Work-Love-Balance…? Echt jetzt…?

Ich muss es gestehen – und im Zugeben meiner Lässlichkeiten und Fehler werde ich langsam aber sicher immer besser – dass ich mir über diese Begrifflichkeit noch nie Gedanken gemacht habe. Ja…, Work-Life-Balance damit kann ich was anfangen, seit ich gelernt habe diesen Quatsch zu hassen. Wo kämen wir denn da hin, wenn die guten, guten Arbeitgeber-Lobbyisten keine Möglichkeit mehr fänden, in unseren ach so modernen Zeiten auf allen erdenklichen Wegen in unser privates Leben vorzudringen. Der Gläserne Bürger ist für mich nicht nur auf Grund der Amok laufenden Sicherheits-Fuzzis ein Albtraum; er ist vielmehr die wahr gewordene Ejakulations-Zielscheibe eines jeden, der nicht nur Waren, sondern auch Ideen verkaufen muss.

Denkt doch mal: all diese fortschrittlichen Formen selbst organisierter Arbeit, wie etwa Home-Office sind nachweislich dazu gemacht, Work und Life zu entgrenzen und den Betroffenen mehr und länger arbeiten zu lassen, als der das müsste. DAMIT verdienen Unternehmen Geld. Ich mache meinen Job auch ganz gerne. Aber wenn die Zeit rum ist, ist sie rum – denn ich arbeite um zu leben, nicht etwa umgekehrt. Es ist zweifellos ein Privileg, einer Tätigkeit nachgehen zu dürfen, die man selbst als wert- und sinnvoll empfindet und die auch noch Spaß macht. Das darf aber nie darüber hinweg täuschen, dass mein Job darin besteht, für jemand anders Bigtime Kohle zu scheffeln, während ich selbst mit Peanuts nach Hause gehe. OK, manchmal liegen unter den Peanuts auch noch ein paar dry-aged T-Bone-Steaks und anderer Schischi; aber am Ende der Rechnung bin ich nur ein Rädchen im Getriebe.

Wahrhaft sinnstiftend für meine Existenz sind jedoch – auch wenn ich jetzt gewiss nicht über den Sinn des Lebens referieren werde, den findet ihr eher bei „Monty Python“, als bei mir – meine Familie, meine Freunde, meine kreativen Tätigkeiten und jede Mischung davon. Alles Sachen, mit denen ich kein Geld verdiene; und vor allem auch nicht verdienen muss. Denn die von jedem Lobbyisten gewünschte Durch-Ökonomisierung meines Daseins treibt mir Hasspickel ins Gesicht. „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“. So volkstümlich frontal dieses Bonmot auch daher kommen mag, sagt es doch eigentlich alles, was man dazu wissen muss. Und dann kommen irgendwelche Menschoiden daher und fangen an, von Work-Love-Balance zu reden.

Man habe ja so viel zu geben, auch auf der Arbeit (Karma-Friedefreudeeierkuchen-Kollegen-Geschwurbel); oder man bringe zu viel von der Arbeit mit nach Hause (Beziehungs-Coaching-Notwendigkeits-Geschwurbel) und überhaupt müsse man ja bei der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Leben auch immer Beziehungen mitdenken. Ja Scheiß die Wand an… Wie ich drauf komme? Ich hab die Tage so einen Artikel auf Fratzenbuch gesehen, kurz gelesen und einen freundlichen Kommentar dazu hinterlassen. Ja echt, ich war freundlich, habe aber drauf hingewiesen, dass die dort aufgewärmten Ratschläge zur Selbstausbeutung führen können. Wurde wohl sogar positiv aufgenommen, aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass es nur eine vernünftige Sache für Work-Life-Love-Balance braucht: die eigene „NEIN“-Schwäche zu reduzieren!

Wenn ich nicht auf dem Dienstplan stehe, bin ich nicht verfügbar – vor allem nicht an Wochenenden, denn unter der Woche sehe ich oft meine Familie kaum, wenn ich Kernzeit arbeite. Mit Spät- und Nachtdienst ist es nur bedingt besser, aber wenigstens kann ich ausschlafen. Zudem sind da einige einige meiner Buddies, mit denen ich Pen&Paper spiele. Die können nur am Wochenende und kommen von 100-200 KM weit her. Die kommen nicht Donnerstags Abends mal eben auf einen Plausch vorbei. Ich kriege aber eben vor allem mit Hilfe dieser sozialen Events und meiner Familie meine Balance in den Griff, wenn ich nicht noch extra Work mit nach Hause nehmen muss. Das tue ich auch so schon oft genug, denn als Dozent in der Erwachsenen-Bildung kannst du nicht in Ruhe tolle Lehrgänge entwerfen, wenn Hinz und Kunz im zwei-Minuten-Takt mit irgendwelchem Kram durch deine Tür gewalzt kommt. Natürlich ist jedes Anliegen wichtig – zumindest für seinen Besitzer. Aber Kreativität braucht Ruhe und Zeit. Und ohne Kreativität gibt’s keine tollen Aus- und Fortbildungen. Aber der „Fuzzi von der Theorie-Abteilung“ ist halt auch noch Sachbearbeiter.

Und wenn ich manchmal so sehe, was für vollkommen unflexible Bürokratie-Monster auch im Gefüge karitativer Arbeitgeber entstehen, wenn irgendwelche Menschen was am Tisch auskochen, die offenkundig keine Ahnung haben, wie viel kostbare Zeit durch das unnütze, doppelte und dreifache Verschieben von Informationen verschwendet wird, möchte ich raus, wo der Maurer kein Loch gelassen hat. Aber das geht hier jetzt zu weit. Zum Abschluss nur so viel: ich arbeite gerne selbstbestimmt. Ich habe kein Problem mit Zielvorgaben und Erfüllungszeiträumen, mit Deckungsbeiträgen und Personalwirtschaft. Aber ich habe ein Problem damit, wenn andere denken, sie müssten Dinge zu Tode organisieren, die ich besser könnte, wenn ich dürfte. Was ich gerade beschreibe ist übrigens einer der häufigsten Gründe, warum Unternehmen qualifiziertes Personal verlieren… zum Beispiel mich!

Ich werde dann in Kürze mal sehen, ob ich meine berufliche Stellung nicht doch noch ein bisschen mehr in Richtung selbstbestimmte Tätigkeit bewegen kann. Dann würde auch meine Balance wieder besser. Au revoir.

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