A snipet of pity?

Es passiert mir in letzter Zeit immer öfter, dass ich mich beim Lesen von Zeitungen gerne erbrechen würde. Könnte daran liegen, dass die Damen und Herren von der bundesweit rezipierten Journaille sich bei Themen verrennen, die eigentlich bestenfalls eine Erwähnung auf der letzten Seite des Lokalteils wert wären, wenn überhaupt.

Und dann taucht auf dem Titel des Stern Gerhard Schröder auf, mit der Bildunterschrift „sein trauriges Leben“. In dem Artikel wird dann von seinen drei Behausungen schwadroniert und das ja ein Staatsmann von Format wie er eigentlich eine größere Würdigung seiner Arbeit verdient hätte. Schließlich hätte seine Äußerung zu Putin, als Lupenreinem Demokraten, ja den Mensch Wladimir gemeint und nicht das in Russland dominante System Oligarchie. Man kann sich die Dinge ja schön reden, aber Wladimir Putin ist und bleibt ein EX-KGB-Offizier, der sich mit Glück und Unverschämtheit in eine Machtposition laviert hat und dort alles tut, um auch ja oben zu bleiben. Unter seiner Ägide werden die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit überall mit Füßen getreten, sein Säbelrasseln erinnert doch sehr an die Wilson-Doktrin, die soziale Ungerechtigkeit ist himmelschreiend und große Teile der Wirtschaft sind siech, weil es an politischer Führung im positiven Sinne mangelt. Dieser Mann ist kein lupenreiner Demokrat, sondern ein lupenreiner Diktator. Das kann jeder erkennen, der nicht das Glück hat, von ihm entweder bezahlt, oder bei Unkäuflichkeit ermordet zu werden. Aber wenn der großartige, ehemalige Staatsmann Schröder bei seinen des Schwachsinns verdächtigen Äußerungen bleiben will, bitte…

Aber hier, verehrte Frau Posche, ist noch eine Erweiterung meiner Replik fällig: Es ist richtig, dass unter der Kanzlerschaft Gerhard Schröders die Agenda 2010 gestartet wurde, die zweifellos umfassendste Reformierung der bundesrepublikanischen Sozialsysteme überhaupt – die gänzlich auf dem Rücken der schwächsten Teilnehmer am Wirtschaftskreislauf ausgetragen wurde. Neoliberalismus vom Feinsten, kaum eine Spur sozialer Verantwortung für die Wirtschaft. Etwas verwunderlich für einen lupenreinen Sozialdemokraten, oder? Keine längst überfällige Reform des Steuersystems, keine sinnvolle Verteilung der Lasten auf den Schultern aller Mitgliedern der Solidargemeinschaft BRD, lediglich ein bisschen klare Linie bei einem Krieg. Und das war große Staatsmannschaft?

UNFUG! Der Mann wollte viel, konnte wenig und hat sich dann auch noch mit den falschen Freunden eingelassen. Letzten Endes war er noch schlechter als Kohl, der die BRD 16 Jahre lang mit seinen neokorporatistischen Seilschaften gelähmt hat und – immer noch – nicht mal den Funken Anstand besitzt, die dunklen Geheimnisse seiner Amtszeit endlich zu lüften. Trauriges Leben? Dieser Barolo saufende Möchtegerngenosse aus der lippischen Provinz darf seinen Lebensabend gerne still verbringen – ich will nix mehr von ihm hören, den die in diesem Zusammenhang zu beklagenden „traurigen Leben“ sind hier bestenfalls die jener Menschen, deren Existenzen ins Elend zu stürzen er so wunderbar geholfen hat.

Und Tschüss!

Bin noch da – Whatsapp auch…?

Es kam, wie’s kommen musste – am Ende hatte ich nicht genug Zeit, um alles noch mal und noch mal zu überarbeiten. Und vielleicht ist das auch gut so, denn es ist eine weit verbreitete Krankheit, etwas, dass eigentlich mit Sorgfalt und nach den Regeln der Kunst erstellt wurde, zu Tode optimieren zu wollen. Ich rede jetzt gerade von einer Notenrelevanten Hausarbeit für mein Studium, die mich ehrlich gesagt Zeit und Nerven gekostet hat, aber alles in allem bin ich mit meiner Arbeit zufrieden und hoffe, dass das der Korrektor genau so sieht. Darauf habe ich nun allerdings keinen Einfluss mehr und manche Dinge muss man einfach nehmen, wie sie kommen. Gerade in den Sozialwissenschaftlichen Fächern gibt es naturgemäß viele mögliche Sichtweisen…

Hiermit ist also der Grund genannt, warum ich in letzter Zeit wenig habe von mir hören bzw. lesen lassen. Auch auf meinen Aufruf für ein potentielles erstes Interview hatte ich keine Reaktion erhalten, wofür ich im Nachhinein allerdings nicht unbedingt undankbar bin, hätte es doch Zeit in Anspruch genommen, die für andere Dinge auch nutzbringend eingesetzt werden konnte. Natürlich ist es so, dass der nächste Stresspeak gewiss schon auf dem Weg zu mir ist, aber im Moment habe ich wieder etwas Luft und mir ist aufgefallen, dass ich mich schon wieder richtig aufregen muss.

Mark Zuckerberg hat beschlossen, richtig Asche in die Hand zu nehmen und Whatsapp zu kaufen, die sich mit weit über 400 Millionen Nutzern, einfacher Bedienbarkeit ohne viel Schnickschnack und einem verblüffend einfachen und dennoch mächtigen Konzept zu einem schnörkelfreien social network gemausert hatten. Tja, er hat schon schnell verstanden, dass dieser Exil-Ukrainer und sein Bro aus dem Valley eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellen. In so einem Fall macht man es halt einfach wie die Bayern und kauft so lange alle Topleute zusammen, bis gar nichts anderes mehr passieren kann, als dass man Meister wird; ähm ich meinte man bewirft die Konkurrenten solange mit Geld, bis sie freiwillig zu Angestellten werden, denn wir haben alle einen Preis. Und was ist jetzt daran verwerflich? Das Herr Zuckerberg versucht, seine Monopolstellung zu schützen, oder doch eher, dass die US-Kartellbehörden offensichtlich auf ihren Händen und Ohren gleichzeitig sitzen?

Wie man es auch dreht und wendet, im Moment ist es halt in, den Mark und seine Firma zu hassen. Sein Gebaren ist jetzt auch nicht gerade sympathisch. Und dann hat der auch noch Erfolg. Nein, das geht gar nicht! Ähm, hab ich irgendwas an der Nachricht überlesen, oder hat er halt einfach einen Konkurrenten gekauft? Passiert in der freien Wirtschaft jeden Tag. Es fließen dabei nicht jeden Tag so viele Dollars und es sind meist auch nicht so viele Nutzerdaten involviert…

Ach deswegen seid ihr so sauer? Weil der Mark jetzt auch eure Whatsapp-Nachrichten lesen kann? Und ihr in eurem Facebook-Account, auf dem ihr euch damit brüstet, jetzt Threema zu nutzen noch ein bisschen mehr personalisierte Werbung finden könntet. Wenn man aufmerksam mitgelesen und -gedacht hat, wird einem auffallen, dass es einen Widerspruch in sich darstellt, das verteufelte Medium (FACEBOOK) dazu zu nutzen, sich darüber auszulassen, wie schlimm man es findet, dass die (WIEDER FACEBOOK) einen ja jetzt bei Whatsapp belauschen können und deswegen zu Threema wechselt, die zwar über eine Verschlüsselungstechnologie verfügen, aber insgesamt auch nicht sicherer sind als Whatsapp – die müssen jetzt nämlich über alle Maßen schnell ihre Infrastruktur wachsen lassen. Zu schnell wachsende Infrastrukturen erzeugen jedoch systemimmanente Fehler und damit noch etwas Anderes – RICHTIG: Sicherheitslücken.

Anstatt also der dummen Herde hinterherzulaufen, die glaubt, angestachelt von irgendwelchen Möchtegernfachleuten, die vielleicht damit eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen, von einer Ecke des löchrigen Netzes in die andere traben zu müssen, wäre es viel intelligenter, mal sein eigenes Nutzerverhalten zu analysieren; und sich zu fragen welche Art von persönlichen Daten, mit welchem Grad an Privatsphäre man sowieso schon durch eigene Faulheit, Dummheit oder Arroganz preisgegeben hat, anstatt den bösen Konzernen, die halt Geld verdienen wollen / müssen an Allem die Schuld zu geben.

Das Web verändert unsere Kommunikation nachhaltig! Ja, nachhaltig, denn das, was sich bereits verändert hat – zum Guten, wie auch zum Bösen – bleibt der Veränderung unterworfen, wird nie wieder so werden, wie es mal war, egal wie sehr man sich das auch wünschen mag. Mit dieser Realität seinen Frieden zu machen und darüber nachzudenken, wie man den eigenen Wunsch nach der privaten Nische und die Vielfalt der Kommunikations- und Informationskanäle, die Notwendigkeit „in touch“ zu bleiben und die Verpflichtung, dennoch Geheimnisse bewahren zu können miteinander in Einklang bringen kann, ist eine der wichtigen Aufgaben unserer Zeit. Und dabei ist niemandem geholfen, wenn er einfach unreflektiert Hypes hinterher rennt, um dann, wie bei der Arbeitgebersuche auch, feststellen zu müssen, dass es woanders ebenso Scheiße ist.

In diesem Sinne wünsche ich allen viel Spaß, die versuchen mich bei Threema zu finden, denn ich bleibe bei Whatsapp. Nur nützlich für Lau ist in einer Welt, die auf kapitalistischen Prinzipien fußt nämlich eine Illusion. Schönes Wochenende!