Es ist für mich ein wenig komisch, wenn ein Blogpost nicht komplett in einem Rutsch geschrieben wird, weil ich meine Gedanken nämlich oft „hot as they come“ erst im Schreibprozess selbst sortiere; dabei Pausen zu machen, führt manchmal zu Verwirrung und Brüchen im Text. Der eine Rutsch war diesmal nicht möglich, weil Teile des Posts in Amsterdam am Flughafen entstanden sind, während ich auf meinen Flieger nach Hause warten durfte. Und dann war ein paar Tage Zwangspause, weil Hektik und Umtriebigkeit am Arbeitsplatz, gepaart mit der Notwendigkeit die Familien-Reise auf den letzten Drücker vorzubereiten, dazu geführt haben, dass das Ganze erst ein paar Tage später in Südfrankreich zu einer Konklusion kommen konnte. Aber ich will ehrlich sein – diese Gedanken haben sich schon über einen längeren Zeitraum entwickelt; und erst der Besuch einer Veranstaltung mit vielen anderen Spezialisten aus dem Feld hat dann eine Art Initialzündung in meinem Kopf bewirkt, die ich irgendwie zu fassen versuchen musste, bevor der „Spirit of thoses days“ verdampft gewesen wäre. Dieses Mal führte der beschriebene Prozess dazu, dass ich mich mit Abstand nochmal mit den Gedanken auseinandersetzen musste – und ich kam zu dem Ergebnis, dass das Geschriebene für mich immer noch passt. Also geht’s jetzt los!
Es ist, wie ich denke, momentan ein Allgemeinplatz, dass AI oder Artificial Intelligence der neue heiße Scheiß ist; und zwar egal wen und egal wo man fragt. Es gibt keinen Bereich, in dem man der Thematik entgeht. Ich arbeite ja im Bereich Rettungsdienst /Rettungsdienst-Ausbildung und auch für uns ist die AI-unterstützte Evaluation der vielen Daten, welche wir im Laufe eines Jahres produzieren von erheblichem Interesse. Sie kommen aus den Geräten, die bei der Diagnostik und Behandlung der Patienten genutzt werden sowie der kumulierten Anamnese der Patienten; und sie müssen erhoben werden, weil wir zur sauberen Dokumentation unserer Befunderhebung und Behandlung gesetzlich verpflichtet sind. Und sie könnten Mehrfachnutzen haben. Einerseits, weil Evidenz-basierte Medizin Evidenz braucht. Ohne epidemiologische Daten kann man nämlich nur sehr schwer herausfinden, ob die gegenwärtig installierten Prozeduren tatsächlich tun, was sie sollen – also in unserem Fall den Patienten wirklich helfen, oder ob wir’s nur so machen, weil man’s halt schon länger (immer) so macht. Manchmal habe ich nämlich den (höchst unangenehmen) Eindruck, dass verschiedene Protagonisten gar nicht so sehr daran interessiert sind, weil eine Änderung der Prozeduren sie notwendigerweise aus ihrer Komfortzone prügeln würde. Und die Bereitschaft zum Wandel war schon immer ein Problem. Nicht nur in meiner Profession…
Andererseits, weil diese Daten verschiedenen Institutionen und Personen im Verlauf einer Behandlung zugänglich gemacht werden müssen, um einen allzeit der Patientensicherheit förderlichen Wissensstand der Behandler gewährleisten zu können. Und auch da trifft man auf eine Menge Hindernisse, weil viele unterschiedliche Institutionen und Behandler mit höchst unterschiedlicher Tech-Infrastruktur und variierender Expertise in deren Nutzung in eine Patintenversorgung involviert sein können. Sinnvoll wäre mehr und tiefgreifendere Datenanalyse aber auch, weil eine sie Aufschluss darüber geben kann, welche Klientel, denen wir begegnen tatsächlich in ein Krankenhaus gehören – und welche nicht! Und zwar unabhängig davon, ob jemand glaubt, dass seine Convenience durch den Ritt im Pflasterlaster zur Ambulanz verbessert würde, man also tatsächlich annimmt, schneller dranzukommen, weil Blaulichtauto. Das ist nämlich eine Legende! Wie wir allerdings dahin kommen – also, ob wir uns darauf verlassen können, dass die Industrie und ihre Vertreter im Rahmen ihres Profit-Interesses jene Lösungen liefern können und wollen, die uns wirklich helfen, oder ob wir doch besser selbst zu Entwicklern unserer Arbeitsumgebung werden sollten – steht derzeit noch nicht fest. Nur eines ist sicher: alles bleibt anders. Oder besser: ALLES MUSS ANDERS BLEIBEN! Andernfalls fährt unser Gesundheitswesen mit Wucht an die Wand. Und das nicht nur in Deutschland.
Da aber aus meiner Sicht der Ruf laut werden muss, dass man der Wirtschaft durchaus einen guten Teil der Entwicklung von Produkten überlassen kann, politische Prozesse jedoch von Stakeholdern aus dem Feld moderiert und mit verhandelt werden sollten, gibt es nur den Weg, sich noch mehr selbst Lobby zu werden und alle möglichen Kanäle der Einflussnahme zu sichern. Das wird kein Leichtes sein, aber eines ist sicher: die berufsständischen Vertretungen gegenwärtigen Zuschnittes sind NICHT der Weisheit letzter Schluss, weil sie sich allzu oft in binnenpolitischem Klein-Klein verlieren und Partikularinteressen einzelner Parteien und Personen viel zu viel Raum in Diskussionen bekommen, die eigentlich sozialadäquat, sachorientiert und mit systemischem Blick von Fachleuten ohne Ego-Ambitionen geführt werden sollten. Ich sehe in Deustchland vieles, doch das eben benannte passiert VIEL zu selten! Wer hat Lust, sich mit mir und meinen Ideen auseinanderzusetzen? Ich wünsche euch ein schönes Pfingsfest. Grüße aus Tautavel.