Perspektiven…

…bekommt man nicht nur, wenn man aus dem Fenster schaut. Wenngleich der Blick aus so manchem Fenster vielleicht nicht unbedingt zum geduldigen Betrachten einlädt, lässt er doch für den halbwegs geisteswachen Beobachter erahnen, dass der Begriff mehr enthält, als oberflächlich augenscheinlich wird. Durch die Art, in der ein großer Teil medialer Produktion zur Zeit designed wird, sind wir zwar – auch wenn dies von manchen „Experten“ gerne stets geleugnet wird – dazu erzogen, zuallererst auf das Außen, den Schein, das Image zu schauen; doch lässt schon ein Minimum an gesundem Menschenverstand wenigstens einige von uns ahnen, dass die Verpackung nur einen ziemlich dünnen Teil des Gesamtpaketes ausmacht. Manchmal so dünn, dass die Dürftigkeit des Inhaltes sich ohne Weiteres abzeichnet. Die Analogie zwischen so genannter Partymode und gebräuchlicher Wahlkampfrhetorik ist hier geradezu frappierend.

Gewiss lässt der eben genannte gesunde Menschenverstand auch ersichtlich werden, dass es eigentlich immer mehr als einen Blickwinkel auf so manchen Sachverhalt gibt und es selbstverständlich im Interesse des jeweils Darstellenden liegt, seine Perspektive als die im Kontext Maßgebliche zu präsentieren – womit wir wieder bei Schein und Sein wären. Man kann das flächendeckende Wachstum prekärer Arbeitsverhältnisse mit, in direkter Folge, steigenden Belastungen für die öffentlichen Haushalte durch die Inanspruchnahme von staatlichen Transferleistungen natürlich auch als notwendige Maßnahme zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in Zeiten verstärkten globalen Wettbewerbes betrachten. Und anfügen, dass dadurch das Abwandern von Unternehmen aus dem Inland verhindert wurde. Oder man fragt sich vernünftigerweise, wie all diese Midi- und Minijobber jemals genug ansparen sollen, um später wenigstens auf eine Minimalrente hoffen zu dürfen.

Es ist zwar kaum zu verleugnen, dass alle aktuell angetretenen politischen Parteien schon so Einiges verbockt haben und in der einen oder anderen Konstellation an Entscheidungen beteiligt gewesen sind, die sich im Nachhinein als ungeschickt oder schlicht falsch heraus gestellt haben. Dennoch lassen wir uns immer noch und immer wieder von Bildern blenden, die geschickt suggerieren, das einzelne Personen, die irgendwie als Identifikationsfiguren taugen sollen – manche schaffen dies mehr, manche eher weniger und mache aber so gar nicht – unsere Probleme gelöst hätten und dies auch in Zukunft tun würde. Wahlversprechen sind nicht selten wertlose Sicherheiten, welche Politiker jeglicher Couleur uns dafür anbieten, dass wir ihnen noch einen Kredit des Vertrauens gewähren sollen, den sie dann rasch in Macht ummünzen und recht oft platzen lassen, noch bevor die Tinte auf dem Wahlzettel trocken ist. Ich sehe immer mehr leere Hüllen, die mit ihrem Gebrabbel arme, wehrlose Worte vergewaltigen, ohne auch nur ein Jota konzeptuelle Arbeit zu leisten, geschweige denn der Lösung verschiedenster Probleme auch nur nahe zu kommen.

Aber diese Homo Sapiens Politicuus reden halt so schön und versprechen einmal mehr, das ja alles beim Alten bleibt und sogar wieder besser wird, obwohl ihnen doch klar sein müsste, das gar nix gut ist und auch nicht so schnell wieder gut werden kann, da wir immer noch in einer mächtigen Krise stecken, die weder in ihrem wahren Ausmaß noch in den möglichen Folgen von irgendeinem F(l)achmann überblickt wird.

Sich selbst eigener Perspektiven zu bemächtigen, sich also ein Bild davon zu machen, welche Dinge hier wann und wie und durch wen geschehen, ist nicht etwa ein Luxus für Bildungsbürger, die ja eh nix besseres zu tun haben, als sich dicke Bleiwüsten ohne schöne bunte BILDer rein zu ziehen, sondern eine nicht vernachlässigbare Pflicht für jeden, der sich als Bürger dieses Landes bezeichnen dürfen möchte. Ich mag dann und wann auch schönen Schein, aber ein bisschen mehr als ultrakonservative Meinungsmache, Sport, Titten und den Wetterbericht möchte ich schon zu lesen, zu sehen und zu hören bekommen. Probieren sie’s doch auch mal!

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