Zeig mir deine Hütte!

Was soll man sagen? Berlin deckelt die Mietpreise für die nächsten fünf Jahre. Und jene Vermieter, die auf hohe Renditen durch ihr Geschäft spekulieren, werden sich sicher irgendwelche Möglichkeiten ausdenken, wie sie trotzdem absahnen können. Man kann von solchen Rendite-orientierten Unternehmen natürlich halten was man will; für ihre Shareholder MÜSSEN die allerdings Profit erzeugen. Und immer wieder finde ich es ulkig, wie dämlich einfache Leute sind, die durch Aktienerwerb genau diese Spirale des fiskalischen Unheils selbst mit befeuern und sich damit selbst die Preise treiben. Aber dazu irgendwann anders mehr. Wie viele Wohnungen sind es denn nun, die von den „Heuschrecken“ bewirtschaftet werden?

Wenn man den ausgewerteten Mikrozensusdaten Glauben schenken darf, sind ca. 59% der Vermieter kleine Hausbesitzer, ca. 24% Genossenschaften und kommunale Träger und nur ca. 17% die dauernd verteufelten Fondsgesellschaften wie „Vonovia“ oder „Deutsche Wohnen“. Mein Vermieter ist aber einer von diesen 59%, nämlich mein Schwiegervater. Er macht sich stets Sorgen um den Wert-Erhalt des Hauses, dass sich im urbanen Umfeld eines gewachsenen Stadtteils befindet, der sich allerdings in den letzten Jahren stark verändert hat. Stetige Bautätigkeit für so genannte Premium-Immobilien (hoher Freizeitwert, weil viel Grün und Fluss in Laufweite und trotzdem verkehrsgünstig, weil direkt am Hauptbahnhof und nur einen Katzensprung von der Autobahn entfernt), treibt auch in meiner Hood die Preise.

Und selbstredend werden auch hierorts bei Neuvermietungen die Preise angepasst. Allein schon deshalb, weil auch die Unterhaltungskosten eines gut 100 Jahre alten Sandsteingebäudes nicht eben kleiner werden. Altbau hat Charme, aber eben auch technische Macken, denen man immerzu hinterher renovieren muss. Und auch, wenn es genug kleine Besitzer-Vermieter gibt, die theoretisch näher an ihren Mietern dran sind, als gesichtslose Konzerne, sind diese – abseits aller Notwendigkeiten – nicht vor Gier gefeit. Man darf halt, wie bei jeder großen Mischkalkulation nicht alle über einen Kamm scheren. Fest steht aber, dass Eigentum verpflichtet – im Großen, wie im Kleinen. Würden sich alle daran halten, hätten wir keine Probleme.

Weil das aber gegenwärtig lediglich ein schöner Traum bleibt, ist die Diskussion über Wohnraum und seine Bewirtschaftung überfällig. Denn, wie Zacharias Zacharakis von der „Zeit“ in Anlehnung an Watzlawick so schön titelt: „Man kann nicht nicht wohnen.“ Eine Behausung ist nun mal für jeden von uns eine Notwendigkeit. Menschliche Grundbedürfnisse der Spekulation anheim fallen zu lassen, ist eine Gefahr für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt. Und auch, wenn mancher Online-Kommentator schon wieder geistesumnebelt von Staats-Sozialismus faselt; der Markt regelt eben nicht alles zum Guten. Bestenfalls stellt er für Jeden das Benötigte zur Verfügung und lässt ihm dann noch genug zum Subsistieren. Schlechtestenfalls (und das ist der gegenwärtige Zustand) macht er die Armen ärmer und die Reichen reicher. Dieses Maß an asozialem Verhalten MUSS reguliert werden!

Ob man dazu auf Innovationsanreize für mehr Wohnungsbau, Mechanismen zur Bremsung der Preisentwicklung, oder auf Enteignungen und Kommunalisierung setzt, ist eine Frage, die diskutiert werden darf und muss. Ob und wann etwas getan werden muss, ist nicht mehr die Frage – es muss jetzt etwas geschehen! Am besten gestern! Und man muss dabei im Auge behalten, dass das Gros der privaten, genossenschaftlichen und kommunalen Träger, welches auch ohne große gesetzliche Intervention bislang skrupulös gehandelt hat, nicht bestraft, sondern gestärkt wird. Es wäre auch eine Investition in den Erhalt der Mittelschicht, von deren Existenzkrise man immer wieder hört.

Wohnen ist aus meiner Sicht ein Menschenrecht und ebenso eine Frage der Würde, welche unser Grundgesetz ja für besonders schützenswürdig hält (siehe Artikel 1). Vor diesem Hintergrund dürfen bloße Gewinn-Interessen Einzelner Marktteilnehmer eigentlich kein Primat genießen. Aber wir leben ja im Kapitalismus – da ist alles möglich, was Menschen entwürdigt. Hauptsache am Ende ist ein Fetter noch fetter! Warten wir also ab, ob die Maßnahme greift. Aber nicht zu lange. Denn wenn Konzerne und Fonds anfangen, darüber zu bestimmen, wann Menschenrechte gelten (nämlich, wenn diese den Gewinnen nicht im Wege stehen), wird es Zeit aufzustehen. Ziviler Ungehorsam wäre doch mal ein Anfang, wenn Jürgen Habermas dieser Tage schon 90 wird. In diesem Sinne eine schöne Woche.

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