Es ist, wie es ist – wenn man mal im Flow drin ist, kommen manchmal interessante Dinge dabei heraus. Daher gleich noch ein VLOG, nachdem es an der Front monatelang ruhig geblieben war. Es geht ums Storytelling. Enjoy.
New Work N°15 – Let’s do this AI-thing…
Ich war heute Morgen in der Stimmung zum Cheaten, also habe ich Chat.GPT 3.5 gefragt worüber ich heute bloggen sollte. Natürlich habe ich das Ganze ein bisschen spezifiziert und den Auftrag auf den Bereich „Kreativität und AI“ eingegrenzt. Ich will euch die Ergebnisse nicht vorenthalten:
Exploring the intersection of AI and the creative process can be a fascinating and engaging topic for a blog post. Here are some specific ideas you might consider: 1) AI in Art and Design: Discuss how AI is being used in various forms of art, such as visual arts, music, and literature. Explore specific examples and the impact AI has on creativity in these fields. 2) Creative Collaboration with AI: Explore how artists and creators are collaborating with AI tools to enhance their work. Highlight case studies where AI has played a role in co-creating content with human artists. 3) AI and Writing: Dive into the ways AI is influencing the writing process. Discuss AI-generated content, writing assistance tools, and the implications of using AI in creative writing. 4) Ethical Considerations: Address the ethical concerns surrounding the use of AI in the creative process. Discuss issues such as attribution, ownership, and the potential for bias in AI-generated content. 5) AI Tools for Creatives: Create a list of AI tools that can aid creatives in their work. This could include tools for generating ideas, enhancing designs, or even assisting with the editing process. 6) The Future of Creativity with AI: Speculate on how AI might continue to shape the future of creativity. Discuss emerging trends and potential advancements in AI technology that could impact the creative process. 7) Challenges and Limitations: Explore the challenges and limitations of integrating AI into the creative process. Discuss instances where AI may fall short and the ongoing efforts to overcome these obstacles. 8) AI and Innovation: Discuss how AI is contributing to innovation in various creative industries. Explore how it's enabling new forms of expression and pushing the boundaries of traditional creative disciplines. Remember to include examples, case studies, and practical insights to make your blog post informative and engaging. Additionally, consider incorporating visuals, such as images or infographics, to enhance the reader's understanding of the concepts you discuss.

Chat-GPT 3.5 ist das frei verfügbare Tool, für dessen Nutzung man sich lediglich auf Open AIs Webseite registrieren muss, und schon taucht der Eingabeprompt auf. Was mich an den obigen Antwort am meisten fasziniert, ist die Tatsache, dass „Die Maschine“ in ihrer Vorschlagskiste auch, oder vor allem, die bereits kontrovers diskutierten Fragestellungen nicht ausklammert (siehe etwa Punkt 4). Nun sind wir noch eine Weile davon entfernt, dass künstliche Intelligenz ein eigenes Bewusstsein erlangt, aber die Tools, die irgendwann möglicherweise dazu führen werden, sind zum größten Teil bereits vorhabenden (schaut euch mal diese Simulation eines neuralen Netzwerkes an). Irgendwann wird jemand herausfinden, wie dieses sich kombinieren lassen, um den finalen Schritt zu gehen. Die wichtigste Frage, die keiner so recht beantworten kann oder will, ist jedoch: wird dieses neue Bewusstsein den Weg des Prometheus nehmen und uns Menschen als Vordenker und Bringer eines neuen Funken helfen, besser zu werden; oder doch den von Frankensteins Kreatur, die von blindem Streben getrieben anfängt zu töten, um schließlich ihre eigenen Fehler zu erkennen, und sich selbst ein Ende zu setzen. Wenn man so will, hat Mary Shelley diese Frage vor über 200 Jahren in ihrem Buch vorweg genommen. Manchmal lohnt es sich doch, die Klassiker noch mal neu zu lesen…
Ich glaube nicht, dass ich solche Fragen sinnvoll oder umfänglich beantworten kann. Da ich jedoch sowohl im Beruflichen als auch im Privaten ein Geschichtenerzähler bin, reizen mich die Möglichkeiten der aktuell verfügbaren Technik immens; und ich bin dabei bereit, wenigstens ein bisschen mit dem prometheischen Feuer zu spielen, denn die aktuellen Large Language Models – wie eben Chat-GPT – lernen ja durch die Interaktion mit Nutzern dazu. Will heißen, wir sind jetzt im Bereich des Beta-Testes angelangt, wo Nutzer durch die Interaktion das Maschinenlernen beschleunigen und befördern. Über die Frage, ob AI in der Arbeitswelt eine Rolle spielen wird oder nicht, sind wir längst hinaus. Der Geist ist aus der Flasche, die Büchse der Pandora offen – wie wir damit umgehen, wird darüber entscheiden, ob daraus Gutes erwächst, oder eben Unheil. Auch in der Kreativ-Branche, oder besser vor allem dort, wird derzeit heiß diskutiert, was das alles bedeutet; und doch nutzen laut einer Befragung bereits 83% der Beschäftigten auf die eine oder andere Art und Weise AI. Das soll nicht wie Zweck-Fatalismus klingen. Es ist eher eine Feststellung, dass wir Menschen schon immer sehr gut darin waren, neue Techniken zu entwickeln, diese zum Einsatz zu bringen – nicht selten gleich zur Waffe bastardisiert – um uns erst DANACH zu fragen, was wir eigentlich gerade getan haben. Der große Unterschied, etwa zu Oppenheimer und der Bombe ist, dass die Dinge HEUTE im großen Theater der antisozialen Medien und des dauerdurchbrennenden Hechel-Journalismus nicht ernsthaft diskutiert oder durchdacht werden, und trotzdem jeder eine Meinung dazu hat; unabhängig davon, wie gut oder schlecht informiert dieses auch ein mag. Denn Reichweite bekommen Informationen heute viel schneller als früher – allerdings auch die FALSCHEN Infos…
AI verändert bereits jetzt den Modus Operandi vieler Bereiche, ohne, dass wir uns tatsächlich schon die Mühe gemacht hätten, ernsthaft über Technikfolgen-Abschätzung zu reden, oder gar verbindliche Regeln für den Umgang mit den Chancen und Grenzen von AI aufgestellt zu haben. Wie so oft rennen Philosphie und Jurisdiktion der technischen Entwicklung hinterher, weil Ingenieure in blinder Begeisterung „einfach mal machen“. Offenkundig steht Mary Shelleys „Frankenstein oder der moderne Prometheus“ als Hinweis auf die NOTWENDIGE Reflexion eigenen Tuns, BEVOR man es tut bis heute nicht sonderlich hoch im Kurs. Wie ausgesprochen schade. Vielleicht lege ich meine Hoffnung einfach darein, dass es genug Menschen wie mich gibt, die „Der Maschine“ Empathie beibringen wollen, bevor sie dereinst dann endgültig – und leider nicht vollkommen zu Unrecht – auf uns Menschen losgehen wird. Welcome to SKYNET! Und viel Spaß in der neuen Woche,
VLOG 06 – Oldschool Teacher…?
Habe mich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit mal wieder mit Methoden und Techniken auseinandergesetzt und bin dabei zu der Erkenntnis gelangt, dass Oldschool nicht immer schlecht sein muss, wenn man die IDee mit etwas technichem Einsatz „aufbohrt“ und in ein frisches Gewand kleidet. Wie wär’s heute zur Abwechslung mal mit ein bisschen Overhead-Projektor-Feeling? Enjoy.

Bienvenue en Provence N°4 – Quoi faire…?
Wenn man so bei Regen im Ferienhaus sitzt, was diese Woche an zwei Tagen der Fall war, hat man Zeit, sich mit seltsamen Dingen zu beschäftigen. Einerseits bedeutet Müßiggang in diesem Falle, ein wenig die guten alten Storyteller-Muskeln zu flexen und sich mal wieder an One-on-One-Pen’n’Paper zu versuchen. Mein Take auf 80s-Mystery-Horror-Action ist ein wenig anders, als in „Stranger Things“ oder „Tales from the Loop“, lässt sich aber ganz gut an. Vielleicht mache ich daraus ’ne Kampagne, wenn ich noch ein paar andere Leute angespielt habe. Man wird sehen. Andererseits habe ich natürlich Blogposts geschrieben, gelesen – und Zeit im Internet verdödelt. In letzter Zeit spült mir Insta häufig irgendwelche Leute in die Timeline, die entweder a) ihre „Coaching-Lehrgänge“ für Leute anpreisen, die schnelles Geld machen wollen b) ihre Online-Plattform für „Coaches“ anpreisen, die schnelles Geld machen wollen oder c) ihr „Coaching“ für Leute anbieten, die – wie könnte es auch anders sein – schnelles Geld machen wollen. Scheint fast so, als wenn die Welt nur noch aus Tradern, Influencern, Coaches und Leuten besteht, die „irgendwas mit Medien“ machen; und es überdies kinderleicht wäre, schnelles Geld zu machen. Allen Leuten, die mit Traden schnelles Geld machen wollen, empfehle ich folgendes Buch „Eine Billion Dollar“ von Andreas Eschbach. Stellt für einen Eschbach erstaunlich gut globale Wirtschafts-Zusammenhänge dar; und erklärt nebenbei, warum unser Reichtum mittelbar auf der Armut des globalen Südens beruht.

Ich habe das vermutlich auch noch selbst ausgelöst, indem ich mich neulich online über die Möglichkeiten einer Berater-Ausbildung informiert habe. Mir schwebte dabei die Idee eines kurzen Akademie-Studiums mit einem universitäten Zertifkat als Abschluss vor, und nicht der andere Schischi, den man sonst so erwerben kann. Aber, wenn überhaupt, erst in einer größeren Weile. Und jetzt habe ich dauernd diesen Mist in meiner Timeline. Ich habe kein Interesse an schnellem Geld! Ich habe Interesse an nachhaltigem persönlichem Wachstum, und ich möchte mich dabei mit Ideen und Konzepten auseinandersetzen, deren Fokus NICHT auf MONEY, MONEY, MONEY liegt. Ich sehe mich selbst als Ermöglicher, als Trouble-Shooter, als Wege-Aufzeiger, Brückenbauer und ja, auch als Berater. Ich bin Erwachsenen-Pädagoge, da gehören die vorgenannten Dinge, wenn man seinen Job ernst nimmt, automatisch zur Beschreibung. Und doch haben mich diese ganzen Posts zum Nachdenken gebracht. Ich meine – wenn man eine digitale Lernumgebung, die es Leuten ermöglicht, Dinge besser tun zu können für ein, die Subsistenz absicherndes Micropayment abieten könnte, und besonders Benachteiligten über ein Sponsoring Lernen kostenfrei ermöglichen könnte (und ich bin sicher NICHT der erste, der auf solche Ideen kommt), könnten wir Bildung wieder ein Stück weit demokratisieren. Denn genau der Mangel an Bildung und Teilhabe, der durch Armut entsteht ist es, der die Fundamente unserer Demokratie erodiert. Manche Dinge müssen ohne Zweifel Geld kosten, weil es nicht umsonst ist, sie zu produzieren, zu hosten und zu vertreiben. Aber meine Absicht wäre nicht, damit Unsummen Geld zu verdienen, denn ich habe einen guten Job. Aber vielleicht so viel, dass ich den guten Job irgendwann reduzieren und mich anderen wichtigen Fragen widmen kann.
Im Moment wälze ich einfach nur unreife und spinnerte Ideen, aber ganz sicher werde ich mich, wenn ich wieder etwas Zeit und einen Kopf dafür habe, um die Reifung jener eben beschriebenen Konzepte bemühen. Es erscheint mir die Mühe wert, weil es mein Weg sein könnte, der Gesellschaft etwas von dem zurückzugeben, was ich ihr verdanke. Und ich möchte diesen ganzen selbstdarstellernden Menschen auf Insta eines mitgeben: ihr mögt eure Motive hinter vielen wohlklingenden Worten verstecken, die Werte suggerieren; ich kann nur einen einzigen Wert erkennen, der euch wirklich interessiert: euch selbst. Und da gehe ich nicht mit, denn der schnellste Weg, viel für sich selbst zu erreichen, führt immer über den Rücken Anderer; ein Umstand, den ihr immer gerne unterschlagt, wenn ihr von euren „Erfolgen“ berichtet. Lasst uns doch stattdessen die antisozialen Medien zur Abwechslung mal wirklich für etwas soziales nutzen und Bildung demokratisieren, anstatt sie zu monetarisieren. Ich fänd’s gut! Und ihr so…?
Bienvenue en Provence N°3 – Kairos…
Nö, ich habe mich NICHT bei der Haupstadt Ägyptens verschrieben. „Kairos“ ist der griechische Ausdruck für einen günstigen Moment; dieses „genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtige Idee haben“-Ding, welches im Ergebnis dazu führt, dass z.B. ein Bill Gates stinkreich ist – und ich nicht. Na ja, dieser Vergleich unterschlägt natürlich einige Details, aber der Grundgedanke ist, dass man „das Richtige“ tut, wenn der Moment dafür gereift ist, oder sich eine günstige Gelegenheit aus den Geschehnissen heraus ergibt. In diesem Sinne ist der Kairos also nicht notwendigerweise das Ende einer langwierigen und komplizierten Planung (obwohl das durchaus möglich sein kann), sondern er realisiert sich nicht selten auch darin, die Umstände lesen und geschickt reagieren zu können. Louis Pasteur sagte zwar sinngemäß, dass das Glück mit den gut Vorbereiteten sei, aber auf mache Gelegenheit bereitet dich nichts vor. Manchmal ist es dann der Sprung vom Kopf des Löwen, wenngleich es eher selten um den Beweis von Würdigkeit geht. Wir suchen im Alltag aber auch nur selten den heiligen Gral.

Doch, was ist dieses „Richtige“. Es geht ja hier und jetzt um günstige Gelegenheiten, und nicht etwa um Moral – oder…? Frage ich Adorno, kann es natürlich kein richtiges Leben im Falschen geben – wobei er sich dabei, entgegen der Alltagsverwendung des Zitates zunächst lediglich auf die Ästhetik des Wohnraumes bezog. Die Frankfurter Schule hat sich halt auch mit Fragen des Alltags befasst. Doch im Grunde lässt es sich auch auf die Kant’sche Suche nach der Moral übertragen. Denkt man jedoch Adorno kurz zu einem vorläufigen Ende und fügt ’ne nicht zu knapp bemessene Prise Marx hinzu (Erst kommt das Fressen, dann die Moral), dann wird klar, dass die äußeren Umstände unseres Lebens, also die Art, wie wir unser direktes Lebensumfeld gestalten (wollen würden), eine Reflektion unserer inneren Umstände darstellen. Ich nehme noch eben den Bourdieu für eine Tasse „Notwendigkeits-Geschmack“ aus dem Regal, und schon wissen wir, dass diese Darstellung in aller Regel durch unsere wirtschaftlichen Grenzen (nennt es Klasse, Milieu, Stand, ganz wie euch bleiebt) deformiert wird. Das ist Moralsozialisation in a nutshell: wir sind eine Mischung aus dem, was andere uns vormachen/anbieten, den daraus destillierten individuellen Wünschen und dem, was wir uns tatsächlich leisten können. Denn ohne den ganzen weltlichen Tünnef sind wir alle – zumindest größtenteils – gleich geschaffen…
Moral ist aber eine entscheidende Komponente, wenn es um das Richtige Tun (oder Lassen) im richtigen Moment geht. Den Kairos zu erkennen ist das Eine. Sich „richtig“ zu entscheiden das andere. Denn zum einen überschätzen wir üblichwerweise unsere Fähigkeit zur objektiven Einschätzung von Chancen und Risiken eines gegebenen Sachverhaltes Xn maßlos (lest Daniel Kahneman „Schnelles Denken, langsames Denken“, dann wisst ihr, was ich meine); zum anderen unterstellt allein der Begriff „günstige Gelegenheit“ per Konnotation für die meisten lediglich eine Chance auf wirtschaftlichen Gewinn. Von moralischen Gewinn durch Solidarität, Altruismus, Bedürfnisverzicht, etc. ist da beinahe nie die Rede. Weil so viele von uns gar nicht mehr wissen, was diese Begriffe bedeuten. Ihr wolltet doch noch wissen, warum ich gestern behauptet habe, (zumindest die meisten) Menschen zu hassen. Da habt ihr eure Antwort: weil Menschlichkeit unter Menschen zu oft nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Wenn solche Mitmenschoiden einen Kairos erkennen, ist dieser stets nur mit dem persönlichen Vorankommen verknüpft, selten bis nie jedoch mit einem übergeordneten Wert für die Gesellschaft, deren Teil sie trotzdem immer noch sind; so sehr sie sich auch gegen diese Erkenntnis wehren mögen.
Ob ich selbst wirtschaftlich günstige Gelegenheiten beim Schopfe packe…? Ein paar Mal in meinem Leben tat ich das und ich kann sagen, dass ich mich nicht dafür schäme, weil ich denke, die Vorteile, welche ich daraus ziehen durfte, durch mein Tun für diejenigen, welche sie mir gewährten umfänglich ausgeglichen zu haben. Man kann gewiss immer noch ein bisschen mehr auf die Haben-Seite des eigenen Karma-Kontos einzahlen, aber ich bin diesbezüglich mit mir ziemlich im Reinen. Bedauerlicherweise denken das jene, die eigentlich deutlich in der Karma-Bringschuld sind, vermutlich ebenso…! Man könnte mir nun natürlich einen Wahrnehmungsbias unterstellen, da wir doch alle eine positive Geschichte unseres Seins erzählen wollen. Identitätsbestätigung und so. Aber ich erlaube mir folgende Entgegnung: kehrt erst mal vor eurer eigenen Tür! Danke. Ansonsten versuche ich, auch jene Chancen zu ergreifen, die andere, oder wahlweise eine gute Sache voranzubringen versprechen. Und als Lehrer und Leitungsperson habe ich dazu durchaus Gelegenheit. Mir wäre es aber vor allem wichtig, dass sich andere auch für diese Sicht der Dinge begeistern können. Ihr hättet jetzt die Gelegenheit, euch die Frage zu stellen, ob es für euch – neben euch selbst – noch etwas anderes gibt, was euch wichtig genug ist, nach den richtigen Gelegenheiten Ausschau zu halten und etwas zu tun, wenn sich welche ergeben. Ich würde mich freuen, davon zu hören.
Bienvenue en Provence N°2
Ist es nicht komisch, dass man woanders hinfahren zu müssen glaubt, um sich selbst finden zu können? Ich meine – man sucht seine verlegte Brille, die Haustürschlüssel, die neue Versicherungskarte oder das Einladungsschreiben zum Elternabend ja auch nicht in Südfrankreich, Irland oder sonstwo, sondern in der heimatlichen Hütte. Eine Sicherheit, sein selbst im Weinkeller eines Häuschens in der Provence zu finden gibt es nicht. Die Wahrscheinlichkeit hängt vermutlich proportional vom Konsum ab – je mehr, desto liegend. Geld kosten die Dinge woanders auch. Und Kinder (egal ob Puber-Tier oder die Vorversion davon) geben einem nicht selten das Gefühl, dass man auch genausogut nur hätte bis zum Nachbarort fahren müssen. Es gibt also eine Menge Gründe, die dagegen sprechen, überhaupt in Urlaub zu fahren; fliegen kommt eh nicht in Frage und auf Kreuzfahrt dürfen meinetwegen Piraten gehen. Wenn DIE dabei so eine Aida Schwabladilusa, oder wie diese dämlichen Glitter-Pötte mit eingebauter Kleinstadt voller uniformer Pauschaltouri-Honks nun heißen in die Finger kriegen, trifft’s vermutlich keinen Falschen. Missverstehen Sie mich ruhig richtig – ich finde Kreuzfahrtschiffe und das ganze Drumherum noch hässlicher und entsetzlicher, als irgendwohin zu fliegen. Aber wir waren beim in Urlaub fahren, so wie: mit dem Auto. Ja, das schränkt den Radius ein, schont aber auch das Klima. Doch selbst, wenn man mit dem Auto zu einem sorgsam ausgewählten Selbstversorger-Ferienhäuschen fährt, sind da auf der Straße und an manchen Orten, die man vielleicht besuchen möchte, andere Menschen.

Ich bin nicht nur immer wütend – ich hasse auch Menschen! Die wenigen Ausnahmen, die ich in meiner Existenz dauernd dulde, sind dort entweder, weil ich sie lieben gelernt habe, weil sie irgendwie mit denen verwandt sind, die ich lieben gelernt habe, oder weil die Notwendigkeit des Geldverdienens uns zu Gefährten in diesem Wahnsinn namens Existenz gemacht hat – manchmal auch mehr als eines davon. Andere vorgebliche Mitglieder der Spezies Homo Sapiens sapiens – vulgo Kollegen im weiteren Sinne, Klienten, Schülers, etc. – mit denen ich mehr als nur ein bisschen umgehen muss, bekommen von mir jede Chance, sich dieses Privileg der dauerhaften Duldung zu erarbeiten; doch nicht wenige scheitern, weil sei denken, die Benutzeroberfläche und das Innenleben seien identisch. Menschen, bei denen ich etwa einkaufe, oder andere Dienstleistungen beziehe, kann ich glaubhaft das Gefühl von Nettigkeit und Zugewandtheit vermitteln. Aber andere Touris? Die rangieren bei mir auf einer Stufe mit Putin, Trump, Erdogan – dieses nervtötende, gemeingefährliche Gelichter kann weg. Am besten vor allem weit weg vom Inhalt meines Kamera-Suchers. Denn ich suche mich selbst, und die von mir gewählten Objekte sind Spiegel dessen, womit sich mein Unterbewusstsein gerade auseinandersetzt. Da kann ich Fremde beim besten Willen nicht gebrauchen. Ich hol mir ja auch keine Leute von der Straße, um mit denen Weihnachten zu feiern.

„Ach, er nun wieder mit seinem misanthropen Gelaber!“, höre ich den Chor der Genervten aufbranden. JA, ABER WIE ZUM HENKER SOLL MAN DENN AUF DIESE KACKBRATZEN SONST REAGIEREN? Sie stehen überall im Weg, lassen ihren Schmutz fallen, wo es ihnen beliebt, können kein Schild respektieren, auf dem steht „… hier verboten!“, bzw. interpretieren nämliches Ver-/Gebot als Einladung zu dessen Übertretung, mockieren sich über andere, die sich an nämliche Ver-/Gebote halten – und sie sehen nicht selten zum Kotzen aus. WANN KÖNNEN WIR ENDLICH MIT SOCKEN IN ADILETTEN AUFHÖREN IHR GESTÖRTEN PAPPNASEN? Butter bei die Fisch: ich bin mit meinen T-Shirts, Hosen, Pullis, Jacken, Sneakern in weitestgehend gedeckten Farben sicher keine Fashion-Ikone – aber ich mag Querstreifen, knallige Farben auf allem und jedem, Motto-Hüte/Kappen und vor allem Adiletten nicht tragen, weil’s Scheiße aussieht. Und zwar auch an Fitness-Influencern*innen. Stil ist nicht das Dings unten an der Blume, wisst ihr…? Es läuft auf Folgendes hinaus: es gibt ein paar wenige Menschen, die ich wirklich gern habe – alle anderen könne mich mal gernhaben!

Ich bin vermutlich einer von diesen Typen, die sich selbst für eine relativ lange Zeit genug sein können, ohne irgendwas nennenswert zu vermissen. Ich ziehe deswegen sicher nicht in eine Einsiedelei im Wald – dazu habe ich das moderne Stadtleben mit seinen Vorzügen hinsichtlich Ver- und Entsorgung einfach viel zu gern. Und jene, die mir etwas bedeuten möchte ich auch um mich haben – also zumindest zu gewissen Zeiten. Aber dieser ganze andere Gen-Schrott, der sich, nur noch um sich selbst drehend, auf dem Highway ins Verderben immer noch nach besserem Asphalt und der Aufhebung des Speedlimits brüllt… der darf mir gerne so lange wie möglich vom Halse bleiben. Denn gegenwärtig sitze ich in einem solchen, weiter oben erwähnten provenzalischen Häuschen und kann das Interaktionsniveau recht gut regulieren. Es gibt allerdings keinen eigenen Weinkeller, was einen dazu nötigt, beim Händler im Ort einzukaufen. Doch irgendwie macht es mir Spaß, von Tag zu Tag einzukaufen, zu kochen, zu denken, zu plann, zu leben. Ob ich mich selbst dabei (wieder)finde? Einige Befunde – ein erhöhtes zweckfreies Kreativitätsniveau, sowie ein Gefühl von heiterer Gelassenheit, wenn ich meine Ruhe habe – deuten darauf hin. Ob’s so bleibt? Wir werden sehen. Für’s Erste versuche ich die Befürchtung beiseite zu schieben, schon am kommenden Montag wieder hart landen zu müssen. Und bleibe gelassen, auch wenn für morgen Regen angesagt ist; man muss ja, wie bereits festgestellt, nicht dauernd umhergondeln, um Urlaub zu haben. Wir hören uns.
Bienvenue en Provence N°1
Zeit ist relativ. Manchmal relativ knapp, dann wieder relativ egal, oft relativ lang(weilig) und dann plötzlich vorbei, ohne dass man sagen könnte, man hätte sie wirklich wahrgenommen. Die Aussage Einsteins, dass Zeit einfach nur etwas ist, dass wir mit Uhren messen und dass der wahrgenommene Fluss der Zeit von der Position des Beobachters – oder auch des Messinstrumentes – relativ zur gemessenen Zeit abhängt, scheint also auch in der individuellen Betrachtung wahr zu sein. Selbst wenn wir die Schwingungsraten von Cäsiumatomen benutzen, um zu definieren, wie lange eine Sekunde denn nun dauert, bleibt Zeit etwas Unfassbares, Unwirkliches, manchmal auch Bedrohliches. Insbesondere, wenn man sich gedanklich der unüberwindbaren Barriere der nächsten Sekunde nähert.

Nun muss man nicht in die Zukunft sehen können, um bestimmte Dinge einfach zu wissen: z.B., dass die wirklich schönen Dinge im Leben immer unerhört schnell vorbei sind, wohingegen die Wartezeit darauf sich nervenzerfetzend dehnen kann. Oder dass manche Rhythmen (wie etwa die Abfolge der Jahreszeiten, die Streiks der Bahnbeschäftigten vor den Feiertagen oder die Ausrufung des Unterganges des Abendlandes durch die CDU bei jeder politischen Äußerung durch die Grünen) stets gleich zu bleiben scheinen. Das ist ein Wahrnehmungsbias, der unserem unbewussten Bedürfnis nach Sicherheit entspringt. Kontinuität vermittelt Sicherheit – oder zumindest die Illusion davon. Eine Martinsgans wird ja auch jeden Tag von dem netten Menschen gefüttert. Wie soll sie da ahnen, dass irgendwann, kurz vor dem 11.11 eines gegebenen Jahres anstatt dem guten Futter ein scharfes Beil lauert…
Es ist das (zumeist ungerechtfertigte) Vertrauen in unsere eigene Fähigkeit zur objektiv-rationalen Abschätzung von Chancen und Risiken, welches uns diese Idee von Berechenbarkeit vermittelt. Nun will ich damit nicht unbedingt sagen, dass wir alle ahnungslos wie die Martinsgänse auf das Beil warten: jedoch wäre etwas mehr Realismus im Angesicht unserer beschränkten Fähigkeiten zur Voraussage der Zukunft manchmal hilfreich, um sich von allzu optimistischen Betrachtungen des evtl. Kommenden freizumachen. Und vor allem etwas mehr im Hier und Jetzt zu leben und die Dinge nicht immerzu kaputtanalysieren zu wollen/müssen. „Aber Zimbo, du wütend-depressiver Beobachter der Welt“, höre ich euch rufen, „ausgerechnet du müsstest doch…“ GAR NIX MUSS ICH – DEM SCHICKSAL SEI’S GELOBT! Zum einen, weil ich Urlaub habe und noch mal von südlicher Sonne kosten darf, die auch jetzt noch angenehm die Knochen wärmt. Und zum anderen, weil mir mittlerweile eines klar geworden ist: alles Streben, Schuften, Studieren und Schachern auf der Jagd nach Erfolg ist NICHTS im Vergleich zu der Zufriedenheit und Ruhe, welche das Schreiben dieser Zeilen in mir auslöst. Denn plötzlich ist da dieses Gefühl – es geht mir gut.
Niemals fällt alle Last vollkommen von einem ab. Niemals ist man als Leitungsperson vollkommen ohne Gedanken an die nächsten Schritte. Und doch… genau jetzt könnte mir jemand mitteilen, dass meine Arbeit der letzten Jahre zu Hause sich gerade in Rauch aufgelöst hat – und es wäre mir egal. Weil ich weiß, was ich wert bin, wer ich sein möchte und welche Wege mir offenstehen. Und das sind eine Menge Wege. Genau jetzt fließt die Zeit genauso, wie es richtig ist und genau dahin, wo sie hingehört: in die Dinge, die mir wichtig sind. Ich konnte neulich zurückblicken und feststellen, dass meine Wurzeln noch alle da sind und schaue jetzt nach vorne; und wenngleich ich weiß, dass diese Barriere, von der ich letzthin häufiger sprach, immer da ist, macht sie mir keine Angst mehr, weil sie neben ihrer Unüberwindbarkeit für meine primären Sinne auch stets ein Versprechen für meine Vorstellungskraft beinhaltet – dass ich frei bin, diese Sekunde, und jede andere, die noch kommen mag, zu gestalten, wie es mir in den Sinn kommt. Es mag dabei ein paar Grenzen geben (Nazis und andere dumme Menschen töten und im Wald verbuddeln, ist leider immer noch illegal), doch für mich ist es Freiheit genug, in diesem Moment kreativ sein zu können, ohne einem anderen Zweck dienen zu müssen, als meinem eigenen.
Das ist, was Urlaub tatsächlich bedeutet. Zweckfrei sein zu können. Zeit so nutzen oder auch mal vertrödeln zu können, wie es einem in den Kram passt. Die Dinge auch mal passieren zu lassen. Ist mit Kindern zwar nicht ganz so einfach, wie es klingt, aber ich habe Hoffnung. Und gutes Essen. Und gute Getränke. Und einen Ort, der Freude bereitet. Daher wünsche ich euch auch eine gute…Zeit…
Throwback Saturday…
Menschen und ihre Verbindungen sind etwas Seltsames. Wir gehen gelegentlich ein, mehr oder weniger langes, Stück des Weges zusammen, um dann über manche Abzweigung und oft verschlungene Pfade allein voranzuschreiten, während wir neue, andere Menschen treffen. Manche bleiben sehr lange – etwa meine beste Ehefrau von allen, oder meine ältesten Freunde. Manche jedoch, die man lange kannte, verschwanden in der Obskurität der, sich am wachsenden Erfahrungsschatz läuternden Erinnerung. Man lernt mit jedem Jahr zwangsläufig dazu und so verändert sich der Blick auf das Vergangene. Wenngleich ich mich gerne als jemanden sehen würde, der nach vorne blickt und die Vergangenheit ruhen lassen kann, so erfasst mich doch gelegentlich jene höchst ambivalente Mischung aus melancholischer Sentimentatlität und dem Wunsch, mein jüngeres ICH mal für seine Blödheit zu Ohrfeigen. Träfe ich ihn heute wirklich, würde ich ihm wahrscheinlich trotzdem nur eine Weile zuschauen, und ihn dann auf seine – pardon MEINE – Weise durch’s Leben stolpern lassen. Denn am Ende des Tages bin ich mit dem Mann, der ich geworden bin im Reinen.

Klassentreffen! Ich habe es mir mittlerweile anerzogen, halbwegs erwartungsfrei an Dinge heranzugehen, doch wenn ich ehrlich sein soll, wusste ich nicht genau, was ich erwarten sollte, als die Einladungsmail zu einem 30jährigen Abi-Jahrgangs-Treffen in mein Postfach geflattert kam. Ich war, wie evtl. schon des öfteren angeklungen sein mag, damals ein Nerd, definitiv kein einfacher Mensch und mit Sicherheit meiner Selbst nicht im Ansatz so sicher, wie heute; was auch immer das bedeuten mag. Aber da waren sogleich diese, oben schon erwähnten, widerstreitenden Gefühle, ob DAS wohl eine angenehme Erfahrung würde. Doch ich konnte es einrichten, denn anscheinend wohnt immer noch ein nicht unerheblicher Teil der alten Truppe im Nahbereich, so dass ich nur bis ans andere Ende der Stadt touren musste. Unsere Stadt ist wohl groß genug, sich nicht dauernd unversehens zu treffen, so dass das Wiedererkennen in einigen Fällen etwas schwerer fiel. Ich scheine mich optisch – bis auf die grauen Haare – nicht besonders verändert zu haben. Doch schon bei den ersten Gesprächen fiel mir auf, wie unterschiedlich, vor allem aber wie unterschiedlich stark sich die Menschen, die ich mal zu kennen geglaubt hatte, in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten verändert hatten. Ich war auch nicht der Einzige, dem schon gleich zu Beginn auffiel, dass manche Dinge vollkommen von der Platte verschwunden sind, wohingegen andere Szenen präsent sind, als sei’s gestern gewesen. Unser Gedächtnis ist ein wundersames Ding. Vor allem aber versucht es stets, uns zu helfen, eine kontinuierlich gute und irgendwie sinnvolle Geschichte unserer Existenz zu erzählen. Da lässt man schon mal die Dinge unter den Tisch fallen, die nicht ganz so charmant waren…
Die Geschichten drehten sich zunächst vor allem um die üblichen Dinge: Wie geht’s dir? Was machst du so? Hast du (noch/schon) Familie, bzw. Kinder? Erfahrungen wurden ausgetauscht, denn die letztere Frage beantworteten die Meisten mit ja. Und ich darf an dieser Stelle zugeben, dass es mich ein wenig beruhigt, dass ich nicht der einzige Teenager-Tochter-Elternteil bin, der manchmal gerne raus möchte, wo der Maurer kein Loch gelassen hat… Irgendwann wurden lustige Geschichten ausgetauscht, Freundschaften erneuert und als ich ging, versprach sich ein Klassenkamerad „Schön dich kennengelernt zu haben!“. Wir kamen dann unter lautem Lachen überein, dass es schön war, sich NEU kennengelernt zu haben. Ganz sicher ist in vielen noch etwas von diesem alten Selbst drin, an welches man nach so langer Zeit mehr oder weniger undeutliche Erinnerungen hat; aber bei den Meisten konnte ich diesen Zuwachs an Persönlichkeit, an innerer Ruhe, Souveränität und Lust auf noch mehr feststellen, für den man leider erst unser Alter erreichen muss. „Wir haben noch Sonne im Herzen, dafür ’ne Hüfte mit Schmerzen“. Was soll ich sagen – aus meiner Sicht hat sich der Weg gelohnt und einige von uns haben Versprechen ausgetauscht, nicht erst wieder 10 Jahre ins Land ziehen zu lassen.
Wenn ich mich nicht so schlapp gefühlt hätte (was heute immer noch der Fall ist), wäre ich wahrscheinlich doch noch in eine Kneipe mitgezogen und hätte in der Folge Taxi fahren müssen; denn DAS wäre entgleist! Schön wär’s gewesen. Da ich mir aber sicher bin, dass es dazu alsbald eine andere Gelegenheit geben wird, kann ich das verschmerzen und wünsche allen, die dem zurzeit etwas melancholischen Simnpel bis hierher zugehört haben, einen guten Start in die neue Woche.
The Critic N°2 – Plotholes anybody…?
Es gab mal eine Zeit, da man sich unvorbereitet ins Kino begeben musste, weil nicht jede Produktion von Scharen von Aasgeiern – pardon „Medienreportern“ (oder besser, was an menschoidem Geschmeiss halt die Frechheit besitzt, sich so zu nennen) belagert wurde, und jeder noch so kleine Futzel Internes durch die Verwertungsmühle des weltweiten Desinformationsgewebes gedreht werden musste. Wenn man früher ins Kino ging, kannte man keine Analyse des Testscreenings, konnte nicht die Vorabrezensionen der ganzen Möchtegern-Feuilletonisten lesen, wusste nicht, dass der Film / die Serie evtl. durch die Produktionshölle gegangen war und hatte – außer der Werbung und einem THEATRICAL TRAILER keine Hinweise darauf, wie dieser Film sein würde. Und das war gut so! Mein Lieblingsbeispiel hierzu ist „Alien“; wenn die Leute geahnt hätten, auf was für einen Höllenritt sie sich mit dem Lösen des Tickets eingelassen hatten… wer weiß, ob dieses Meisterwerk solchen Status hätte erlangen können. Denn unter Garantie hätten all jene, die mit einem strong female Lead wie Sigourney Weaver als Ellen Ripley 1979 nichts anfangen konnten, den Film gedownvoted. Solche Machoidioten seien auch heute noch verbreitet, hab ich gehört… Jedenfalls kann man mit Sicherheit sagen, dass Kino früher ein deutlich überraschenderes Erlebnis war, als heutzutage, wo so viele von uns schwerst Smartphone-abgestumpft durch’s Leben zombieren und immerzu nur „Hab ich woanders schon gesehen“ murmeln, anstatt sich auf die Geschichte einzulassen. Buy-in? Zero…

Das heißt nicht, dass alle früheren Filme besser gewesen wären als die heutigen. Gurken wurden auch in vergangenen Jahrzehnten zu Hauf gedreht; manche von denen SO SCHLECHT, dass sie im Laufe der Zeit sogar zum Kult wurden („Dark Star“ oder „Angriff der Killertomaten“ etwa). Aber manche waren Meilensteine, weil sie entweder die Art, eine Geschichte zu erzählen vollkommen neu interpretierten, ein neues visuelles Erlebnis boten, oder die Geschichte so gut erzählt waren, dass man sich mühelos darauf einlassen konnte. „Jäger des verlorenen Schatzes“ war so ein Film. Ob man die fünf Oscars als Zeugnis dafür akzeptiert, oder nicht, ist dabei unerheblich. Aber so brilliant ich persönlich den Film bis heute finden mag – auch hier gibt es, wenn man länger darüber nachdenkt, Plotholes, welche Teile der Geschichte und vor allem die Kontinuität mit den folgenden Filmen in Frage stellen (Stab des Re und Lichtreflexion, warum glaubt Indy in späteren Teilen plötzlich nicht mehr an Magie, obwohl er sie GESEHEN hat, etcpp.). Was aber viel wichtiger dabei ist: sind diese Plotholes SO relevant, dass sie meine „Willing Suspension of Disbelief“ zerstören, also meine Bereitschaft, mich auf die Geschichte einzulassen und über diese kleinen Inkonsistenzen und Fehler hinweg zu sehen, weil mich die Story, die Welt in der sie spielt, die Charaktere als solches faszinieren und ich bereit bin, die Realität mal eine Weile Realität sein zu lassen – oder eben nicht? Und ich stelle immer mehr und immer wieder fest, dass die oben bereits erwähnte Smartphone-Abstumpfungs-induzierte ENTSTAUNUNG der Zuschauer bei gleichzeitiger Zombifizierung diese Fähigkeit zu zerstören scheint. Schneller, höher, weiter – aber wehe jemand macht sich die Mühe, Dinge mit einem Schuss melancholischer Reminiszenz an frühere Geschichten zu erzählen; da hörst du dann sofort die ganzen dogmatischen Fanboys and -girls „FANSERVICE“ schreien. Wie bigott ist DAS denn?
Ich meine – es gibt auch teure Produktionen, die einfach meine Aufmerksamkeit nicht (mehr) wert sind. Diese ganze schlecht geschriebene, schlecht produzierte, uninnovative und mittlerweile mit echt lausigem CGI durchsetzte Superhelden-Massen-Scheiße, welche Disney uns hinzuwerfen die Frechheit besitzt BRAUCHT. KEIN. MENSCH. Also… ja, wahrscheinlich gibt es schon Menschen, die denken, dass sie das brauchen, ist ja ein freies Land, aber MIR könnt ihr mit dem Müll vom Halse bleiben, danke. Ich versuche zwar, dieses ganze „Medienreporter“-Geseiere zu umschiffen, aber es klappt einfach nicht. Verficktes Clickbaiting funktioniert auch bei mir hin und wieder. Also erfahre auch ich, öfter als mir lieb ist, vorab Dinge über Titel, die mich interessieren könnten. Ganz ehrlich, wenn’s nach mir ginge könnte man IMDB, Rotten Tomatoes und andere Rating-Seiten einfach wieder abschaffen. Entweder der Film klingt interessant, oder eben nicht. So bin ich früher in Filme gestolpert, die ich andernfalls vielleicht nie angeschaut hätte. Und die mich trotzdem beeinflusst haben. Und jetzt kommen wir zu dem Film, den meine beste Ehefrau von allen und ich uns dieser Tage im Heimkino angeschaut haben: „Indiana Jones and the Dial of Destiny“ – und der mich in vielerlei Hinsicht beeindruckt hat. Auch hier finden sich wieder diverse Plotholes (Helenas Motivation zu Beginn), Zufälle (Menschen denken über etwas nach und kommen zu den gleichen Schlüssen), und eine Szene, die ich in der Form anders geschrieben hätte (keine Spoiler, aber dieser Todesfall war unnötig). Jedoch James Mangold vorzuwerfen, dass er die alten Filme nicht verstanden hätte, ist aus meiner Sicht rundweg Blödsinn.
Man kann über den Einsatz von De-Aging-Technologie streiten, oder über die Frage, warum Helena anfangs ein so verdammt nervtötendes Wesen ist. Vielleicht auch darüber, dass den Nebencharakteren, abseits einiger Aha-Momente, nicht genug Zeit eingeräumt wird. Aber all das verdeckt für mich nicht die detailverliebte und weitenteils den Geist des Originals atmende Wiedererweckung jenes Mythos, der, nach all den Abenteuern endlich an einem friedlichen Ende seines Weges angekommen ist; und DAS darf und soll man auch darstellen, insbesondere wenn „Dial of Destiny“ offiziell der letzte Indiana-Jones-Film, ist. Nostalgie? Oh ja! Fan Service? In jedem Fall! Ein echtes Indy-Abenteuer? Sagen wir mal so: wenn man von ein paar kleineren Schnitzern im Skript absieht, die früher so eher nicht vorgekommen wären, ist es dennoch für mich ein würdiger Abschluss eines wirklich großartiges Movie-Franchises. Das andere das anders sehen, liegt in der Natur der Sache und sei ihnen unbenommen. Manche Kritik zielt mir jedoch zu wohlfeil auf Aspekte rings um den Film. Phoebe Waller-Bridge sei eine Comedienne ohne echte Film-Erfahrung; nun ja, Karen Allen und Kate Capshaw waren jetzt auch keine Titanen der Film-Industrie, als sie ihre Rollen in Raiders bzw. Temple of Doom bekamen. Und was ein Zuviel an Infos von Filmsets und Fimproduktionen angeht – so manches wurde in den letzten Jahren kaputt geschrieben, bevor es an den Start kam, und so manches, während es schon lief. Man denke nur an den Shitstorm ring um „The Witcher“ und den Disput Henry Cavills mit der Showrunnerin Lauren Schmidt Hissrich, was zum Weggang des Hauptdarstellers führte.
Die ganzen dämlichen Fanboys und -girls da draußen, die sich heutzutage oft schlimmer aufführen, als die noch dämlicheren Ultras einschlägiger Fußballclubs sind es, welche das Showbiz nachhaltig beschädigen; denn indem in den Chefetagen der Film- und Fernsehstudios nur noch kurzfristige Quoten und davon abhängende Abo-Zahlen, Merchandise-Verkäufe, Werbedeals, etc. zählen, werden Stoffe, die frischer Wind sein könnten gekillt, während man verzweifelt versucht, kranke Pferde zu Tode zu reiten, solange diese noch jeder kennt. In der Folge gibt’s Einheitskost, die oft so lieblos auf den Schirm geklatscht wird, dass sich der Vergleich zu jenem amerikanischen Gefängnis-Fraß anbietet, wie man diesen aus Filmen kennt… Ich würde mir wünschen, dass Menschen wieder anfangen, selbst über ihren Medienkonsum nachzudenken und nicht unreflektiert den Quatsch nachzuplappern, denn irgendwelche selbstverliebten Möchtegern-Kritiker online abzusondern die Stirn besitzen. Mir ist es vollkommen Wumpe, ob jemand anders den letzten Indy-Film Scheiße fand – er oder sie darf das gerne für sich behalten und muss sich den Film ja auch nicht anschauen; obwohl das dabei helfen würde, wenn man ihn kritisieren möchte. Ich wäre aber entzückt, wenn man dabei einfach unvoreingenommen an die Sache ranginge. Das hilft einem im Leben nicht nur vor dem Fernseher. Einstweilen lese ich Kommentarzeilen NACHDEM ich mir irgendwas angeschaut habe und habe so manchmal wenigstens was zu lachen. Startet schön in die neue Woche – aber labert eure Kollegen nicht mit eurer Meinung zu Film und Fernsehen voll, es sei denn ihr wisst, dass es eine gemeinsame Läster-Session wird. Im Privaten ist das okay – in der Öffentlichkeit NICHT. Und Tschüss.
Der Storyschreiner N°5 – Es braucht Charakter…
Man kann irgendetwas 35 Jahre lang tun und trotzdem kaum besser darin werden, wenn man die gleichen Dinge immer auf die gleiche Art tut, ohne je zu fragen, ob es vielleicht anders ginge – oder ob DAS die richtige Art ist, es zu tun. Oder ob man überhaupt das richtige tut? Man trifft solche Menschen überall; und immer wieder stelle ich mir diese Frage: wie kommt man dazu, wieder und wieder auf neue Fragen die immer gleichen, alten Antworten geben zu wollen? Gehen diese Leute blind und taub durchs Leben? Bilden sich diese Leute nicht mehr weiter? Und ich meine damit ausdrücklich nicht nur den beruflichen Kontext. Interessieren die sich noch für irgendwas? Um etwas spezifischer zu werden: ich meine hier nicht jene Leute, die in ihrem Fachgebiet gut SIND (die bilden sich nämlich aus eigenem Antrieb weiter), sondern jene, die nur GLAUBEN gut zu sein (und sich daher auf ihren „Lorbeeren“ ausruhen). Zweifellos müsste man annehmen, dass lange Erfahrung und Praxis einen automatisch besser machen; aber Pustekuchen – tatsächlich ist es erst die (selbst)reflexive Auseinandersetzung mit dem eigenen Tun und Lassen, die Menschen an ihren Aufgaben wachsen lässt. Will heißen – roboten allein macht einen nicht besser!

Das gilt natürlich auch für kreative Tätigkeiten. Bevor der Spaß entsteht, ist zumeist harte Arbeit angesagt; die Basics lassen sich durch Immitation (abschauen und nachmachen) und Repitition (Wiederholen bis es wehtut) erlernen. Danach entsteht ein Zuwachs jedoch nur noch, wenn man sich mit seinem Handeln auch denkend auseinandersetzt. Ich merke das besonders beim Geschichtenerzählen. Ich habe über eine lange Zeit nur eine flache Lernkurve gehabt, weil ich nicht experimentierfreudig war und ein wenig eingefahren agiert habe. Etwa beim Pen’n’Paper habe ich immer schön das das „Monster of the Week“ präsentiert, bis ich dann irgendwann doch noch verstanden habe, Plots zu entwickeln, verschiedene Story-Bögen miteinander zu verflechten und die Struktur des Dramas zu nutzen. Bis heute funktioniert das mal mehr, mal weniger gut. Wobei unter SL heute auch eine gewisse Diskussion über die Frage herrscht, ob SL denn tatsächlich auch Storyteller sind? Nicht wenige sind der Meinung, dass dies nicht der Fall wäre, weil ja die Spieler durch ihre Charaktere die Geschichte erzählen, und zu viel Storytelling seitens der SL die Freiheit der Spieler einschränken würde; man kommt da ganz leicht auf das unebene Terrain der Railroading-Diskussion. Ich denke jedoch, dass SL sehr wohl ein Storyteller sein darf, ja sogar sein muss. Und dass Storytelling auch bei anderen Gelegenheiten seine Daseinsberechtigung hat. Es gibt jedoch zwischen dem Storytelling des SL beim Pen’n’Paper und bei meiner Arbeit im Lehrsaal einen inhärenten Unterschied: beim Pen’n’Paper ist es klar Charaktergetrieben, wohingegen Storytelling in der Erwachsenenbildung klar Plotgetrieben ist. Und daraus resultieren deutliche Unterschiede in der Herangehensweise.
Wenn ich Abenteuer für meine Spielrunden vorbereite, denke ich mir zuerst die Nichtspielercharaktere aus, ihre Motivationen, ihre Ziele, ihre möglichen Beziehungen zu den Spielercharakteren und wo sie aufzufinden sind. Von diesen Nexuspunkten aus weben die Spieler*innen dann ein Netzwerk möglicher Pfade, und entscheiden sich jeweils für eine Richtung, in die sie weitergehen wollen. Ich habe also keinen Plot im eigentlichen Sinne, sondern – wahrscheinlich irgendwann in Konflikte geratende – Charaktere mit jeweils eigener Agenda, aus deren Tun oder Lassen sich die Handlung der Geschichte ergibt. Meine Arbeit als Storyteller ist, den Rahmen vorzubereiten; wie jedoch das Bild am Ende aussehen wird, weiß ich zu Beginn genauso wenig wie meine Spieler*innen – mal davon abgesehen, dass das Ganze eine rein fiktionale Angelegenheit ist, die der Unterhaltung dient! Im Lehrsaal hingegen brauche ich eine Geschichte, die einerseits real genug ist und in das aktuelle Themengebiet passt, andererseits aber auch genug Anknüpfungspunkte an bereits vorhandene Erfahrungen der Zuhörenden besitzt und überdies den Weg zum Stoff interessant genug präsentiert, dass man sich aktiv damit auseinandersetzen möchte. Hier bereite ich Pfade vor, von denen ich mir wünsche, dass die Schüler*innen diese beschreiten mögen, und das unabhängig von den Charakteren. Ich habe von Anfang an eine klare Vorstellung, wo wir starten, und wo wir enden. Lediglich den Weg dazwischen gestalten die Schüler*innen beim selbstorientierten Lernen nach ihren Bedürfnissen.
Man kann also mit einem Blick erkennen, dass in beiden Instanzen Storytelling die Rolle spielt, die Leute an ihrem gegenwärtigen (mentalen) Standort abzuholen und auf eine mentale Landkarte zu führen; in beiden Fällen wählen die Zuhörenden den Weg! Im Unterrichtssetting muss ich mir als Erzähler, der gleichzeitig Lehrender ist, jedoch das Privileg vorbehalten, ein festes Ziel ansteuern zu wollen, was mein weiteres Handeln strukturiert. Am Spieltisch lasse ich mich einfach von meinen Spieler*innen mitreißen. In beiden Fällen jedoch bin ich wiederum von Charakteren abhängig. Am Spieltisch von den fiktionalen Charakteren, welche die Spieler*innen und ich entwickelt haben, um diese Geschichte gemeinsam weiter – und hoffentlich zu Ende – zu entwickeln. Und im Lehrsaal von den realen Charakteren meiner Schüler*innen, die – hoffentlich – aktiv mit den Inhalten der Erzählung zu interagieren beginnen. Und das stellt mich vor große Herausforderungen. Die Leute an meinem Spieltisch sind freiwillig da und VERLANGEN von meinem Bullshit zu hören! Die Schüler*innen jedoch… auf mich wirkt es oft so, als seien sie in jungen Jahren schon bis zu einem Level abgestumpft, welches ich so von mir selbst in dem Alter nicht kannte. Allerdings ist anekdotische Evidenz ja nicht verallgemeinerbar, also ist DAS zunächst nur so ein Gefühl.
Wenn ich raten müsste, wäre meine erste Vermutung, dass sie während ihrer allgemein-bildenden schulischen Laufbahn zu oft Menschen in die Finger gefallen sind, die seit 35 Jahren das gleiche tun, ohne sich noch je zu fragen, ob das heute noch so passt. Der Charakter zeigt sich durch das Tun oder Lassen und Lehrer sind Rolemodel, im Guten wie im Schlechten. Aber natürlich hat sich auch unser Medienkonsum in diesen 35 Jahren, seit ich in der Schule das erste Mal mit Rollenspiel in Berührung kam, erheblich verändert. Und auch damals gab es schon Pädagogen und Pauker. Ich denke, dass ich den Unterschied nicht unbedingt erklären muss. Für mich ist damit klar, dass die Funktion von Storytelling immer von den involvierten oder erzählten Charakteren und deren Motivationen, Zielen, Beziehungen abhängt. Das macht es für mich so spannend, aber auch so schwierig. Und weckt in mir den Wunsch, nicht nur noch mehr darüber zu lernen, sondern auch mehr Menschen daran teilhaben zu lassen. Mal sehen, ob, bzw. wie ich das hin kriege. Wahrscheinlich bedarf es dazu einer gewissen Charakterfestigkeit… C U soon.