Der verwirrte Spielleiter N°59 – rock the grid…?

Mit Pen’n’Paper-Rollenspiel ist es wie mit dem Essen – ab und an muss man mal was Neues ausprobieren. Oder wenigstens Dinge wieder ausprobieren, die man schon mal kannte, aber irgendwie wieder aus den Augen verloren hatte. Und wenn es einfach nur dazu gut ist, zu der Erkenntnis gelangen zu können, dass man z.B. KEIN Tactical Wargamer ist. Also… ich verstehe schon, was das Wort Taktik bedeutet und je nach gespieltem Charakter versuche auch ich durchaus, in kompetitiven Szenarien (lese: Kämpfen) den Sieg vom Platz zu tragen. Aber ich bin KEIN Wargamer. Ich habe nie verstanden, warum ein Kampf auf bestimmte Art ablaufen muss und bestimmte Manöver nur mit dieser oder jener Spezialisierung möglich sind. Now don’t get me wrong: wir benutzen auch Regeln, die für alle gleich sind. Aber die lassen Freiraum für kreative Moves, Nutzung der Umgebung, Stunt-Combos und vieles mehr. Ich selbst spiele gerne freier und als SL stehe ich auf dem Standpunkt, dass jeder Char alles probieren kann; es wird nur nicht jeder in allem gleich profizient sein. Ein Beispiel kann dies evtl. verdeutlichen: ein geübter Melee-Fighter gerät in eine bewaffnete Auseinandersetzung mit zwei deutlich größeren Gegnern. Ist der Spieler clever, wird er versuchen, die Größe der Gegner zu seinem Vorteil einzusetzen, indem er etwa zwischen den Beinen durchflutscht und die zwei ineinander laufen lässt. Hierzu ist eine Akrobatik-Probe erforderlich und je nachdem wie gut (oder schlecht) diese geschafft wird, gibt’s einen Modifikator auf den Counterstrike oder Dodge-Roll. Würde jemand untrainiertes derlei versuchen, kann er das auch jederzeit tun, hat aber eine deutlich höhere Schwierigkeit, gegen die gewürfelt werden muss (weil solche Manöver nicht beübt sind) und steht am Ende vielleicht sogar ohne weitere Aktionen da (in meinem System haben Chars per Trainingslevel nämlich unterschiedlich viele Aktionen pro Kampfrunde) und muss nun zähneklappernd hinnehmen, dass die Großen vielleicht noch einen Angriffsversuch übrig haben… Aber wir spielen das eher selten auf einem Feld-Gitter mit festen Abständen; und wenn haben die Angaben eher deskriptiven Charakter Denn Chars haben überdies teileise deutlich unterschiedliche Bewegungsgeschwindigkeiten. Mir kann doch keiner erzählen, dass sich ein richtiger Bücherwurm/Lauch genauso schnell (oder langsam) bewegt wie ein durchtrainierter Melee-Fighter oder Rogue, der mit einem professionellen Athleten vergleichbar ist.

(c) by Monika Merz

Das wird hier kein DnD-Bashing. ICH habe nur im Laufe der Jahre eine Meinung darüber entwickelt, wie manche Dinge funktionieren sollten: Für Nahkampfwaffen braucht man z. B. nämlich neben Stärke (bestimmt den Schaden) ebenso Geschicklichkeit (bestimmt die Treffer-Wahrscheinlichkeit). Dass dies in anderen Spielsystemen anders gehandhabt wird, liegt daran, dass dort kollaborative Problemlösungs-Taktik im Vordergrund steht und keiner ganz allein den Shit so richtig rocken können soll. Das ist die Idee hinter der Abenteurer-Gruppe mit ihren klassischen Archetypen (Melee-Fighter, Archer, Healer, Mage, Rogue), die alle unterschiedliche Rollen erfüllen sollen. Kein Rollenspielsystem, dass ich je kennengelernt habe, schafft hier allerdings tatsächlich Realismus. Das ist aber u. U. auch gar nicht das Ziel. Die Regeln sollen ja nur dazu dienen, eine bestimmte Idee von Gameplay und das damit assoziierte gewünschte Verhalten der Spieler in handhabbare Zahlenwerte zu übersetzen! Dass ein stolzer Krieger real keine Stärke von 20 hat, sondern einfach nur verdammt viel stärker ist, als die anderen Chars ringsum und in bestimmten Situationen sogar noch mehr Stärke mobilisieren kann, versteht jeder intuitiv. Ob die Charaktere schnell sterben, oder (wie etwa John McClane, John Wick, John Rambo oder beliebige andere Kampf-Johns) unfassbar viel aushalten, trotzdem noch stehen und weiter kämpfen, wird dabei durch eine hohe Konstitution, viele Stamina-/Trefferpunke oder ähnliche Zahlenwerte auf dem Charakterblatt ausgedrückt. Aber das Charakterblatt ist nur ein unvollständiges, auf das rein Statistische reduziertes Abbild der Person, die ich eigentlich durch mein Spiel verkörpern möchte. Knüpfe ich das Regelkorsett eng oder weit? Versuche ich möglichst viel oder eher wenig mit den Regeln abzudecken? Baue ich auf Konsens und Quick Rulings, oder soll es jedesmal in einem dauernden Rumgeblätter in Regelwerken enden…? Das sind Fragen, mit denen Gamedesigner, Spieler und Spielleiter sich häufig auseinander setzen müssen, weil die Antworten – je nachdem, wen man fragt – häufig divergieren. Auch deshalb kann es niemals EIN IMMERGÜLTIGES Regelwerk geben…

Glasboard (60×45 cm), dry-erase chalk-marker und ein selbstgebasltelter Tick-Counter…

Es gibt wenige Dinge, über die innerhalb der Pen’n’Paper-Szene wirklich Konsens herrscht, weil die Wünsche der Spieler:innen und Spielleiter:innen bezüglich der jeweiligen Themen der Spielwelt, des Grades an realistisch vs. cinematisch, der Menge an Action vs. Social Play vs. Exploration, des Umfangs sowie der Tiefe und Spezifität der Regeln für dieses oder jenes und des individuellen Grades an Immersion erheblich variieren – auf eines kann man sich aber irgendwie immer einigen: es sollte Spaß machen! Immerhin… Was aber bedeutet, dass des Einen Spaß des Anderen Pein sein kann. Kommen wir also zurück zum Thema „ausprobieren“. Ich lasse mich immer wieder gerne auf neue Erfahrungen ein, stelle aber mit zunehmendem Alter fest, dass mir eine gewisse Freiheit des Ausdruckes sowohl als Spieler, wie auch als Spielleiter wichtiger ist, als stabile Regeln (man könnte despektierlich sagen: Fluff ist mir heute wichtiger als Crunch); wenn ich dann aber irgendwelche Talente, spezielle Eigenschaften, Sprüche, etc. nachblättern muss, um zu irgendeiner Auflösung einer Kampfsituation kommen zu können, werde ich ungeduldig. Es bricht für MICH den Spielfluss – und damit die Immersion. Mir ist natürlich bewusst, dass mache Leute für die Vorstellung dieser oder jener Szene (insbesondere bei dynamischen Kampfsituationen) grafische Hilfen brauchen, die das „theatre of the mind“ unterstützen und gleichzeitig alle auf die gleiche Basis holen (siehe oben). Wie man das macht, ist Sache des Geschmacks und des Geldbeutels.

Was ich nicht mag ist, wenn das Grid dabei zu einem Diktator des Spiels wird. Mir ist es ehrlich vollkommen Wumpe, ob irgendein Char schon 30ft Movement zusammen hat oder nicht; wenn es allen logisch erscheint, dass der Char das tun könnte, was mir der Spieler beschrieben hat – go for it and let the dice decide….! Wenn „das Grid rocken“ bedeutet, dass ich jeden Scheiß ausprobieren kann, der im Rahmen der Spielwelt, der (durch den SL interpretierten) Regeln und des durch sie beschrieben erwünschten Verhaltens der Spieler möglich erscheint, bin ich an Bord – wenn mich Regeln dabei bremsen, einfach weil es halt die Regeln sind und die Idee dahinter offenkundig ist, kollaborativ-taktisches Verhalten über die Ausdrucksfreiheit des Chars zu stellen, habe ich ein Problem. Was nicht bedeutet, das Chars nicht zusammenarbeiten sollen. DAS war schon immer sinnvoll. Aber ich will weg von diesem Archetypen-Gedöns à la „Der Tank muss da stehen!“, „Der Healer kann nur dies oder jenes tun!“, „Nur der Rogue kann jemanden backstabben!“. Das ist für mich ganz persönlich stereotyper, ausgenudelter, langweiliger Scheiß, weil es subjektiv meine Agency einschränkt. Kann man natürlich – wie bereits weiter oben erwähnt – anders sehen. Ganz egal, welche Variante man besser findet – in jedem Fall sollte der Spielfluss geschmeidig sein und möglichst wenig durch Referenzgeblättere unterbrochen werden, weil ich (und vermutlich auch andere) sonst ganz schnell rauskommen. Und dann ist es mit dem einzigen, worauf wir uns ja einigen können – nämlich dem Spaß – Essig! In diese, Sinne – always game on!

Zuviel…

Es gibt diese Zeiten, zu denen Überfluss herrscht. Wir sind ja gerade in der Adventszeit, da herrscht – natürlich – ein Überfluss an Kalorien, insbesondere an solchen der umzuckerten Art. Allerdings ist das sogenannte „Vierte Quartal“ in vielen Gewerken auch so etwas wie ein verschärfter Jahresendspurt. In der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung fällt dann plötzlich allen ein, dass sie noch dies, das oder jenes brauchen. Meistens Pflichtstunden mit Fortbildungsinhalten. In manchen Berufen ist sowas halt vorgeschrieben. Was daraus folgt, ist – natürlich – Stress für jene, die solche Dienstleistungen erbringen. Man könnte derlei verhindern, indem man sich über das Gesamtjahr hinweg einen Plan macht und nicht alles in die letzten drei bis vier Monate stopft; aber im ersten Quartal ist ja noch SO VIEL Zeit. Im zweiten Quartal hat man ja SO VIEL zu tun. Im dritten Quartal müssen ALLE in Urlaub (was mit Verlaub ein Riesenquatsch ist – hätten wir keine schulpflichtigen Kinder, würden wir einen Teufel tun, in der schweineteuren Hauptsaison zu verreisen!). Und plötzlich klopft Weihnachten zaghaft an die Großhirnrinde, erste Schoko-Nikoläuse und Spekulatius tauchen in den Geschäften auf und alle Welt ruft: „Mist, wir haben da was vergessen!“ Es ist, seit ich damit zu tun habe, jedes Jahr das gleiche Spiel. Mittlerweile nervt es nur noch!

Sehnsucht…

Aber das mit dem Überfluss ist auch an vielen anderen Stellen zu bemerken. Ich habe in diesem Format ja schon häufiger auf die vielen Probleme des Konsummaterialismus hingewiesen; die Leier müssen wir heute nicht spielen. Es gnügt an dieser Stelle einmal sanft darauf hinzuweisen, DASS IHR SPACKOS ENDLICH AUFHÖREN MÜSST, UNSERE WELT ZU VERBRAUCHEN, ALS WENN WIR NOCH EINE ZWEITE IN RESERVE HÄTTEN! Seht iht – tut doch gar nicht so weh, oder? Worum es mir heute geht, ist eher das zuviel an Ungesundheit. In meinem Berufsfeld macht man sich heute, zumindest während der Ausbildung durchaus Gedanken über Salutogenese, also die Gesunderhaltung von Menschen, weil präventive Medizin viel vernünftiger wäre, als kurative; man renoviert ja auch seine Hütte, BEVOR sie in sich zusammenfällt. Nur dass jeder Finanzverantwortliche im Gesundheitswesen natürlich weiß, dass sich mit Krankheit – auf Grund der heute üblichen Organisation der Vergütung von Leistungen – in den meisten entwickelten Industrienationen viel mehr Geld verdienen lässt, als mit Gesundheit. Wir haben zwar Programme, die zu besserem Umgang mit der eigenen Gesundheit anregen sollen, indem mit positiven Anreizen gearbeitet wird – doch diese Programme kommen von den Kosten-Trägern, nicht den Leistungserbringern. Sie sind allesamt freiwillig. Und es geht nicht um den Erhalt der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger, sondern um den möglichst günstigen Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer heimischen Wirtschaft. „Ja ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt…“ Denn je länger wir effizient arbeiten können und je weniger die „Instandhaltung“ kostet, desto besser funktioniert die Umverteilung von unten nach. Es lebe ein hoher Gini-Koeffizient!

Was ist dann aber, wenn man plötzlich öfter oder länger krank wird? Nun dann wird man zu einer Betriebskostenproblematik, die selbst in Tendenzunternehmen dazu führt, dass sich die Verantwortlichen auf den Weg machen, einen halbwegs verträglich zu entsorgen. Klingt das in manchn Ohren jetzt ein bisschen asozial, oder gar brutal? Tja, aber so ist die Realität im frühen 21. Jahrhundert nun mal – Geld regiert die Welt. Bist du nicht (mehr) dienlich, für andere welches zu verdienen, bist du entbehrlich. Ich selbst habe diese Erfahrung bisher noch nie als Betroffener machen müssen, aber ich muss nicht sehr weit schauen, um die Mentalität sehen zu können, die dahinter steht: Betriebswirtschaftslehre ist übrigens der Name… und ich denke darüber intensiv nach, weil mein Körper mir eben in dieser Zeit des Überflusses im Guten wie im Schlechten eben zu verstehen gibt, dass ich nicht so weiter machen KANN, wie bisher. Die Zeichen welche meine Physis sendet, sagen mir unmissverständlich, dass meine Cognitio und meine Emotio das Tempo und die Intensität der Belastung nicht weiter mitzugehen willens und in der Lage sind. Einfacher formuliert: im Moment fehlt nur noch die nächste hypertensive Entgleisung. Und SO WEIT lasse ich es bestimmt nicht kommen! Man könnte meine gegenwärtige Beziehung zu meinem Job als Hassliebe charakterisieren. Ich LIEBE meine Arbeit – aber ich HASSE die Bedingungen, zu denen ich sie derzeit erbringen muss!

Man kann sich selbstverständlich unfassbar viel schönreden, sich für wichtig, ja eventuell sogar für unersetzbar empfinden und seine ganze Selbstwirksamkeit über die ausgeübte Arbeit erzeugen. Aber am Ende des Tages interessiert sich dein Arbeitgeber nur dann für deine Befindlichkeiten, wenn du lieferst – am Besten mehr, als vertraglich vereinbart. Schon wenn irgendjemand aus dem „Managment“ Friktionen im Dienstablauf nur in der Ferne kommen zu sehen glaubt, ist schon die Kacke am Dampfen; und die Arbeitsaufträge, möglichst schnell alles wieder auf normal zu regulieren lassen nur sehr kurz auf sich warten. Aber wehe, du selbst hast Ideen, Pläne, Projekte, Veränderungen, Innovationen, etc. in der Mache und benötigst Freigaben, Entscheidungen, etc – dann wartest du bis zum Sanktnimmerleinstag, weil… es könnte ja Geld kosten! Meine diesbezüglichen Erfahrungen der letzten Jahre waren mannigfaltig und mein Bedarf ist mittlerweile mehr als gedeckt. Weil ich im Moment schlicht nicht mehr annähernd so leistungsfähig bin wie sonst, macht mir das alles sehr zu schaffen. Man beginnt ob des Umstandes, öfter um Hilfe bitten zu müssen und nicht mehr alles wie gewohnt hinzubekommen seinen Wert in Frage zu stellen – obwohl genau DAS genau DIE FALSCHE Frage ist – denn unten im tiefen Grunde meines Herzens weiß ich sehr genau, wie viel ich wert bin. Es fällt mir nur gelegentlich schwer, mich daran zu erinnern… Es sind noch 15 Tage bis Heiligabend und mir ist ALLES ZUVIEL! Nur um das an dieser Stelle noch mal klarzustellen: es mangelt mir nicht an Ideen, Plänen, Kreativität. Es mangelt mir jedoch an den Möglichkeiten, diese umsetzen zu können; und das drückt hart auf die Motivation. Wie ist es bei euch so…?

Stuck in the middle N°5 – about depression…

Ich schaue aus dem Fenster und die Stadt liegt vor mr in grau in grau – feuchter Dunst, soweit das Auge reicht; man kann die nasse Kälte spüren, ohne vor die Tür zu gehen. Tage, an denen man keine sonderliche Motivation verspürt, etwas anderes zu tun, als seine Zeit drinnen mit Dingen zu verbummeln, die Spaß machen und mit Arbeit überhaupt nichts zu tun haben. Zeit, in sich hinein zu lauschen und zu hören, was das Drinnen zu vermelden weiß, wenn das Draußen so wenig Wert auf seine Präsentation zu legen scheint. Alles kann, vieles darf, nix muss! Scheiß auf Selbstoptimierung! Scheiß auf Achtsamkeit! Scheiß auf Effizienz! Denn heute ist verdammtnochmal Sonntag. Das Drinnen reflektiert ja oft das Draußen, doch im Moment fühle ich nicht so. Ich bin die Tage von einem lieben Freund gefragt worden, ob es momentan einfach nur viel Arbeit wäre, oder ob das emotionale Befinden auch (mal wieder) eine Rolle spielen würde? Wir sind schon vor einer ganzen Weile überein gekommen, die äußeren Umstände (Stress, Konflikte, etc.) und den jeweiligen Zustand unserer Depression getrennt voneinander betrachten zu wollen. Objektiv kann es einem ziemlich gut gehen und trotzdem ist drinnen Weltuntergang. Wer noch nie mit einer Depression zu tun hatte, KANN NICHT VERSTEHEN, wovon ich gerade spreche; deshalb noch mal in aller Deutlichkeit: du kannst in einem Rolls Royce durch die Stadt fahren, eine wunderschöne Person im Arm halten und dich trotzdem einsam, unfähig und von allem enttäuscht fühlen. Das geht ganz einfach – du musst nur beim Seelencheckout, wenn du in den nächsten Reinkarnations-Zyklus gehst, dass All-Scheiße-Inclusive-Paket eingebucht bekommen. Auf zur nächsten Runde und Danke für nichts.

Um es klar zu sagen: die Herbst- und Winterzeit, wie sie sich derzeit präsentieren sind eine Supergelegenheit, mal wieder richtig auf Talfahrt zu gehen. Was mich im Moment irritiert ist die Gelassenheit, die ich verspüre. Ich bin nicht depressiv. Ich bin überarbeitet, habe keine Zeit, die Dinge zu tun, die ich eigentlich momentan tun müsste weil mein Team derzeit ausgedünnt ist und ich auch nach einigen Tagen Ruhe immer noch nicht wieder vollständig genesen bin. „Drauf geschissen, geht schon irgendwie“ funktioniert aber nicht unbegrenzt lange! Möglicherweise macht mich meine protestantische Arbeitsethik, die ich von meinem Vater erlernt habe hier gerade zum Opfer. Keine Ahnung, bisher war ich auf meine Sekundär-Tugenden wie Arbeitsethos, Pünktlichkeit, Belastbarkeit, etc. immer stolz gewesen. Und zwar nicht, weil ich dadurch für jemand anders Wertschöpfung betreiben durfte, sondern weil ich meine Tätigkeit wirklich als sinnvoll, sinnstiftend und essentiell wichtig erachte. Kann vermutlich NICHT jede*r von sich sagen, würde ich behaupten. Und doch ist im Moment die Arbeits-Batterie unendlich leer, meine Bullshit-Toleranz beinahe aufgebraucht und mein Bedarf an Pausen größer, als die Wochenenden diesen zu stillen vermögen. Und irgendwie warte ich schon darauf, dass meine Bosse wieder mit irgendeinem neuen Scheiß um die Ecke kommen, den ich momentan nicht bearbeiten kann; schlicht weil mir Zeit und Energie dazu fehlen. Wäre ich damit allein , ginge es ja noch, aber der Rest meiner Mannschaft pfeift auch auf dem letzten Loch. Und es sind noch unendlich vollgepackte drei Wochen bis zum Urlaub… Wie gesagt, eigentlich erwarte ich jederzeit einen Zusammenbruch, aber im Moment zeigt sich meine Psyche stattdessen resilient wie schon lange nicht mehr. Habe ich was dazugelernt…? Ich weiß von mir, dass meine Depression tatsächlich endogen angelegt zu sein scheint (mütterlicherseits vererbt), wobei es aber verschiedene Trigger gibt, die ich bislang identifizieren konnte (einer davon ist Arbeitsüberlastung…). Vermutlich kann ich denen mittlerweile trotzdem instinktiv besser aus dem Weg gehen, als ich das früher konnte. Einfach wird es in diesem Leben trotzdem nicht mehr!

Erstellt mit ChatGPT…

Was mich in dem Zusammenhang am meisten irritiert ist, wie viele Posts/Threads in den antisozialen Medien sich mittlerweile mit dem Thema Depression auseinandersetzen. Da trendes gerade was! Wenn es dabei um Aufklärung, um professionelle Hilfsangebote, um „geteiltes Leid ist halbes Leid“ geht, lasse ich mir das ja noch gefallen. Aber nicht wenige Honks da draußen haben sich einfach nur ein bisschen gefährliches Halbwissen angelesen und glauben jetzt wirklich, halbgare Heilsbotschaften herausposaunen zu können. Ist auch so ein Trend, den ich in den letzten Jahren bemerkt habe. Ich weiß nicht, ob das so ein Generationsding ist, aber es scheint in Mode gekommen zu sein, zu glauben, dass man einen Sachverhalt nicht mehr intensiv studieren und sich dem Gegenstand kritisch über mehrere mögliche Zugänge annähern muss, um auch wirklich umfassend Bescheid zu wissen, bevor man sich äußert oder irgendwas tut – kaum ein paar Webseiten und Videos auf TikTok konsummiert, sich ’n bisschen was zusammengereimt und schon glaubt man, bewaffnet mit seiner „Professur“ von der Google-University besser Bescheid zu wissen, als echte Spezialisten im Feld. Etwas mehr Imposter-Syndrom anstatt Dunning-Kruger täte unserer Welt manchmal echt gut (auch wenn beides Scheiße ist…)! Noch schlimmer sind allerdings diese ganzen Berater-Fuzzies, die versuchen, mit den Problemen, Unsicherheiten, Schwächen, Ambivalenzen anderer Menschen Geld zu machen. Die sind einfach nur gefährlich, nutzlos und eine deutlich schlimmere Pest als die Dunning-Kruger-Kinder dieser Welt, weil sie all die Unsicherheit ihrer Mitmenschen wissentlich und willentlich ausnutzen. Pfui Teufel! Wie man es auch dreht und wendet, das Thema bleibt für mich persönlich IMMER AKTUELL. Mache ich hier eigentlich auch gerade ungerechtfertigterweise auf mich aufmerksam? Keine Ahnung. Aber falls es doch so rüberkommen sollte: darum geht es mir nicht. Sondern nur darum, dass das „Stuck in the middle“-Gefühl, welches ich in den letzten Posts ausführlich beschrieben habe definitiv auch ein Trigger sein kann, den man im Auge behalten sollte. Und damit ist es auch erst Mal gut. Ich wünsche einen schicken Start in die neue Woche.

Stuck in the middle N°4 – about gaming…

Gehen wir mal lieber ein Stück weg von den eher philosophischen Betrachtungen der letzten Posts und rein ins pralle Leben; bevor hier noch jemand einschläft… Wenn man die 50 überschritten hat, wird alles grau, man lebt nur noch auf die Rente hin und jeder Spaß ist der Routine gewichen. Man was hatte ich als Jugendlicher für beknackte Vorstellungen über das Älterwerden! Man muss allerdings auch sagen, dass das durchgängig positive Kultivieren des inneren Kindes durchaus Kraft kostet. Kraft die nicht jede*r aufbringen kann oder will! Ich weiß nicht, ob ihr schon mal so jemanden kennengelernt habt, aber in meiner Erfahrungswelt gibt es auch jene Menschen, die mit 25 schon mental alt sind, weil sie den Lebensweg bis zur Rente durchgeplant haben: Heirat mit 23-24, erstes Kind mit 26-27, Haus gekauft mit spätestens 30, jedes Jahr 2 (vielleicht auch 3) Wochen Malle all inclusive, wenn Kinder da sind, halt nur noch 10 Tage Center-Parks (weil recht teuer), Anpassungs-Fortbildungen (oder – Gott behüte – sogar Jobwechsel) nur, wenn unbedingt nötig. Dazu gehören (vor allem auf dem Dorf) die typischen Vereinsmitgliedschaften, etc., Fußball kucken, Grillfeste, und was weiß ich nicht noch alles…! Ums klar zu sagen: wenn das jemandes Leben ist, ist das jemandes Leben und wer er/sie/es damit zufrieden ist, ist das gut so! Nur für mich ist das nix. Ich hätte bei so viel (teilweise extern indoktrinierter) Routine mit spätestens 31 an einem Heizungsrohr im Keller gehangen – ich schwör‘! Ich hatte im letzten Post dieser Reihe schon anklingen lassen, dass Gaming für mich ganz persönlich ein großer psychologischer Energieerzeuger ist; die Art von Gaming, die ich haptsächlich betreibe (klassisches Pen’n’Paper-Rollenspiel, aber auch gerne mal die Konsole quälen, momentan eine PS5) ist damit verbunden, ein erhebliches Level an Immersion in die secondary World zu erleben. Also so weit als nur eben möglich in ein Spielerlebnis einzutauchen, dessen inhärente Logik, Umwelt, Geschichte und Regeln sich erheblich von meiner jetzweltlichen Lebensrealität unterscheiden. Weil ich manchmal von der echten Welt so gestrichen die Nase vollhabe, dass ich sie nicht mehr ertragen kann. Wie bereits öfter erwähnt bin ich nämlich „stuck in the middle“…

Eigentlich müsste dieser Post dann aber „about escapism…“ und nicht „about gaming…“ heißen, nicht wahr? Well, we’ll see into that, shall we…? Eskapismus bedeutet ja zunächst per definitionem lediglich die Flucht aus der Realität, womit allerdings noch nicht gesagt wird, wie und wohin man denn nun flieht. Das kann einfach nur eine Trauminduzierte Phantasie sein (wobei „einfach“ in diesem Zusammenhang relativ zu sehen ist, wie ich hier schrieb), die bewusste Rezeption von Kunst (indem ich mir Zeit nehme, Works of Art, gleich welcher Coleur auf mich wirken zu lassen), oder eine simulierte Andersrealität wie etwa ein Film, ein Buch, ein Spiel. Durch welches der genannten Medien das Ziel der Immersion, also des willentlichen Übertretens in die Secondary World dann erzeugt wird, ist dabei stets individuellen Bedürfnissen überlassen. One man’s junk is another man’s art…! Für mich ist die Vorstellung in die Haut einer anderen Person schlüpfen zu können – und dabei gleichsam an einen Ort zu gelangen, an den ich auf andere Art nicht hinkommen könnte, schlicht weil er HIER in unserer Realität nicht existiert – immer wieder auf’s Neue reizvoll. Es lässt mich Dinge erleben, die zwar einerseits nicht wirklich sind (so sehr verbleibt man dann doch in der Realität) – auf der anderen Seite, wenn die Storyteller ihr Handwerk verstehen, aber für mich EMOTIONAL real genug werden, mich in dieser Situation subjektiv wiederfinden zu können; und dann zu denken, zu sprechen und zu handeln, wie es mein Charakter (also diese andere Haut, in die ich geschlüpft bin) tun würde, NICHT jedoch wie ich es tun würde. Der Reiz entsteht für mich dabei aus dieser ambivalenten Spannung, sehr wohl immer noch Ich zu sein und dennoch weit genug weg von meinem Alltag Dinge erleben zu können, die meinem realen Ich auf immer versperrt bleiben werden. Das Theater in meinem Geist entwirft dabei umwerfende Szenerien und Szenarien, deren Kunstfertigkeit und Detailtiefe es mit jedem Setdesigner in Hollywood locker doppelt und dreifach aufnehmen kann! Das innere Auge ist ein mächtiges Instrument, wenn man es nur regelmäßig trainiert…

…leider habe ICH kein solches Gaming-Zimmer!

Tatsächlich irritiert es mich selbst immer mal wieder, wie einfach mir dieser Wechsel von meiner Lebensrealität in die Andersrealität gelingt; es hat vermutlich einerseits damit zu tun, dass ich das seit über 35 Jahren mache (also seit einer Zeit, da es noch NICHT vom Mainstream als charmant anerkannt wurde, ein Nerd zu sein) und das sich meine sonstigen Interessen, befeuert durch meine natürliche Neugier dadurch im Laufe der Jahre sehr weit aufgefächert haben. Man könnte es auch sagen: meine Wissenstiefe und -vielfalt haben eindeutig von meinem Lieblingshobby profitiert; einfach, weil ich mich immer wieder in teils echt obskuren Shit eingelesen habe, mit dem ich anders NIE in Berührung gekommen wäre. Andererseits habe ich diesen Ehrgeiz, diese intrinsische Motivation, mir verschiedenste Dinge aneignen, sie verdammtnocheins verstehen zu wollen. Ich vermute, ich habe hier ein wenig soziales und kulturelles Kapital mitbekommen. Ich habe von meinen Eltern tatsächlich nur sehr selten ein „das kannst du nicht“ oder „das darfst du nicht“ zu hören bekommen; und wenn, war meist ein „noch“ mit im Satz. Das macht einen offener für alle möglichen Erfahrungen. Das bedeutet nicht, dass ich es als Nerd-Kind, dass ich nun mal war einfach gehabt hätte. Es gibt mir heute aber die Selbstsicherheit, manche Dinge einfach zu machen, obwohl manche sagen, dass das nicht ginge… Wie man es auch dreht und wendet, ich bin dankbar dafür, dass mich ein paar likeminded weirdos vor so langer Zeit in das Hobby eingeführt haben; denn es bleibt meine Opportunity N°1, mein „stuck in the middle“-Sein besser ertragen zu können. So, nu isses aber gut für jetzt – mehr folgt die Tage. Bis dahin – stay safe and game as much as you can!

Stuck in the middle N°3 – about the individual…

Und worum geht’s nun überhaupt – wer oder was ist hier „stuck in the middle“? Gott, Teufel, der Autor, alle und niemand? Auch auf diese Frage kann ich keine allgemeingültige Antwort geben, sondern nur eine hoch individuelle – und die ist zunächst nur für mich selbst gültig. Ob irgendjemand anders damit auch nur ein MÜ etwas anfangen kann, ist von so vielen Kontextfaktoren abhängig, dass ich darüber nicht sinnieren möchte. Aber ja – ICH bin „stuck in the middle“, gefangen ohne Chance auf Entkommen. Man nennt das Gefängnis übrigens Leben; oder anders gesagt, meine aktuellen Lebensumstände. Aber keine Sorge, das wird hier weder Ergotherapie auf Kosten der Leserschaft, noch eine weitschweifige Midlife-Crisis-getriggerte Laudatio auf den Verlust der Jugend. Der Lack is ab – damit bin ich fein! Denn ich habe dafür jede Menge Erfahrung erworben, die ich um nichts missen möchte. Die Kids werden langsam größer, selbstständiger und diskussionsfreudiger; auch das ist halt so, ich musste ihnen ja unbedingt schon früh zeigen, wie Ironie funktioniert – Karma ist auch für mich ein Bumerang. Mit der besten Ehefrau von allen läuft alles schön. Was mich derzeit hart fickt: (a) Dass ich so blöd bin, meine Selbstwirksamkeits-Erwartung immer noch an meine Kreativität koppeln zu wollen, wenn ich für meine Bosse doch nur noch ein finanzdirigierter Verwaltungsheini bin. (b) Dass ich langsam wohl doch akzeptieren muss, dass man Menschen insgesamt nur sehr sehr schwer ändern kann, ohne ihnen harte Gewalt anzutun. (c) Dass mein Ventil, um all diesen Dingen wenigstens ab und an zu entkommen momentan offen gestanden viel zu selten geöffnet werden kann – ich bin dauerunterzockt! An (a) könnte ich vielleicht etwas ändern, wenn ich wollte. Lieber wäre mir aber eine Veränderung des Aufgabenprofils oder ein anderer Job, der meine Kreativität tatsächlich fordert. Über (b) werde ich mich noch ein bisschen ärgern, bevor ich es irgendwann in den nächsten zwei bis drei Jahren vielleicht doch annehmen kann. Wir werden sehen. Aber (c)… da muss was passieren, sonst drehe ich hohl. Denn wie die letzten zwei Posts dieser Serie hoffentlich sehr klar herausgstellt haben, brauche ich JEDES Futzel frischer Energie, um dieser gequirlten Scheiße an jedem neuen Tag wieder entgegentreten zu können.

Aber woher kommt dieses „stuck in the middle“-Gefühl? ich habe neulich an einem Seminar teilgenommen und die Trainerin interpretierte das Eisbergmodell auf eine Art, die mich an alte Überlegungen erinnert hat: wenn wir uns an Freud und seine drei Instanzen der Psyche (das ES, also unsere Triebe, das ÜBER-ICH, also unsere Moral und das ICH als vermittelnde Instanz zwischen den zwei Extremen und Ausdruck unserer Persönlichkeit) erinnern mögen, so wird uns schnell klar, dass große Teile dessen, was in uns tagtäglich passiert vollkommen natürlich vor dem Zugriff der restlichen Welt verborgen bleiben müssen; und was hassen wir manchmal jene Menschen, die ihr Herz unbekümmert auf der zunge vor sich hertragen… und bewundern sie gleichsam für ihren Mut. Auch wenn dieser Mut manchmal einfach nur fehlinterpretierte Gleichgültigkeit, Unbesonnenheit oder Dummheit sein mag. Was aber bei einem genaueren Blick (unten findet sich eine Grafik dazu) ins Auge fällt, ist Folgendes: unsere Bedürfnisse und unser Wille, diese auch irgendwie umgesetzt zu sehen gründen auf einem diffusen Geflecht aus Emotionen, Trieben, internalisierten Ritualen, kulturellen Praktiken, Träumen. All das haben wir erworben durch unsere verschiedenen Sozialisationsinstanzen und unsere Bildung. Beides steht in engem Austausch miteinander, denn kulturelles und soziales Kapital wie Pierre Bourdieu dies nennt entstehen im Austausch mit unserer Familie und unseren Peergroups; je mehr an diesen Orten Wert auf Bildung gelegt wird, desto wahrscheinlicher wird ein eigener Bildungserfolg im Sinne akademischer Abschlüsse mit höherem Wert auf dem Arbeitsmarkt. Und damit automatisch sozio-ökonomischer Status. Das bedeutet aber, dass bestimmte Teile unseres Selbst von der Natur gegeben und andere Teile sehr früh erworben werden. Die Grundmauern eines Hauses lassen sich aber nur nich sehr schwer verändern, wenn es erst einmal steht…

Ich bin also „stuck in the middle“, weil wesentliche Teile von mir einfach schon Mensch Level 50 sind; und damit meine ich nicht meine Knie oder Schultern (die sind manchmal gefühlt eher Level 90…). Meine Erfahrungen, meine Sozialisation, meine Erziehung haben Errosionsspuren in meinem Hirn hinterlassen, die sich nicht so einfach glätten oder umbauen lassen; und das geht allen Menschen so. Wir können uns nicht beliebig schnell, beliebig oft an beliebig viel Neues anpassen, weil weder unsere Hirnstruktur noch die darauf basierende Psyche dazu in der Lage sind. Allerdings lernen Menschen mitnichten ab einem bestimmten Alter nichts mehr dazu; der Spruch „Einem alten Hund kannst du keine neuen Kunststücke mehr beibringen“ ist Quatsch, denn die Neuroplastizität (die Fähigkeit unseres Hirns, neue synaptische Verbindungen zu bilden) bleibt bis ins hohe Alter erhalten, außer sie wird durch neurodegenerative Prozesse (wie etwa Alzheimer-Demenz) eingeschränkt. Neues Wissen und vor allem neue Verhaltensweisen müssen jedoch in den vorhandenen Bestand einsortiert werden. Je mehr Biographie angehäuft wurde, desto größer ist der Widerstand der durch die Neuigkeit überwunden werden muss und desto größer ist die interne Koordinationsleistung, diese Neuigkeit mit allem anderen in Einklang zu bringen – oder ggfs. sogar Altgekanntes zu ersetzen. Es ist ist eben diese Anstrengung (nämlich von der Couch in der Komfortzone vertrieben zu werden), die viele Menschen (instinktiv oder bewusst) davor zurückschrecken lässt, sich mit Dingen abseits ihrer bisherigen Lebens- und Erfahrungswelt auseinanderzusetzen. And here I am, thrown in a world of constant change… and the change gets faster all the time, while I stand still, overwhelmed by the challenges imposed on my unwilling self; hoping it’ll all be over soon. But it won’t! Never!

Ich verstehe gut, warum Menschen sich lieber von ihren Blasen einfangen lassen, in denen sie gesagt bekommen, dass alles gut wird, dass sie sich nicht anstrengen müssen, dass es schon nicht so schlimm wird, dass sie sich nicht ändern müssen, das gar nichts sich ändern muss. Es sind ja nicht nur unredliche Politiker, welche auf diese Art ihre Macht zu sichern suchen. Typen und Tussen mit Heilsversprechungen gibt es da draußen mehr als genug. ANGST? STOLZ? EIGENNUTZ? Schon mal davon gehört in letzter Zeit? Heute, im Zeitalter der antisozialen Medien umso mehr, wo es so einfach geworden ist, mit einem hinreichend verlockenden Versprechen, einem bisschen geschicktem Marketing und einem MÜ Charisma fast jeden Scheiß verkauft zu bekommen – einfach weil unsere tiefe Binnenpsyche es will! Die will verarscht werden, wenn sie (und damit ich als Ganzes) sich dadurch gut fühlen kann. Daniel Kahnemann hat alles aufgeschrieben, was man dazu wissen muss. Die Frage bleibt, was man dagegen tun kann. Denn solange es immer wieder Menschen mit rein egoistischen Absichten gibt (man könnte die auch Verbrecher nennen), wird sich immer jemand finden, der unsere neurobiologische und neuropsychologische Verfasstheit als Menschen für den eigenen Vorteil ausnutzen wird. Sich dagegen zu imprägnieren bedarf es mehrerer Schutzschichten. Eine davon ist Bildung; nicht jedoch die Druckbetankung mit kontextlosem, trägem Wissen. Eine weitere ist Haltung der Ehrlichkeit, Kritikfähigkeit (aktiv wie passiv) und Wertschätzung, die sich aus dem kritischen Umgang mit Welt nährt und durch Bildung vorbereitet wird. Eine dritte ist ein humanistisches Menschenbild und der damit einhergehende Altruismus, der uns Menschen eigentlich (bis auf wenige Ausnahmen) von Natur aus zu eigen ist. Die Vierte jedoch ist die Bereitschaft, diesen Feinden des Gemeinwesens die Stirn zu bieten, wo immer dies möglich und notwendig ist; und mit ALLEN zu Gebote stehenden Mitteln. Genug für jetzt, ich wünsche noch einen schönen Tag – bis bald…

  • Kahnemann, D. (2011): Schnelles Denken, langsames Denken. München: Siedler Verlag in der Verlagssgruppe Random House.

Stuck in the middle N°2 – about society…

Now, there's one thing you might have noticed I don't complain about: politicians. Everybody complains about politicians. Everybody says they suck. Well, where do people think these politicians come from? They don't fall out of the sky. They don't pass through a membrane from another reality. They come from American parents and American families, American homes, American schools, American churches, American businesses and American universities, and they are elected by American citizens. This is the best we can do folks. This is what we have to offer. It's what our system produces: Garbage in, garbage out. If you have selfish, ignorant citizens, you're going to get selfish, ignorant leaders. Term limits ain't going to do any good; you're just going to end up with a brand new bunch of selfish, ignorant Americans. So, maybe, maybe, maybe, it's not the politicians who suck. Maybe something else sucks around here... like, the public. Yeah, the public sucks. There's a nice campaign slogan for somebody: The Public Sucks. Fuck Hope.George Carlin

Starker Tobak? Nö! Ich denke, es ist die schlichte Wahrheit und zwar unabhängig davon, ob damit in meinem Verständnis die US-amerikanische Öffentlichkeit gemeint ist (welche Carlins These gerade vor wenigen Wochen einmal mehr schlagend bewiesen hat), oder die bundesdeutsche. Unser Land mag um ein Mehrfaches kleiner sein, als die Vereinigten Staaten; unsere Politiker sind dennoch vom gleichen Schlag. Oder um noch einmal auf das kürzlich Gesagte zurückzukommen: ANGST, STOLZ, EIGENNUTZ. Ich sagte auch, dass ich mich für eine durchschnittlich intelligente Person hielte, was bedeutet, dass ich keine Ahnung habe, warum das so ist. Okay… das war gelogen. Ich glaube, eine ganz gute Vorstellung zu haben, warum unsere Gesellschaft und damit unsere Politiker als deren Produkt so ticken, wie sie ticken. Ich kann allerdings keine echte Lösung für das Problem anbieten. Es wäre mir jedoch wichtig, dass mehr Menschen begännen, diese verfickte Verfasstheit von uns allen als das PROBLEM wahrzunehmen, dass sie ist! Denn im Moment scheint einfach nur jeder zu denken, dass ihn „Das Große Ganze“ nichts anginge und dieses (also der Staat) ihm/ihr daher auch nichts zum jeweiligen Kleinen Ganzen zu sagen hätte. Hier spielen Gedanken des amerikanischen Libertarianismus eine Rolle, welche z. B. Michael Sandel in Kapitel drei seines Buches „Gerechtigkeit. Wie wir das Richtige tun.“ beschrieben hat (S. 85 ff.). Im Grunde wollen Libertarier höchstmögliche individuelle Freiheit bei geringstmöglichem staatlichen Eingriff, weil sie – ganz dem Utilitarismus verpflichtet, aus dem sie entstanden sind – davon ausgehen, dass jede und jeder voll und ganz für sein bzw. ihr eigenes Wohl oder Wehe verantwortlich sind. Klingt ein bisschen wie die Blaupause für die narzisstischen, dogmatischen Egomanen, von denen ich in meinem letzten Post sprach, nicht wahr. Wenn aber nun ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung aus geistig und sozial derart aufgestellten Individuen besteht… nun ja. Thomas Hobbes hätte das wohl den Bellum omnium contra omnes genannt: den KRIEG ALLER GEGEN ALLE! Wie war das noch mal mit ANGST, STOLZ, EIGENNUTZ…?

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Kant glaubte noch daran, dass auch ein moralisch schlechter Mensch prinzipiell ein guter Bürger sein könne, wenn nur die Verfassung (also die Gesetze) und die Öffentlichkeit (also, wie die Menschen diese Gesetze leben) so beschaffen seien, dass sie einander jeweils in der Balance hielten. Zumindest interpretiert Hannah Arendt ihn auf diese Weise in den Vorlesungen, welche sie 1970 an der „New School for Social Research“ gehalten hatte (nachzulesen bei Ronald Beiner, S. 16 ff.). Ich bin mir nicht sicher, aber so wie ICH unsere heutige Gesellschaft lese, halten sich die Menschen NICHT gegenseitig in der Balance. Das könnte meiner Meinung nach (und ich bin ein wesentlich geringerer Denker als Arendt oder Kant) daran liegen, dass viele Philosophen auf Grund ihrer jeweils eigenen Erfahrungen von ethnisch, religiös und sozial zumindest weitgehend homogenen Gesellschaften ausgingen. In einer solchen Konstellation, in welcher fast alle Bürger einander auf Augenhöge und auf der Basis geteilter kultureller und sozialer Praktiken begegnen, mögen Kants und Arendts Ideen (theoretisch) funktioniert haben; doch unsere moderne Gesellschaft (in den USA genauso wie in der BRD) ist in höchstem Maße pluralistisch aufgestellt. 11,5 Millionen Menschen aus Dutzenden anderer Staaten leben in Deutschland. Dazu kommen viele weitere, welche die deutsche Staatsbürgerschaft haben, jedoch ihren Migrationswurzeln verbunden bleiben wollen. Die daraus entstehende Mischung hat profunde Auswirkungen auf das Miteinander. Einerseits, weil Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund immer noch anders wahrgenommen werden, als so eine biodeutsche Alman-Kartoffel, wie ich selbst eine bin (Stichworte: Alltagsrassismus, Racial Profiling, Benachteiligung). Andererseits, weil die Art, wie mit bestimmten Situationen umgegangen wird, definitiv kulturell geprägt ist. Alles ist im Fluss, weil Kultur gleichzeitig Ausdruck und Produkt der Umstände ist unter welchen sie entsteht. Wenn das doch nur mehr Menschen mal verstehen würden, dass damit auch Heimat und Identität keine statischen Konstrukte sein können, sondern notwendigerweise ebenfalls Prozesse – und damit dynamischer Veränderung unterworfen. Und doch haben so viele Angst vor Überfremdung; ob die schon mal darüber nachgedacht haben, wie sich wohl die Bewohner dieser ach so pittoresken Bergdörfchen fühlen, die auf antisocial media immer als „must see2 gehyped werden…?

Ich stecke also fest in einer Gesellschaft, die in weiten Teilen Angst vor der Veränderung als solcher hat, weil die aus Veränderungen entstehende Dynamik immer das mühsam Gelernte, Beherrschte, schlicht die ganze Struktur in Frage stellt und ggfs. entwertet. Was uns automatisch dazu nötig, weiterlernen zu müssen, uns aus der Komfortzoe hinaustreibt und uns an die unüberwindbare Mauer der nächsten Sekunde erinnert. Jedoch wird niemand gerne daran erinnert, dass all unserem Planen und Streben, unseren Erfahrungen und Heuristiken zum Trotz die Zukunft eine Black Box bleiben MUSS. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen… Was kann ich als einzelner Mensch aber tun, wenn ich an der Gesellschaft verzweifeln möchte, in welcher ich gefangen bleiben muss, weil mir gerade unglücklicherweise (außer in meinen Tagträumen) keine andere zur Verfügung steht? I’m terribly sorry… aber diese Frage muss jeder Mensch für sich selbst beantworten. Das ist übrigens (für die nicht vollkommen Denkfaulen unter euch) mit der Frage nach dem Sinn des Lebens eng verknüpft. Descartes wird ja immer mit seinem „ergo cogito, ergo sum“ „Ich denke, also bin ich.“ zitiert. Mir wäre die aus seinen Texten ableitbare Ergänzung zu „dubito, ergo cogito, ergo sum“ wichtig, also zu „Ich ZWEIFLE, also denke ich, also bin ich.“ Die erste Voraussetzung für einen halbwegs gelingenden Umgang mit dieser verdrehten, verrückten, unlogischen, absolut subjetiv-emotional aufgstellten Menschheit wäre also aus meiner Sicht, KRITISCH zu bleiben und SELBST zu denken. Sich bitte NICHT die Dogmen anderer zu eigen zu machen und vor allem nicht den Rattenfängern mit den vermeintlich einfachen Lösungen hinterherzulaufen; für die sind nämlich immer nur die anderen (die Fremden, die sozial Schwachen, die Frauen, die Politiker, die Eliten, die…) Schuld. Niemals jedoch kämen sie auf die Idee, ihr eigenes Denken und Handeln zu hinterfragen… schaut euch die Selbstgewissheit der Nazis doch mal an. Kein vernünftiger Mensch ist sich seiner selbst so verdammt sicher. Weil wir Menschen fehlerbehaftete Wesen sind und bleiben. Lasst uns doch mal gemeinsam auf die Suche nach besseren Erkenntnissen gehen. Bis die Tage…

  • Beiner, R. (1992): Hannah Arendt. Lectures on Kant’s political philosophy. Chicago: The University of Chicago Press.
  • Sandel, M. ( 2013): Gerechtigkeit. Wie wir das Richtige tun. Ungekürzte Ausgabe , 2. Auflage. Berlin: Ullstein Taschenbuch.

Stuck in the middle N°1 – about politics…

Es ist ein Allgemeinplatz, dass man derzeit mit Blick auf den Zustand der Welt gerade verzweifeln könnte; zumindest, wenn man ein humanistisch, ökologisch und sozial denkendes und fühlendes Lebewesen ist. Ich glaube ja, dass es genau diese Dinge sind, die Nazis und harten Neoliberalen fehlen. Bei denen ist das grundlegend in jedem Menschen vorhandene Bedürfnis, ein friedliches und sinnstiftendes Miteinander gestalten zu wollen durch narzisstische Egomanie ersetzt worden. Abgeschmeckt wird diese höchst eklige blaubraungelbschwarze Suppe dann noch mit einem ordentlichen Schuss Dogmatismus, weil andere Meinungen ja kein Existenzrecht haben. Obenauf schwimmen solche Menschoide wie Lindner, Buschmann, Merz, Söder, Weidel, Chrupalla, etc., die alles dazu tun a) andere herabzusetzen, um die eigene Macht zu steigern (das nennt man gemeinhin übrigens „Die Gesellschaft spalten“ oder „x-bashing“), b) Themen zu setzen, die uns nicht wirklich weiter bringen (immer nur „Migration“ – habt ihr noch nie was von „Klima“ gehört?) und c) Angst zu verbreiten vor Dingen und Menschen, die nicht bedrohlich sind, um (a) und (b) realisieren zu können. Man könnte das Ganze als innenpolitisches Kampfschach verstehen. Wer Donald Kagans „On the origins of war and the preservation of peace“ gelesen hat, könnte wissen, dass es drei Hauptgründe gibt, in einen Krieg zu ziehen: Angst, Stolz und Eigennutz. Angst davor, dass sich etwas ändern könnte, oder anders gesagt die Angst „alter Mächte“ von neuen, anderen Mächten abgelöst zu werden (Altparteien, die in Bedeutungslosigkeit verschwinden; SPD anybody?). Stolz auf die eigene Geschichte und der unbedingte Wunsch, diese Geschichte als Blaupause für die weitere Zukunft verabsolutiert zu sehen (Dogmatismus und vor allem Nationalismus, vertreten durch dessen politische Apologeten, vulgo die AfD aber auch Teile der CDU/CSU). Eigennutz, der eigentlich keinem „Volksvertreter“ vollkommen fremd zu sein scheint (wenngleich Mitglieder mancher Parteien auch fragwürdigen Nebeneinkünften gegenüber offener zu sein scheinen, wie die Transparenzregister nahelegen). Angst, Stolz und Eigennutz sind die Motoren unserer Politik heutzutage, so wie sie das schon immer waren. Man kann Demokratie dranschreiben, aber im Kern bleibt es ein Geschäft, wie jedes andere auch; mit Gewinnern, Verlierern, Opportunisten, Idealisten, Betrügern und ehrlichen Häuten…

Ich unterstelle, das vielen Menschen diese Dinge klar sein könnten. Wer des Lesens und des halbwegs klar Denkens mächtig ist, kann sich all diese Dinge selber schon lange gedacht haben. Ich halte mich selbst für durchschnittlich intelligent und dennoch stelle ich immer wieder fest, dass viele Menschen rings um mich herum von derart beengenden Wahrnehmungs- (und damit auch Denk-) Filtern im Würgegriff gehalten werden, dass es schon fast an Absurdität grenzt. Manchen Menschen könnte man einen russischen Panzer in ihrer Straße präsentieren, der gerade die Häuserzeile zu Klump schießt und sie würden immer noch stammeln „…aber Sarah hat gesagt…“. Die MAGA-Jünger in den USA werden, wenn sie so weitermachen, erst dann verstehen, was sie sich und ihrem Land gerade angetan haben, wenn die eigene Nationalgarde sie in einem Stadion in Käfige sperrt (wer erinnert sich noch den Thriller „Ausnahmezustand“ mit Bruce Willis und Denzel Washington?). Was wird nach dem 23.02.2025 sein? Werden wir in einem anderen Deutschland aufwachen, weil Friedel Merz, der Mittelstands-Macker doch keinen Mörtel für die Brandmauer mehr hat…? ANGST. STOLZ. EIGENNUTZ. Wann immer wir eine Wahl haben, tun wir gut daran, nicht nur unsere eigenen Motive zu reflektieren, sondern auch die jener, denen unsere Stimme zu geben wir möglicherweise gerade geneigt wären. Gestern sagte eine liebe Freundin, dass sie sich gerne mit der besten Ehefrau von allen und mir über die Optionen zur kommenden Wahl unterhalten würde, weil sie im Moment das Gefühl hat, einen Sparringspartner zu benötigen, um zum „richtigen“ Kreuzchen zu kommen. Zuerst fühlte ich mich ein bisschen geschmeichelt, weil jemand offensichtlich meiner Meinung einen gewissen Wert beimisst. Aber passiert nicht genau das Gleiche auch an den Orten, welche wir stets nur zu gerne als „Echokammern“ bezeichnen; und in diesem Fall ist der Begriff immer negativ konnotiert, weil wir den Menschen innerhalb dieser Echokammern unterstellen, dass SIE auf der falschen Seite stehen würden – genauso, wie diese Leute im Umkehrschluss Menschen wie MICH oft als linksgrünversifft titulieren; was ich ja auch bin – UNDZWAR MIT STOLZ! Aber der Mechanismus, der dieser Dichotomie, dieser Spaltung innert unserer Gesellschaft zu Grunde liegt, scheint mir der Gleiche zu sein: ANGST, den Status Quo zu verlieren (vulgo, meinen Besitzstand nicht wahren zu können, also ABZUSTEIGEN), STOLZ auf eine gute alte Zeit (die es objektiv nie gegeben hat; sie hat sich nur besser angefühlt, weil man die ganzen Konflikte mangels weltweiten Informationsflusses nicht SEHEN konnte – die waren aber schon immer da!) und EIGENNUTZ (ALLES zu tun, um jedewede Veränderung zu verhindern – und damit auch jene Veränderungen, die wir so dringend brauchen).

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Für mich ist unsere Gesellschaft schon lange in einem kalten Bürgerkrieg angekommen. Wir schmieren lediglich an jedem Tag der vergeht neuen Rostschutz auf die Stellen, an denen die schöne Farbe allzu heftig abblättert. Und der Grund ist ganz einfach: weil das Regime des Konsummaterialismus, dass uns hier in Mitteleuropa seit dem Ende des zweiten Weltkrieges die längste Friedensphase ever beschert hat überall sonst auf der Welt soviel Schaden anrichten konnte, dass wirklich ALLES auf dem Spiel steht. Doch es gibt Leute, die zwar nach Veränderung rufen, SICH SELBST ABER NICHT ÄNDERN WOLLEN! Die einfach wollen, dass es ungestört so weiterläuft, als wenn nix wäre – selbst wenn das halbe Dorf im Zweijahrestakt von „Jahrhunderthochwassern“ weggeschwemmt wird, während zwei Monate später die Ernte auf den Äckern verdorrt und die Lebensmittelpreise immer weiter steigen. Das Spiel ist aber noch nicht zu Ende, wir können noch ein paar schöne Rebounds landen und das Ding drehen – aber nur, wenn wir NICHT so weitermachen wie bisher. Ich habe ANGST, dass wir eine CDU/CSU-dominierte Regierung bekommen, welche den Menschen immer noch verspricht, dass der Klimawandel, oder ein trumpisiertes Amerika, oder ein putinisiertes Russland an der Nato-Ostflanke ihnen schon nicht wehtun werden. Ich wäre STOLZ, wenn wir tatsächlich mal eine Regierung zu Stande brächten, die ECHTE zukunftsorientierte Politik macht. Und mein EIGENNUTZ wäre befriedigt, wenn ich daran mitgewirkt hätte, meinen Kindern eine Zukunft zu hinterlassen, die lebenswert ist. Denn noch ist dazu Zeit. ANGST, STOLZ und EIGENNUTZ können zweifellos Krieg verursachen – sie können aber auch als Motoren für Frieden und Zukunft dienen, wenn WIR SIE neu denken. Hat noch jemand Lust mitzudenken…? Ich wünsche euch was, bis bald…

  • Kagan, D (1995): On the origins of war and the preservation of peace. New York: Anchor Books, Division of Random House.

Gibt’s das auch mit Motivation…?

„Du musst einmal öfter aufstehen, als das Leben dich umwirft!“ Noch so ein beliebiger Glückskeksspruch, mit dem man auf so vieles antworten kann und der dennoch seltsam hohl bleibt; denn wir haben ja noch gar nicht definiert, was „einen umwerfen“ bedeutet – und was das „wieder aufstehen“. Dass das nicht unbedingt wörtlich gemeint ist, weil man bei einigen Gelegenheiten, zu denen man umgeworfen wird vielleicht doch eine Ambulanz braucht, könnte einem allerdings schon jetzt klar sein… Bleiben wir aber bei den eben zur Disposition gestellten Begrifflichkeiten, so wird schnell klar, das mit dem „Umwerfen“ natürlich ein Handlungs-Scheitern gemeint ist, dass unseren Vorwärtsdrang dämpft. Und was ist dann das „Aufstehen“? Ich würde meinen, die Lehren, welche wir daraus für unser weiteres Tun ziehen. Doch woraus entsteht hierin die Motivation zum Weitermachen, wenn unsere Selbstwirksamkeitserwartung doch eben nicht erfüllt wurde? Wir haben ja gerade irgendwas verkackt und wissen es vielleicht auch schon… Doch statt einfach kurz darüber nachzudenken, wie es das nächste Mal besser geht, neigen wir allzu oft dazu, solche Dinge übermäßig zu dramatisieren. Ich sprach gestern vom Scheitern und ich versuche ehrlich, solche Zwischenfälle des Daseins mittlerweile auch so zu leben, wie ich es beschrieben habe: als partikulares Vorwärts-Scheitern mit eingebauten Entwicklungseffekten. Und das bedeutet im Umkehrschluss, dass Scheitern meistens eigentlich kein großes Drama sein müsste. JA, es gibt Situationen, die fühlen sich an wie der berühmte „Gang nach Canossa“; allerdings bin ich kein König und die wenigsten meiner Probleme haben irgendwas mit Päpsten zu tun. Wir machen es uns einfach immer wieder viel zu schwer und beschädigen uns in der Folge selbst, indem wir aus jeder Mücke einen Elefanten machen. Wäre es nicht viel besser, einfach mal fünfe grade sein zu lassen, den Druck rauszunehmen und den Dingen Raum und Zeit zur Entwicklung zu geben?

Ich rede hier nicht der Indolenz das Wort; mein Leben, meine Arbeit und alles darinnen sind mir weit entfernt von gleichgültig. Aber ich habe – insbesondere in meinem Arbeitsleben – zu viele Menschen kennenlernen müssen, die von sachlicher Kritik sofort dermaßen angefasst sind, dass eine sinnvolle Diskussion am Thema schlicht keinen Sinn mehr ergibt, weil sie ein angekreidetes Handlungs-Scheitern nicht von einem NICHT angekreideten Persönlichkeits-Scheitern unterscheiden können – oder wollen! Das liegt zum einen an dem Mechanismus, den ich gestern beschrieben habe, zum anderen aber vor allem an den teilweise eher ungünstigen Anreiz- und Belohnungssystemen, welche sich in meiner Arbeitswelt wiederfinden. Man unterscheidet klugerweise eigentlich drei Arten von Handeln/Verhalten: a) risiko-averses Verhalten, welches ich fördern und begünstigen möchte, da es Fehlerwahrscheinlichkeiten SENKT – nicht ausschaltet, aber senkt. b) risiko-affines Verhalten, welches ich zum Anlass nehmen möchte, eine Verhaltensmodifikation des/der Handelnden anzuregen. Hier kommt oft mangelndes Problembewusstsein zum Vorschein, dass man durch Schulung zumindest verbessern kann. c) rücksichtsloses Verhalten; dieses wird umgehend sanktioniert und die Antwort auf die Frage, ob hier irgendwelche Schulungsmaßnahmen noch irgendeine Aussicht auf Erfolg haben, ist eine Einzelfallentscheidung. Die meisten von uns bewegen sich übrigens fließend zwischen a und b. Fehler passieren trotzdem jeden Tag. Meine Motivation, zu meinen Fehlern zu stehen und etwas daraus lernen zu wollen hängt allerdings umgekehrt proportional von der Wahrscheinlichkeit ab, für einen gemeldeten Fehler nackt an einen drei Meter hohen Pfahl vor dem Geschäfts-Anwesen gebunden und öffentlich ausgepeitscht zu werden; eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit hierfür nennt man übrigens „gute Fehlerkultur“! Hier wird einmal mehr der Unterschied zwischen Boss und Leader sichtbar…

Motivation entsteht normalerweise dann, wenn man mit den Ergebnissen des eigenen Handelns positive Erfahrungen verknüpfen kann. Ich habe den Begriff Selbstwirksamkeit ja vorhin schon mal benutzt. Es fühlt sich einfach toll an, seinen Shit gerockt zu bekommen! Es fühlt sich natürlich nicht ganz so gut an, wenn man verkackt. Die Leute aus dem jeweiligen Verkacken trotzdem etwas mitnehmen lassen zu können ist die Kunst, welche dazu führt, dass mir die Leute nicht von der Fahne gehen und wir gemeinsam wachsen können! In diesem Zusammenhang ist es echt wichtig, als Leitungs- oder Lehrperson nahbar (also Mensch) zu bleiben, zu seinen eigenen Fehlern zu stehen (und so mit gutem Beispiel voran zu gehen) und die Auswirkungen eines jeweiligen Fehlers halbwegs objektiv zu beschreiben und zu beurteilen. Und meistens ist dann kein Drama notwendig. Vielleicht eine gemeinsame Fehlersuche, um das für die Zukunft verhindern zu können, aber sicher kein Punishment. Denn durch Punishment treibe ich die Leute von mir weg, selbst wenn ich sie eigentlich dringend bräuchte. Aber wie gestern schon gesagt – bis wir durchgängig zu einer guten Fehlerkultur kommen ist es noch ein weiter Weg. In diesem Sinne – startet gut in die neue Woche.

Scheitern kann erheitern!

„Fake it, until you make it!“ Ein Teilnehmer in einem meiner Lehrgänge meinte dieser Tage, das mit der Fremdsprache sei nicht so sein Ding. Kann ich nachvollziehen, viele Leute struggeln mit etwas anderem als ihrer Muttersprache; Herrgott, genug Menschen struggeln mit ihrer Muttersprache! Wie dem auch sei, ich übersetzte es für ihn mit dem „Prinzip SATAN: Sicheres Auftreten Trotz Absoluten Nichtwissens!“ Manchmal müssen wir uns durchwursteln und es auf unterschiedliche Arten probieren, bis es endlich klappt. Verschiedene Teile unserer heutige Kultur – insbesondere Verfechter und Anhänger toxischer Maskulinität, wie die ganzen Idiot*innen, die Trump gewählt haben – tun allerdings gerne und oft so, als wenn wir alle immer und überall Siegertypen sein müssten; unbezwingbar, unerschütterlich – und unbelehrbar. Man könnte fast meinen, dass die alle niemals von ihrer Mama oder ihrem Papa getröstet wurden, wenn sie als Kind mal auf die Fresse gefallen sind… Hm… Aber wenn man tatsächlich immer ein*e Sieger*in sein soll, wie kann man überhaupt gelernt haben, zwischen Sieg und Niederlage, oder besser zwischen Erfolg und Scheitern zu unterscheiden…? Sind die alle als Meister ihrer Welt vom Himmel gefallen?

Man kann das auch in einer der Fachpostillen meines Gewerkes beobachten; die haben in jeder Ausgabe Kasuistiken, also Beschreibungen rettungsdienstlicher Fälle. Fast all diesen Kasuistiken ist zu eigen, dass die Kolleg*innen kamen, sahen und siegten. Man war zu jeder Zeit Herr der Lage und hat (so gut wie) keine Fehler gemacht. Nach meiner persönlichen Erfahrunge sind solche Kasuistiken die absoluten Ausnahmen und das Bild, welches damit für die Leser*innen erzeugt wird, ist ein riesengroßer, dampfender Haufen cremiger Bullenscheiße! Mich interessieren die Fälle, bei den das typische Veni, Vidi, Violini passierte – ich kam, sah und vergeigte. Um an seinen Aufgaben wachsen zu können, ist es nämlich notwendig, die sogenannte Komfortzone zu verlassen. Jenes bequeme Sofa der gemütlichen, sich selbst niemals hinterfragenden Denk- und Handlungsschleifen in unserem Hinterkopf, dass ab und an durch die Absonderung von so unsagbar dämlichen Aussagen wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ auf sein Vorhandensein hinweist, ist allerdings ein sehr verlockender Ort. Denn wer sich nicht kritisch mit dem eigenen Handeln auseinandersetzt, läuft halt auch nicht Gefahr, irgendwas zu finden, was ihm/ihr nicht gefällt. Das Verlassen der Komfortzone ist also stets mit der Gefahr verbunden, sich mal für ein paar Augenblicke nicht mehr so toll finden zu können, weil man feststellt, dass doch nicht alles so shiny war, wie man sich das immer gerne selbst einredet. Aber wer sich nicht mehr hinterfragt, wird zwangsläufig von der Welt überrollt, weil die Welt sich einfach weiterdreht. Mit oder ohne dich!

Bewusst aus der Komfortzone heraus zu kommen bedeutet, eigenes Scheitern als eine Möglichkeit anzuerkennen. Davor haben viele Menschen Angst, weil sie schon ein einzelnes Handlungs-Scheitern mit einem Persönlichkeits-Scheitern gleichsetzen; was allerdings vollkommener Quatsch ist. Niemand ist ein schlechterer Mensch, weil er oder sie mal einen Fehler macht. Denn die meisten unserer Handlungs-Fehler haben eher geringe Konsequenzen, geben uns als Individuen aber in unserer Gedankenwelt der Lächerlichkeit preis. Wir fürchten nicht die Konsequenzen des Fehlers an sich, sondern die Reaktion anderer Menschen darauf – insbesondere deren Spott oder deren Kritik. Wir wissen, dass die anderen diesbezüglich ja nicht besser sind als wir selbst und nehmen daher anderer Leute Fehler gerne als Anlass, mit dem Finger darauf zu zeigen, weil es vermeintlich vom unserem eigenen Fehler-Potential ablenkt. Aber jeder von uns macht jeden Tag Fehler; manchmal ist der erste, überhaupt aufzustehen. Unsere Fehler sind jedoch kein Anlässe, irgendjemanden der Lächerlichkeit preiszugeben, verweisen sie uns doch auf neue, andere Möglichkeiten eine bestehende Herausfoderung anzugehen oder ein Problem zu lösen. Fehler sind Lernanlässe – keine Punishment-Anlässe!

„Life is a lesson, you learn it, when you do it!“ [Limp Bizkit 2000: Take a look around] Ich würde Fehler also gerne als partikulares Vorwärts-Scheitern bezeichnen, als Momente, in denen die normative Kraft des Faktischen meine Wahrnehmung um einen Hinweis auf eine zukünftige Vermeidung durch Verhaltensmodifikation bereichert! Geht aber nur, wenn ich die Komfort-Zone verlassen habe. Womit ich nicht so verstanden werden möchte, dass ich den Menschen rate, häufiger mal „Hold my beer!“ zu sagen. Selbst risiko-averses Verhalten birgt immer ein Restrisiko in sich. Insbesondere dann, wenn man in einem riskanten Job arbeitet. Da muss man nicht auch noch nachhelfen. Aber ich plädiere dafür, endlich von diesem typisch deutschen Persönlichkeitsfehler weg zu kommen, für alles was schief läuft nach einem Schuldigen suchen zu müssen, damit ich DEN öffentlich auspeitschen kann! Das bringt niemanden weiter, weil es den oben beschriebenen Mechnismus befördert, sich mehr um das eigene Ansehen zu kümmern, als um die eigentlichen Sachprobleme und das Entstehen der Fähigkeiten, diese lösen zu können. Lasst uns doch alle gemeinsam gelegentlich vorwärts scheitern. Das würde uns wesentlich schneller voranbringen, als diese miefige Bedenkenträgerei, die narzisstische Sorge um das eigene Ansehen oder das Gejammer, wenn man mal sachlich kritisiert wird. Denn ohne eine sachliche Kritik, welche die wesentlichen Gründe eines jeweiligen Scheiterns aufdeckt, würde natürlich keine Entwicklung entstehen können! Aber soweit sind wir als Gesellschaft, selbst als einzelne Berufsgruppe wohl noch nicht. Na ja, da bleibe ich wohl doch weiter bei Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ Schönen Samstag, ihr Flitzpiepen…

Auch als Podcast…

Engaging the audience…?

Wann immer irgendjemand irgendjemand anders eine Geschichte zu erzählen hat, wird das emotionale und kognitive Invest des Publikums – ganz gleich, wie klein oder groß dieses auch sein mag – zur wichtigsten Währung der erzählenden Person. Denn ICH WILL, dass mein Gegenüber etwas von meiner Geschichte hat; und wenn’s nur darin besteht, dass diese unterhaltsam genug ist, um gemeinsam einen schönen Abend im Reich des noch nicht fertig geträumten zu verbringen. Ich denke die Geschichten dabei nicht nur vom Standpunkt des Pen’n’Paper-Gamemasters aus. Ich habe selbst schon Bücher geschrieben und selbstverständlich sind mir auch die Modalitäten visuellen Storytellings nicht fremd. Ein paar Dinge sind aber allen Erzählformen gleich: Immersion, also das Fürwahrnehmen einer Geschichte innerhalb ihrer eigenen Begrenzungen entsteht einerseits nur dann, wenn die Geschichte sich selbst, ihre Figuren und die Welt, in welcher sie stattfindet ernst genug nimmt, um das Publikum nicht bei erstbester Gelegenheit über Bord zu werfen. Es ist andererseits aber auch notwenig, dass die Vierte Wand nur dann durchbrochen wird, wenn es im oben beschriebenen Kontext Sinn ergbibt, bzw. klar wird, dass z.B. eine der Figuren sich ihrer Realität als Figur einer Erzählung bewusst ist – Deadpool ist so eine Figur, aber bei weitem nicht die einzige. Denn jedesmal, wenn ich unnötig die vierte Wand durchbreche, reiße ich die Leute aus der Geschichte, indem ich ihnen – einer vom Clown geworfenen Sahnetorte gleich – ins Gesicht reibe, dass das alles hier nur Fake ist. Und dann heißt es: adieu, willing suspension of disbelief.

Menschen, die sich auf fiktionale Geschichten einlassen – und dabei ist es vollkommen gleichgültig, ob es sich dabei um den Tatort, Starwars, einen Heimatfilm (was auch immer das heutzutage sein mag), irgendeine Superheldenscheiße oder den Herrn der Ringe handelt – sind grundsätzlich bereit hinzunehmen, dass neue, unerwartete Dinge passieren werden. Solange diese Ereignisse während der gesamten Erzählung konsistent mit den Anfangs geweckten Erwartungen bleiben! Ein Beispiel: würde ich einen Tatort schauen (was ich mangels Relevanz für meine Wahrnehmung schon seit Jahrzehnten nicht mehr tue), dann würde die Handlung in aller Regel irgendwelche Facetten der mir schon lange bekannten bundesrepublikanischen Lebensrealität reflektieren, während irgendwelche Leute über die Klinge springen müssten und irgendwelche Ermittler am Ende den/die/das Böse überführten. Würden die Ermittler allerdings anstatt den typischen (ermüdenden) psychologischen Ausgefeiltheiten plötzlich Waterboarding und Elektroschocks zur Erlangung eines Geständnisses benutzen, als sei das typischer Alltag in deutschen Polizeipräsidien, wäre man vor den Kopf gestoßen. Der geneigten Leserschaft fallen hierzu bestimmt noch weitere blödsinnige Beispiele ein; insbesondere solche, die man schon auf der Mattscheibe zu erdulden hatte. Das kommt davon, wenn Kulturschaffende denken, der Sonntagabendkrimi müsse hohe Kunst sein. Fun Fact: muss er nicht. Unterhalten sollte er allerdings schon. Was regelmäßig spannungsarme Psychodramen mit melodramatischer Sozialkritik eher nicht hinbekommen.

Menschen wollen als Publikum ernst genommen werden. Das erfordert eine gewisse Intelligenz der Geschichte, vor allem aber eine innere Kohärenz der Erzählung; denn wenn man seine eigenen Prämissen als Erzähler schon nach den ersten Minuten bricht, kommt sich das Publikum verschaukelt vor und wird den Rest möglicherweise ger nicht mehr interessant genug finden, um dranbleiben zu wollen. Zum Beispiel Charaktere, welche die gleichen Fehler immer und immer wieder machen; ist für mich ein guter Hinweis, dass die Mitglieder des Wrtiters Room ihr eigenes Erzählkontinuum schlicht nicht im Griff haben – oder aber tatsächlich denken, dass die zuschauer/Leser zu blöd sind, um das zu bemerken. Beides Möglichkeiten sind für die Schreiberlinge nicht sehr schmeichelhaft! Und je nachdem, wie interaktiv das Medium ist, in welchem wir gerade unterwegs sind, möchten sie sich dabei als aktive Partizipanten u. U. auch selbstwirksam fühlen können. Meine Paradedisziplin ist hierbei das Pen’n’Paper-Rollenspiel. Ich hatte zwar schon früher angedeutet, dass ich bei den realitätsnahen Trainingsszenarien im Rahmen der Berufsausbildung ähnliche Maßstäbe anlege. Aber über das Rollenspiel zu reden, ist für mich selbst einfach unterhaltsamer; und der Spielleiter will und darf auch Spaß haben. Beim Pen’n’Paper ist die Sache mit dem Buy-In des „Publikums“ allerdings noch mal ein bisschen komplizierter. Denn einerseits gibt es hoch unterschiedliche Grade des Sich-Darauf-Einlassens; manche wollen tief in ihre Rolle und die Geschichte einsteigen, proaktiv vorgehen, hinter jede Facette schauen. Und andere wollen lieber „konsumieren“, bis die Geschichte es zwingend erfordert, dass sie etwas tun und dann eben so das Nötigste unternehmen, um sich hernach wieder durch die Geschehnisse treiben zu lassen. Dazwischen gibt es jede Menge Grautöne.

Session-Prep…

Andererseits sind damit auch die Interessen hinsichtlich der zur Interaktion aufgezeigten Storyhooks sehr unterschiedlich; ob Spieler mit der Welt so interagieren, wie ich als Spielleiter dies für den Fortgang der Geschichte antizipiert habe, hängt stark davon ab, ob es mir gelingt, die Interaktionspunkte für die Spieler bzw. deren Charaktere relevant genug zu machen. Es hängt dabei nicht nur von der Qualität oder Präsentation des Contents ab, sondern vor allem davon, wie ich diesen in die Welt und die Geschichten, welche in ihr erlebbar werden sollen hineinwebe. Als wenn Spieler jemals auf irgendwelche obskuren Details achtgeben würden, auf die ich nicht explizit hingewiesen habe? Lächerlich… Oft denken unerfahrene Spielleiter dabei an das offenkundig Wahrnehmbare – bei NSCs z. B. Äußerlichkeiten, Doing the Voice, besonders seltene Charakterspezies, extravagante Verhaltensweisen, etc.. Wie wäre es stattdessen mit einer echten Persönlichkeit, die deswegen interessant wird, weil dieser NSC – UND NUR DIESER NSC – eine bestimmte Dienstleistung bietet, eine bestimmte Info hat, eine bestimmte Connection herstellen kann. Andere Leute haben das schon sehr schön rausgearbeitet (Matt Colville etwa hier). Ganz Generell gilt aber neben der Relevanz im bezug zur Erfahrungswelt des Publikums vor allem, dass man sein Publikum niemals verarschen sollte; und wenn überhaupt mur mit Ansage und unter Einholung des Einverständnisses. Dann wenn es Prämissen und Konventionen zur verwendeten Spielumgebung, den Regeln (incl. bestimmter Ausnahmen, Houserules, Beschränkungen, etc.) und dem Stil am Tisch gibt, müssen sich alle daran halten; insbesondere der Storyteller.

Ausklapp-Karte… wenn nicht alles in mein kleines Notizbuch passt…

Ganz gleich ob ich an einem Buch schreibe, oder mal wieder an einem Szenario: die Kohärenz des Worldbuildings, das Einhalten der inneren Logik der Geschichte, die Glaubwürdigkeit der Figuren und ihrer jeweiligen Motive, sowie der wenn überhaupt dann nur sehr spärliche Einsatz des [fourth wall breaking] machen die [secondary world] zu einem Ort, an dem man sich gerne aufhält, weil man dort jene Stimuli vorfindet, die einem [Buy- In] und damit [willing suspension of disbelief] ermöglichen. Eskapismus, gleich welcher Form bedarf nun mal verschiedener Voraussetzungen. Ich wünschte nur, dass die ganzen Schreiberlinge sich dieser Tatsache mal erinnern würden. Keine Ahnung, ob sowas heute bei Kursen in kreativem Schreiben nicht mehr gelehrt wird…? Wie dem auch sei, gleich ist es dunkel, gleich ist es Nacht, drum sei ein Wort der Warnung angebracht: Morgen ist Montag. C U soon,,,