Immer mal wieder, wenn ich das Gefühl habe, nicht mehr weiter zu kommen, überall nur noch gegen Wände zu rennen oder mich müheselig dahinzuschleppen zu müssen, hilft es aus der Routine auszubrechen. Es ist für mich auf Grund meiner familiären Verpflichtungen schwer, mal eben einen Wellnessurlaub zu buchen und mich für ein paar Tage vom Acker zu machen – obschon meine Frau mich schon mal sozusagen dazu genötigt hat. Aber es geht auch eine Nummer kleiner. In solchen Momenten betrachte ich manchmal ganz gerne jene Orte, welche ich eigentlich intim zu kennen glaube einfach mal durch den Sucher meiner Kamera. In meiner eigenen Stadt gehe ich dafür zumeist nachts auf die Jagd nach einem guten Motiv und dies aus mehreren Gründen: zum einen erfordert die Nachtphotographie Geduld; man kann nicht einfach knipsend durch die Gegend rennen, sondern muss sich das gewünschte Motiv erarbeiten, an Einstellungen und Perspektive schrauben, bis das Ergebnis halbwegs den eigenen Vorstellungen entspricht. Nimmt man zudem wie ich ganz bewusst nur ein Objektiv mit (zumeist ein Weitwinkel-Zoom), so bedeutet dies auch Laufarbeit, denn den subjektiv richtigen Blickwinkel findet man oft nur durch mehrfaches Probieren. „Reduce to the max“ bedeutet dann, die selbstauferlegte Beschränkung spielerisch-gestalterisch einzusetzen. In der Kombination wird man entschleunigt und gleichzeitig zur Einnahme anderer Perspektiven genötigt. Und das gilt nicht nur im wortwörtlichen Sinne.
Denn beim richtigen Photographieren wird nicht nur Licht reflektiert (Spiegelreflexkamera!) sondern auch die eigene Einstellung zum Objekt kommt auf den Prüfstand. Indem ich aber meine Beziehung zu meiner Stadt und verschiedenen Objekten darin bedenken muss, wenn ich hoffentlich nicht atemlos durch die Nacht eile, sondern bedächtig wandere entsteht auch eine – möglicherweise übrigens durchaus kritische – Selbstreflektion. Ich habe allerdings wirklich keine Ahnung, ob meine Bilder etwas über mich aussagen; wenn aber irgendjemand eine wohlfeile Interpretation parat haben sollte, so würde er sie mir vielleicht besser nicht öffentlich mitteilen. Das könnte für alle Beteiligten allzu enthüllend wirken… Mir bedeuten meine Bilder aber tatsächlich etwas, sie zeigen mir, dass Schönheit manchmal erst konstruiert werden muss und dass man sich die wahre Gestalt der Dinge – und auch der Personen um einen herum – manchmal erst erarbeiten muss. Wie dem auch sei, für mich sind diese Nachtspaziergänge so was wie Meditationen, die mir helfen, zur Ruhe zu kommen, Gleichgewicht zu finden und wieder eine Freude an mir selbst zu entdecken, die ich manchmal missen muss. Weil ich aber auch irgendwie ein sozialer Mensch bin, teile ich die Ergebnisse gerne, darum hier ein paar Shots aus meiner letzten Session von vorgestern…