Man muss so einen Blog-Beitrag auch mal mit einem Geständnis beginnen dürfen: ich bin ein Genussmensch! Ich konsumiere gerne leckere Dinge. Was lecker ist, definiere ich selbstverständlich nur für mich, jeder andere darf gerne seine eigene Definition haben! Allerdings ist eine solche Haltung – weil im Kern libertär – heutzutage eine ziemlich einfache Möglichkeit, sich der Verdammung anheim zu geben. Also, jetzt nicht der Göttlichen. Mehr so der, die man auch unter dem Begriff „Shitstorm“ kennt. Denn „Verzicht“ ist eines der neuen goldenen Wörter unseres Zeitalters. Zusammen mit „Nachhaltigkeit“ und „Umweltschutz“ bildet es die heilige Trinität des „Guten Lebens“. Zumindest in der Diktion Mancher. Und wenn man sich öffentlich dazu bekennt, sich nicht in allem einschränken zu wollen…
Man möge mich bitte nicht falsch verstehen. Ich stehe voll hinter den „Fridays for Future“; ich hoffe auf eine noch schnellere Umsetzung der Energie- und Mobilitäts-Wende und versuche mein Teil dazu zu tun. Aber, bigott, wie ich als mittelalter weißer Mann nun mal bin, nehme ich mir frech das Recht heraus, dennoch dem einen oder anderen Genuss zu huldigen. Auch heute noch! Reden wir dabei dieses Mal nicht über das Essen, sondern über das Trinken. Auf Zeit Online fand ich heute einen Artikel über Alternativen zu Schnaps. Also quasi harte Drinks mit ohne!
Nun ist der Schaden, welchen Alkohol an der Volksgesundheit anrichtet, unbestreitbar. Jedes Jahr sterben viele Tausend Menschen an den Folgen zu intensiven Konsums. Immer wieder verursacht das „über die Stränge schlagen“ junger Menschen Ärger, aber auch Elend und Tod, weil das Ingestieren von C2H5OH nun mal enthemmt; manchmal in einem Maße, dass üble Probleme mit sich bringt. Es ist ja aber nicht so, dass neben jedem Konsumenten einer mit gezogener Waffe steht und befiehlt: „SAUF, BIS ES VORBEI IST!“. Wir reden von einer Entscheidung die Menschen mehr oder weniger bewusst treffen. Und wie das mit uns Menschen so ist – wir treffen regelmäßig falsche Entscheidungen.
Eines der Hauptargumente für staatlichen Paternalismus, auch bekannt als „Verbots-Wahn“ ist, den Bürger vor sich selbst schützen zu wollen und zu müssen. Letztlich geht dieses staatsphilosophische Verständnis auf Thomas Hobbes „Leviathan“ zurück. „Homo homini lupus“ – „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.“; und muss folglich eingehegt werden, damit der Staat als Ganzes gedeihen kann. Das besorgen auch heute noch Gesetze, die im Grunde dazu gemacht sind, uns Menschen voreinander, aber manchmal eben auch vor uns selbst zu schützen. Selbstverständlich weckt dieses – zugegeben etwas begrenzte – staatstheoretische Verständnis den Wunsch, auch Genuss zu limitieren, sofern er dem Volke zum Nachteil gereichen KÖNNTE. Et voilá: Prohibition. Wie gut DAS funktioniert hat, kann man gerne in den Geschichtsbüchern nachlesen.
Wie wäre es, wenn man, anstatt den Zugang zu etwas zu limitieren, die Konsequenzen aggraviert: du wolltest Komasaufen und jetzt sitzt wegen dir jemand im Rollstuhl? Ab in den Knast; oder noch besser 3000 Sozialstunden im Pflegeheim. Würden wir, so als Gesellschaft, beschließen, dass sich mit Ansage zu betrinken auch inkludiert, dass alle Untaten, die im folgenden Vollrausch begangen werden damit automatisch Vorsatz-Taten sind und auch demgemäß bestraft werden, würde die Zahl solcher Delikte recht bald drastisch zurückgehen, weil das Maß und die Umstände des Konsums plötzlich wichtig würden. Könnte für andere Rauschmittel ebenso gelten. Wenn ich dann noch für die mittelbaren Konsequenzen des Konsums, wie etwa medizinische Probleme eine anteilige Haftbarkeit übertragen bekäme – was übrigens auch mich beträfe, denn ich trinke ja auch ab und an Alkohol – überlegte ich mir sehr gut, wie viel ich den in welchem Zeitraum trinken wollen würde.
Um auf den Artikel auf ZON zurück zu kommen: offenkundig sind die Alternativen zu Schnaps gar keine, weil sie schauderhaft schmecken. Überdies hat irgendein Kommentator sinngemäß geschrieben, dass er vor allem wegen der berauschenden Wirkung trinkt (anonym kann man so einen Spruch schon mal raushauen) und spätestens dann muss ich wohl zum Original greifen. Ich selbst trinke Alkohol (auch Schnaps), weil’s mir schmeckt und ich habe, sofern ich zum gegebenen Zeitpunkt keinen Verpflichtungen mehr nachkommen muss, auch kein Problem mit dem Rausch. ich habe vor langer Zeit gelernt, wie viel OK ist und übertreffe diese Grenze nur sehr, sehr selten. Vielleicht ein mal im Jahr.
Ich will diese Entscheidung über meinen Genuss und etwaig damit einhergehenden Kontrollverlust aber selbst treffen dürfen, weil es – meinem Empfinden nach – gegen Art. 2, Abs. 1 GG verstieße, mir diese Entscheidung durch ein Gesetz abnehmen zu lassen; auch wenn das missionarische Geifern mancher Menschen danach verlangt. Eben an jener Stelle im GG ist ja auch meine Pflicht niedergelegt, Anderen durch mein Tun keinen Schaden zuzufügen. Welchen Schaden ich mir selbst zufüge, darüber denke ich mehr als genug nach und betrachte es daher als meine Privatsache. Und wenn ich dafür irgendwann später vom Leben, den Sozialkassen oder sonstwem haftbar gemacht würde, so wäre dies legitim und ich würde mich fügen. Bis dahin gilt jedoch für mich beim Trinken, das Askese in der oben beschriebenen Form keine Alternative für mich ist. Wenn jemand das anders sieht, darf er das gerne tun und seine Meinung für sich behalten. Sie interessiert mich in diesem Zusammenhang nicht. Schönen Tag.