Lebenspflichten?

Eine unserer vornehmsten Aufgaben ist es, zu lernen und zu lehren. Es macht zumindest auf meiner Agenda zu einem nicht unerheblichen Teil unseren Sinn als Mensch aus. Die zwei Seiten dieser Medaille sind untrennbar miteinander verbunden, auch wenn die Wenigsten Beides halbwegs gleich gut können – oder auch nur eines richtig gut. Dies im Hinterkopf könnte man mit dem Sprichwort „Gut gedacht, aber schlecht gemacht!“ gehen, das uns unter Anderem sagen will, dass alles Engagement und aller Wille unter Umständen von mangelnden Fähigkeiten oder Begabungen ausgebremst werden können. Und sicher kann ein jeder von uns von grandios gescheiterten Bemühungen der einen oder anderen Art berichten. Aber entbindet dass all jene, die sich „nicht berufen“ fühlen, tatsächlich davon, es noch mal zu versuchen, um es besser machen zu können? Diese Frage gilt im Übrigen nicht nur für das Lehren und Lernen sondern auch für fast alle anderen Lebenssituationen. Aber hier wollen wir nur von der Wissensansammlung und -vermittlung sprechen.

Wir akkumulieren Wissen. Dies ist eine einfache Wahrheit und sie ist leicht erklärt, da die allerwenigsten Menschen unter einer Käseglocke, also entkoppelt von ihrer Umwelt leben. Selbst jene, die kaum Zugang zu Bildungsangeboten haben, lernen im Laufe ihres Lebens eine ganze Menge. Für uns Kinder der entwickelten Industrienationen jedoch ist Wissensaneignung mittlerweile quasi zu einem zweiten Selbst geworden, unter anderem, da wir googeln wie die Weltmeister. Nicht alles, was man dabei aufnimmt, ist „wertiger Content“, aber trotzdem bleibt durch dieses Tun und die im Vergleich sehr guten Bildungsangebote hierzulande Wissen in einem Umfang hängen, von dem frühere Generationen nur hätten träumen können. Und das mehr oder weniger für Lau. Aus einem solchen Geschenk erwächst – auch, wenn das jetzt vermutlich wie ein Spruch aus dem Glückskeks klingt – eine Verantwortung.

Es ist ebenfalls ein Allgemeinblatz, dass die Summe des Wissens von Generation zu Generation wächst, obwohl wir ja irgendwie bemüht zu sein scheinen, uns als „überkommen“ geltendes Wissen mit Gewalt zu vergessen. Doch welche Instanzen entscheiden eigentlich über den „Restwert“ von Wissen? Es gibt ja kaum ein Gremium aus grauen Eminenzen, welche sich im Hochtempel der Bildung treffen – wo auch immer ein solcher zu finden sein möchte – und darüber entscheiden, was im Kanon des Allgedächtnisses bleibt und was nicht. Auch wenn eine derartige Vorstellung für eine Fantasygeschichte reizvoll erscheinen mag, ist es doch eher ein komplexer sozialer Prozess, an dem wir letztlich alle unterschiedlich stark beteiligt sind, der darüber entscheidet, welche Daten und Erkenntnisse erhalten bleiben und welche im Orkus der Nichtmehrnutzung verschwinden.
Ist man sich dieser Tatsache einmal bewusst geworden, kann man sich eigentlich kaum noch den daraus erwachsenden Implikationen entziehen; nämlich das wir alle, sozusagen jeder sein eigenes, kleines Bisschen dafür verantwortlich sind, dass möglichst viele Dinge nicht in Vergessenheit geraten und neue Erkenntnisse möglichst vielen Zuteil werden können. Denn nur Wissen versetzt uns in die Lage, zu verstehen, was jene, welche Macht in Händen zu halten glauben gerade aus welchen Gründen tun; und natürlich auch, welche Mittel uns dagegen zu Gebote stehen, wenn damit einmal mehr das Gemeinwohl gefährdet wird. Welches bestimmte Wissen dabei entscheidend sein wird, lässt sich kaum vorhersagen, daher wäre es clever, möglichst viel davon so zu bewahren, dass es für möglichst viele frei und einfach zugänglich bleibt.

Man muss dazu kein Geek oder Nerd sein, denn die neuen Medien haben natürlich die Wissensverbreitung – allerdings leider auch ihre bösen Stiefschwestern Propaganda und Desinformation – für Viele sehr vereinfacht. Allerdings ist die Schärfung durch Nutzung des eigenen Verstandes dafür unerlässlich. Aber wer sich mit vielen „snipets of information“ auseinandersetzt, überblickt alsbald ganz automatisch größere Zusammenhänge und kann so lernen, den Wert spezifischer Informationen recht genau einzuschätzen. Es ist dafür nur ein bisschen Zeitaufwand und recht wenig Know-How nötig, aber wenn nur ein paar Menschen mehr Solches tun, bringt das unserer Gesellschaft viel weiter, als alle Castingshows auf dem Planeten zusammen das je könnten. In diesem Sinne, lernen sie wohl!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert