Eigentlich ist es eine blöde Angewohnheit, zuviel auf bestimmten Webseiten bzw. in bestimmten Apps rumzusurfen; man nennt es ja nicht umsonst Doomscrolling. Doom zocken wäre vermutlich die bessere Wahl. Aber wenn der Geist sich jetzt gerne NICHT auf irgendwas Bestimmtes konzentrieren möchte und man doch eine subjektiv omnipotente Taschenwanze dabei hat… Es soll Menschen geben, die dem wiederstehen können; ich jedoch scheitere daran regelmäßig. Meine Entschuldigung (übrigens auch die der besten Ehefrau von allen) ist dann immer, dass ich ja etwas suche, das nicht einfach zu finden ist – wofür man halt Zeit braucht. So ganz gelogen ist das ja auch nicht. Denn Entspannung, Freude, Zufriedenheit sind tatsächlich recht schwer zu finden. Im Internet zumeist allerdings noch viel schwerer. Wir gehen wohl doomscrollen, weil das Gewicht der Welt gerade zu schwer wiegt, weil wir nicht wissen, wie die Aufgabe, welche eigentlich auf uns wartet denn nun am besten zu bewältigen wäre, weil wir gerade nicht können, selbst wenn wir wollten. Dass dabei a) das Gewicht der Welt nicht allzuselten aus diesem dämlichen kleinen Apparat über unsere Augen in unser Hirn schleicht, dass b) man manchmal einfach loslegen muss, um irgendwas erreichen zu können und c) die Ablenkung einfach nur unser Wollen lähmt, wird von bunten Bildchen, wilden Sounds und dem simulierten Kontakt zu anderen Menschen nur zu leicht verdeckt.
Dies könnte genau jetzt wieder zu einer meiner üblichen Hasstiraden auf antiscoial media, auf ein Zuviel an Medienkonsum, ein Zuviel am Konsum ab sich ausufern. Tatsächlich habe ich jedoch gerade etwas anderes im Sinn, denn hin und wieder landet man – aus Versehen – tatsächlich an einem dieser virtuellen Orte, die etwas bereithalten. Ich stolperte neulich beim Bildchen kucken auf Pinterest über ein verlinktes Blog, dass „seltsame Fragen, die man sich selbst stellen sollte“ anbot. Ich dachte mir nichts dabei und schaute es mir an; und war ein wenig irritiert, dass einige der Fragen gar nicht seltsam waren, sondern für mich als gute Denkanstöße funktioniert haben. Und eine der Fragen lautet sinngemäß: „Was ist deine Definition von Spaß?“ Here we go! Ich empfinde Spaß, wenn ich etwas entdecken darf. Das muss kein riesiges Spektakel sein, keine weltberühmte Sehenswürdigkeit, kein gefragtes Sternerestaurant, keine unendlich weite Reise. Mir genügt es, kleine Dinge zu entdecken; manchmal auch nur kleine Dinge neu zu entdecken. Ich mag Aufgaben, die meine Kreativität (und manchmal auch meine psychomotorischen Fertigkeiten) fordern – und ich mag es besonders, wenn ich mir diese Aufgaben selbst aussuchen kann. Es ist nicht so, dass mir meine Arbeit keinen Spaß macht (wäre – allen Problemen zum Trotz – glatt gelogen). Aber man bekommt seine Aufgaben dort halt von zumeist jemand anders gestellt.
Gestern bin ich das erste Mal dieses Jahr in einem Freigewässer schwimmen gegangen. Und obwohl ich zuerst dachte, mehr als dümpeln wirds wohl nicht, weil ich von den letzten zwei Wochen etwas schlapp war, habe ich gleich mal eine große Seerunde abgefrühstückt. Da ist man natürlich zufrieden mit sich. Abends waren die beste Ehefrau von allen und ich dann beim Spanier essen und haben uns über ihre nächsten Pläne unterhalten. Heute morgen habe ich etwas irgendwie kindliches getan und mich dabei köstlich amüsiert. Lego hat zum 50. Geburtstag von Dungeons & Dragons ein Sonderset aufgelegt. 3.745 Teile. Liebe Menschen haben mir das Ding zum Geburtstag geschenkt! Heute Mittag war der rote Drache und damit dann auch das ganze Ding endlich fertig. Es sind diese kleinen Encounter mit diesem komischen Ding namens Leben, die dieses erst wahrhaft erschaffen. Es sind die Momente, in denen man sich selbst als wirksam, als lebendig, als verbunden, als fähig, als geliebt, als empathisch, als respektiert, als liebend erleben darf, die für mich SPASS definieren. Es mag jetzt hohl und abgehoben klingen, aber Geld interessiert mich nicht. Es ist lediglich ein Mittel zum Zweck, die eigene Existenz zu sichern und – darüberhinaus – die wahrhaft wichtigen Träume realisieren zu können. Und ich empfinde ehrlich Scham, Ärger, Traurigkeit, wenn ich sehe, dass dieses Mindestmaß an Leben Menschen verweigert wird, weil ihre Arbeit nicht irgendeinem willkürlichen Anspruch genügt, durch den festgelegt wird, wer wofür wieviel Geld bekommt. Gäbe es diese Willkür nicht, hätten wir keine Heuschreckenkapitalisten – und Leute wie Herr Christian Lindner hätten die Fragen rings um ihre seltsame Pleite in aller Ausführlichkeit beantworten müssen. Denn ohne Willkür zählt nur die Verantwortlichkeit.
Was ist also mit Spaß, mit Freude? Ich würde sagen, ich brauche nicht allzuviel dafür, diese erleben zu dürfen: einen freien Vormittag mit dem richtigen Spielzeug (und ich meine damit NICHT typisches Männerspielzeug). Einen schönen Abend voller guter Gespräche mit lieben Menschen. Einen Spaziergang an einen Ort, der meine Fantasie und meine Kreativität (zum Beispiel beim Knipsen) anregt. Zeit zum Denken und Schreiben. Überhaupt im Sommer Zeit, im Freien unterwegs zu sein. Und ansonsten: die Menschen, die ich mir ausgesucht habe, mein Leben zu bereichern – oder jene, die das mit mir getan haben. Wobei das zumeist auf Gegenseitigkeit beruht. Vaya con Dios!