Aus gegebenem Anlass hier eine kurze Lektion in Sachen Flüchtlinge, vielleicht auch, weil viele die folgenden Sachverhalte gerne vergessen. Dazu ein kurzer Rückblick ins Zeitalter des Kolonialismus. Das war jene Zeit, als die alten Nationen Europas es schick fanden, rings um den Globus zu segeln, um sich Land unter den Nagel zu reißen, welches ihnen nicht gehörte, die dort lebende Bevölkerung entweder durch eine Zweiklassengesetzgebung gegenüber den neuen Herren – die einfach nur den Vorteil überlegener Waffentechnik besaßen, jedoch keinerlei moralische oder sonstige Rechtfertigung für ihr Tun – wirtschaftlich, politisch und sozial zu benachteiligen oder gleich zu versklaven. Das daraus gewonnene Kapital wurde dann wiederum für Kriege in Europa oder direkt in den Kolonien verbrannt. Dieses Zeitalter dauerte übrigens, noch mal zur Erinnerung vom Ende des 15. Jahrhunderts bis in die 60er des 20. Jahrhunderts. Wir Europäer rühmen uns ja häufig damit, die Wiege der Demokratie zu sein und so moralisches Gewicht zu haben. Spanien war allerdings bis 1974 eine Militärdiktatur, Portugal bis 1975 und Griechenland bis 1981…
Wie dem auch sei, die Kolonialisierung „der Wilden“ zerstörte funktionierende, teils hoch entwickelte Staatsgebilde, vernichtete lokale Eliten und hinterließ, vor allem durch Landumverteilung insgesamt schwierige, manchmal auch verheerende soziale und wirtschaftliche Probleme, die bis heute nach wirken. Dass nach dem teils hastigen Abzug der ehemaligen Herren entstehende Machtvakuum begünstigte zudem oft genug, das Individuen und Gruppen an die Macht gelangen konnten, die alles Mögliche, aber nur selten das Beste für ihr Volk im Sinn hatten. Für jene Leute, die jetzt nicht zu Unrecht nach Quellen fragen: das Buch „Warum Nationen scheitern“ von Daron Acemoglu und James Robinson illustriert diese Prozesse in einem geschichtlichen Querschnitt sehr anschaulich. Die so entstandenen Staaten mögen heute Völkerrechtlich keine Kolonien mehr sein; da die meisten wirtschaftlich aber in nicht unerheblichem Umfang direkt oder indirekt vom IWF und ausländischen Konzernen (aus der ersten Welt) abhängig sind, darf von Freiheit keine Rede sein. Dass es dann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts überdies en vogue war, in Ex-Kolonien Autokraten an die Macht zu helfen, damit diese den wirtschaftlichen Interessen eben jener ehemaligen Kolonialherren dienlich zu sein hätten – oder den USA, je nach dem wer schneller am Drücker war – hatte die soziale Situation der Bevölkerung nicht verbessert.
Zu uns nach Deutschland kommen nun in erster Linie Flüchtlinge vom Balkan, aus Afrika, Arabien und dem vorderasiatischen Raum. Für die Menschen aus dem Balkan taugen meine Erklärungen übrigens auch, insofern das mit dem wilhelminischen Kaiserreich aufs Engste verbandelte Habsburgerreich dort Land zusammengefügt hat, welches nicht zusammengehörte und während des Balkankrieges auch deutsche Blauhelme mehr oder weniger tatenlos danebenstanden, als es unter gewalttätigen Umständen wieder zerfiel. Europa und Deutschland haben seitdem wenig gegen die politische und soziale Katastrophe in unserem Vorgarten getan. Dass Menschen vor dem so entstandenen Elend davon rennen, ist menschlich, insbesondere, wenn man dort zu lange auf eine Perspektive hoffte, die niemals erschien, allen warmen Versprechungen der EU-Oberen zum Trotz. Abgesehen davon, dass sie hier sowieso wieder weg geschickt werden, haben sie kaum einen schlechteren Grund herkommen zu wollen: weg aus weitgehend gescheiterten Staaten, die vom alten Europa vergessen und abgekanzelt wurden, nachdem man dort seine Agenda abgearbeitet hatte. Hauptsache, kein Ostblock mehr, was aus den Menschen würde, war egal.
Menschen, die Not leiden, sind für Heilsverspechen, gleich welcher Couleur anfällig, ob diese nun im religiösen Gewand daherkommen, sich in einen uralten Stammeskonflikt institutionalisieren, oder in die Fremde weisen. Die einen machen Dschihad, die anderen rennen unter anderem davor davon. Und was hat das mit dem Flüchtlingsproblem zu tun? Nun sagen wir mal so, auch Deutschland besaß Kolonien und hat dort ziemlich grausig gewütet. Deutsche Außenpolitik orientierte sich nach 1945 über Jahrzehnte am großen Bruder USA und dessen Weltbeherrschungsagenda und auch heute interessiert sich zum Beispiel unser Wirtschaftsminister nur für das, was der Wirtschaft gut tut und kaum für Fragen der Menschenechte, die doch angeblich bei uns so groß geschrieben werden.
Wer also glaubt, dass er dennoch stolz auf unsere Nation sein möchte, dem sei dies unbenommen, er sollte sich jedoch daran erinnern, dass ein solches Gefühl der Verbundenheit mit dem Konstrukt Deutschland auch bedeutet, durch die Geschichte nicht nur mit den Errungenschaften, sondern auch mit den Fehlern und Missetaten verbunden zu sein; woraus Verantwortung erwächst. Nämlich die Verantwortung, eben die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen und deshalb in der Gegenwart Recht an denen zu tun, die aus Gründen der Not zu uns kommen. Ich hasse das Etikett „Wirtschaftsflüchtling“, weil es unterstellt, es sei unlauter, aus bitterem sozialem Elend zu fliehen. Man übersieht dabei gerne, dass Deutschland nach dem 2. Weltkrieg nicht ohne Hilfe von außen wieder auf die Beine gekommen ist; Stichwort „Marshall-Plan“. Nirgendwo in Deutschland herrscht solche Not, wie jene, vor der diese Menschen davon laufen.
Noch ein Wort an jene, die jetzt gleich von der überbordenden Menge an Gewalttaten durch Migranten reden: lest die Kriminalstatistik des BMI, die Zahlen von 2014 sind online. Ja, es gibt – seit Jahren zum ersten Mal – einen Anstieg bei nichtdeutschen Tätern im adoleszenten Alter. Inwieweit das mit Neu-Migranten zusammenhängt ist noch nicht untersucht aber wer jetzt ohne Sachkenntnis vorverurteilt, muss damit rechnen, das ich das gleiche mit ihm tue: DU BIST EIN NAZI!
Denjenigen, die Leute mit braunem Gewäsch aus ihren Freundeslisten löschen: das bringt nix, weil sie dann dumm bleiben! Daher hier meine Lösung: Jeder, der sich ab heute in den sozialen Medien oder sonst wo mit meiner Kenntnis der dummen Nachrede von braunem Geschwätz, der Hetze gegen Migranten oder Andersdenkende oder schlicht der unreflektierten, nicht von Sachkenntnis gezeichneten Äußerung schuldig macht, der kommt auf meine persönliche Watchlist. Wiederholungstäter dürfen gerne damit rechnen, dass ich sie öffentlich des Nazi-Seins beschuldigen werde. Soweit alles klar? Dann bis die Tage…