Schreiben ist Leben!

Um es gleich vorweg zu schicken: für mich ist mein Schreiben auch (aber nicht nur) ein Vermittlungs-Prozess zwischen meinem ES und meinem ÜBER-ICH. Für diejenigen, welche mit Freud nicht so vertraut sind: das ES, das sind unsere Triebe, unsere Instinkte, unsere irrationalen, nicht prämeditierten Bedürfnisse; vielleicht könnte man bei verschiedenen Gelegenheiten auch sagen: unsere niederen Dämonen. Das ÜBER-ICH hingegen ist jene Sicherungs-Instanz, welche durch die Sozialisation, Erziehung, Imitationslernen zu jenem moralinsauren, ewig rationalen, erhobenen Zeigefinger erwächst, der unseren niederen Dämonen den Spaß verderben möchte; oder anders formuliert: unser innerer Kerkermeister. In der Mitte zwischen den niederen Dämonen und ihrem Kerkermeister sitzt der ärmste Tropf von allen: unser ICH, also jener fluide Prozess der ewigen Gleichgewichts-Suche, den wir gerne als Persönlichkeit bezeichnen; und von der wir fälschlicherweise so gerne annehmen, sie sei stabil… Tja, dumm gelaufen. Die Sicht ist hier bewusst dramaturgisch verzerrt und ironisch überspitzt, denn ganz so einfach ist es nun doch nicht. Aber für den Zweck dieses Posts mag diese Beschreibung vorerst genügen…

Ich fing an, über diese Fragen nachzudenken, als ich mit der Lektüre des abgebildeten Buches begann (ich bin noch nicht fertig, ist ein ganz schöner Wälzer…). Die Autorin stellt, unter Berücksichtigung verschiedener Perspektiven, Schreiben als einen Akt dar, der einerseits in die kreative Sphäre eingebettet ist, andererseits aber auch der Verwertungs-Logik des Marktes unterworfen wird; sofern man denn überhaupt an den Markt geht. Meine diesbezüglichen Erfahrungen sind ambivalent. Einerseits ist es schön, von einem größeren Personenkreis als der eigenen Familie oder den nahen Freunden rezipiert zu werden. Andererseits macht man relativ schnell die Erfahrung, dass man in den anderen Menschen den Bewertungsreflex auslöst – und selbstverständlich ist es für dieses mühsam kultivierte Pflänzchen names „Selbstwertgefühl“ ein waschechtes Waterloo, wenn man dann die ersten (unvermeidlich) weniger schmeichelhaften Kritiken bekommt. Denn wie so vieles andere auch, sind die Meinungen über literarische Produkte Geschmackssache.

Es ist mir wichtig, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass ich die häufig angeführte Distinktion zwischen Hochkultur (und damit klassischer Literatur) und Populär-Kultur (und der damit assoziierten Trivila-Literatur) riesengroßen Käse finde. Nicht etwa, weil mir die Klassiker öde wären, sondern weil Kultur (wie schon so verdammt oft gesagt) ein fluider Prozess ist, ein dynamisches System, eine Verstetigung des Wandels, die damit im Kern ihres Seins jedweder ewig verehrenden Zurschaustellung von Kulturartefakten widersprechen müsste; aber wer bin ich schon… Ich ziehe es vor, jedwedes Kulturprodukt im Kontext seines Entstehungszeitraumes betrachten zu wollen. Damit entfällt auch ein nicht unerheblicher Teil dieser Wokeness-Debatten als unnötig, selbstreferentiell und arrogant. Wo „Kunstwerke“ zur Stigmatisierung oder Benachteiligung beitragen, müssen diese immer kritisch kommentiert werden. Aber dächte ich den Wokeness-Gedanken in seiner heutigen Darreichungsform konsequent zu Ende, dürfte es auch keine kritisch kommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“ geben. Ich finde jedoch, dass man sich genau mit solchen Dingen bewusst auseinandersetzen sollte. Ich möchte hier an Adornos Diktum erinnern „[…] dass Auschwitz sich nicht wiederhole […]“

Ich bin weit davon entfernt, mein Schreiben als Kunst bezeichnen zu wollen, ganz sicher aber ist es ein komtemporäres Kulturartefakt. Das Publizieren in seiner Gesamtheit hat sich in den letzten 20 Jahren grundlegend verändert. Manche Leute sprechen gerne von einer Demokratisierung des Literaturbetriebes, befeuert durch die wachsenden Möglichkeiten des Selfpublishings. Die Unabhängigkeit von der etablierten Verlagsbranche wird als Sieg über die Macht der Lektoren gefeiert. Ich sehe ehrlich gesagt eher eine Prekarisierung. Denn, wer Literatur verkaufen möchte (oder gar muss), um seine Existenz zu finanzieren, unterliegt plötzlich der oben bereits benannten Verwertungslogik und den (bei Bourdieu so treffend beschriebenen) Notwendigkeiten des Massengeschmackes. Und das vollkommen unabhängig davon, ob mit Verlagsvertrag, oder doch als Selbstverramscher bei einem kleinen Onlinekaufhaus mit Regenwaldnamen… Denn beim Selfpublishing mag zwar das unternehmerische Risiko überschaubar wirken – es liegt dennoch zu 100% beim Autor. Und nur die Wenigsten schaffen tatsächlich Margen, die sich lohnen. Mal davon abgesehen, dass die handwerkliche Qualität auf diesem Markt der literarischen Ich-AGs sehr inhomogen ist, und nicht selten im eher überschaubaren Rahmen bleibt.

Für mich ist es eine Mischung aus Hobby, Selbstverwirklichung, Storytelling-Übung und Ergotherapie, die ich auf keinen Fall missen möchte. Ich bin kein leichtgläubiger Narr, der glaubt, dass ihm irgendwann die Verlage die Tür einrennen und alsbald danach Hollywood wegen der Filmrechte anklopft. Ich mache es zuerst, um wenigstens gelegentlich meinen inneren Kerkermeister austricksen zu können; und natürlich, weil ich irgendwann 2022 doch mal wieder was Eigenes veröffentlichen möchte, um herauszufinden, auf welchem Level ich denn nun tatsächlich stehe. Davor stehen aber noch einige andere Dinge an, die auf meiner Prioritäten-Liste höher angesiedelt sind. Wir werden sehen. Und wir lesen uns…

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Leben ist Dynamik

Auch wenn der Titel vielleicht als Allgemeinplatz wahrgenommen wird, auch wenn Binsenweisheiten einen manchmal nicht weiterbringen, auch wenn Glückskekse nicht immer sonderlich lecker sein mögen: wenn wir in den letzten 21 Monaten als Menschen irgendwas gelernt haben könnten, dann, dass das Leben kein gerader Fluss ist! War es nie, ist es jetzt nicht und wird es niemals sein. Einer unser vornehmsten Fehler als Menschen ist es, sich am Bekannten, am Gewohnten, am Eingeübten festzuhalten. Weil es uns ein (allzu trügerisches) Gefühl von Sicherheit vermittelt. Und niemand ist sich seiner Selbst gerne unsicher, oder erlebt mit Wonne das Gefühl, keine Kontrolle über die Dinge zu haben. Aber echte Kontrolle ist eine Illusion. Leben ist nicht nur Dynamik – Leben ist Chaos! Allerdings ist es schwierig, den Begriff Entropie aus der Physik auf die Sozialwissenschaft zu übertragen…

In den Sozialwissenschaften diskutiert man Entropie als Maß für die Ordnung / Unordnung innerhalb eines sozialen Systems. Wie es bei allen Systemtheoretischen Ansätzen so geht, herrscht hier vor allem eines: Uneinigkeit. Ohne auf die akademische Diskussion eingehen zu wollen, muss man sich die Frage stellen, ob man eine grundsätzliche Ordnung der Dinge unterstellen möchte, oder eben nicht? Und das ist auch eine Glaubensfrage. Beziehe ich das zum Beispiel auf die Aluhüte, dann sehen diese überall geheimnisvolle Mächte am Werk, welche die Welt nach ihrem Bild zu formen versuchen. Dann wäre die (für uns verborgene) Ordnung der Dinge eben jenes Geflecht aus obskuren, im Dunkel des Ungesehenen und Ungeahnten operierenden Geheimbünden, Regierungsorganisationen und was weiß ich nicht noch alles. Wenn ich mir ansehe, wie schwierig es ist, verschiedene Partner bei relativ einfachen politischen Projekten unter einen Hut zu bekommen, fällt es mir sehr schwer, mir ein paar geheime Regierungsmitarbeiter vorzustellen, die mal eben die ganze Bundes-Bevölkerung 5G-chippen. Die meisten Behörden in Deutschland können ja nicht mal ihre IT vor russischen Hackern schützen…

Unterstelle ich jedoch irgeneine Form von Ordnung, komme ich irgendwann nicht mehr umhin, auch eine eher deterministisch orientierte Grundhaltung einzunehmen; einfach weil die angenommene Ordnung ja unterstellt, dass es Wenn-Dann-Kausalitäten gibt, die nur jeweils wenige, vorgegebene mögliche Pfade der Weiterentwicklung zulassen. Ein kurzer Blick über den Tellerrand sagt mir jedoch, dass diese Annahme nicht so ganz stimmen kann. Man denke an Mutationen und so…? Und wieder einmal stehe ich an meinem Schreibtisch und muss feststellen, dass sicher geglaubte Dinge doch nicht so sicher sind, dass Entwicklungen plötzlich, unerwartet Wendungen nehmen, die sich der innovativste Romancier nicht ausdenken kann; und dass alles Modellieren und Abwägen manchmal für die Tonne ist. Womit wir mal wieder beim Plan X wären.

„Improvisationstalent“ nennt man es, wenn Menschen aus den wenigen vorhandenen Ressourcen kurzfristig funktionierende Lösungen zaubern können. Die Bezeichnung „MacGyvern“ wäre wohl auch legitim, zumindest, wenn es um technische Probleme geht. Ein dauerhaftes Problem entsteht daraus allerdings, wenn der regelmäßige Einsatz des Improvisationstalentes als dauerhaft verfügbar betrachtet wird, und man auf Basis dieser Fähigkeit bewusst andere Ressourcen zu sparen versucht! Das endet mit MacGyver im Burnout und kaputten Projekten. Aber das müssen manche Menschen (insbesondere sogenannte Chefs) immer erst auf die harte Tour lernen! Besonders ärgerlich wird es, wenn dann auch noch Andere sich mit den Federn erfolgreicher Arbeit schmücken, die aus solchen Umständen heraus entstanden ist. Sowas vertreibt nämlich die MacGyver…

Manchmal ist die Ferne verlockend…

Ich bin eher ein Grübler, denn ein Renner. Ich schaue mir an, was läuft, was nicht läuft, und warum es nicht läuft. Und dann versuche ich nach und nach, an den verschiedenen möglichen Stellschrauben zu drehen, bis es besser läuft. Man nennt solche Leute wie mich, wenn ich recht weiß, Realisten und Pragmatiker. Und sagt Ihnen, zu Unrecht, eine gewisse Leidenschaftslosigkeit nach. Ich bin Realist, wenn es um das Beurteilen von Chancen und Risiken geht, doch Träumer genug, auch Projekte ín diese Betrachtung einzubeziehen, die Andere von vornherein ablehnen würden. Ich bin Pragmatiker, wenn es um die Bewältigung des Tagesgeschäftes geht, aber Theoretiker genug, nach einer immer besseren Fundierung meines pragmatischen Handelns zu streben. Insofern bin ich, wie viele Andere auch ein ambivalentes Wesen. Und ich habe mich zu sehr an das „Leben in der Lage“ gewöhnt, als dass mich die Botschaft von neuen Virusvarianten noch allzusehr aus der Reserve locken könnte. Just another problem to be solved by flexible means… Ich wünsche uns allen die Geduld, es noch ein wenig länger zu ertragen, die Vernunft, uns an die notwendigen Maßnahmen zu halten, und den Mut es danach auf’s Neue zu tun. Was auch immer ES sein mag. In diesem Sinne, schönes Wochenende.

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Die Gedanken treiben lassen…

In Anbetracht der gegenwärtigen Lage ist es Zeit, sich eines Zitates von Mark Twain zu erinnern: „Mensch: das einzige Lebewesen, das erröten kann. Es ist aber auch das einzige was Grund dazu hat.“ Ich werde der Angelegenheit hier nur einen Paragraphen widmen, weil alle Argumente ausgetauscht, alle notwendigen Diskussionen geführt und alle sinnigen Angebote gemacht sind: WER BIS JETZT AUS EIGENEM ANTRIEB, UND OHNE JEDE MEDIZINISCHE NOTWENDIGKEIT FÜR SICH ODER FAMILIENMITGLIEDER DIE IMPFUNG GEGEN COVID VERWEIGERT, IST EINE ASOZIALE ARSCHTROMPETE! Ende der Durchsage! Wenn sich irgendjemand dadurch beleidigt fühlt, darf er mich gerne blocken oder sonstwas. Geht mit den Zwiebeln spielen, Schwurbler. Euch braucht eh keiner! Nachdem das nun für mich ein für alle Mal geklärt wäre – now to something completely different…

Wir steuern, einmal mehr, vollkommen unverschuldet auf Weihnachten zu. Auch hier hat die Politik nichts getan: Spekulatius und Lebkuchen gab’s schon im September. Das ist ja fast noch kränker, als diese öffentlichen Besäufnisse namens „Weihnachtsmarkt“. Vom Sodbrennen wegen des Glühweins mal abgesehen, dieses Jahr auch aus anderen Gründen Schwachsinn, da hin zu gehen. Wenn ich in Stimmung kommen will, schmücke ich meine Bude, und trinke selbstgemachten Glühwein. Ist eh besser. Scheiß auf das Sodbrennen. Aber auch andernorts ist der Konsumwahn auf vollen Touren. Heute ist dieser nervtötende, seit Wochen angekündigte Black Friday und ich frage mich immer noch, was diese Scheiße soll? Kriegen die Leute denn nicht mit, dass die Einzelhändler über das dritte und vierte Quartal langsam die Preise anheben, damit es zu Thanksgiving dann aussieht wie ein Schnäppchen?

Ich las heute auf Zeit Online ein Interview mit Gerald Hüther, diesem nervtötenden Neurodingensbummens, der immer meint, zu allem seinen Senf dazugeben zu müssen, Er könnte ruhig mal bei Würstchen bleiben, aber dieses Mal hat er zumindest einen halbwegs soliden Punkt gemacht: Konsum ist psychologisch wie eine Sucht. Seine Begründung ist abgedroschen (bei ihm findet immer alles zwischen Nucleus Accumbens, Amygdala und mesolimbischem System statt), die Folgen sind jedoch in der Tat real: je mehr man hat, desto mehr will man! Zumindest gilt das für einen nicht unerheblichen Teil der Menschen. Und, wenn ich mich mal so in meinem Büro umschaue, dann gebe ich zu, dass ich auch nicht unschuldig bin. Ich rede mich ja immer damit raus, dass ich Neues ausprobiere, und vieles in meinem Home-Office sich mittlerweile um Content-Production dreht. Was bedeutet, dass ein gewisser Professionalitätsanspruch auch gegenüber meinen Werkzeugen besteht. Zumindest in der Theorie.

Ich bin kein Streamer oder Youtuber. Jedenfalls nicht im klassischen Sinne. „Let’s Play“ wäre bei meinen miserablen Reflexen vermutlich auch eher langweilig anzusehen. Ich produziere kommentierte Präsentationen und How-Tos für meinen Job, die Ausbildung von Rettungs- und Notfallsanitätern*innen. Ich blogge und gerne möchte ich auch wieder öfter podcasten. Ich habe zwei Argumente, die jedenfalls für mich alle anderen schlagen: Arbeitsergonomie und Wohlfühlen. Ich stehe einfach gerne an meinem überarbeiteten Tisch, um kreativ zu werden (natürlich sitze ich auch gerne dran, aber allein diese Wahl zu haben…). Nach meiner Wahrnehmung braucht es bestimmte Umgebungsparameter, um überhaupt kreativ werden zu können. Zum Wohlfühlen gehört dabei für mich die Ruhe. Diese Ruhe, wenn niemand einfach so in dein Büro gelatscht kommen kann. Unbezahlbar für meine Produktivität.

Und doch hadere ich natürlich mit meinem Konsum. Einerseits kann man sagen, ich habe die Binnenkonjunktur anheizen geholfen und somit zur Stabilisierung unserer Wirtschaft beigetragen. Andererseits habe ich meinen CO2-Footprint wieder angeheizt. Und bin selbst in die zuvor beschriebene Falle getappt. Und ich werde es nicht leugnen. Allerdings bin ich jetzt auch für den nächsten Lockdown und vermehrtes Home-Office gut gewappnet. Denn solange niemand eine Impfpflicht und einen echten Lockdown JETZT durchsetzt, wird der wieder verschleppt bis Ultimo und dauert dafür dann extra lange. Weil unsere Politiker immer noch meinen, in einer Pandemie müsse man auf die Umfragewerte, anstatt auf die Fakten achten. Was das bringt, hat die CDU (Gottseidank) gerade am eigenen Leib erfahren müssen.

Ganz ehrlich – ich bin noch nicht in Weihnachtsstimmung. Zum einen, weil der Stress nicht abreißt. Und zum anderen, weil mein Körper gerade nicht so möchte, wie ich. Ich gehe davon aus, dass er mir damit etwas sagen will – und bin dementsprechend mal zu Hause geblieben. Irgendwie kriegt man den Laden immer ans Laufen. Was Weihnachten betrifft: es kommt, wie es kommt. Gerne mit wenigen, ausgewählten (geimpften und getesteten) Familienmitgliedern und Freunden. Alles Andere findet sich, wenn es soweit ist. Ein bisschen Konsum muss dann doch noch sein, weil es einige wenige gibt, denen ich gerne etwas Schönes schenken möchte. Herr Hüther meinte hierzu, man schenkt ja doch nur, um sich selbst gut zu fühlen; um sich an den positiven Gefühlen der Beschenkten zu bedienen. Solange das ein Handel auf Gegenseitigkeit ist, der nicht vollkommen aus dem Ruder läuft, bin ich dabei, scheiß auf Herrn Hüther. In diesem Sinne – mittlerweile ist draußen Black Friday. Gehabt euch wohl.

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