Ich hatte dieser Tage ein bisschen mehr Zeit zum Nachdenken als sonst. Das soll nicht heißen, dass mehr dabei rumgekommen wäre. Ich lag halt einfach nur krank im Bett und hatte sonst nichts zu tun, außer mit dem Versuch des Genesens beschäftigt zu sein. „Wir sind schon komische Tiere“ dachte ich da so bei mir; Zufriedenheit und Glück scheinen uns so sehr zu beschäftigen, weil wir stets so sehr damit beschäftigt sind, danach zu suchen, ohne doch je zu verstehen, worin sich beides tatsächlich realisiert. Ich las dieser Tage eine Artikelreihe auf Zeit Online, die sich mit dem Sinn des Lebens beschäftigt; und ich muss unumwunden sagen, da war jetzt nichts Neues, Bahnbrechendes dabei. Im Gegenteil klang für mich Vieles (obschon dabei Studien zitiert wurden) eher nach Küchenpsychologie, denn nach seriöser Wissenschaft, was wohl daran liegen muss, dass manche Wissen Schaffende doch eher normativ anstatt deskriptiv suchen. Sieht man ja auch immer an den Studien, welche die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ in Auftrag gibt… Nun ist der Sinn des Lebens etwas höchst individuelles, höchst subjektives, höchst dynamisches. Mit 20 habe ich darüber ganz anders gedacht, als heute, mit fragendem Blick auf die Große Fünf im Leben. Und dann kommt dieser Moment, wo man Resumée ziehen möchte.
Ne, ne, ne, Leute; für ein Resumée oder Memoiren bin ich noch viel zu jung. Aber jeder Mensch sollte gelegentlich innehalten, um zu bewerten, wo er steht, herauszufinden, wo er als nächstes hin will, und was ihn auf dem Weg dazwischen so alles erwarten könnte. Und das ist nicht unbedingt nur räumlich zu verstehen. Obschon Reisen natürlich auch ein wenig geplant werden wollen. Ich führte heute ein – unerwartetes, aber dennoch hoch willkommenens – Gespräch mit jemandem, den ich eine ganze Weile nicht gesehen hatte, und bei dem dennoch gleich klar war, dass wir immer noch auf der gleichen Wellenlänge schwingen. Unser Gespräch berührte dann auch – neben einigem Anderen – den oben bereits angesprochenen Aspekt des Glückes. Und damit natürlich auch den der Wünsche und Bedürfnisse. Mein Gegenüber äußerte dabei, dass er glücklich damit sei, relativ wenig materielle Bedürfnisse zu haben; was ich für mich selbst ebenso unterschreiben wollen würde. Es gibt ein paar Dinge, die ich als Werkzeuge für meine Kreativität nutze, und noch weniger Gegenstände, die in mir ein echtes Haben-Will-Gefühl auslösen. Es ist dann aber mehr der Wunsch des Benutzens dieser Objekte, als der des Besitzens. In manchen Fällen ist beides leider nicht voneinander zu trennen, so dass ich den neuen Grill halt doch kaufen muss. Andererseits werden noch viele andere neben mir davon profitieren… 😉
Mir ist der Schauwert meiner Besitztümer relativ Wumpe, so lange ich damit das tun kann, wofür ich die Dinge angeschafft habe. Nutzen und Funktion stehen – auf meiner Agenda – über ästhetischen Gesichtspunkten; wobei manchmal beides schwer zu trennen ist, weil insbesondere bestimmte hochwertige Konsumgüter wie etwa Kameras bewusst nicht nur mit mit Blick auf die Nutzungs-Ergonomie und den Gebrauchswert, sondern eben auch ein gefälliges Äußeres designed werden. Andernfalls wäre eine ganzer Berufsstand seinen Job los. Sagen wir mal so: wenn denn das Design wenigstens der Funktion folgt und nicht etwa umgekehrt, nehme ich das so hin. Aber Manchmal stelle auch ich erst im Nachhinein fest, dass ich mich in etwas verrannt habe, das Spielkind in mir unbedingt etwas ausprobieren wollte, weil’s doch so hübsch war…! Insofern bin ich am Ende des Tages genau so sehr oder wenig Mensch, wie alle anderen auch. Fehler inklusive. Und dann ärgere ich mich über mich selbst, weil man das Geld vermutlich besser für etwas anderes hätte verwenden können.
Und da sind wir dann an dem Punkt, den jeder für sich selbst klären muss: wie viel braucht es wirklich, um sagen zu können, „ich/wir habe/n keine existenziellen Sorgen!“? Und wenn tatsächlich mehr verfügbar wäre, wie viel davon wäre ich bereit zu geben, ohne dass die existenzielle Unsicherheit in meinem Kopf zunähme? Denn Glück und Sinn entstehen nicht in der Garage an meinem Lamborghini Aventador, oder beim Wochenendtrip nach London, Barcelona, Rom oder sonstwo; und auch gewiss nicht durch den Erwerb des jeweils neuesten Flagship-Phones xxxxxxx (setzen Sie hier die Marke Ihrer Wahl ein). Sondern – zumindest zu einem nicht unerheblichen Teil – durch unsere Beziehungen, durch unser Miteinander, durch das Teilen: das Teilen von Erlebnissen, Erinnerungen, Interessen, Erfahrungen, Erkentnissen, Fähigkeiten… und ja, auch durch das Teilen von Ressourcen. Doch wenn man sich die Kommentarspalten der Medien Tag für Tag ansieht, dann wollen so verdammt viele nichts mehr teilen, haben so verdammt viele sich so sehr in ihrem Egoismus-Kokon gleichgültigen Auf-Andere-Herab-Blickens eingesponnen, dass sie sich selbst nicht mehr im Spiegel sehen können. Dabei braucht es Selbstreflexion so sehr – um herausfinden zu können wo man steht, wo man als nächstes hin will; und schließlich, um beurteilen zu können, was einen auf dem Weg dazwischen so alles erwarten könnte – und wer einen eventuell dabei begleiten könnte und auch wollte! Aber wenn man sich diese Mühe machte, wäre ja – paradoxerweise – plötzlich so vieles so viel einfacher. Stattdessen jedoch verschließen wir uns lieber, und jammern rum „Ach, wenn’s doch mal einfach wäre…!“ In diesem Sinne, schöne Restwoche.