Me, Self and I #06 – allzu wütend…?

Bruce Banners legendär markiger Einzeiler „Mein Geheimnis ist – ich bin immer wütend!“ könnte zu manchen Zeiten als Charakterisierung meiner Gefühlswelt dienen. Nicht immer, aber immer noch oft genug spüre ich diesen Drang, dummen Menschen einfach eins in die Fresse zu hauen. Im Gegensatz zu Bruce Banner hätte ich für derlei Aktionen allerdings keine große, grüne Entschuldigung, die in mir wohnt und manchmal einfach zuschlagen MUSS. Also zähle ich, innerlich kochend, bis zehn und denke mir mein Teil. Gäbe es entweder Denkblasen in der Realität, oder würde ich meinem Drängen doch mal nachgeben … oh mein Gott, man müsste mich auf ewig wegsperren!

Überhaupt sind emotionale Entgleisungen in vielen Kulturen mit dem Verlust von „Gesicht“ verbunden, mit sozialer Stigmatisierung und Sanktionen. Warum eigentlich? Wie befreiend es wäre, einfach mal einen strunzdummen Nazi plätten zu dürfen. So eine „Purge Night“ klingt an manchen Tagen wie eine ziemlich gute Idee. Andererseits haben die Zehn Gebote als Grundlage sozialen Miteinanders durchaus ihre Daseinsberechtigung. Denn im Umkehrschluss dürften die Nazis dann ja auch; also ehrlich – so herum betrachtet ist’s dann schon nicht mehr ganz so spaßig. Nun ja – drauf geschissen. Es gibt ja auch andere Möglichkeiten seine Wut zu kanalisieren. Manche gehen in den Wald und schießen auf Rehe (andere auf Menschen, aber das ist ja eigentlich unter Strafandrohung verboten!), manche springen ohne Not, nur mit einem Gummiseil am Fuß von ’ner Brücke (wiederum Andere auch mal ohne Seil, dass ist dann nicht ganz so lustig), oder gehen auf den Fußballplatz – und ärgern sich dann hinterher auch noch darüber, dass das Beinahe-Abfackeln des Nebenmannes zu Sanktionen für den geliebten Verein führt. Nun ja…

Ich versuche meine Wut unter anderem hier zu kanalisieren. Oder auf Fratzenbuch, wo meine verbalen Auslassungen gegenüber strunzdummen Nazis mittlerweile deutlich an Schärfe gewinnen. ich bin noch nicht im Bereich der hemmungslosen Beschimpfung angekommen, aber… wer weiß, kommt vielleicht noch. Wut ist Energie und Energie kann nicht vernichtet werden, sondern nur umgewandelt (ich weiß, dass diese Beschreibung vereinfachend ist, aber wenn ich schon mal Physik für Psychologie missbrauche, sind Verluste einzukalkulieren 😉 ). Also wandele ich einen Teil in Bewegung um, was bei mir nicht annähernd so spektakulär wie bei Bruce Banner oder irgendwelchen Hooligans aussieht. Ich gehe nämlich einfach nur spazieren. Und ein anderer Teil fließt in meine Kreativität.

Wie, der kann etwas erschaffen, wenn er wütend ist? Oh ja, sagt er; denn Widerspruch und Kampf (selbst nicht-physischer) beflügeln meinen Geist. Ich glaube nicht, dass man die Methode einfach auf andere Individuen transponieren kann. Aber wenn mich irgendwas umtreibt, dann muss es raus. Es ist ein körperliches Drängen, jetzt etwas zu „machen“, also etwas zu erschaffen. So ging es mir die letzten Tage. Mein Urlaub lief nicht ganz so, wie gedacht (es war eh nur freie Zeit zu Hause, was für echte Erholung tödlich ist), was dazu führte, dass mein Gehirn Überstunden an einem fernen Ort gemacht hat. Ich bin Pen&Paper-Rollenspieler (vor allem Spielleiter), also habe ich kurzerhand ein neues Setting geschrieben und gleich mit einer Kleingruppe geplaytested. War leider geil…

Was für mich und mein Wutlevel viel tödlicher wirkt, als alles andere, ist, wenn ich meiner Kreativität keinen Raum lassen kann, weil Zeitdruck und Verpflichtungen, auf die ich keinen Einfluss nehmen kann mich einengen, ja manchmal geradezu erdrücken. Und diese Situationen gibt es, weiß Gott nicht nur im Job! An manchen Tagen hadere ich mit meiner Wut. An anderen umarme ich sie, weil sie mich zur Rampensau macht. Und ich bin, im tiefsten Grunde meines Herzens, gerne eine Rampensau! Nun bemerke ich seit einer Weile, dass mein Wutlevel sinkt und weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll. Ich bin doch noch zu jung, um altersmilde zu werden, gottverdammt… ah, da ist sie ja doch noch… puh. Wie dem auch sei, ich kann nur dazu raten, sich selbst diesbezüglich genau zu analysieren. Vielleicht steckt ja doch ein guter Hulk in euch. Wenn ihr’s rausgefunden habt, sagt mir bescheid. Bis dahin – schönes Wochenende!

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