder Gadgets vom Wesentlichen ablenken lassen, nur um uns dann hinterher trotzdem schlecht zu fühlen. Da steht sicher kein Masterplan der Illuminaten dahinter, aber es gibt immerhin eine ganze Branche, die sich nur damit beschäftigt, in Konsumenten Bedürfnisse zu erzeugen – man nennt dies Werbung! Und schon in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts beschäftigte sich der einflusseiche Publizist Walter Lippmann in seinem Buch „Public Opinion“ mit der Frage, wie man eben diese manipulieren könne.

Nun fühle ich mich nicht derart manipuliert. Und wenn es so wäre, würde es mich eher wenig kümmern, denn es fühlt sich so an, als hätte ich die Sache zumindest momentan im Griff. Aber irgendwann werde ich wieder prokrastinieren; mit neuem Equipment! Und dann werde ich ein schlechtes Gewissen haben. Nicht nur, weil ich kostbare Zeit verschwenden werde, sondern auch, weil ich dann den vorhin erwähnten Manipulationen doch noch erlegen bin. Weiß nicht, ob’s besser ist, wenn man sich dessen bewusst ist, aber ich beruhige mich mit der Illusion, dass ich dann trotzdem noch volle Kontrolle habe.

Und womit verschwendet ihr so eure Zeit?

A snipet of fan-atism!

[Eigentlich hatte ich den vorbereitet für den Fall, dass Deutschland ins Finale einzieht. Nun ist dies nicht der Fall – kommt drüber hinweg, erschafft euch endlich ein eigenes Leben und lasst uns mit was Sinnvollem weitermachen. Was ich zu sagen habe stimmt trotzdem!]

Würden die Fans des deutschen Tischtennis-Nationalteams im Falle eines KO-Rundensieges ihrer Jungs anfangen, so gegen Mitternacht ausdauernd rum zu böllern und auch sonstwie grauenhaften Krach zu machen, wäre mit Sicherheit ruck zuck eine Polizeistreife da, um das Treiben zu beenden. Würden angetrunkene Fans des örtlichen Handballclubs in einem Bundesbahn-Zug weibliche Fahrgäste belästigen, säßen diese ganz schnell in Gewahrsam. Und wenn sich Massen enthemmter Menschen an einem öffentlichen Ort zum gemeinsamen Saufen mit Ruhestörung träfen, ohne Fußballtrikots zu tagen, gäbe es ebenso Ärger mit der Ordnungsmacht. Wenn aber so genannte Fußballfans – insbesondere während internationaler Turniere – so etwas tun, dann ist das wohl OK. Zumindest tun sehr viele Menschen in semi-öffentlichen Diskussionen, zum Beispiel auf Fratzenbuch so, als wenn es so wäre. Eines mal vorweg: NEIN, DAS IST NICHT IN ORDNUNG!

Ich bin, um es noch mal jedem klar und deutlich mitzuteilen, der Letzte, der irgendjemandem sein Recht auf ein bisschen Eskapismus absprechen würde. Und das der Fußball das moderne Äquivalent des römischen Gladiatorenzirkus darstellt, ist mir auch klar. Anstatt „panem et circenses“ heißt es heutzutage halt „cervisia et circenses“, denn Brot ist zumeist nicht mit im Spiel. In der heimatlichen Hütte kann man ja schon ganz gut feiern und ich habe auch nichts gegen Public-Viewing-Arenen. Selbst ein Auto-Korso geht noch in Ordnung, wenn es nicht zu sehr ausufert. Aber…

Ja, aber dabei irgendwie maßvoll zu Werke zu gehen, ist eine Kunst, die nur wenige beherrschen. Die Freiheit des einen – vor allem anderen die zur Selbstentfaltung in der Öffentlichkeit – endet stets dort, wo die seiner Nächsten beginnt. Das ist ein alter Grundsatz, der in so gut wie allen Lebenslagen Gültigkeit besitzt; aus gutem Grund, denn würden wir einfach immer machen (dürfen), worauf wir jetzt gerade Lust haben, gäbe es kein Gemeinwesen mehr. Man nennt so einen Zustand Anarchie und ich glaube ehrlich gesagt, dass selbst die meisten Hardcore-Fußballfans ein solches Gesellschaftsmodell nicht gut fänden. Denn Angst haben zu müssen, morgens beim Bäcker mit einem Blattschuss weggeputzt zu werden, weil irgendjemand die Schlange vor dem Tresen zu lang ist, findet wohl kaum einer wirklich prall…

Tja, aber vollgesoffen anderen Menschen die Nachtruhe zu rauben, die öffentliche Sicherheit – und die Umwelt – durch dämliches im Kreis fahren zu gefährden und Nicht-Fans zu nötigen oder gar zu bedrohen ist vollkommen in Ordnung, wenn es nur um Fußball geht? Es müssen doch alle Feiern, es ist doch UNSERE Mannschaft? Das müssen die wenigen, die sich nicht für Fußball interessieren mal aushalten? Hey, ihr Spacken – GEHT’S NOCH?
Ich muss gar nix! Aber ihr habt euch an Gesetze und Normen zu halten, ihr habt die Bedürfnisse eurer Mitmenschen zu respektieren und zu akzeptieren, dass es andere Meinungen, Lebensentwürfe, Vorlieben, etc. gibt. Es gibt genug Leute hier, die ihr Fußball-Fest feiern und dabei nicht andere Menschen belästigen, bedrohen oder gefährden, nehmt euch an denen ein Beispiel und werdet wenigstens ein bisschen vernünftiger. Niemand verlangt, nicht zu feiern, aber vollkommener Kontrollverlust ist weder lustig, noch sexy, noch geil, noch irgendwie zu verstehen, sondern einfach nur egoistisch und dumm. Und ihr seid doch keine egoistischen Deppen, oder…?

A snipet of healthcare.

Ich bin Sani. Das ist schon lange so, daran wird sich auch alles in allem nie groß was ändern, weil ich meinen Job halt schon ziemlich mag. Gewiss könnte auch ich manchmal am echt vollkommen überzogenen Anspruchsdenken mancher Mitmenschoiden verzweifeln. Natürlich ist es schon ein wenig bigott, der Pharmaindustrie Jahr für Jahr Milliarden in den Arsch zu schieben und auf der anderen Seite Pflegepersonal unter teilweise lausigsten Bedingungen für ein Almosen schuften zu lassen, was den Beruf wenig attraktiv escheinen lässt. Und es ist mir absolut unverständlich, warum man die Arztausbildung nicht schon lange reformiert hat, obwohl wir schon seit Jahren sehenden Auges auf einen eklatanten Mangel zusteuern. Aber kein Politiker sagt gerne die Wahrheit, wenn’s ihn Mehrheiten kostet.

Was für das Pflegepersonal gilt, gilt auch für die Sanis. Die Arbeitszeiten sind unangenehm, die Entlohnung ist teilweise ein Witz (oder findet jemand von euch einen Zuschlag von ca. zwei Euro für die Stunde Nachtarbeit angemessen; immerhin sterben Schichtarbeiter im Mittel 5-7 Jahre früher), die Anforderungen sind hoch und die Verantwortung groß. Und dann sind da noch die operativ-organisatorischen Schwierigkeiten wie Personalfluktuation und das Modell des freiwilligen sozialen Jahres (FSJ) im Rettungsdienst, dass meiner Meinung nach mehr Probleme macht, als es löst.

Einst war der Zivildienst (sozusagen die Vorgängerinstitution des FSJ) die Rekrutierungsmaschine des Rettungsdienstes. Zukünftige Haupt- und Ehrenamtliche Kräfte wurden hier gefunden und gebunden. Man erhofft sich das auch vom FSJ, aber es funktioniert nicht mehr so wie früher, weil die jungen Leute Rettungswagen fahren wollen, in der Hauptsache aber Krankenwagen fahren, wo man nicht so viel Action hat. Das ist so, weil es verdammt schwer ist, die jungen Leute in der kurzen Zeit für den Einsatz im Rettungsdienst tauglich zu bekommen, denn die Anforderungen an das hauptamtliche Personal, welches die FSJler neben der Einsatzabwicklung beaufsichtigen und anleiten muss, sind heute höher, als noch vor ein paar Jahren.

Ich bilde selbst aus (sowohl Fachpersonal als auch Ausbilder) und das mit dem nicht richtig tauglich bekommen hat damit zu tun, das ein Teil der Ausbildung zum Rettungssanitäter im realen Einsatzdienst stattfindet, wo man die jungen Leute eigentlich behutsam in die „tricks of the trade“ einweihen müsste, wozu es allerdings zweier Dinge bedarf: motivierter Auszubildender und motivierter, selbst in allen Belangen gut ausgebildeter Ausbilder. Wenn man nun zwei und zwei zusammenzählt (vom Job gestresste Sanis, die dann auch noch Azubis hüten sollen und dies zudem unter Zeitdruck) ist sofort klar, dass das nicht immer gut funktionieren kann. Es funktioniert nicht mal wirklich oft gut, aber an den Umständen etwas zu ändern, ist sehr schwer. Ohne ins Detail gehen zu wollen mangelt es vor allem an Motivation, an persönlicher Perspektive und an soliden pädagogischen Kenntnissen der Ausbilder. Da sind also dicke Bretter zu bohren und das ohne ausreichende Zeit oder ein Budget…

Na ja, was wäre das Leben schon ohne richtige Herausforderungen?

Rational? Ich? Ohgottogott…

Immer und immer wieder wird einem eingetrichtert, dass man sachlich bleiben soll, höflich und politisch korrekt; was auch immer man darunter nun verstehen mag. Argumente muss man bringen, den Diskussionskontrahenten mit Tatsachen in die Knie zwingen; ach und hab‘ ich’s schon gesagt: höflich muss man bleiben! Freunde der Nacht, ihr habt schon mitbekommen, auf welche Art die Brexiteers ihre Kampagne zum Erfolg geführt haben, oder? Da war keine argumentative Ausgefeiltheit auszumachen, oder auch nur der ernstgemeinte Versuch, der vollkommen verqueren und überkandidelten Kriegsrhetorik den Anschein von Seriosität geben zu wollen. Ich kann beim besten Willen nicht glauben, dass so viele Briten so dumm sein können, Nigel Farage seine ganzen offenkundigen Lügen zu glauben. Dass er, nachdem er tatsächlich Europa in den Wahnsinn geführt hat zurücktritt – er behauptet ja, er tue das, weil er sein Ziel erreicht habe – um auf keinen Fall die Verantwortung für diesen Mist übernehmen zu müssen, ist der tragikomische Schlusspunkt eines bislang noch nie dagewesenen, politischen Schmierentheaters.

Aber über den Brexit wird schon so viel geschrieben, dass ich mich hier zu keinem weiterführenden Kommentar herablassen werde. Die tatsächlichen Konsequenzen kann ja sowieso noch keiner in ihrer Gänze abschätzen und wilde Spekulationen wurden schon zur Genüge geäußert. Nein, mir soll es heute tatsächlich um die Frage gehen, ob rational, ob sachlich immer der richtige Weg ist, um Menschen in Bewegung zu bringen. Ich selbst habe ja immer wieder auf der Sachebene versucht, zum Beispiel die vollkommen absurden Argumentationsketten der AfD zu entkräften. Ich habe – auch mir selbst – zu beschreiben versucht, warum Menschen diesen ewig gestrigen, rassistischen, antidemokratischen Wirrköpfen Gehör schenken. Ich wollte die Menschen um mich herum davon überzeugen, dass es echte Alternativen zur AfD gibt; tatsächlich wählbare Alternativen.

Dann musste ich mit mildem Entsetzen zur Kenntnis nehmen, dass der Wahlkreis Mannheim-Nord der stärkste AfD-Kreis Baden-Württembergs ist. Und wieder fingen die gewohnten Denkspiralen an. Ja, die Menschen dort sind ins soziale Hintertreffen geraten, oder empfinden dies zumindest so. Das vorgebliche Argument der AfD, dass Zuwanderer uns „unsere“ Sozialleistungen stehlen würden, verfängt hier also auf Grund der immanenten Abstiegsängste und des Gefühls, bei staatlichen Transfer-Leistungen „zu kurz zu kommen“. Und ebenso weiß man, dass die klassischen ehemaligen SPD-Wähler zum konservativen, kleinbürgerlich-traditionellen Milieu gehören. Es mag dem in den Sozialwissenschaften nicht bewanderten zunächst seltsam erscheinen, aber die so genannten Sozialisten und die Rechten sind sich hinsichtlich ihrer wertkonservativen Einstellungen und ihrer Beharrungsfähigkeit gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen sehr ähnlich. Menschen aus den kleinbürgerlichen Milieus haben nun mal traditionell Angst davor, ihren bescheidenen Wohlstand teilen zu müssen, oder ihn gar einzubüßen; unabhängig davon, ob die Angst begründet ist, oder nicht. Und so darf man sich nicht über diesen Schwung nach rechts auch nicht wirklich wundern…

Wenn man sich jedoch politische Debatten aller Art einmal ansieht, so ist es schwer zu fassen, wie sich irgendjemand tatsächlich entblöden kann, beim jeweiligen Gegner nach mehr Sachlichkeit zu verlangen, wenn doch wirklich alle Beteiligten nur Klischees bedienen und immer die gleiche Klientel bauernfängerisch an sich zu binden suchen. „Tu was ich sage, nicht, was ich tue…“. Es geht nicht rational zu in der politischen Landschaft. Auch wenn viele das immer wieder behaupten.

Gut, es gibt einen, der das nie behauptet. Der bajuwarische Problembär ist ja stets bemüht, die Lufthoheit über den Stammtischen zu behalten, bzw. sie von der AfD zurückzuerobern. Er schämt sich dafür nicht – zumindest zeigt er eine solche Regung nie – und schießt seine Salven munter in jede Richtung, wenn er sich davon ein kleines bisschen Machterhalt verspricht. Ich weiß nicht, ob er sich selbst noch ernst nimmt, ich jedenfalls halte ihn mittlerweile für vollkommen untragbar und würde mir wünschen, dass irgendjemand diesen sinnfreien Trachtenverein aus dem Alpenvorland endlich aus der Bundespolitik abserviert. Was hätten wir schon zu verlieren außer Seehofer, Söder, Stoiber, etc…?

So, jetzt haben wir festgestellt, dass so gut wie keiner sauber argumentiert; aber was fangen wir mit dieser Erkenntnis an? Als Sozialwissenschaftler stelle ich fest: es ist echt Käse, dass keiner sich an die üblichen Standards korrekter, faktenorientierter Argumentation hält. Das führt dazu, dass sich die ganze politische Diskussion nur selten an tatsächlichen Sachverhalten orientiert. Als Mensch verstehe ich allerdings, dass man als Politiker ein Interesse am Erhalt der eigenen Machtposition hat und deshalb nicht beschreibt, was ist, sondern raushaut, was man denkt, wie es sein sollte. Das hat etwas mit Gestaltungswillen zu tun, was ganz grundsätzlich nicht schlimm oder böse ist.

Gestaltungswille bedeutet lediglich, dass man die Machtbasis, welche man sich erarbeitet hat nutzen will, um Dinge zu verändern – oder dies zu verhindern. Das Eine kann gut oder schlecht sein, das Andere aber auch. Es hängt vom Betrachter und den Umständen ab. Für mich persönlich muss ich daher den Schluss ziehen, dass Argumente alleine nicht ziehen und ich deshalb auch die emotionale Ebene meiner Leser/Zuhörer bedienen muss, um sie auf meine Seite ziehen zu können. Denn Gestaltungswillen habe ich auch; ebenso, wie ich überzeugt bin, dass die demokratischen Prinzipien der sozialen Teilhabe und der Transparenz uns weiterbringen, dass viele aber bis heute nicht verstanden haben, was diese Worte nun tatsächlich bedeuten. Wie man dahin kommt, weiß ich noch nicht, aber das macht nichts, ich habe ja noch Zeit. Bis ich es rausgefunden habe, haue ich noch ein paar schöne Polemiken raus. Stets in der Hoffnung, dass ihr Couch-Potatoes mal aufwacht. Ach, und übrigens – ICH BIN WIEDER DA!

A snipet of stress!

Scheuklappen. Es fühlt sich an, als trüge man Scheuklappen. Man rennt fort und fort seiner Zeit hinterher, hetzt von Termin zu Termin, sieht nur noch Aufgaben, Anforderungen, Projekte und vergisst dabei nicht nur seine Lieben, sondern manchmal sogar sich selbst. Alle Welt spricht seit einer Weile immerzu von Arbeitsverdichtung, aber was dies Wort tatsächlich bedeutet…? Sicher ist, dass es für jeden andere Schmerzgrenzen gibt, dass weitaus nicht jeder gleichviel abkann, dass nicht jeder das eigene Belastungslevel gut justieren kann. Aber selbst wenn man normalerweise weiß, was man sich zumuten darf und was nicht, verrennt man sich gelegentlich unversehens in seinen eigenen Plänen. „Das krieg ich (auch noch) hin!“ ist meistens dann eine dumme Aussage, wenn man es zum dritten oder vierten Mal hintereinander sagt…

„Blöd bleibt blöd, da helfen keine Pillen…“. Schon mal gehört? Ganz bestimmt… und es stimmt immer noch. Denn selbst Psychopharmaka versagen. Ich nehme zwar keine mehr, aber falls ich meine Work-Life-Balance nicht bald wieder ein bisschen besser auf die Reihe kriege, könnte es wieder nötig werden. Ich will hier nicht jammern. Alles läuft gut. Vielleicht ist sehr gut aber zu gut, wenn es mich dazu bringt, mir zu viel aufzuladen. Das Gefühl, wieder obenauf zu sein, gepaart mit einer dezenten NEIN-Schwäche führt mich immer mal wieder an den Rand des Wahnsinns. Doch wenn man beginnt, sich zu fragen, ob das alles auch seine Richtigkeit hat, ist es schon zu spät, weil man wieder in diesem Hamsterrad steckt und rennt und rennt und rennt…

Dies ist kein Hilferuf! Es ist eher ein öffentlicher Versuch, mit mir selbst zu klären, dass ich jetzt – bildlich gesprochen – wieder auf die Bremse steigen und drauf stehen bleiben muss, auch wenn ich dabei ein paar Beläge opfere. Anders gesagt musste und muss ich noch immer verschiedene Dinge zurückstellen, die mir eigentlich am Herzen liegen; wenigstens so lange, bis ein paar Etappenziele, die jetzt langsam in greifbare Nähe gerückt sind, erreicht worden sind. Da geht’s vor allem um das Bloggen, das Zocken, bestimmte Engagements und manchen sozialen Kontakt, denn höchste Priorität genießen, neben meinen drei Mädels daheim, aktuell mein Studium, aber auch mein Job und mein – zumindest gefühlt – immer noch neuer Arbeitgeber, für den ich einige andere Aufgaben übernommen habe.

Wie gesagt, damit hadere ich nicht, ich habe es bewusst so gewollt! Ich habe mich einfach verzettelt und muss das jetzt büßen. Aber bald werde ich wieder Morgenluft schnuppern, ich kann sie schon fühlen. Dann werde ich bald darüber lachen können, während ich euch allen mit einem feinen Pot Still Whisky zuproste und sage: „Waren doch nur ein paar Schnipsel Stress…“

Das Fratzenbuch als Spiegel.

Ich glaub‘, ich steh‘ im Wald! Wenn man dieser Tage so durch die sozialen Netzwerke segelt, gewinnt man den Eindruck, dass diese immer mehr verlanden; und das bezieht sich nicht wirklich nur auf die Menge von Hetze, welche durch die Kommentarzeilen schwappt. Denn wenn man den Fehler begeht und versucht sachlich zu argumentieren, kommen die Arschkrampen auch schon aus allen Löchern gekrochen, geben ihren vollkommen unreflektierten und vor allem meistens überhaupt nicht kontextrelevanten Senf dazu und sind dann auch noch pikiert, wenn man sie darauf hinweist, dass man weder per du ist, noch auf Beleidigungen oder sinnfreies Gelaber steht… Ich erwarte ja schon lange nicht mehr, dass man zum Beispiel auf Facebook auf intelligentes Leben am anderen Ende des virtuellen Spiegels trifft. Aber wenigstens die Grundregeln der Kommunikation? Die auch nicht? Ja wie wäre es denn dann, wenn man seine Fresse hielte? Tun sie aber nicht und nun wird es dumm, es gibt nämlich nirgendwo genug Söldner mit Äxten, die diesen ganzen Spacken die Hände abschlagen könnten, damit sie um Gottes Willen nie mehr eine Tastatur berühren.

So für ungefähr 5 bis 10 Minuten ist es ja ganz amüsant, solche Honks verbal abzuwatschen. Das Problem ist, dass die meisten von denen zu blöd sind, zu kapieren, dass ich mich über sie lustig mache. Man kann ihnen die Lückenhaftigkeit ihrer Argumentation erläutern, ihnen Fakten hinlegen, die ihre Position entkräften und dann benehmen sie sich wie besoffene Paviane: sie drohen, kacken auf den Bildschirm und tun so, als wenn die „den Kampf“ gewonnen hätten – lächerlich! Bedauerlich ist dabei vor allem, dass es sich vermutlich um „Erwachsene“ handelt, die mit dieser Geisteshaltung (falls man das überhaupt so nennen kann) auch noch durchs Leben kommen. WO SIND NUR DIE ÄXTE? Falls irgendjemand jetzt meint, dass ich Gewalt gut finde – eigentlich ist das nicht der Fall, aber bei massiver Ignoranz der eigenen Beschränktheit würde ich gerne mal Ausnahmen machen.

Ich habe in den letzten Monaten eine gewisse Sympathie für Gernot Hassknecht entwickelt. Mir ist bewusst, dass er nur eine Kunstfigur ist, aber als gefühlt legitimer Nachfolger des HB-Männchens bereitet er mir mit seinen polemischen Ausbrüchen große Freude. All die dummen Menschen im Fratzenbuch so anzuschreien wäre doch emotional eigentlich eine runde Sache. Nur könnte ich mir zu gut vorstellen, dass jemand, der hetzt und zur Gewalt gegen Fremde aufruft, seine Verfassungsuntreue öffentlich stolz zur Schau trägt und dabei seine Dummheit genauso öffentlich demonstriert mich dann wegen Beleidigung vor den Kadi ziehen würde. Und diese Selbstverständlichkeit, mit der man seine unlogische, unfundierte, inhumane, kurzsichtige und von wenig Fakten getragene Meinung für maßgeblich hält, macht mich rasend. Also habe ich beschlossen, ihnen zu sagen, dass ich sie für dumm halte und wenn sie’s nicht kapieren, blockiere ich sie. Selbst Spacken haben eine Chance verdient – aber nur eine!

Nun ist das ein schmaler Grat. Denn einerseits steht rassistische Hetze in der BRD zwar unter Strafandrohung. Andererseits ist Vieles von dem, was geäußert wird, aber „nur“ diffus dumpfes borderline-braunes Gesülze vom Typus „das wird man doch wohl noch sagen dürfen!“. Man muss sie schon dazu bringen, sich selbst als braune Schweine zu entlarven. Und eigentlich bin ich keine Strafverfolgungsbehörde, sondern nur ein Typ, der niemals live Pogrome oder noch Schlimmeres erleben müssen will! Aber wenn wir nicht genau darauf achten, was geäußert wird und wie die breite Masse der Bevölkerung darauf reagiert, könnten wir sehr wohl einen echten Rutsch nach rechts erleben.

An dieser Stelle ein kurzer Exkurs: 24% für die „Armselige finden Dumme“ in Sachsen-Anhalt mögen ein erschreckendes Ergebnis sein, aber mit einem Abstand von einer knappen Woche muss ich sagen: die Herkunfts-Melange dieser Wähler sagt vieles über den Zustand unserer Demokratie aus; insbesondere, dass sich Menschen nicht mehr von unseren Politikern abgeholt und zumindest halbwegs verstanden fühlen. Man könnte jetzt sagen, dass sie dann doch die bibeltreuen Christen oder die Marxisten wählen sollen, aber mal ehrlich: können die Populismus auch nur annähernd so gut wie unsere ultraneoliberalistisch-nationalistischen Bauernfänger, die jetzt „Petry Heil“ rufen…? Eher nicht. Und wenn man die AfD genau betrachtet sieht man, dass sie zu einem Sammelbecken für die enttäuschten geworden war, dass jetzt von strammen Vaterlandsvertretern auf eine neu nationalethische Linie getrimmt werden soll, die es „leider“ noch nicht gibt – also bedient man sich bei bewährter Kost. Hat in der Weimarer Republik doch auch funktioniert, nicht wahr? Mich beunruhigt dabei vor allem der Gedanke, dass das Polit-Establishment immer noch glaubt, diese Partei und ihre Wähler einfach abkanzeln zu können. Das wäre allerdings ein sehr, sehr dummer Fehler.

Denn Chauvinismus, Nationalismus, Konservativismus, soziale Abstiegsängste und noch manches mehr sind Gefühle, die in jedem von uns latent vorhanden sind, auch wenn wir dies nur allzu gerne bei Seite schieben und uns als über solchen Dingen stehend wähnen. Aber auch ich ertappe mich dabei, wie ich auf wenig freundlichen Stereotypen herumreite und Menschen auf Grund ihrer Ethnie, ihrer Kultur oder ihres Glaubens abqualifiziere. Ich bin dann wütend über mich selbst und das ist OK so. Aber was ist mit denen, die es nicht differenzieren (können), wenn sie anfangen zu stigmatisieren? Und solche gibt es offensichtlich ziemlich viele. Kann ich die wirklich einfach alle irgendwann blockieren?

NÖ! Kann ich natürlich nicht. Erstens weil es technisch ziemlich schwierig, vielleicht sogar unmöglich ist. Und zweitens, weil es meiner Idee von staatsbürgerlicher Verantwortung zuwiderläuft. Das klingt jetzt vielleicht etwas pathetisch, aber ich meine das ernst. Denn, wenn ich sie immer nur blockiere, anstatt tatsächlich auch mal den Streit zu suchen, multiplizieren sie in ihrer braunbunten Sozialblase nur munter ihren Hirnquatsch miteinander. Und Unwissen x Rassismus bleibt nun mal unwissender Rassismus! Also halte ich ihnen den Spiegel vor und hoffe, dass wenigstens der eine oder andere erkennt, wie hässlich sein hass- und angsterfülltes Antlitz via Fratzenbuch rüberkommt. Und wenn auch weiterhin Viele mitmachen, brauchen wir auch keine Angst vor der AfD zu haben. Eine vitale Demokratie kann auch eine Partei voller rassistischer Idioten aushalten. Wenigstens weiß man dann genau, wo man nach ihnen zu suchen hat, wenn man mal einen einlochen muss, weil er es doch zu (un)bunt getrieben hat…

Und mal ein Gedicht…

Weihnacht, was bist du ein seltsames Fest,
verrückt, so scheint‘s wird der Menschheit Rest.
Sie hetzen, sie rennen, missachten sich ganz,
denken nur an des schönen Scheines Glanz.
Geschenke, Pakete, soviel Stress durch Konsum,
das Gerenne und Gekaufe haut so manchen um.
„Hab ich das Richtige, wird man sich freuen?“
Bange Gefühle unter dem Christbaum dräuen.
Wie wäre es, wir ließen diesen ganzen Mist,
feierten dieses Fest, so wie es eigentlich gemeint
in Liebe zueinander und in Frieden vereint
und wären tatsächlich, nicht nur mit den Lippen, ein Christ.
„Aber die Kinder, die Kinder, sie freuen sich doch,
auf Geschenke und Zeichen, das ganze Drumrum!“
Tönen sie dann alle, mit sehr lautem Gebrumm –
und stürzen geschäftig in den Weihnachtsmoloch.
Was über’s Jahr nicht wirklich harmonisch verläuft,
wird vom Kugeln am Christbaum kaum besser.
Wer glaubt, es hilft wenn man Gaben aufhäuft,
läuft dann vielleicht in ein hübsch verpacktes Messer.
Auch ich hab Familie und Päckchen und Braten und Baum.
Und denk so bei mir, jetzt sehe ich ihn aber kaum;
doch der Geist der Weihnacht kommt trotzdem zu Gast,
wenn im Herzen ihr nur ein Plätzchen ihm lasst.
So ertrag ich meist gelassen das Brimborium,
denn am 26. so gegen Abend ist es schon wieder rum.
Und solange die Menschen ihre Freude dran haben,
geht’s auch nächstes Jahr weiter – mit neuen Gaben.

JA, ich blogge noch!

In den zurückliegenden Wochen ist so manches passiert. Vieles davon war, global betrachtet furchtbar. Die Kolumne von Meike Winnemuth im Stern rekurrierte darauf, dass das Jahr 2015 insgesamt ein ziemlich schlimmes gewesen sei und dass es wohl am besten wäre, wenn man diesem Zeitabschnitt, analog zum Sarg von Helmut Schmidt einen Kranz aus Sonnenblumen flechten würde, sozusagen als einen fröhlichen Kontrapunkt zum grausigen Geschehen. Auf Wiedersehen Helmut, auf Wiedersehen 2015, möge die Trennung nicht allzu sehr schmerzen. Eigentlich ein schöner Gedanke; nur dass mein Jahr 2015 ein so schlechtes gar nicht wahr.

Gewiss, auch ich hatte meine Ups & Downs und ebenso gewiss haben verschiedene Ereignisse rings um den Globus mich 2015 entsetzt, in Atem gehalten, zur Äußerung genötigt, mir auf’s Gemüt geschlagen und mich insgesamt ganz bestimmt auf die eine oder andere Art in meinem Tun und Denken beeinflusst. Der Mensch existiert als soziales Wesen im Dialog mit seiner Umwelt. Typisches Soziologengeschwafel, und man könnte überdies jetzt kleinlich sagen, dass Umwelt doch maximal jener kleine Bereich ist, den ich regelmäßig selbst durchwandern kann. Weitet man das aber vom Physischen auf das Mentale und vor allem das Virtuelle aus, dann ist die ganze Welt meine Umwelt, zumindest in einem übertragenen Sinne. Und eben dieses Gefühl, dass mich die ganze restliche Welt auch etwas angeht, weil wir die Probleme dieser ganzen Welt nur alle gemeinsam werden lösen können, ist meiner bescheidenen Meinung nach immer noch nicht weit genug verbreitet.

Ja, jeder hat auch hierorts sein Bündel zu tragen, seine Sorgen, Probleme, Aufgaben. Aber wenn ich mich so umsehe, dann ist echte, knallharte, existentielle Not hier in der BRD ein weitgehend unbekanntes Phänomen. Selbst Menschen, denen es schlecht geht hier in unserem Lande, geht es immer noch bedeutend besser als ungefähr 75% der restlichen Weltbevölkerung. Ein Fakt, dass immer wieder gerne verschwiegen wird. Ich werde jetzt nicht nochmal zur Überfremdungs-Debatte entgegnen, das habe ich im späten Oktober ausführlich genug getan und an meiner diesbezüglichen Meinung hat sich seitdem nix geändert. Aber ich weise darauf hin, dass meine Publikations-Tätigkeit schon gut illustriert, dass die großen politischen und sozialen Fragen von 2015 nicht spurlos an mir vorbeigegangen sind.

Mein ganz privates Jahr 2015 war indes gekennzeichnet von einem Arbeitgeberwechsel, der mich an einen Ort geführt hat, wo man meine Fähigkeiten und meinen Einsatz besser zu schätzen weiß, als bei meinem letzten Beschäftiger. Meine Familie erfreut sich guter Gesundheit, die Kinder wachsen und gedeihen (die „große“ geht jetzt in die Schule) und meine Beziehung zeigt auch nach fast 22 Jahren noch keine echten Ermüdungserscheinungen. Mein Studium geht gut voran (bin immer noch in Regelzeit) und mein Aufgabenspektrum erweitert sich in den Bereich, in den ich schon lange wollte und das mit dem nötigen professionellen Background. Das klingt doch gar nicht so schlecht, oder?

Ich sollte hier nicht verschweigen, dass ein hohes Arbeitspensum und der Dauerenisatz an einem Arbeitsplatz, dem ich nicht ganz so viel Liebe entgegenbringe, dem ich aber selbst zugestimmt habe, mich ein bisschen an einem neuerlichen Burn-Out haben entlang schliddern lassen. Doch jetzt, da sich endlich Land hinter den vielen Aufgaben abzeichnet, die gleichzeitig zu bewältigen sind und eine Marschroute fertig ist, die ich nur noch abzuschreiten habe, spüre ich Morgenluft und mein Herz wird freier. Man muss kein Genie sein, um zu wissen, dass ein gewisses Pensum auch den stärksten Esel zusammenbrechen lässt; aber es braucht eine Menge Verständnis für sich selbst, um erkennen zu können, wann das Pensum zu viel wird. Ich mag Esel übrigens sehr. Sie sind nicht stur, sondern charakterstark und wissen, wann es genug ist. Dieses Wissen fehlt mir manchmal, weshalb ich bei verschiedenen Aktivitäten die Notbremse gezogen habe, um mentale Ressourcen und Zeit freizuschaufeln.

Dennoch ist dieser Blog nicht tot, bedeutet mir das Schreiben hier aus so vielen Gründen doch eine Menge. Ich habe schon mal erwähnt, dass es mir eine Mischung aus politischem Aktivismus, Ergotherapie und Selbstreflexion ist, die mir verdammt gut tut. Es wird zwar auch in den nächsten Wochen nicht allzu viele Beiträge geben, aber um es mal mit den Worten von Arnie zu sagen „I’ll be back!“. In diesem Sinne: frohe Weihnachten!