Nachdem ich gestern mal so richtig meinen Ärger rausrotzen musste, stolperte ich direkt heute Morgen über einen Artikel, der über eine Studie zum Thema “Coolness” referierte. Nachdem ich gestern doch ein bisschen erhitzter unterwegs war, kam mir das wie Ironie des Schicksals vor; sagen die Amis doch “he lost his cool”, wenn jemand mal so richtig emotional geworden ist. Die Autoren der zitierten Studie hoben allerdings auf den Umstand ab, sie hätten rausgefunden, dass – egal in welcher Kultur auf welchem Kontinent – jene als cool angesehen wären, die abenteuerlustig und unkonventionell gegen den Strom schwimmen würden. Und ich dachte, bei einem virtuellen Blick in den Spiegel “Okay baby… and now what?” Auf die Frage nach der Eigen- und Fremdwahrnehmung gehen wir alsbald ein, versprochen. Aber was IST Coolness denn? Ist das bloße Äußerlichkeit, oder findet das auch im Innen statt? Und ist das dann eher das stoizistische Erdulden im Angesicht einer Katastrophe, die helfende Hand in den Fährnissen des Lebens, die selten nach etwas für sich selbst fragt, doch der machende Macker… oder vielleicht irgendwas dazwischen? Und ist es lediglich wichtig, dass man sich selbst als cool wahrnimmt – was auch immer das dann individuell heißen mag – braucht man doch das Gefühl, das Andere die eigene Coolness auch erkennen, oder ist man erst cool, wenn einen weder das eine noch das andere großartig interessiert? Fragen über Fragen. Die kann ich nur für mich selbst beantworten, aber vielleicht findet ja die eine oder der andere hier einen Denkanstoß.

Zunächt einmal – die Studie ist in mancherlei Hinsicht Bollocks, denn die befragte Grundgesamtheit ist zu klein und das Design eher… sagen wir mal fragwürdig. So zielen die Fragen zunächst auf die Fremdwahrnehmung ab und das Erkenntnisinteresse richtet sich auf folgende Annahme: “Im Informationszeitalter könnte Coolness weltweit die alte Hierarchie der sozialen Klassen abgelöst haben und, als eine alternative Statusordnung, die Kreativität und Innovation fördern – besonders in Ländern, die zunehmend abhängig von Kreativität seien.”(Pezzuti, T., Warren, C., & Chen, J. (2025). Cool people. Journal of Experimental Psychology: General. Advance online publication. https://doi.org/10.1037/xge0001799) … what the fuck? Mit Blick auf das Influencer-Business, welches sich rings um den, offenkundig überall vorhandenen, Wunsch nach Coolness im letzten Jahrzehnt global etabliert hat, scheint sich damit auch in dieser Studie alles auf Äußerlichkeiten, vor allem aber auf den möglichen fiskalischen Aufwand zu konzentrieren, den zu betreiben Leute bereit sind, um den Effekt von Coolness zu erzielen. Wir reden also mal wieder über nix anderes als den den verschissenen Konsummaterialismus. Aber Kohle macht nicht cool! Sie macht sexy, weil wir selbst gerne etwas von dieser Kohle hätten! Wobei wir gerne übersehen, dass nicht wenige Menschoide, die ausreichend Kohle haben, um sehr sexy zu wirken in ihrem Inneren derart verrottet sind, dass man noch nicht mal mehr den Kern dessen auszumachen vermag, was wir gemeinhin als Menschlichkeit bezeichnen würden! Bleibt einzig die Frage, was zuerst da war: die Kohle oder die Verderbtheit? Die Korrellation zwischen beidem zeigt sich jedenfalls überdeutlich! Schönen Dank auch, aber mein persönliches Erkenntnisinteresse geht in eine ganz andere Richtung. Mich interessiert Coolness nicht als Statussymbol für geldgeile EGO-Tierchen, sondern als Persönlichkeitsmerkmal! Kommen wir also zurück zum Inneren.
ICH beantworte die Frage nach Coolness also eher über binnenpsychologische Funktionen. Wie man an meinem gestrigen Rant erkennen kann, ist es um meinen Stoizismus nicht immer zum Besten bestellt, wenngleich ich, wie irgendwann hier schon mal erwähnt, zumindest ein kleines bisschen altersmilder geworden bin. Aber wenn ich irgendwann im grundasozialen Verhalten Anderer keine Motivation mehr finde, aus der Haut zu fahren, bin ich wahrscheinlich tot! Tatsächlich sehe ich mich selbst irgendwo zwischen der stillen helfenden Hand und dem machenden Macker; und im Grunde interessiert es mich einen Scheiß, was Andere von mir halten, sofern sie mich einfach – zu meinen Bedingungen, sofern diese niemandes Freiheit unzulässig beschneiden – meine Arbeit tun und meine Leben leben lassen. Es ist eigentlich also ganz einfach, friedlich mit mir zu koexistieren. Und man muss mich beim besten Willen NICHT cool finden. Ich habe neulich mal, in einem anderen Post über meine Gaming-Gene, zum wiederholten Male auf mein frühes Nerddom hingewiesen. Man muss dazu vielleicht anfügen, dass die Art von Nerd, die ich in den späten 80ern und frühen 90ern war NICHT den popkulturellen Beifall bekam, den man heute durch Shows wie “Big Bang Theory” erzielt. Wenn’s da mal geklatscht hat, war es eher selten Beifall. Ich fand mich allerdings irgendwann in einer Nische wieder, die sich für mich recht sicher anfühlte. Und ich habe natürlich als Teenanger irgendwann angefangen, mir wesentlich mehr Gedanken darüber zu machen, wie andere mich wahrnehmen. Das gehört zu dieser Lebensphase schlicht dazu. Man muss ja irgendwie seinen Platz in der Gesellschaft der “Erwachsenen” finden… doch ich wurde nie zu einem der “cool kids”. ICH blieb – weitestgehend – ICH und begann irgendwann mich weiterzuentwickeln. Aber in meiner persönlichen Wahrnehmung war ich nie cool; bin’s bis heute nicht. Und irgendwann wurde das auch vollkommen egal. Denn für mich war es, als ich ein paar wesentliche Dinge über mein Leben erkannt hatte, viel wichtiger, mir selbst treu zu bleiben – und den Menschen, die mir wirklich wichtig sind. Alle anderen sind nämlich… Beiwerk!
Ich glaube ehrlich gesagt, mit Coolness ist es wie mit dem Glück: manchmal ist man eben einfach cool, weil man vom Leben jenes Karma zurückbekommt, welches man aussendet – und manchmal halt nicht. Problematisch wird es erst, wenn man anfängt sich darüber allzu viele Gedanken zu machen. Dann fängt man nämlich an, komische Sachen zu tun und/oder Geld zu verpulvern, in der – zumeist sinnlosen – Hoffnung, einen bestimmten Effekt zu erzielen. Ich denke gerade an einen Moment letztes Jahr im Freibad, als ich dieses jungen Kerls angesichtig wurde, mit 80er Pornoleiste, fesch kombiniert mit teilblondiertem VokuHila und einem schreiend bunten Shirt, dass selbst Thomas Magnum nicht freiwillig getragen hätte. Die 80er riefen so laut an, dass ich Mühe hatte, mein Gesicht unter Kontrolle zu halten. Die Tage sah ich, am gleichen Ort auf meinem Badetuch sitzend, an meinem deutlich aus der Form geratenen Leib hinunter und dachte mir wahrscheinlich exakt das Gleiche, wie der junge Mann letztes Jahr – I give a flying fuck, how others see me, as long as I’m happy with how I lead my life! In diesem Sinne – stay happy, not cool!