New Work N°10 – Die brauchen Führung!

Ich behaupte ja immer, dass man mit zunehmendem Alter ruhiger wird; schön wär’s allerdings, wenn ich mich auch selbst daran halten könnte. Heute morgen scrollte ich mal wieder auf einem mobilen Endgerät durch die Morgenzeitung und diese unseligen Antiscocial-Media Apps, mit denen man sich halt so beschäftigt, wenn man a) noch nicht ganz wach ist und b) nix besseres zu tun hat. Man kennt diese Listicles – Artikel, die stets irgendein armer Hanswurst (Volontär, Praktikant, was weiß ich) lieblos zusammenklickt, und die eigentlich nur Clickbait für Werbung sind. Manche kommen sogar semi-seriös daher. Heute morgen triggerte mich „7 Dinge, die ein guter Chef nicht tut.“ „Na gut“, dachte ich mir, „so schlimm kann’s ja nicht sein…“. Und solange sich der Hanswurst-Volontär an den Allegemeinplätzen festhält, passiert auch nichts Schlimmes. Nicht micromanagen, nicht dauerüberwachen, nicht auf Präsentismus bestehen, und so. Ein Punkt war für mich allerdings kontrovers – nämlich das Thema Feedback.

Es ist so, dass man heutzutage anders an arbeitende Menschen herantreten muss, als das zu meiner Frühzeit im Beruf der Fall war. Hat sich zwar noch nicht überall rumgesprochen, aber im manifesten Fachkräftemangel stimmen die Leute dann halt immer mit den Füßen ab, wenn sie gegängelt werden. Und die zurückbleibenden Bosse (und auch manche Kollegoiden) geben die Schuld natürlich jenen, die gehen. Ansonsten müsste man sich ja mal an die eigene Nase fassen, und das ist oft sehr schmerzhaft. Man hört dann solche Sätze wie „Die konnten sich nicht ins Unternehmen / die Abteilung einpassen!“ „Die hatten vollkommen falsche Vorstellungen vom Job.“ „Die haben zuviel gefordert, die sollen erst mal liefern!“ Besonders beliebt ist auch heute noch „Die sind zum arbeiten da, nicht zum denken!“ Habe ich auch schon von einem Vorgesetzten zu hören bekommen. Gottseidank arbeite ich nicht mehr da. Aber dieses Arschloch spielt immer noch Chef; nur in einer anderen Abteilung. [Anmerkung: Falls jemandem meine Wortwahl in diesem Zusammenhang nicht gefällt – oben ist die Browser-Suchzeile!]

Man kann Mitarbeiter natürlich auch mit einer Peitsche in der Hand vom Gelände jagen – das geht noch schneller. Dann darf man sich nur nicht wundern, wenn die eigenen, schönen hochfliegenden Pläne alle zu lahmen Enten werden, die schlussendlich beim Mitbewerber im Ofen landen. Also ist Feedback relevant! Und ich möchte es hier wirklich als Feedback verstanden wissen, denn es geht nicht nur um Lob, sondern auch um Kritik! Es ist nämlich mitnichten so, dass die jungen Leute alle Snowflakes wären, die unter Druck schmelzen. Aber die haben mittlerweile verinnerlicht, dass das Erkennen von Sinnhaftigkeit und das Entstehen von Motivation eng miteinander verbunden sind. Denen braucht man mit „Ich Chef – du Nix!“ nicht zu kommen; es sei denn man hat keine Peitsche… Was allerdings nichts daran ändert, dass Mitarbeiter trotzdem Führung brauchen. Und hier kommt einmal mehr der kleine aber feine Unterschied zwischen Bossen und Leadern zum tragen. Denn Leadership Ability bedeutet Folgendes:

  • Geführt wird von vorne! Ich erwarte nichts von meinen Mitarbeitern, dass ich nicht auch selbst zu tun bereit wäre.
  • Konflikte lösen sich nicht von selbst! Ich habe zwar manchmal die Hoffnung, aber am Ende muss man als Führungskraft alle Beteiligten an den Tisch bringen, wenn man nicht einen echten Glasl im Betrieb haben möchte.
  • Aufgaben zuteilen und machen lassen! Ich will nicht über jeden winzigen Teilschritt informiert werden. Ich will Meilensteine und Ergebnisse sehen – und wissen, wenn es Probleme gibt, bei denen ich helfen kann; oder die Ressourcen beschaffen kann, die dann helfen.
  • Mitarbeiter / Untergebene als Menschen wahrnehmen! Denn das sind sie verdammt noch mal! Menschen, wie du und ich…
  • Präzise beobachten und Feedback geben! Denn als Vorgesetzter ist man Dienstleister für seine Mitarbeiter; und zwar als Entwicklungsbegleiter. Und das funktioniert nicht einfach nebenher – dazu ist Mühe notwendig!
  • Feedback annehmen! Denn in der Organisation, in der ich z.B. tätig bin, gibt es leider kein Handbuch, in dem drin steht, wie man Abteilungsleiter ist. Werden ist unter bestimmten Voraussetzungen einfach – sein ist verdammt kompliziert! Und da kann einem simples den Mitarbeitern Zuhören gelegentlich sehr helfen.

Ja, diese idealtypischen, theoretischen Beschreibungen können einem schon ganz schön Angst einjagen. Ich habe festgestellt, dass speziell eine Sache hilft – einfach Mensch bleiben und die eigene Empathie kultivieren. Sich stets die Frage stellen: „Wie würde ich reagieren? Was würde ich denken / fühlen?“ Bei aller Autonomie im Tun und Lassen, und der Chance zur Selbstverwirklichung, nach der Menschen im Beruf angeblich heute streben, gibt es ein paar Rahmenbedingungen, die stets gleich bleiben: mit einer leeren Kasse kann ich nichts kaufen, und niemanden bezahlen. Also ist vermutlich bei allen Beteiligten ein gewisses Level an Performance notwendig, um die Kasse gefüllt zu halten. Gewiss gibt es Jobs, in denen es schwer ist, Performance zu messen. In meinem z. B. Wie misst man die Arbeitsproduktivität von Fachlehrern und einem Schulleiter? In abgehaltenen Unterrichts-Einheiten? Und was ist dann mit der Qualität der Lehre? Zählt die, oder doch nicht? Und falls ja, wie misst man die? Am Leistungszuwachs der Schüler / Teilnehmer? Und wie misst man den? In gesteigerter Arbeitseffektivität? Und, wie misst man die…?

Am Ende des Tages steht trotzdem eine Summe unter dem Strich, weil eine Dienstleistung produziert und distribuiert wurde. Dennoch bleiben Fragen offen – etwa vom Controller, warum ich so viel Geld ausgeben würde? Aber da halte ich meine Antwort ganz einfach: weil hochwertige Bildung ziemlich arbeits- und damit kostenintensiv ist. Und weil ich nebenbei auch noch Zeit in mein Personal investieren will und muss, damit sie weiterhin mit mir zusammen daran arbeiten wollen, hochwertige Bildung anzubieten, die zufriedenere, loyalere Mitarbeiter erzeugt – auch wenn nicht alle Chefs in der Organisation die oben benannten Grundsätze der Leadership Ability verstehen oder anwenden können. Manchmal braucht man einfach Geduld. Denn die Führungsparadigmen wechseln gerade. Ich bin bereit! Und ihr so…?

Auch als Podcast…

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