Fresh from Absurdistan N°8 – Sinn und Symbolik

Man(n) muss es an dieser Stelle einfach mal zugeben – auch mir macht es Spaß, mit Bildern zu cheaten, also Dinge anders erscheinen zu lassen, als sie dies tatsächlich sind. Wir sind, zumindest sozialpsychologisch, eh alle Trickster, die sich ihr Leben schön lügen. Wie ich bereits im Beitrag „Pictured Life“ hatte anklingen lassen, ist eine der dabei dominierenden Techniken heutzutage das Kuratieren der Inhalte in den eigenen Social-Media-Accounts. Wäre ich ’n bisschen fuchsiger, würde ich jetzt von Betrug reden, aber es geht ja nur um die virtuelle Währung „LIKE“, die wir gerne auf unserem „Feel-Good“-Account einzahlen wollen. Oder besser – wir wollen andere dazu animieren, dort einzuzahlen…

Ich bin ja nich aus Eis – ich mag Likes auch! Faszinierenderweise sind es jedoch in aller Regel nicht die kuratierten Inhalte, die ich gelegentlich auch nutze (und wenn’s nur durch das Präsentieren eines, na sagen wir mal „geschickt“ gewählten Bildausschnittes passiert), die mir ein Surplus dieser – im realen Leben eher wertlosen – Wertschätzungs-Token einbringen. Nö, Freunde der Nacht. ‚N simpler Shoot mit meiner sagenhaft schlechten Handycam, ohne Schischi, ohne Nachbearbeitung, ohne Action hat mir in den letzten Tagen die meisten Likes beschert. Es könnte am Meta-Content liegen. Das Bild erzählt für diejenigen, die etwas häufiger mit mir zu tun haben ja eine Geschichte, die direkt mit dem letzten Post dieser Reihe zu tun hat. Doch es ist gar nicht das unten stehende Bild selbst, um dass es mir gerade geht.

Nachtarbeit…

Mir geht es um den Meta-Content. Bilder erzählen immer eine Geschichte. Watzlawick sagt, man könne nicht nicht kommunizieren. Bilder haben diese Eigenschaft ebenso. Techies verstehen unter Meta-Content die Daten über das Bild, welche sich für den Kundigen in den Eigenschaften der Datei verbergen: Größe, Auflösung, Erstellungsdatum, Ersteller, Ort und noch manches mehr. Ich verstehe darunter jedoch die Botschaft, welche das Bild implizit transportiert. Die explizite Botschaft des obigen Bildes ist: „da steht ein NEF in einer Haltebucht“. Natürlich erkennen Ortskundige, wo sich diese Haltebucht befindet, aber das ist noch nicht der ganze Zauber. Die implizite Botschaft erschließt sich erst im Zusammenspiel zwischen dem Wissen um die postende Person und etwas von ihrer Backstory, dem Zeitpunkt und natürlich dem Content des Bildes. Ich will jetzt nicht schon wieder in Semiotik einsteigen, aber es geht um die Interpretation des Contents, welche aus einem bloßen Haufen geordneter Pixel eine Geschichte macht, die sich erzählt, ohne ausgesprochen werden zu müssen.

Der Spruch „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ kommt ja nicht von ungefähr. Doch ihn dahin zu sagen und die tatsächliche Bedeutung dieses Spruches zu begreifen, sind zwei ganz unterschiedliche Paar Stiefel. Denn das Wissen um die Wirkung der Bilder gibt einem Möglichkeiten zur Interaktion mit einem – wie auch immer gearteten – Publikum, die Sprache allein unmöglich zu realisieren vermag. Ich liebe es, etwas dazu zu lernen. Das ist nicht einfach nur so gesagt, sondern es ist Teil meiner Essenz, gehört also zu den Aspekten, die meine Persönlichkeit im Kern ausmachen. Und ich hatte in den letzten Tagen reichlich Gelegenheit etwas dazu zu lernen. Einerseits, weil das Leben in Absurdistan mich dazu zwingt – andererseits, weil ich begonnen habe, mich darauf einzulassen. Nur wenn du Absurdistan zulässt, macht es dich nicht kaputt!

Hatte ich gerade davon gesprochen, dass die symbolische Währung „LIKE“ keinen Wert in der Realität hätte? Nun ja… in normalen Zeiten, würde ich das tatsächlich so sehen wollen. Doch wir leben nun mal gerade in Absurdistan. Und in so seltsamen Zuständen gestatte ich es mir, über den Schatten meines sonstigen Social-Media-Zynismus zu springen und zu sagen: ist schon OK. Macht was ihr denkt, solange es eurer Psycho-Hygiene dient und ihr dabei den kategorischen Imperativ beachtet.

Ich sehe mich selbst als einen Novizen der semiotischen Künste, der noch einen langen Weg zum Adepten zurückzulegen hat. Doch meiner Neugierde folgend, die mich hoffentlich nicht so bald herausfinden lässt, dass ich doch eine Katze war („curiosity killed the cat“), lerne ich im Moment an jedem Tag etwas dazu. Teils über das Lernen, was meinem Studium genauso zu Gute kommt, wie hoffentlich meinem Unterricht, teils über die Menschen um mich herum und die Gesellschaft als Ganzes; letztlich aber auch über mich. Ich meine, ich bin immer noch nur ein Typ mit einer Meinung, der, wie ihr anderen auch, durch sein Dasein stolpert und versucht, es irgendwie hinzukriegen, ohne, dass dabei allzu viel kaputt geht. Aber ich habe im Moment das Gefühl, dass es von Tag zu Tag besser wird, obschon doch alles so viel schwerer ist, als sonst.

Ich wünsche uns allen Langmut, Demut und, falls notwendig auch mal den Wagemut, diese Krise auch weiterhin auszuhalten. Vielleicht lernen wir ja alle noch etwas Sinnvolles dazu. Und wenn nicht – wenigstens ich habe meine Zeit nicht vollkommen vergeudet. Macht das Beste draus und lasst euch nicht unterkriegen – wir sehen und hören uns.

Auch zum Hören…

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