Rollenspiel für Dummies #10

Einfach mal selber machen! Was für Heimwerker gilt, gilt für den Spielleiter mit magerem Geldbeutel ebenso. Ich könnte jetzt darüber lamentieren, dass manche Rollenspiel-Verlage mit noch einem und noch einem und noch einem Quellen- oder Welten- oder Monsterbuch einfach nur an meine Kohle wollen. Ja sicher wollen sie das, schließlich müssen die ja auch ihre Rechnungen bezahlen und Verdienst lässt sich in einer Branche, die mit Illusionen arbeitet nur mit einem dauernden Strom neuer Illusionen erzeugen. Folglich bin ich niemandem böse, wenn er seine Bücher verkaufen will.  Ich brauch die nur nicht…

Früher war ich auch einer dieser Sammler, der von bestimmten Settings einfach alles haben wollte. Irgendwann jedoch musste ich erkennen, dass es meine Vision des Spiels nicht nur einzuengen, sondern sogar zu zerstören begann. Ich hatte mir zwischenzeitlich eigene Gedanken gemacht, eine eigene Timeline, eine eigene Core-Story entwickelt, in die sogar andere Spielleiter eingestiegen sind. Das „Hausregel“-Buch war schließlich irgendwann fast so dick, wie das Grundregelwerk und alles in allem waren wir mit „unserer“ Variante sehr zufrieden, da sie unseren Style of Play in jeder Form unterstützte, was das Original eben so nicht zu leisten vermochte.

Das ist nicht verwunderlich. Was für die Kunstform-bedingten Unterschiede zwischen Buch und Film gilt, gilt auch für die variierenden Interpretationen einer vorgegebenen Spielumgebung, oder eines Regelsatzes. Ich wollte beim Erzählen etwas anderes erreichen, als der Schöpfer vorgesehen hatte, also passte ich kurzer Hand seine Schöpfung an meine Ideen an. Letzten Endes könnte man es als Sampling oder Mashup verstehen, da bereits vorhandenes Material auf neue Art abgemischt und verwendet wurde. Doch irgendwann war auch das nicht mehr genug.

Die Ideen, die ich im Kopf hatte – nicht nur bezüglich der Geschichten, welche ich erzählen wollte, sonder auch hinsichtlich der Regeln, die einen speziellen Style of Play ermöglichen sollten – forderten die Entwicklung eines eigenen Regelwerkes, dass im Lauf der Zeit überdies verschiedene Abwandlungen für unterschiedliche Settings erfahren hat. Ich nutze, sowohl als Spieler, wie auch als Meister gerne einen eher cineastischen Stil, der den Charakteren Raum für abgefahrene Stunts lässt, ohne dabei Realismus völlig aus dem Fokus zu verlieren. Haarsträubend abgefahrene Aktionen könne folglich abgefahrene Ergebnisse erzielen, oder aber haarsträubend schief gehen.

Das erzeugt Spannung und lässt mir trotzdem die Freiheit, manchmal das Schicksal ein wenig zu biegen, wenn die Geschichte es erfordert – oder ein Char trotzdem überleben soll. Das bedeutet einerseits, dass ich nicht unbedingt für alles einen ausgearbeiteten Lageplan brauche. Andererseits muss ich mir viel mehr Gedanken über all meine NSCs, ihre Motive und Pläne, sowie deren Interaktion mit dem Setting machen und auch darüber Buch führen. Mir macht es so Spaß und meine Spieler sind zumindest soweit ich das beurteilen kann auch zufrieden.

Das Gesagte wirft aber natürlich die Frage auf, wie es mit den Rollenspiel-Verlagen künftig weitergeht. Denn so wie Printjournalismus ist auch die Gestaltung von Rollenspielbüchern ein kostenaufwendiges Unterfangen, dem heute zum einen die mannigfaltigen Möglichkeiten des Selfpublishings gegenüber stehen und zum anderen die schier unerschöpflichen Inspirations-  und Recherchequellen des Internets. Ich habe das Gefühl, dass mein Lieblingshobby heute im Netz präsenter denn je ist. Man findet x verschiedene Menschen, die liebevolle Blogs, Foren etc. betreiben und sich über alle Aspekte des Spiels austauschen und vieles heutzutage selber machen, wofür man früher Bücher gekauft hat.

Einerseits ist das schön, denn es zeigt, das RolePlayingGames mitnichten tot sind – genauso wenig wie Cyberpunk! – andererseits bedeutet es, dass auch diese Branche sich ändern muss. Die klassischen Wege des Publizierens werden weiter schrumpfen und mit ihnen die eh schon kleine Branche. Und trotzdem werden wir noch viele Perlen finden, denn längst werden die besten, die innovativsten, die spannendsten Spiele von den Speielern selbst gemacht. in diesem Sinne: alway game on!

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