A snipet of politics!

Facebook ist doch keine ernstzunehmende Plattform für Politik! So, bzw. ein bisschen ähnlich hat sich heute jemand geäußert. Wie es dazu kam? Nun, jemand hat ein Bildchen der „identitären Bewegung“ auf seiner Pinnwand gepostet, dass die zugegebenermaßen ziemlich unglückliche allerdings auch schon einige Jahre zurückliegende These Claudia Roths, die Türken hätten Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut zum Anlass für vaterländische Traditionsverklärung und verdeckt xenophobe Propaganda nimmt. No big deal – oder? Schließlich ist Facebook doch nur eine Social-Media-Plattform. Nur ca. 27% aller Deutschen haben einer Studie von PricewaterhouseCoopers zu Folge ja einen Facebook-Account. Nur? Habt ihr den Knall nicht gehört?

In den Vereinigten Staaten wurde die letzte Präsidentenwahl nicht zuletzt auch durch die Facebook-Kampagnen beider Kandidaten mit entschieden. Social-Media-Plattformen durchdringen unsere Lebenswelt immer mehr, ganz klassisch mit Werbung, aber auch sozialer und politischer Meinungsbildung, um nur ein paar Aspekte der gezielten Nutzung zu nennen. Das wird hierzulande auch den Entscheidern zwar erst langsam bewusst, aber alle social media sind auch Plattformen für Politik. Wo sonst sollte ich denn heute z. B. sonst Erst- bzw. Jungwähler treffen. Die schauen nur selten die Tagesschau und noch weniger lesen klassische Printmedien. Nicht nur die Pflege der Sozialkontakte, auch die Informationsgewinnung wird heutzutage in immer größerem Maße online erledigt. Und genau da muss man die Menschen ansprechen, wenn man sie für seine Meinung gewinnen will.

Nun ist es so, dass man beim Recherchieren über etwaige Hintergründe dieser oder jener Bewegung vorsichtig sein muss, denn viele Informationen, die man Online finden kann sind entweder wenig objektiv, überaltert oder schlicht falsch bzw. gefälscht. Die Perlen unter den Säuen zu finden bedarf es leider, leider echter Bildung. Und die kriegt man nicht alleine online, bedaure ganz herzlich.

Und da kommen solche Gestalten wie die Identitären ins Spiel, deren Zeichen ein wenig an düstere Zeiten erinnert. Sie bezeichnen sich als weder links, noch rechts sondern am Ethnopluralismus und kultureller Identität orientiert. Der stammt allerdings aus dem Arsenal der neuen Rechten und propagiert die Auffassung, das ethnische Zugehörigkeit von der Zugehörigkeit zu einer Kultur bestimmt sei. Dem liegt der Denkfehler zu Grunde, dass Kultur etwas statisches wäre, dass sie sich nicht über die Zeit ändern würde. Hat sie aber. Wir haben kein ständisches Gesellschaftssystem mehr, die Gerichtsbarkeit der Kirche ist nicht mehr für jeden Menschen bindend, die Geschlechtergerechtigkeit ist auf dem Vormarsch, das Faustrecht gilt nur noch für Staaten -ups, sorry – und so weiter und so fort. Kulturelle Identität ist folglich ein Produkt der jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungen – übrigens auch schon im Mittelalter – und keine trennscharfe Linie, mit der ICH mich von DENEN unterscheiden kann. Derlei ist ziemlich billige Schwarzweißmalerei.
Neben den bekannten Parteien gehen auch solche Vereinigungen über Facebook auf Sympathisantenfang. Also ist Facebook durchaus eine Plattform für Politik, und zwar ein sehr ernstzunehmende! Weil es nicht wenigen Nutzern noch an den nötigen Kenntnissen und einem gesunden Maß an Skepsis zu echter mündiger Meinungsbildung speziell in sozialen und politischen Fragen mangelt, überdies eine recht gefährliche. Jeder Flächenbrand entsteht durch einen einzigen Funken. Wer dieses Bild nicht versteht, darf mich gerne für Erläuterungen oder Diskussionen kontaktieren.

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