New Work N°2 – Was is’n da jetzt new dran?

Tja, also, wie soll ich das denn jetzt sagen, aber… New Work ist nicht neu. Ganz im Gegenteil. Der geistige Vater der Angelegenheit Frithjof Bergmann hat die Grundlagen schon in den 70ern und 80ern des letzten Jahrhunderts beschrieben. Und auch, wenn bei weitem nicht alle seiner Ideen schon umgesetzt wurden (oder dies bald erleben werden), wächst die Zahl derer, die zu der Überzeugung gelangen, dass wir Arbeit im 21. Jahrhundert anders denken müssen. langsam aber stetig.

Aber, was bedeutet das nun? Ich hatte in einem früheren Post angedeutet, dass es vordergründig darum geht, dass abhängige Produktionsarbeit mehr und mehr von Maschinen erledigt wird und daraus natürlich die Frage entsteht, wie diese Menschen zukünftig ihren Broterwerb bestreiten sollen. Solche Entwicklungen zeichnen sich nun seit Jahrzehnten ab. Bergmanns Antwort darauf ist eine Mischung aus bedingungslosem Grundeinkommen durch Umschichtung der Einkünfte aus Güterproduktion und einer zunehmenden Selbstversorgung mit den essentiellen Dingen des Lebens. Diese Darstellung ist allerdings verkürzend und gewiss gibt es in seiner Denke einige wenige Überschneidungen mit der Philosophie des Kommunitarismus; es lässt sich jedoch sagen, dass er versucht hat, ein mögliches Ende der klassischen, abhängigen Lohnarbeit zu denken. Es geht ihm dabei explizit nicht nur um die Arbeit als solches, sondern um Fragen der Teilhabe und Freiheit.

Heute wird unter New Work von den Meisten aber einfach nur alles verstanden, was beim Schuften nicht nach dem klassischen Muster abläuft: Home-Office, Mobile Work-Spaces, ungewöhnliche Arbeitszeitmodelle wie der 5h-Tag, digitaliserte Workflows, etc.; also zunächst mal Dinge, die nur mit Arbeitsorganisation zu tun haben. Tatsächlich greift, wenn man Bergmann aufmerksam liest, dieses Verständnis jedoch viel zu kurz. Arbeit, wie wir sie heute kennen, wird in vielen Bereichen in den nächsten Jahren fast ganz verschwinden, um in anderen neu zu entstehen. Die daraus entstehenden gesellschaftlichen Umwälzungen zeichnen sich schon lange ab. Andernfalls hätte die EU nicht schon früh den Begriff lebenslanges Lernen auf die Agenda gesetzt; wohl wissend, dass der Wandel von der Arbeits- zur Wissensgesellschaft unausweichlich ist; faktisch stecken wir mitten drin.

Wenn wir jedoch diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen, unser Verständnis von guter Arbeit und zu welchen Bedingungen diese stattfinden sollte gründlich zu überdenken, dann bleibt der heutige Gebrauch des Terminus „New Work“ auch zukünftig das, was er jetzt gerade ist: überstrapazierte und überflüssige Labersülze für selbsternannte digital nomadisierende Möchtegern-Eliten. New Work soll und will im Kern ein Gegenentwurf zur aktuellen Version des Kapitalismus sein, ohne dabei die Fehler des Sozialismus zu wiederholen; wird aber allzu oft von Apologeten dieser verfluchten „Leistungsträger“-Mentalität zu einer bloßen Re-Organisation von White-Collar-Arbeitsprozessen verzwergt. Denn die Angst, Arbeit tatsächlich neu zu denken, stellt gesellschaftliche Machtverhältnisse und damit letztlich viele der tradierten Sozialstrukturen in Frage. Wahrscheinlich wäre das der große Wurf, den wir eigentlich brauchen, zu dem wir aber noch nicht bereit sind.

Ob wir unter den gegebenen Zeichen tatsächlich in Richtung eines breiten Umdenkens in der Arbeitswelt kommen können? Im Moment bezweifle ich das. Allerdings ist der Leidensdruck der Lohnabhängigen anscheinend auch noch nicht so groß, dass sie in Massen auf die Straßen strömen, wie früher an jedem Ersten Mai. Solche Prozesse müssen immer erst eine kritische Masse erreichen, bevor sich etwas bewegt. Einstweilen begnüge ich mich also damit, zu beobachten und zu sehen, ob es nicht doch Innovationen gibt, die sich in meinem Arbeitsumfeld verlustfrei implementieren lassen. Immerhin bin ich bereits in einem der Wissensarbeits-Bereiche tätig. In jedem Fall werde ich hier auch in Zukunft weiter über das Thema nachdenken . Wir lesen uns also…

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