Eigentlich bin ich immer, wenn ein Projekt sich dem Ende zugeneigt hat und dann nur noch die umherliegenden Utensilien von der vergangenen Geschäftigkeit zeugen ein bisschen depressiv verstimmt. Also im Sinne von ausgelaugt vs. ziellos. Neue Ziele stellen sich natürlich in einem geschäftigen Leben mehr oder weniger von selbst ein, ohne dass man ihnen hinterherrennen müsste. Jeder mit einem halbwegs fordernden Job, der mit ein wenig Verantwortung einher geht, weiß genau, wovon ich spreche. Weshalb gerade für solche Leute ein gesundes Gefühl für Work-Life-Balance eigentlich eine gute Sache wäre. Wenn sie denn wüssten, was dieser doch eher diffuse Begriff eigentlich meint.
Arbeitgeber erzeugen da immer gerne die romantische Vorstellung von offenen Arbeitsflächen, in denen sich jeder seinen Platz sucht, der gerade zu ihm passt, um dann auf seine Weise die gerade anstehenden Aufgaben erfüllen zu dürfen. Solche Bilder, wie sie auch gerne in Hochglanzmagazinen gezeigt werden, sind schlicht Bullshit, weil sie bewusst mehrere harte Faktoren der echten Welt ausblenden: a) arbeiten insgesamt nur recht wenige Menschen überhaupt in komfortablen, loftartigen Großraumbüros, b) ist die Notwendigkeit, sich immer wieder einen neuen Platz suchen zu müssen, den man sich zudem nicht personalisieren kann Stress, weil der persönliche Bezug zum Arbeitsplatz so unterdrückt wird und c) gibt es sehr wohl einen definierten Workload, der erledigt werden muss, so dass die freie Zeiteinteilung lediglich eine Illusion ist. Das vordergründige Kuscheligkeitsgefühl, dass sowieso nur wenige Arbeitgeber zu erzeugen verstehen wird somit durch eine Entgrenzung des persönlichen Arbeitsplatzes und eine Entfremdung vom Wert der eigenen Arbeitsleistung erkauft. Unter dem Strich müssen die Menschen in diesen Büros genauso ihr Soll erfüllen, wie die Malocher am Band – welches im Übrigen heute auch nicht mehr annähernd so aussieht, wie zu den streng tayloristischen Tagen Henry Fords.
Ich persönlich fände es ehrlich, wenn man offen sagte: in einem Arbeitsverhältnis schuldet der Arbeitgeber ein, der jeweiligen Leistung angemessenes Salär und eine Arbeitsförderliche Umgebung und der Arbeitnehmer schuldet seine Arbeitsleistung und Loyalität – in dem Sinne, nicht wider besseres Wissen gegen die Interessen seines Arbeitgebers zu handeln. Würden beide Seiten sich an diese Regeln halten, könnte Arbeiten sogar Spaß machen, doch leider gibt es auf beiden Seiten immer wieder Stoffel, die grundlegende Regeln des Miteinanders nicht verstanden haben. Was mittelfristig für Arbeitgeber sogar dumm ist, denn jeder, der eine Statistik lesen kann, dürfte wissen, dass zufriedene Mitarbeiter – vulgo solche, denen ihr Job Spaß macht – motivierter sind und dadurch eine bessere Arbeitsleistung bringen. Mitarbeiter zu demotivieren, indem man sie knechtet, ihnen schlechtes Werkzeug gibt, nicht auf ihren Input hört, oder sie mies bezahlt, ist also insgesamt auch schlecht für’s fiskalische Ergebnis. Aber soweit denken die meisten Menschen nicht, weil Tellerränder ja so verdammt hoch sind…
Was nun aber das Arbeitsförderliche, motivierende Umfeld angeht, so kann es einem passieren, dass man sich selbst ausbeutet, unter Preis verkauft, zu heiß und zu schnell brennt und sich damit kaputt macht. Ein schlechtes Arbeitsumfeld ist in dem Sinne sogar sicherer, weil man merkt, dass es schlecht für einen ist; ein zu Gutes hingegen verschlingt einen vielleicht, bevor man überhaupt zu dieser Erkenntnis gelangen kann – was im Ergebnis allerdings genauso beschissen ausgehen kann.
Ich selbst bin da, wo ich im Moment stehe zufrieden – sogar fast sehr zufrieden. Natürlich bedeutet dies, dass ich gemäß meinen eigenen Ausführungen als gefährdet gelten darf. Ich weiß, ich weiß… meine diesbezüglichen Lektionen sind noch relativ gut im Gedächtnis und ich hatte nicht vor, mich nochmal in eine Erschöpfungsdepression zu manövrieren. Das letzte Mal war schlimm genug. Allerdings stehe ich an einem Scheideweg. Mein Studium neigt sich, wie’s aussieht einem halbwegs erfolgreichen Ende zu (ein Schein fehlt noch, dann ist Abschlussarbeit angesagt) und natürlich muss ich mich besinnen, was ich damit anzufangen gedenke. Sicher ist, dass ich vielleicht noch 7, 8 gute Jahre fahren kann, spätestens dann will ich in einer gefestigten Position sein und ich sehe mich dabei definitiv NICHT weiterhin am unteren Ende der betrieblichen Nahrungskette. Was bedeutet, dass ich meinen Marktwert testen muss!
Nach dem letzten abgeschlossenen Projekt, dessen Beendigung mich, zu meiner eigenen Überraschung, nicht depressiv verstimmt hat, stehen schon weitere in den Startlöchern und auch angesichts dessen bin ich ruhig, ja sogar entspannt, denn mittlerweile bin ich in vielerlei Hinsicht gefestigt und weiß was ich alles kann – und was nicht. Diese hart erarbeiteten Gewissheiten bedeuten für mich, dass in mehr als einer Hinsicht alles auf Anfang steht. Einerseits im Mikrogeschäft meiner day-to-day-work, aber auch im Makrogeschäft meines Arbeitslebens in seiner Gesamtheit. Ich bin eigentlich einfach nur gespannt, welche Gelegenheit als nächste daherkommt. Ich bin bereiter, als je zuvor!