Veränderung ist gut für uns, oh yeah, schubidubi…

Sorry für die Gesangseinlage, aber ich konnte einmal mehr nicht an mich halten. Aber nun zur Sache: Veränderung? Was ist denn das wieder für ein Thema, ist ja ein viel zu groß gefasster Bereich, es bedeutet für jeden etwas Anderes, jeder geht damit individuell um und überhaupt muss man doch gar nicht darüber reden, weil sie halt einfach passiert, die Veränderung. So, oder so ähnlich höre ich gerade verschiedene Gedanken dazu in meinem Hinterkopf anbranden und wenn ich ehrlich bin, habe ich mir zumindest in letzter Zeit bis zu einem Vortrag, den ich zu einem speziellen Aspekt des Themas hören durfte eher wenige Gedanken dazu gemacht. Was daran liegen könnte, dass ich mich persönlich in kurz und mittelfristigen Veränderungsprozessen befinde und mich diesbezüglich eher als Gestalter, denn als Erdulder derselben sehe. Ich tue nämlich viel dazu, dass sich manche Dinge ändern.

Aber die dort umrissene Denkart war für mich eine erhellende Reise in mein eigenes Denken, dass ich wohl doch nicht so gut kenne, wie ich meist meine. Es ging bzw. geht speziell um Veränderungsprozesse in der Arbeitsumwelt und wie Menschen diese erleben, bzw. was sie tun können, um die notwendigen Anpassungsleistungen zu stemmen. Heutzutage kann man für so was externe Beraterfirmen anheuern, die größere Umstrukturierungen in Unternehmen begleiten und sowohl für Gruppen als auch für Einzelpersonen aller Hierarchieebenen im betroffenen Betrieb Beratung anbieten. Nun ist Coaching eines der Modeunwörter des frühen 21. Jahrhunderts, weil anscheinend plötzlich jeder für alles einen Coach braucht. Tatsächlich ist es aber so, dass wir erst jetzt begreifen, was im Menschen drinnen bei bestimmten äußerlich stattfindenden Prozessen alles geschieht und welche Auswirkungen dies auf die Betroffenen haben kann.

Nicht umsonst haben die Krankenkassen mit mildem Entsetzen festgestellt, dass die Zahl der psychisch bedingten Ausfalltage sich in den vergangenen Jahren verfünffacht hat und die direkten Folgekosten psychischer Erkrankungen mittlerweile ca. 16 Mrd. Euro per anno betragen; die Nettokosten verringerter Produktivität sind hierbei noch nicht berücksichtigt und die Tendenz ist nach wie vor steigend. Das hängt zum einen mit der Arbeitsverdichtung zusammen – obwohl die Arbeitgeber dies natürlich vehement bestreiten – aber genau so auch mit der spürbaren Beschleunigung unterschiedlichster gesellschaftlicher Prozesse, bis hin zu dem Grad, da man den Überblick verliert und sich ein Gefühl allumfassender Ohnmacht einstellt. Was noch vor kurzem als Gewissheit galt, ist plötzlich in Frage gestellt, oder ad absurdum geführt. Zum Beispiel der Frieden in Europa, bzw. an seiner Ostgrenze.

Die Angst vor dem Unbekannten ist ein Gespenst, dass uns Menschen im Großen wie auch im Kleinen umtreibt und so ist es auch wenig verwunderlich, wenn speziell Veränderungen am Arbeitsplatz zunächst als Bedrohung der Nische aufgefasst werden, in welcher man sich so gemütlich eingerichtet hat. So versuchte auch der Vortrag anhand eines Modells zu verdeutlichen, was in uns in solchen Fällen abläuft, wobei das Bild zyklisch angelegt ist, man also irgendwann nach Widerstand und Verwirrung wieder an einem Punkt angelangt, wo alles – mehr oder weniger – gut ist. Zumindest die Meisten. Wie bei allen sozialwissenschaftlichen Modellen gilt die Einschränkung, dass es nicht auf jeden Fall gleich gut oder überhaupt anwendbar ist, aber wir Menschen sind halt nicht alle gleich, gell. Im Grundsatz ist das Gesagte nicht verkehrt, aber es begreift Mitarbeiter in einem Unternehmen in der Breite als passive Erdulder, als gegen ihren Willen dem Veränderungsprozess Unterworfene und vergisst dabei den Umstand, dass die Mitarbeiter durchaus eigene Gestaltungsmacht für sich reklamieren könnten.

Zweifelsfrei ist es die Kommunikationskultur eines Unternehmens (zuallererst das Vorhandensein einer solchen – die Untergebenen ankacken können zählt nicht), die bestimmt, ob der Input der wertvollsten Ressource, über die ein Unternehmen, speziell im Gesundheitswesen verfügt, nämlich seiner Mitarbeiter angenommen und nutzbar gemacht wird; oder ob er, wie ich schon zu oft erleben musste als insignifikant abgetan wird, bis die Frustration des Personals so groß wird, dass jene, die noch halbwegs veränderungsfähig und -willig sind anfangen, davon zu laufen.

Nun ist man anscheinend zu dem Schluss gelangt, dass kommende Veränderungen während der Umsetzung vielleicht der einen oder anderen Unterstützung für das Personal bedürfen. Was für mich die Frage aufwirft, warum man sich nicht endlich entschließt, an sich selbst und seiner Kommunikationskultur zu arbeiten? Mit Sicherheit bin ich nicht der Einzige bei meinem Arbeitgeber und mit Sicherheit ist es auch nicht der einzige Arbeitgeber, bei dem sich die Frage stellen sollte, warum man immer nur Probleme managed, anstatt Lösungen zu erarbeiten.

Andererseits sehe ich aber durchaus auch das Beharren nicht weniger Kollegoiden auf den althergebrachten Verfahrensweisen und Strukturen, weshalb ich dem Bemühen meines Arbeitgebers trotzdem gewisse Sympathie entgegenbringe. Vielleicht ist es zur Abwechslung mal möglich, auch ein paar klassische Innovations-Totalverweigerer auf den Weg mitzunehmen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Vielleicht erwarte ich aber von meinen Mitmenschen manchmal auch einfach zu viel. Nachdenken, bevor man redet oder etwas tut zum Beispiel. Wie auch immer es ausgehen mag, Veränderungsprozesse sind für mich immer etwas Spannendes, an dem ich gerne mitarbeiten möchte, egal ob im Großen oder im Kleinen. Ich würde mich freuen, wenn das auch ein paar Andere mal so zu sehen beginnen würden; denn nur wer mitgearbeitet hat, darf sich hinterher auch über die Ergebnisse auslassen. In diesem Sinne noch einen schönen Tag voller Veränderung.

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